Gewitter-Erlebnisse
Gewitter-Erlebnisse
Es gibt so einige Gewitter-Erlebnisse, die ich wohl nie vergessen werde. Wirklich Angst hatte ich nie vor Gewittern, vielleicht weil es mir als Kind erspart blieb, schreckliche Blitzeinschläge mitzuerleben. Angst machten mir lediglich die Schauergeschichten, die unsere Oma dann, während wir betend im dunklen Wohnungsflur bei Kerzenlicht versammelt das Ende des Gewitters abwarteten, erzählte. Vorrangig waren die Forderungen, die angeblich der Herrgott umgehend mit Blitzeinschlag bestrafen würde, wenn man sie nicht befolgte: wir mussten den gedeckten Tisch verlassen und das Gewitter abwarten, denn: ... wer frisst, den schlag tot ...
Wir mussten fromm beten, und durften uns Schauermärchen anhören von einem Verwandten, der auf dem Feld unter einem Heuwagen gegen den Gewitterregen Schutz gesucht hatte, vom Blitz erschlagen worden sei und andere Geschichten.
Eine andere Geschichte erzählte mein Vater: Die große Familie saß um den Tisch herum, die Familie betete um Schutz der hl. Barbara, der Schutzpatronin der Menschen bei Gewittern. Ein Fenster war wegen der nun frischer werdenden Luft geöffnet, als plötzlich ein „kalter Kugelblitz“ herein rollte, seinen Weg über die Oberkante der Sitzbanklehnen um den Tisch, an dem alle saßen, nahm und nach dieser erschreckenden Runde wieder zum Fenster hinaus rollte.
Alle diese Erzählungen waren wohl auch der Grund, weshalb ich als Fünfjährige schreckliche Angst vor einem Wintergewitter hatte, weil ich zu Besuch bei der Freundin meiner Mutter im Obergeschoss des Hauses war. Da bekam man die wechselnden Lichtverhältnisse besonders gut mit, auf das nicht isolierte Dach trommelte der heftige Regen und die Donner hallten mächtiger als ich es von zuhause kannte. Und dazu – es war doch Winter, wieso nun ein Gewitter?? Das verstand ich in dem Alter überhaupt nicht. Aber ich fand es trotzdem spannend!!
Im September 1961 war ich mit meinen Eltern in die Toskana in Urlaub gefahren. Wir bezogen in Marina di Massa das Obergeschoss eines Häuschens direkt am Meer. Das Zimmer meiner Eltern hatte einen Balkon und auf der anderen Seite führte aus meinem Zimmer die Treppe nach draußen. Ein heftiger Wetterumschwung brachte nachts ein Gewitter mit sich. Natürlich weckten uns die „Donnerschläge“ des Gewitters und irgendwann wollte ich zur Toilette. Ich setzte mich auf, stellte die Füße auf den Boden – und stand im Wasser!! Der heftige Regen gegen die wohl nicht ganz abdichtende Tür des Balkons hatte sehr viel Wasser ins Zimmer gedrückt, das Wasser hatte auch die Türschwelle zu meinem Zimmer überwunden und so standen wir dann im fünf Zentimeter hohen Regenwasser. Mein Gang zur Toilette war – relativ – überflüssig geworden, denn im Bad war keine für uns Deutsche übliche Toilette installiert, sondern lediglich ein Loch im Boden, in dem statt nun alles, was weggespült werden sollte, im Bad herumschwamm … Aber auch das Wasser fand einen Weg nach draußen, nämlich über die Treppe nach unten …
1966 – ich war mit meinem ersten Kind schwanger – war ich zu Besuch bei meinen Eltern. Nach der schon morgens herrschenden schwülen Witterung Mitte Juli begann sich die aufgeheizte Luft zu entladen. Die ersten Blitze sorgten bald für kräftigen Niederschlag, so dass meine Eltern ein Zimmerfenster weit öffneten, wo man nicht mit herein schlagendem Regen rechnen musste.
Ich stellte mich ans offene Fenster, glücklich die nun frischere Luft genießend. Aber mein Vater schimpfte mit mir, ich solle mich auf gar keinen Fall ans offene Fenster stellen, das sei gefährlich! Gegenteiliges hatte ich ja noch nicht erlebt. Aber um keine Rechthaberei in Streit ausarten zu lassen, folgte ich brav seiner Forderung. Dieses Gewitter hab ich allerdings nur wegen der Ängste meines Vaters um seinen ersten Enkel in Erinnerung behalten.
Mit meinen Kindern habe ich nicht mehr solchen Hokus Pokus zelebriert. Ich wollte, dass sie angstfrei Gewitter erleben und überstehen sollten. Allerdings war es mir genauso wichtig, dass sie wussten, dass Gewitter durchaus gefährlich sein können. Auch meinem Enkel habe ich erzählt, dass er im geschlossenen Pkw wie in einem Faradayschen Käfig sicher sei … Doch sich im Freien während eines Gewitters aufzuhalten sei gefährlich. Unter Bäumen Schutz suchen sei tabu! Der alte Spruch „Eichen sollst du weichen, Weiden besser meiden, Buchen darfst du suchen ...“ ist sehr gefährlich. Bei uns hat nur noch
Eddy vor den grummelnden Donnern Angst ...
Kommentare (4)
@Rosi65
Ich könnte mir vorstellen, liebe Rosi, dass es meiner Großmutter vielleicht ähnlich hätte gehen können, wenn es zu Beginn der 1950er Jahre schon so viele Bildnachrichten aus aller Welt gegeben hätte. Zum Glück war dem nicht so ...
Dafür fällt mir gerade ein, wie meine damals dreijährige Tochter reagierte, als wir auf einer der Nordseeinseln ein nächtliches Gewitter erlebten, das von den Inseln so am Ort festgehalten wurde. Irgendwann wurde sie vom Gedonner zwar wach, fühlte sich von den Blitzen gestört, registrierte aber nicht, dass es gewitterte: "Mama, mach das Licht aus, ich will schlafen!" kam es von ihr. Und dann war sie wieder abgetaucht ...
LG Uschi
Liebe Uschi,
Durch Deine spannend geschilderten Gewitter Erinnerungen, sind mir auch einige eingefallen. Keine Sorge, lach, sie zu erzählen würde den Kommentar überfordern.
Nur das eine: Meine Oma hatte eine Riesen Angst vor Gewittern. Schon beim ersten Donnerschlag hat sie sämtliche Stecker gezogen, alle Lichter gelöscht und eine Kerze angezündet.
Klingt heute lächerlich, nicht wahr?
Liebe Grüße, Carola
@HeCaro
Liebe Carola, ja das kenne ich auch: aus Sorge um einen Einschlag sämtliche Stecker in allen Räumen ziehen!!! Doch ich habe bis heute bei jedem Gewitter ein schlechtes Gewissen, weil ich DAS nie getan habe! Doch bislang bin ich zum Glück von solcher Unbill verschont geblieben - toi, toi, toi!
Andererseits, was soll ich machen? Ich kann mich seit anderthalb Jahren auch gar nicht mehr danach bücken, wo all die Stecker beispielsweise für PC, Drucker und Extra-Lampe "versteckt" sind, damit sie nicht so ins Auge fallen ... Vorsichtshalber ist die Steckerleiste eine Blitz-geschützte ... 😉
Lieben Gruß von Uschi
Liebe Uschi,
eine Tante von mir hat bei einem größeren Gewitter total verängstigt im dunklem Korridor gesessen. Die Ärmste dachte nämlich die Welt geht unter.
Am Vortag hatte sie sich einen Bericht über ein Naturvolk, und dem von ihnen angekündigten Weltuntergang im Fernsehen angeschaut.
Viele Grüße
Rosi65