Narzisse des alten Mannes


Vor vielen Jahren
blühte in Großmutters Garten
eine Wunderblume.

Auf dem Beet neben dem Brunnen
auf rankem Stiel
stand sie in unschuldigem Weiß.

Inmitten der Kelch
mit rotgefranstem runden Rand
umkränzt mit zugespitzten Blütenblättern - sechs.

Heute ist auf dem Beet
vor der Haustür des alten Mannes
die weiße Blume erblüht;

die lichten Blütenblätter angeordnet,
drei und drei übereinander versetzt,
ein erinnerungsträchtiger Stern.

Still auch, wie vor vielen Jahren schon,
steht jung die Narzisse;
sie spricht ohne Worte.

kNs

26. April 2012

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Kommentare (5)

immergruen treffen sich in diesem Gedicht.
Melancholische Poesie, die überleitet aus einer ganz frühen in eine ganz späte Phase der Erlebniswelt. Anhand einer Blüte, die den eingeschränkten Lebensradius eines Menschen deutlich macht, beschreibst Du ein tiefes Gefühl, lieber KnS,
das immergruen
stefanie Du malst in Deinem Gedicht-und stellst uns so vor Augen-
ein ganzes Leben. Danke sagt stefanie
EHEMALIGESMITGLIED63

für die duftende Narcissus poeticus
die " Narzisse des Dichters "
frei übersetzt des alten Mannes ....

wieder einmal sehr gut in Worte gefaßt die zwischen
den Zeilen eine eigene Sprache sprechen
ohne Worte.

Allerdings dachte ich sofort an "Narziss und Goldmund"
eines jener Aussagekräftigsten Werke von Hermann Hesse
und ich stöberte ein wenig in der Mythologie der alten Griechen.

Narziss war ein griechischer Held und so schön, dass sich alle Dryaden und Waldnymphen in ihn verliebten. Er aber erwiderte ihre Liebe nicht, denn Narziss hatte nur Augen für sich selbst. So beschlossen die Götter ihn für seine Eigenliebe zu bestrafen. Als Narziss mal wieder sein Spiegelbild in einem Fluss betrachtete, wurde er so verzückt von seiner eigenen Schönheit, dass er sich selbst umarmen wollte, dabei ins Wasser fiel und ertrank. Man errichtete einen Scheiterhaufen um den toten Narziss zu verbrennen. Als aber die Flammen seinen Leichnam berühren wollten, wurden diese entrückt und zurück blieb eine Blume, nämlich die Narzisse. Sie trägt in ihrer Blütenkrone einen Kranz und zeigt damit Narziss, wie er sich über das Wasser beugt und sich selbst betrachtet. Der Artname der Gelben Narzisse, pseudonarcissus, bedeutet unechte Narzisse. Der Artname der Weißen Narzisse, poeticus, heißt dichterisch besungen

Lieben Dank Koloman einen Gruß Elisabeth


tilli ist auch meine Erinnerung. Dein Gedicht hat sie geweckt.
Schön, delikat und romantisch kannst du menschliches Herz erweichern.
Grüße Tilli
Traute ich kenne sie, diese wunderschöne Tazette, die Narzisse mit den nach hinten gestellten sechs Blütenblättern und dem rot gezacken Rand, ich mag sie. Sie ist schön und duftet so gut.
Wir hatten sie in der Heimat und ich war nicht viel größer als die Blume, als ich sie schon schön fand.
So sehen wir unsere Jugendlieben in den Dingen wieder und sie helfen uns bei der Erinnerung.
Schnörkellos schön ist Dein Gedicht unaufdringlich und perfekt.
Danke dafür, sagt Traute

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