Geschichte in der Adventszeit...


WOZU DIE LIEBE DEN HIRTENKNABEN VERANLASSTE

Nach Karl Heinrich Waggerl

In jener Nacht, als den Hirten der schöne Stern am Himmel erschienen war, und sie sich alle auf den Weg machten, den ihnen der Engel gewiesen hatte, da gab es auch einen Buben darunter, der noch so klein und dabei so arm war, dass ihn
die anderen nicht mitnehmen wollten, weil er ja ohnehin nichts besaß, was er dem Christkind hätte schenken können.
Das wollte nun der Knirps nicht gelten lassen.
Er wagte sich heimlich ganz allein auf den weiten Weg und kam auch richtig in Bethlehem an......
Aber da waren die anderen schon wieder heimgegangen und alles schlief im Stall: Der heilige Josef schlief, die Mutter Maria schlief, die Engel unter dem Dach schliefen, und der Ochs und der Esel schliefen auch, nur das Jesuskind schlief nicht.
Es lag ganz still auf seinem Stroh, ohne Gezappel und Geschrei, denn es war ja ein besonders braves Kind. Trotzdem sah es ein bisschen traurig aus in seiner Verlassenheit.
Und nun schaute das Kind den Buben an, wie er da vor der Krippe stand und nichts in den Händen hatte - kein Stück Käse, kein Flöckchen Wolle, rein gar nichts!
Und der Knirps wiederum schaute das Jesuskind an, wie es da liegen musste auf Heu und auf Stroh. Und es hatte nichts gegen die Langeweile - keine Schelle, kein Garnknäuel, rein gar nichts! Das tat dem Hirtenbuben in der Seele leid. Er nahm das winzig kleine Fäustchen des Himmelskindes in seine Hand, bog ihm den Daumen heraus und steckte ihn dem Kind in den Mund.
Und von nun an brauchte das Christkind nie mehr traurig zu sein, denn der arme, kleine Knirps hatte ihm das Köstlichste geschenkt, was einem Wickelkind beschert werden kann:
Den eigenen Daumen!

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