Meine Weihnachtsgeschichte
Weihnachten Engelshaar
Wunderbar behütet lagen wir im großen Familienbett. In der Mitte unsre Mutti, Klaus, mein um vieles älterer Bruder links und ich der Kleine, mal gerade 6 Jahre geworden, den meine Mutti zärtlich Möpsel nannte (obwohl ich bedingt durch das wenige Essen, das es in der Zeit gab, eher dürr war) rechts in ihren Armen. Und wie so oft erzählte sie uns eine der vielen wunderbaren, selbst erfundenen Geschichten oder Märchen.
Heute war es eine ganz besondere Geschichte.
Es war der Abend vor dem 24. Dezember und es handelte sich um einen Mann, der in englischer Gefangenschaft war und soMeine Weihnachtsgeschichte /Engelshaar gerne an Weihnachten bei seiner Familie gewesen wäre. Es war eine traurige Geschichte und wie so oft fing mein Bruder, der ja immerhin 20 Monate älter war, an zu weinen (er hatte halt nah am Wasser gebaut). Und wie so oft erfuhr ich nicht wie die Geschichte zu Ende ging, weil Mutti die Heulsuse trösten musste. Ich war mal wieder böse auf ihn, aber er tat mir auch immer ein wenig leid, weil er so herzzerreißend schluchzen konnte.
Mit diesem Zwiespalt schlief ich meist ein. So auch in dieser Nacht.
Am Morgen sind wir besonders früh aufgewacht und waren voller Erwartung und Vorfreude und konnten den Abend kaum erwarten. Es schneite, alles war verzuckert und wir verbrachten eine Menge Zeit des Tages damit, Schneeflocken mit dem Mund einzufangen und warfen mit anderen Kindern Schneebälle. Aber irgendwie war alles friedlicher und leiser als sonst. Man merkte allen diese seltsame Spannung an, die Weihnachten auf ganz besondere Weise erzeugt, ganz besonders bei Kindern.
Ich kann mich noch genau erinnern wie lange es ging, bis es endlich draußen duster wurde.
Aufgeregt versuchten wir die letzte Stunde mit allem Möglichen zu überbrücken. Warten auf das Christkind, im wahrsten Sinn des Wortes.
Endlich ein leiser, silberner Glockenklang und Mutti ging mit uns zur Wohnzimmertür. Noch heute weiß ich nicht wer damals das Glöcklein betätigt hat, vermute aber, dass es die über uns wohnende Frau vor dem Glasabschluss war. Wir Kinder bemerkten ja nicht woher es kam, wichtig war nur: Das Glöckchen gab endlich die lang ersehnten Töne von sich.
Mutti machte die Tür auf und schob uns vor sich her ins Zimmer.
Da stand er: Wunderschön geschmückt mit roten und silbernen Kugeln und Lametta. Dazwischen saßen silbrig glitzernde Vögel mit weißen Schwänzen. Überall hingen selbst gebackene Süßigkeiten und ganz oben auf der Spitze war ein großer goldener Stern, der auf uns hernieder schaute.
Das Schönste aber war: Der ganze Baum mit all seinem Schmuck war überzogen mit Engelshaar und es sah aus, als wäre zu jeder der brennenden Kerzen eine nach innen zu den Kerzen hingehende Höhlung, die dem allem noch einen viel schöneren Glanz verlieh. Staunend und mit großen Augen sahen wir das Wunder an. Ich wusste genau: das Christkind war da.
Wie immer standen wir drei vor dem Christbaum und sangen verzaubert die schönsten Weihnachtslieder die wir kannten und für mich dabei (auch noch heute) das schönste (außer Stille Nacht)
„Vom Himmel stieg hernieder, das holde Christkindlein.
Es tönen jubelnd Lieder und süße Melodein.
Da klingts auf Erden weit und breit
und jubelt immerzu
O Weihnachtszeit, o Märchenzeit
wie schön wie schön bist du.“
Abends im Bett fragte ich meinen so viel älteren und klügeren Bruder wieso denn das Engelshaar nicht verbrannte.
Er sagte nur:“Möpsel ( was ja eigentlich nur meine Mutti sagen durfte, aber heute ließ ich es ihm mal durchgehen. Es war ja Weihnachten .
Also! Möpsel sagte er nur: „Es ist Engelshaar.“
Es war 1944 das vorvorletzte Weihnachtsfest meiner Kinder- und Jugendzeit, in dem ich mich so richtig glücklich und geborgen fühlte.
Und noch heute, nach so vielen Jahren, wenn ich einen Weihnachtsbaum aufstelle, denke ich dankbar an jene Zeit und den wunderschönen Christbaum mit dem Engelshaar, das sogar den Flammen der Kerzen widerstehen konnte.
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Kommentare (10)
Eine zu Herzen gehende Geschichte, lieber Hade
und eine wunderbare Erinnerung an eine Zeit, in der
Weihnachten noch geheimnisvoll war.
Ich wünsche Dir morgen einen
stimmungsvollen 4.Advent.
Liebe Grüße
Carola
liebe Caro,
ja nun ist er schon bald vorbei der vierte Advent
danke
Oft sind es die Erinneruingen die einem bewegen,
man darf dabei nur nicht die Gegenwart und Zukunft
außer Acht lassen
Ich sende Dir viele, liebe
Grüße
hade
lieber hade,
so ist das immer mit Weihnachten, da kommen Erinnerungen an die Kindheit auf...
ach,
wäre man doch noch mal Kind und könnte es noch einmal erleben und dieses Mal bewusst.
Doch es gibt auch jetzt schöne Momente und die sollte man nicht vorüber gehen lassen.
Eine gute Zeit wünscht
mit schon fast weihnachtlichen Grüßen
Luzie
ja gibt liebe Luzie,
man muss sie sehen und
ab und zu auch selber schaffen
dann hat man sie auch
weihnachten steht vor der Tür
lass es herein und freue Dich
liebe grüße schikcke ich dazu
hade
Auch wir waren zu zweit und Kinder, Vater in Russland, Weihnachtsidylle oft durch Sirenengeheul unterbrochen. Wenn wir abends auf der Strraße gingen und es schimmerte zwischen der schwarzen Rollpappe-Verdunkelung nur ganz schwach durch, riefen wir laut "Besser verdunkeln, der Feind sieht hier Licht". Wir hatten kein Engelshaar, aber dafür etwas, was wir überall aufsammeln konnten, die von den Fliegern tonnenweise abgeworfenen Lamettastreifen zur Täuschung von Scheinwerfern und Flak.
Gruß
Manfred
Was für eine schöne Erinnerung, lieber hade. Deine Weihnachtsgeschichte hat mich berührt. Eigentlich ist es doch schade, dass dieser Zauber um Weihnachten, den man als Kind so deutlich spürt, verloren geht, aber die Erinnerung bleibt. Gerne habe ich deine Geschichte gelesen und grüße dich herzlich
Brigitte
Das hat mich gefreut liebe Brigitte,
dass Dir meine Erinnerung gefallen hat.
Morgen so hoffe ich
wird für meinen kleinen 5 jährigen Enkel
so was in dieser Richtung aufgebaut.
Liebe Grüße und frohe Weihnachten
hade
Allen Herzchengebern
sage ich danke
und wünsche ein wunderschönes
Weihnachtsfest
und auch gleich
ein glückliches
gesundes
2019
hade