Seniorenbenehmen oder Kindergarten?
Mit knapp 74 Jahren war ich zum 1. Mai 2018 in diese kleine knapp 50 qm große Seniorenwohnung gezogen. Ich hatte viel von meinen Dingen, die mich bislang umgaben, zurückgelassen, weil ich sie für überflüssig hielt. Aber ich werde nicht mehr lange dort wohnen, denn ich ziehe zu meiner Tochter ins Haus. Dann kann mir dieses Kindergartengezanke hier egal sein ...
Ende April 2018 war ich noch hoch motiviert, dass ich bei meinem Umzug gut würde mithalten können. Doch dann – nach dreimal eine Etage die Treppe hinunter zum Umzugswagen vor der Haustür und wieder hoch, die nächsten Dinge holen – sagte mir meine Wirbelsäule: Njet!
Ich hatte ja meine Familie, die auch Helferlein mitgebracht hatte und so klappte alles dennoch in der vorgesehenen Zeit. Auch der Einzug ins neue kleine Heim gelang hervorragend. Man nahm mir fast alles ab. Und die Dinge, die ich noch gern mit in meine Wohnung genommen hätte, die aber keinen Platz mehr fanden, die landeten in der leer stehenden Garage vom ausgezogenen Vater meines Schwiegersohnes – bis die Erdgeschosswohnung in ihrem Haus richtig renoviert sein wird – und ich alle meine Habseligkeiten wieder in meine Wohnung bei ihnen mitnehmen kann.
Nun wohne ich auf dem Lande, habe nicht mehr diverse Discounter oder Arztpraxen um die Ecke, sondern darf dafür 1,5 km laufen oder fahren. Ich hätte diese kurze Strecke auch gern mit dem Fahrrad bewältigt, aber leider war ich genau ein Jahr zuvor beim Absteigen in die Fahrradgabel geglitten, statt stehen zu bleiben, war jedoch nicht imstande gewesen, wieder aufzustehen, mich aus dieser unglücklichen Haltung zu befreien. Es war zuvor eine wunderschöne Frühlings-Fahrradtour von anderthalb Stunden gewesen, die ich bei blauem Himmel und strahlender Sonne sehr genossen hatte. Leider war der Wind so stark gewesen, dass es mich doch übermäßig angestrengt hatte. De letzten 500 Meter vom Zuhause meiner Tochter, wo mein Fahrrad untergebracht war, führte der Radweg durch freies Feld, wo der Wind so richtig seine Kraft ausspielen konnte. Hier fehlte mir nun doch die Kraft, weiter gegen den böigen Wind anzufahren. Also ein Päuschen einlegen. Aber statt den Rest des Weges mein Rad nach Hause zu schieben, rutschte ich in das frische Gras des zum Glück nicht mit Wasser gefüllten Straßengrabens.
Da lag ich wie ein Maikrabatz auf dem Rücken. Nur mit den Beinen strampeln, das ging nicht! Trotzdem sah mich im Vorbeifahren eine junge Autofahrerin, drehte um und half mir, mich von meinem Drahtesel zu befreien, aufzustehen! Sie wollte auch gleich einen Rettungswagen rufen. Ich lehnte ab. Ich spürte keinerlei Verletzungen, konnte stehen und ein paar Schritte gehen, mein Rad schieben. Ich war ja nicht gefallen, lediglich gerutscht - alles okay. Ich ahnte ja nicht, dass es dieses Mal im Bereich meiner Wirbelsäule doch ein wenig anders aussah, als bei den diversen Abrutschern, die ich in den 10 Jahren zuvor schon das eine oder andere Mal erlebt hatte.
Doch in den Tagen danach versagte mir mein rechtes Bein immer mal wieder überraschender Weise den Halt. Nein, ich fiel nicht hin, aber ich musste sehr acht geben, ob ich stehen bleiben konnte. Auf der Treppe zu meiner Wohnung wäre ein Sturz nicht gut gewesen. Also hab ich dann doch meine Hausarzt aufgesucht und der überwies mich zum Orthopäden, der eine MRT veranlasste.
Nun versuchte der, mir mit den üblichen konservativen Erstmaßnahmen zu helfen. Ich bekam viele Physiotherapien verschrieben in der Hoffnung, dass sich die Beschwerden wieder geben würden. Das dauerte über ein halbes Jahr, bis fest stand, dass sich nichts ändern würde. Im Gegenteil, mein Gangbild wurde immer unsicherer, die Meter, die ich gewohnt war zu laufen, schaffte ich nur noch mit Mühe und Not, sackte dabei immer mehr zu einem Fragezeichen zusammen. Schließlich lag ich wegen der zunehmenden Schmerzen in Rücken, Po, Beinen und Füßen mehr auf meinem Sofa oder im Bett als aufrecht meine anstehenden Dinge zu erledigen!
Da erhielt ich im späten Winter 2018/2019 die Adresse eines Neurochirurgen. Die Überweisung für ihn hatte ich ja schon erhalten. Aber noch lockte mich die Entfernung zu dem neuen Doc nicht so sehr. Ich wollte in der nahen Umgebung bleiben. Als ich dann dem nahen Neurochirurgen zur Untersuchung gegenüber saß, wurde ich bitter enttäuscht. Dieser Facharzt hatte nichts anderes im Sinn, als mir mehrfach zu beteuern, dass er studierter Neurochirurg sei, schaute nicht mal richtig die vorhandenen Röntgen- und MRT-Bilder an. Erst einmal wollte er an mir Geld verdienen: wir werden eine Infiltrationsbehandlung durchführen. Es interessierte ihn überhaupt nicht, dass ich vor Schmerzen nur noch ca. 50 Meter Fußweg bewältigen konnte.
Eine Infiltration unter Röntgenkontrolle hatte meine Lendenwirbelsäule schon 11 Jahre zuvor in meiner früheren Umgebung erhalten. Damals hatte es recht gut geholfen, aber nun wohnte ich nicht 6 km vom Arzt entfernt, durfte nach einer Behandlung nicht selbst nach Hause fahren und hatte keine Fahrgelegenheit mehr, um nach Hause zu kommen und dieser Doc hatte seine Praxis in einem fast 40 km entfernten Ort.
Ehe er mit seiner Behandlung beginnen wollte, wünschte er doch noch ein aktuelles MRT von meiner geplagten Rückenpartie. Ich musste zu einer anderen Praxis, wo ich ein weiteres Mal in die Röhre kam. Und das war gut so. Ich hatte meinen Orthopäden gebeten, mir eine Überweisung zu einem zweiten Neurochirurgen auszustellen, ich wollte eine Zweitmeinung. Und die bekam ich auch.
Anhand der neuesten MRT-Bilder erklärte der zweite Neurochirurg, dass eine möglichst baldige Operation erforderlich sei. Im Nachhinein weiß ich jetzt, dass an ein und der selben Stelle neben dem Wirbelgleiten ein Bandscheibenvorfall vorlag, eine „massivste Spondylarthrose“ sowie ein stützen wollender Knochensporn den Spinalkanal dicht gemacht hat. Nach den Bildern war der Arzt davon ausgegangen, ich hätte eine Pseudo-Spondylolisthese wie viele ältere Menschen. Aber während der OP war schnell klar zu sehen, dass es wohl doch eine angeborene, nicht durch Alterungsprozess erworbene Spondylolisthese war, die zusätzlich durch massivste Arthrose (wie jetzt im OP-Bericht zu lesen steht) der betroffenen Wirbel und Nerven stärkste Beschwerden gemacht hatte.
Ich bin sehr froh, dass ich die Operation nun hinter mir habe. Es ist alles sehr gut verlaufen. Nach 10 Tagen und davon bereits fünf Tage wieder zu Hause zeigen sich keine Nervenschmerzen mehr in meinen Beinen vom Po abwärts. Aber es wird wohl ein Jahr dauern, bis ich mit der Genesung insgesamt fertig sein werde. Selbst mein Hausarzt lachte befreit auf, als ich mich nach der Krankenhausentlassung bei ihm meldete, dass ich nicht im Rollstuhl vorgefahren kam …
Dafür begreife ich eine alte Mitbewohnerin nicht, die selbst keinen Pkw fährt und parken muss, in dieser Seniorenanlage (eigene Wohnung ohne Pflegeeinrichtung) also gar keinen Parkplatz braucht. Für die ca. 20 Häuschen für jeweils eine oder zwei Personen gibt es zwei Parkplätze mit je 6 Parkbuchten. Außerdem dürfen die Bewohner der Gartenanlage, wo ich lebe, mit ihren Einkäufen bis zur Wohnzimmerterrasse vorfahren, um nicht so weite Wege mit schweren Taschen bis zur eigenen Haustür laufen zu müssen.
Am Karsamstag wieselte diese Mitbewohnerin hinter mir her, als ich einen der „verordneten täglichen kleinen Spaziergänge“ machte, und sprach mich auf meinen vor ihrem Haus auf dem öffentlichen Parkplatz parkenden Pkw an.
Wenn ich nun meinen Wagen längere Zeit nicht fahren könne oder dürfe (oh ja, sie hatte von meiner OP gehört), dann solle ich ihn doch wenigstens umparken. Oder eines meiner Kinder bitten, den Wagen für mich umzuparken. Meine Tochter zeigte mir einen Vogel, als sie die Geschichte hörte.
Dieser Parkplatz ist öffentlich und dort darf jeder parken auf einem der sechs Parkbuchten. Hinter diesem – für mich – vorderen gepflasterten Parkplatz gibt es einen zweiten gleichen Parkplatz. Die beiden Plätze sind durch fest gebaute Mülleimerbuchten mit sehr grober Pflasterung voneinander getrennt. Ich solle doch bitte auf dem zweiten Parkplatz parken. Das würden sich auch ihre beiden direkten Nachbarn wünschen. Der zu ihrer Linken sei schwer krebskrank und müsse durch meine Parkweise einen weiteren Weg zu seiner Haustür laufen. Mir blieb vor Erstaunen der Mund fast offen stehen, hatte diese Dame doch schon gleich nach meinem Einzug versucht, mich mit ihrem eigenen Befinden und dem dieses kranken Nachbarn dazu zu bewegen, nicht mehr so nah an meinem Zuhause wie möglich zu parken.
Fakt ist, dass ich mit diesem Mann vor ein paar Wochen bereits gesprochen hatte, wobei er mir freundlich – keineswegs frustriert – erklärt hatte, ich dürfe gern die erste Parkbucht besetzen, Hauptsache ich würde zum Parkplatzrand rechts hin einen halben Meter frei lassen, dann könne er auch dort noch gut vorbeigehen. Nein, mehr Platz bräuchte ich nicht zu lassen!! Und an anderer Stelle parken auch nicht!!
Als ich von diesem freundlichen Gespräch berichtete, gab sie mir zur Antwort: „ja ihnen gegenüber sind sie freundlich, aber wenn wir miteinander reden, hört sich das ganz anders an!“
Wenn ich es recht durchdenke, wäre es kein Problem für mich oder für ihn, seinen Pkw statt in der ersten Parkbucht dort zu parken, wo ich meinen Pkw hingestellt habe: in die dritte Parkbucht. Nein, das sollte ich nicht, es sei alles gut so. Und was den weiteren Weg zu seiner Haustür angehe, das sind tatsächlich nur 5 Schritte mehr. Und dieser Herr geht weder gebeugt, noch sehr langsam und vorsichtig (wie ich die letzten Monate) noch benutzt er einen Stock oder Rollator.
Und der Nachbar zur Rechten meiner Kritikerin kommt immer mit dem Fahrrad angefahren. An diesem Parkplatz mit 6 Parkbuchten stehen außer meinem Pkw, seit ich dort wohne, immer nur zwei Pkw. Und es gibt zwei Übergänge zum Fußweg zu den Reihenhäuschen.
Auch dieser Fahrradfahrer ist nicht gehbehindert, fährt durchaus noch flott Fahrrad und hat die Wahl zwischen den beiden Übergängen, wobei er bei dem ersten Übergang mit seinem Fahrrad drei, vier Schritte nach links zu seiner Haustür machen muss, das Gleiche wäre bei dem Übergang, an dem ich parke, nach rechts zu machen. Und nun habe dieser Fahrradfahrer Angst, mit seinem Fahrrad Schrammen an meinen Pkw zu machen, weil er gewohnt sei, den linken Übergang – warum auch immer – zu nutzen. Aber da stünde ja nun mein Pkw - so die Arguentation meiner Parkplatzkritikerin.
Es fiel mir doch ein wenig schwer, ihr gegenüber Ruhe zu bewahren und sie nicht daran zu erinnern, was ihr die Gemeinde-Mitarbeiterin, die für die Seniorenwohnungen zuständig ist, im Sommer 2018 erklärt hatte: das ist ein öffentlicher Parkplatz und dort darf jeder parken, wie und wo er möchte. Und ich habe seither tatsächlich immer Rücksicht auf den kranken Nachbarn genommen, weil ich ja am eigenen Leib erfuhr, wie schwer es fallen kann, wenn etwas nicht mehr so gelingt, wie man es gewohnt war ...
Als ich zum 1. Mai 2018 eingezogen war, hatte ich mit beginnenden sich verstärkenden Schmerzen und sich verkürzender Gehstrecke nicht mehr auf dem Schotterparkplatz, der ca. 250 Meter hinter meinem Wohngrundstück für weitere Pkws nutzbar ist, geparkt. Warum ich dann die gepflasterten Parkflächen bevorzugte, ist ja zu erklären. Schon damals sprach mich meine Mitbewohnerin unwillig an. Die Gründe, weshalb ich nicht mehr vor ihrem Haus parken sollte, waren ihr eigenes nur schlecht mögliches Gehen und auch ihre Tochter habe Probleme mit dem Laufen. Und da sei noch der krebskranke Nachbar, der auch seine schwerkranke Frau immer wieder in den eigenen Pkw „einladen“ müsse.
Inzwischen weiß ich, dass diese „Dame“ flink wie ein Wiesel und keineswegs krumm oder mit einer Gehhilfe läuft, was ich oft genug beobachten kann, wenn sie im Garten aktiv ist oder zu einer Bekannten zu deren Pkw läuft. Ihrer Tochter ist keine Behinderung beim Gehen anzusehen, sie hat – wie ihre Mutter – auch keine Gehstützen. Und mit dem krebskranken Herrn habe ich ja selber gesprochen, seine Frau kommt überhaupt nicht mehr mit nach draußen, falls sie überhaupt noch bei ihm oder stattdessen im Pflegeheim lebt.
Und was den Fahrradfahrer angeht, den werde ich nächste Woche auch noch ansprechen, ob und warum es ihm eventuell nicht gefällt, dass ich dort parke, wo ich parke. Kümmern muss mich das nicht wirklich, denn – wie gesagt – es ist ein öffentlicher Parkplatz, deren Anwohner nicht das geringste Recht haben, von parkenden Mitbewohnern zu verlangen, so zu parken, wie sie es gern hätten. Sagte ich es schon? Von den 12 Parkbuchten dort sind regelmäßig nur – mit meinem Pkw – fünf Buchten besetzt …
Kommentare (2)
Danke liebe Kristine, für Deinen Kommentar.
Ich weiß, dass das Leben so sein kann. Aber dass auch ein alter Mensch, der auch seine wohl nicht immer gute Lebensgeschichte durchgestanden hat, immer noch offensichtlich Freude daran findet, andere Menschen mit Lügen herumzuschubsen - versteh ich nicht wirklich.
Dass ich die Geschichte aufschrieb, resümiert aus meinem Unverständnis, dass man wusste, dass ich gerade eine OP hinter mir hatte, es Karsamstag war und diese Dame einfach ihren Willen durchsetzen möchte, um mir klar zu machen: dein Pkw gehört auf den weiter entfernten Schotter-Parkplatz, lass dich hier nicht mehr sehen - egal was mit dir ist, oder dass wir gerade Ostern beginnen ... Recht hat sie ganz bestimmt nicht!
Das alles mit einem hinterhältigen Grinsen im Gesicht. Wie boshaft muss ein Mensch sein, dem es gefällt, andere derart zu piesacken??
Bin heute schon die doppelte Strecke gelaufen. Fahrrad und Auto fahren darf ich aber erst Ende Juli wieder ...
LG Uschi
Ja, liebe Uschi, so kann das Leben sein..., man fragt sich nur manchmal, haben "die Alten" wirklich nichts weiter zu tun...sorry...wenn das öffentliche Parkplätze sind, dann ist das so !
Ich wünsche dir weiterhin gute Besserung und möge dir irgendwann das Laufen und Radeln wieder gut tun und vor allem wieder Spaß machen !!!
Kristine