So schade, so unsinnig ...

Autor: ehemaliges Mitglied

So schade, so unsinnig ...

Wir waren schon so oft auf die diversen ostfriesischen Inseln gefahren, nun wollte ich auch gerne einmal Mallorca oder Ibiza kennenlernen.

Es war gar nicht so leicht, meinen Mann zu einem Flug nach Palma de Mallorca zu überreden. Ins Flugzeug zu steigen und von so hoch auf die optisch kleiner gewordene Erde zu schauen, weckte in der Fantasie meines Göttergatten seine Höhenangst. Ich konnte reden, wie ich wollte – er blockierte!

Da kam mir sein Arbeitgeber ungefragt zu Hilfe. Mein Mann wollte so gern als Geschäftsführer einer Filiale akzeptiert werden. Daher mussten wir jährlich zur Optica nach Köln oder Neuss fahren. Dann erfuhren wir, dass die Optiker-Messe nur noch in München stattfand. Bei dem zu erwartenden Verkehr durch ganz Deutschland mit dem Pkw oder dem Zug zu reisen, war dann auch kein Gedankenspiel, das ihm Freude machte. Die Geschäftsleitung bestimmte, dass wir mit dem Flugzeug an- und abreisen sollten … Nun musste er ins Flugzeug steigen!

Die ersten Flüge seines Lebens blieben zum Glück ohne nennenswerte Auswirkungen. Es reichte sogar, dass er nun doch einem Urlaub auf Mallorca zustimmte. Aber wir hatten mit dem Frühlingswetter Pech. Auf Mallorca war es regnerisch und kühl. Auch Ausflüge in das mallorcinische Bergland, nach Söller oder die ganze Insel mit einem Leihwagen zu erkunden, dazu konnte er sich nicht aufraffen. Also blieb der einzige Ausflug nach Palma eine recht städtische Abwechslung. Unseren Aufenthaltsort Peguera kannten wir recht bald zur Genüge und irgendwie war ich froh, als die Urlaubswoche zu Ende war.

6 März 2003.jpg
Zu gerne hätte ich mit einem der kleinen Katamarane die Insel vom Meer aus kennengelernt. Aber das Wetter machte auch da einen Strich durch. Der Katamaran konnte ohne nennenswerten Wellengang die Bucht durchqueren, aber "draußen" brachten die Wellen bei stürmischem Wetter das Boot fast zum kentern! Der Käpt'n drehte um, fuhr wieder in den ruhigen Hafen. Er und seine Mannschaft sowie die Fahrgäste hatten alle eine grüne Gesichtsfarbe angenommen. Es gab keine Spucktüten mehr. Als wir Zwei merkten, dass es gefährlich wurde, hielten wir uns vorsichtshalber mitten auf dem Boot an einer Stange fest. Dort waren die Wellenbewegungen kaum zu spüren und daher - mit dem Blick in die Ferne gerichtet, beteilligten sich unsere Mägen nicht an der allgemeinen "Speisekarte rückwärts"! Wieder im Hafen auf festem Boden bekamen wir sogar unser Ticket-Geld zurück ...

Im Flughafen trafen wir auf dem Weg zum Heimflug zufällig auf seinen alten Schulfreund, der auf dem Weg nach Ibiza war, wo er ein eigenes Feriendomizil gebaut hatte. Er lud uns ein, den nächsten Flug nach Ibiza zu machen. Er kannte inzwischen „seine“ Ferieninsel sehr gut und wollte uns dann die vielen Schönheiten dieser Insel gerne zeigen.

Das Fliegen war ja nun nicht mehr das Schreckgespenst für meinen Mann. Wir flogen auch im Folgejahr nach Ibiza, aber seinen Freund wollte mein Göga nicht aufsuchen. Er selber hatte es finanziell nicht so weit gebracht, sich irgendwo, wo es schön war, auch noch ein Häuschen zu bauen. Die Tatsache, dass der Freund ein Bauunternehmer geworden war und daher nicht nur zuhause ein eigenes Heim besaß, sondern für den Sommerurlaub ein Haus auf Ibiza und für den Winterurlaub eines in Altastenberg im Sauerland gebaut hatte, ließ meinen Mann nur neidisch werden.

Ja, wir waren auf Ibiza, aber seinen Freund haben wir dort nicht besucht. Wir machten auch Winterurlaub in Winterberg, doch sein Angebot, dort gleichzeitig mit dem Freund und seiner Frau in deren Haus in einer eigenen kleinen Wohnung zu urlauben, nahm er nicht an.

Er wollte nun die Welt erkunden, nach Teneriffa oder in die Karibik. Doch da passierte das schreckliche Weihnachtsunglück im Indischen Ozean vor Sumatra. Nun war seine einschränkende Bedingung: keine Inselurlaube auf Vulkaninseln! So langsam ging mir seine Phobie vor allem Möglichen auf die Nerven und ich konnte es mir nicht verkneifen, ihm zu sagen, dass es kaum auf der Welt wunderschöne Inseln gäbe, die nicht vulkanischen Ursprungs seien! Ab sofort gab es weder Urlaub auf den Kanaren noch auf den Inseln der Balearen … War seine Entscheidung!!

Um den Kontakt zu seinen früheren Freunden wieder zu vertiefen, sagte er zwar einem Freundschaftstreffen zuhause zu, übernahm „scheinbar“ sogar, den Dritten im Bunde zu informieren und einen Termin festzulegen. Aber es war scheinheilig, das Treffen fand nie statt.

Es war nicht möglich, seine beruflichen Erfolge, die er ja auch hatte, in den Hintergrund zu drängen und mit seinen früheren Freunden wieder näheren Kontakt einzufädeln, aufzubauen.
 

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Kommentare (15)

ehemaliges Mitglied

Liebe Chris, liebe Kristine!
Im Grunde bin ich ein sehr optimistischer Mensch. Doch die ganz persönliche Erfahrung, die ich ganz zum Schluss bei meinen Krebstherapien machen durfte (einfach ohne jede Information, mich mit etwas zu behandeln, das zuvor nicht erklärt und nicht abgesprochen war), hat meine bis dahin noch akzeptable Lebensqualität ziemlich heruntergefahren. Es hat in mir einen ziemlich wütenden Einbruch bewirkt.

Vermutlich hätte ich einige Blogs einfach für mich behalten sollen - es wäre vielleicht besser gewesen. Viele Gedanken hierzu habe ich privat behalten, werde ich Euch auch nicht mehr mit quälen. So Einiges musste ich aber herauslassen, denn ich war nie "die blöde Zicke", über deren Fiesheiten der Partner hätte stolpern müssen, Rachegefühle loslassen wollen. Das scheint bei einigen User:innen so angekommen zu sein.

Vergeben habe ich ihm längst, aber genau das - hätte er es gewusst - hätte ihn zu schärferen Reaktionen verführt. So ist das mit psychisch Kranken ... Dass die alten Gemeinheiten so tief sitzen würden, habe ich lange nicht geahnt. Ich bin erst jetzt an dem Punkt, keine Angst mehr vor dem Verstorbenen zu haben, nachdem ich zehn Jahre lang die Trennung positiv lebte. Ich weiß auch, dass meine Tochter ebenfalls - trotz Therapie - so viele Jahre brauchte, um die Ablehnung, das zerstörte Urvertrauen zu ihrem Vater positiv zu verarbeiten.

Heute haben wir wertvollere Themen, die uns beschäftigen und ich hoffe sehr, dass ich in Gesprächen mit ihr und ihren Partnerinnen dazu beitragen kann, die so notwendigen Themen erfolgreich umzusetzen wünscht sich als Zukunftstraum

Uschi

chris33

Liebe nnamttor44,

wir schreiber hier haben versucht,   dir zu  vermitteln, dass eine positivere lebenseinstellung die lebensqualtät  der menschen  erheblich verbessern kann..


auch während  schwieriger zeiten , viele von uns kennen sie,  hast du  bisher die kraft aufgebracht,  über  negative dinge in deinem leben   nachzudenken  und  zu schreiben.

es wäre schade und unsinnig, wenn du  diese kraft  nicht  nutzt , um  die alten 
 negativen  denkmuster   abzulegen.
😀

(manchmal hilft auch schlicht und ergreifend : vergebung)


chris33

werderanerin

Liebe Uschi, ich kann hier allen Kommentaren nur zustimmen..., warum schreibst du nicht mal etwas über deine Zukunftspläne, Wünsche und Träume, die du z.b. mit deinem Enkel noch so erleben möchtest . Das alles würde dir sehr viel besser tun.


Kristine

ehemaliges Mitglied

@werderanerin  
Weißt Du, liebe Kristine,

nach diesen ganzen krebsvernichtenden Behandlungen ist meine Lebensqualität so in sich zusammmengefallen, dass ich gar nicht mal darüber nachdenken mag, mit meinem Enkel etwas zu unternehmen. Es wäre nicht nur eine Zumutung für ihn, sondern auch für mich unmöglich.

Aber ich freue mich schon auf das Frühjahr, den Sommer und den Herbst. Da kann ich von meiner Terrasse aus erleben, wie er und seine Freunde in Pool und Garten herumtoben. Und dann sitzen auch diverse Mütter in der Nähe, deren Runde ich mich anschließen darf.

Momentan gelang es mir nicht mal, meine Weihnachtsdekoration wieder wegzuräumen. Es wäre zu schade, sie teilweise fallen zu lassen, wenn die geführllosen Hände sie einfach nicht halten ... Meine Tochter nahm sich heute die Zeit, das für mich zu tun (und morgen ist schon Rosenmontag!).

Zukunftspläne zu schmieden ist derzeit für mein Gefühl der reinste Hohn! Momentan mag ich nicht daran glauben, dass sich die Nebenwirkungssituationen meiner Hände und Füße, meiner Gelenke der Wirbelsäule in naher Zukunft ändern könnte.

Mach mal einen Spaziergang mit dem Rollator bei Regenwetter oder trotz Sonnenschein mit richtig kühlem Wind. Bei dauerhaftem Schüttelfrost und möglichem Corona ist das nicht so empfehlenswert. Die Immunität ist ja heruntergefahren, so heftig das nur geht!

Entschuldige, dass ich sarkastisch wurde.
Trotzdem 💕lichen Gruß

Uschi

werderanerin

Liebe Uschi,

ich denke, dass jeder hier deinen "Leidensweg" zumindest verstehen kann, es ist schlimm genug, was du alles durchmachen musstest und es tut mir sehr leid.

Dennoch sind es ja eigentlich deine negativen Gedanken, die dich immer und immer wieder in die Vergangenheit führen. Dein Mann ist lange nicht mehr da, du könntest versuchen, all das schlimme adakta zu legen und Neues zu zu lassen. Deine Seele würde es dir danken !

Für den Heilungsprozess ist es unabdingbar, dem Körper positive Signale zu senden, solange es eben geht.
Vielleicht versuchst du es einfach mal,  dein "altes" Leben endlich hinter dir zu lassen , gönn dir noch viele schöne Stunden mit deinen Lieben, die an der deiner Seite sind.

Alles Gute wünscht

Kristine

chris33

Ich denke, dass dein  ehemann auch einiges auszusetzen hatte, an eurem zusammenleben.😏

besser spät als nie sollte man aus   seiner opferhaltung  ausbrechen. Der blick nach vorn   ist aus meiner sicht die vorraussetzung  , um zu leben.......

meint chris33



 

chris33

@chris33 

​​​​​​Natuerlich muss es "voraussetzung"
heissen.... 

PS. : ein nettes Wochenende wuensche ich dir, liebe nnamttor. 

C. 

ehemaliges Mitglied

@chris33  
Ja, liebe Chris33, er hatte so langsam etwas an mir auszusetzen: ich wurde ihm zu aktiv, was das Erledigen der auftauchenden Probleme anging. Aber es würde hier zu weit führen, DIE Geschehnisse aufzuführen, wie er sein, unser Leben fast zerstört hätte ...

Es machte mich auch nicht kopflos, als er den gesetzlichen Rahmen sprengte, der ihn fast zerstört hätte - und uns dazu. Doch das sind andere Geschichten.

nnamttor44

chris33

@nnamttor44

Ja, so wird es gewesen sein, und trotzdem duerfen wir an diesen negativen Ereignissen nicht festhalten.

Es tut manchmal noch weh, so what!

Grundsaetzlich ist das alles Schnee von gestern... 😀 Und es tut keinem gut, in der "Negativkiste " zu kramen. 

Eine freundliche Frühlingszeit wuensche ich dir. 😀❤️

ehemaliges Mitglied

So, wie Ihr, liebe lillii und lieber Syrdal, die Fakten ausgelegt haben, sieht sie wohl fast jeder.

Natürlich habe ich auch wie alle Menschen eigene Fehler. Tatsache aber war, dass ich mir vor allen anderen, egal ob auf einer Fachmesse, in der Nachbarschaft oder vor unserem Bekanntenkreis, immer wieder etwas an den Kopf werfen lassen durfte, das völlig aus der Luft gegriffen war! Und jeder wusste das, manche/r versuchte/n, mich dann zu trösten. Doch niemand wagte es, ihn in seine Schranken zu verweisen. Sein Auftreten war dann unglaublich. Ich habe so manches Mal in heftig zitternder Schockstarre vor Empörung heulend dagesessen ...

Ja, ich sollte es langsam vergessen. Aber - es war mein Leben. Meine Tochter, mein Sohn haben sich nicht umsaonst von ihrem Vater abgewandt. Unsere Tochter musste in einer harten Therapie lernen, ihre Panik-Attacken zu überwinden! Sie mussten ja nicht erleben, wie ihr Vater als junger Mensch immer wieder von der psychisch kranken Mutter getriezt wurde. Es war mein Ziel, meinem Mann ein solches Leben an meiner Seite NICHT zu bieten. Doch er hatte dann irgendwann das Bedürfnis, sich an mir für das Verhalten seiner Mutter zu rächen. Mir ging es seiner Meinung nach ja zu gut! Und da waren solche Geschichten wie oben noch harmlos. Er hat nie erlebt, dass ich seine Ängstlichkeit, seine Höhenangst zum Thema machte. Wenn jemand damit leben muss, wird er sich das nicht ausgesucht haben. Soviel zur Toleranz ...

Ich weiß sehr genau, was ihm an mir nicht gefiel: die Dinge, die sich als Probleme zeigten, erfolgreich bewältigen zu können. Das war stets meine Aufgabe, ob es seine kranke Mutter betraf oder die Bewältigung der Schule als legasthenes Kind für unseren Sohn, gleichzeitig die dauerhaften Erkrankungen unserer Tochter oder das Auffangen durch zusätzliche Berufstätigkeit, um unseren Lebensstandard zu halten. Er saß dann lieber bei einigen Pilschen grübelnd in seinem Hobbykeller.

Hätte ich ihn wissen lassen, was mir an seinem Alkoholkonsum, seinem sich Einigeln nicht gefiel, wäre ich meinem Vorsatz untreu geworden, ihm ein anderes Leben zu gewähren, als seine Mutter ihm zugestehen wollte. Wir haben einander nie Vorwürfe zu irgendeinem Verhalten gemacht, das auffiel.

Was seine Jugendfreunde anging, wird er wohl gewusst haben, wie sie ihn einschätzten. Sich das nun auch vor mir anzutun, dass sie darüber sprachen, wollte er vermeiden. Das erfuhr ich in einem langen Gespräch mit einem seiner damaligen Freunde nach seinem Tod, denn auch der stolperte über das Verhalten, die Ablehnung ...

Ich genieße mein heutiges Leben trotz der Einschränkungen meiner Krebserkrankung. Ich denke bzw. hoffe, noch etwas Lebenszeit zu erhalten. Aber die ist bereits angezählt.

Das musste jetzt heraus!

Uschi

lillii

@nnamttor44  

liebe Uschi,
das Leben ist nie gerecht und es ist auch nie voraussehbar wie es verläuft.
Ich wünsche Dir jedoch, dass Du die Zeit, die für uns alle begrenzt ist und die Du noch hast, in Fröhlichkeit und mit Freude am Leben verbringen kannst,
das wünsche ich Dir wirklich von Herzen.
Denke nicht zu sehr ans Vergangene, es ist vorbei, endgültig vorbei ! ! !

liebe Grüße Luzie

 

ehemaliges Mitglied

@lillii  
Liebe Luzie, ich weiß es ja.
Doch wenn es mir heute so relativ gut geht, niemand mehr versucht, mich herunterzuputzen, genieße ich mein Leben fast ungläubig!! Das fällt hier sogar den Menschen um meine Tochter herum auf und entsprechend nehmen sie mich in ihre Mitte.

Ich darf meine eigentlich optimistische Grundstimmung genießen. Selbst den Mitpatienten sowie der Psychologin in der Reha war das aufgefallen. Doch so gelegentlich überfällt mich wieder, was die Sorge um meinen eben auch psychisch kranken Mann ausmachte. Ich bekam den Rat, hier zuhause eine systemische Beratung zu machen. Aber die Therapeuten sind alle überfordert, es gibt zu wenige. Dann eine onkologische Beratung anzunehmen, mit dem Hintergedanken, die umzuzwitschen - dafür hat mich mein Krebsgeschehen nicht genug heruntergedrückt.

Heute durfte ich genießen, dass mir meine Tochter die ganzen Gemüsezutaten für einen Wirsingeintopf klein schnibbelte, denn das gelingt mir mit meinen ertaubten Händen kaum noch. Ich darf es genießen, dass sie voller Liebe für mich da sein will !!! Hab ich bis vor 10 Jahren mein Leben lang nicht bekommen. Irgend etwas war immer im Weg ... Nun nicht mehr. 

Ich danke Dir für Deine Antwort und die lieben Wünsche und sende auch viele gute Wünsche für ein schönes Dasein in Deinem Lebensherbst.

Uschi

lillii

👍@nnamttor44  

lillii

Ein jeder Mensch hat seine Träume und Wünsche so wie auch seine Eigenheiten;
Ein gutes Zusammenleben gelingt nur, wenn man diese annimmt und toleriert,
Ich denke mal, dass auch Du nicht fehlerfrei bist und ihm auch an Dir mehreres nicht gepasst hat.
Es ist doch vorbei, vergiß es endlich und genieße Dein Leben, denn es kann morgen schon zu Ende sein...

denkt lillii

 

Syrdal


Ein jeder ist nun mal so wie er ist… da kann man nichts machen und niemand lässt sich gerne „verbiegen“, was ohnehin nicht klappt...

...meint Syrdal


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