Julia Teil 2 Robert war deprimiert, auch hier traf ihn tiefe Verachtung.


Julia  Teil 2 Robert war deprimiert, auch hier traf ihn tiefe Verachtung.

Robert schaute in ihr Gesicht, sah in ihre schönen blauen Augen, ihr  Blick war wach, intelligent, kritisch, zweifelsfrei das war Julia, die Schöne! Seine unbändige Freude wie von einem gewaltigen Tsunami ergriffen, ergoss sich in sein Herz, rollte über ihn hinweg, ein wohliges Gefühl durchfloß in rhythmischen Wellen seinen ganzen Körper, weitete seinen Brustkorb, ließ ihn leichter tieferen Atem holen, die freigesetzten Endorphine dämpften in angenehmer Weise seinen Intellekt, versetzten ihn in einen Rausch, erzeugten ein feines Kribbeln in seinem Becken, seine Arme wirkten federleicht wie nicht zum Körper gehörig, die zweite rauschende Welle wurde von Euphorie getragen, endlich brach es befreiend aus ihm heraus!
„ Julia!“, stieß Robert kraftvoll in einem gellenden Urschrei aus.
Er rannte mit einem freudigen Lächeln und ausgebreiteten Armen auf sie zu.
Ungerührt sah Julia seinem Treiben zu, trat als er sich ihr bis auf einen Meter angenähert hatte, seitlich einen Schritt zurück, fixierte ihn mit argwöhnischem Blick.
Robert bremste stark ab, glitt aber auf dem Splitt wie mit Schlittschuhen auf Glatteis bis dicht an ihr Gesicht heran, fast berühmten sich ihre Nasenspitzen. Das Unterschreiten einer Toleranzgrenze von zwanzig Zentimeter durch einen Fremden wird vor allem im Gesichtsbereich als Angriff gewertet.
Wie erstarrt standen sie sich gegenüber und betrachteten sich.
Verlegen sagte er mit sanfter Stimme: „Guten Tag, Julia!“.  Er reichte ihr die Hand, die sie mit Genugtuung ignorierte.
„Guten Tag, nach vierzig Jahren frage ich dich, was willst du heute von mir?“, fragte sie kühl.
Sie musterte ihn. Robert war ein stilvoller 66 jähriger Herr, ein imposanter Mann, hochgewachsen, maß über 1,90 m Größe, hatte breite Schultern, edle Gesichtszüge, ein schönes Antlitz, einen vollen Oberlippenbart, er trug einen feinen hellgrauen Sommeranzug, ein schönes dunkelblaues Hemd und eine hellrote Krawatte, seine eleganten Schuhe waren dunkelgrau. Sie schaute in seine hellbraunen Augen, einem Blick, dem er auswich.
„Ich wollte dich besuchen, dich wiedersehen. Ich…“, sagte er als sie ihn brüsk unterbrach.
„Wie lange gedenkst du, zu bleiben?“,  fragte sie streng.
„Solange du mich erträgst.“, sagte er zögerlich.
„Sehr gut, dann wird das ein sehr kurzer Aufenthalt, denn du bist hier nicht erwünscht!“, sagte sie unterkühlt.
Robert betrachtete sie mit traurigem Blick, Julia trug ihr weißblondes Haar mit einem herrlichen A-Line-Cut in einen extremen Bob gestylt, den die Schöne kinnlang mit eingekürzten Nacken trug, der Schnitt zeigte die ganze Fülle ihrer Haapracht, die Frisur verlieh ihr ein jugendliches Ausehen, ließ sie in einer agilen Sportlichkeit erscheinen. Er schaute in ihre schönen großen Augen, die in einem herrlichen Blau erstrahlten, ihren lieblichen Blick, sah ihren schönen Mund, den wunderbaren Schwung ihrer vollen Lippen.
Julia hatte hohe ausgeprägte Wangenknochen, die im Einklang mit ihrem weit gegen die Stirn vorgebauten Mittelgesicht und ihrer feinen schmalen Stupsnase, die frech nach oben zeigte, ihre ganze Schönheit determinierte, die Ausdruck für ihr einzigartiges Charisma, ihrer Anmut, ihres Liebreizes waren.
Er war von ihrer Schönheit tief beeindruckt, Julia war wirklich eine mondäne Dame, eine aparte wunderschöne Frau! Sie hatte kaum Falten, sah viel jünger als er aus.
Robert war deprimiert, auch hier traf ihn tiefe Verachtung.
Eine einzige, eine allerletzte Möglichkeit mit ihr ins Gespräch zu kommen, bestand in seiner Hartnäckigkeit! 
„Julia, du, bitte, gib mir die Gelegenheit, mich bei dir zu entschuldigen, lass‘ uns versuchen, bitte, die Vergangenheit aufzuarbeiten, jede Missetat werde ich bekennen und dich um Vergebung bitten! Sicherlich können wir beide darin unseren Frieden finden.“, sagte er mit ruhiger Stimme.
Julia schaute auf seine Hände, die sie früher schon liebte, auch weil sie ihr so unendlich viel Zärtlichkeiten gaben, sie waren schlank, feingliedrig, wirkten elegant, waren sehr gepflegt, sie nannte sie „Chirurgen-Hände“, was sie sah, gefiel ihr! Sie hatte ihm das auch immer gesagt, dass er ein zärtlicher Mann war.
„Wie soll das laufen? Vier Jahrzehnte aufarbeiten, in denen wir uns total auseinandergelebt haben, uns einfach nicht mehr kennen, wir sind einander Fremde geworden, begreife das endlich!“, sagte sie barsch, „Wer sagt dir, dass mir etwas an deinen Entschuldigen liegt?“, fragte sie zynisch.
Roberts Spielräume wurden eingedrückt, seine Freiräume von Julia zusammengefaltet.
Er war schon immer tief von sich überzeugt, war er nicht ein schöner Mann, der Liebling aller Frauen, ein begnadeter eloquenter Redner, ein hervorragender Chirurg, eine Koryphäe mit internationaler Reputation, war er nicht allen überlegen, es gab ihn nicht, den Menschen, der intelligenter war als er! Selbstfällig nickte er alles ab!
Er war durchgehend von sich begeistert, liebte sich!
Nur eine Ausnahme gab es, die einzige, die er voll anerkannte und auch zutiefst respektierte, da existierte ein blondes Wesen, eine schöne Frau, die liebliche bescheidene Julia!
Von früher Jugend an klärte sich wie selbstverständlich, dass Julia ihm in allen Dingen weit überlegen war, er hatte das nie in Frage gestellt oder gar dagegen votiert. Sie, die große Liebe zu Julia, half ihm dabei, das ohne Beschwernis zu ertragen.
„Julia, bitte erinnere dich nur deiner Tribunale, die waren voller Klarheit, Schönheit, Wahrheit und Gerechtigkeit!“, schwärmte Robert.
Julias Tribunale waren legendär. Die Rollen waren festgeschrieben, immer war sie Staatsanwältin und Richterin in einer Person, er ausnahmslos der Angeklagte und Verteidiger. Unvorstellbar war für beide das Szenario, dass Julia in der Rolle der Angeklagten vorsah, sie ließ sich äußerst selten etwas zu Schulden kommen.
Regelmäßig ging es darum, dass Julia ihm eine Dämlichkeit, ein Versäumnis, eine Nachlässigkeit, Lieblosigkeit oder Unwahrheit nachwies.
Fremdgehen war für beide von Anbeginn der Kindheit völlig ausgeschlossen, war gänzlich abwegig, war nie Thema, lag außerhalb ihrer Vorstellungen!
Das Tribunal betrieb Julia gerecht, nachvollziehbar, im Geiste von in dubio pro reo , objektiv, streng, hart, unnachgiebig, unerbittlich, alles vollstreckte sie natürlich streng lege artis!
Schon in ihrer Kindheit hatte Julia ein ausgeprägtes Gefühl für Gerechtigkeit entwickelt, deren Verletzungen sie regelmäßig strengstens ahndete.
„Ein Tribunal…“, sagte sie nachdenklich, ihr Gesicht entspannte sich etwas, „… dem du dich stellen willst…welche Strafen sollen verhängt werden…wenn überhaupt müsste ich vorher einen Strafkatalog erstellen. Als Höchststrafe lege ich lebenslänglichen Bann fest, die mildeste Bestrafung schließt einen Freispruch aus! Gut, das nehmen wir!“, sagte sie trocken.
Robert holte gerade die Luft zur Beschwerde als Julia ihn strafend ansah, er atmete entspannt aus.
Die früheren Strafen reichten vom Freispruch, der äußerst selten vorkam, über Strafarbeiten im Haushalt bis hin zum Stubenarrest, der sich über eine Woche erstrecken konnte. Liebesentzug oder die Verweigerung der Kohabitation hatte Julia nie praktiziert, da ist er, einer der herrlichen Vorzüge intelligenter Frauen! 
Robert schätzte die Einrichtung des Schnellgerichts, ersparte sie ihm doch tagelanges Schmollen, tiefste Missachtung, schreiende Sprachlosigkeit, anhaltende Beschimpfungen, morgendliche Belehrungen und andere erlesene Feinheiten aus dem unerschöpflichen Arsenal  der weiblichen Nahkampftechniken!


Das muss reichen!
wird fortgesetzt 

weibl. Gene, Julias Konklusionen, Anruf —. Parvenu
 




 


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