Erkenntnisse
Erkennen, dass man fast ein ganzes Leben lang getäuscht wurde, schmerzt genauso wie eine verlorene Liebe.
Jung gefreit hat nie gereut? Eine Liebe kennenzulernen ist wunderschön! Jede Begegnung hat ihre Höhepunkte, die oft genug schon in Gedanken an die neue Liebe entdeckt, auch nur im Treffen, den anderen sehen, auch in nur kleinsten Berührungen gipfelt, vor allem, wenn man noch sehr jung ist.
Eine zweite Seite zu erleben, kann heftig sein. Es gibt auch Menschen, die gar nicht lieben können. Sie haben gesehen – bei wem auch immer – dass da Zwei zueinander finden. Natürlich haben sie ausprobiert, wie ein Gegenpart auf einen selbst reagiert, aber sie empfinden nicht das, was das Gegenüber offenbar fühlt. Da ist nichts … Und um wenigstens etwas am Leben der Anderen teilnehmen zu können, beginnen sie, die Gefühle ihres Gegenübers eine Zeit lang zu spiegeln.
In der Hoffnung, irgendwie doch diese Gefühle kennenzulernen, „spielen“ sie mit. Aber genauso gut können sie sich plötzlich umdrehen und gehen oder Gemeinheiten aussprechen – ob damit dem Gegenüber Gefühle verletzt werden, sehen sie gar nicht – bei ihnen selbst war da nichts. Das Gegenüber versteht die Welt nicht mehr … Dann an einer vermeintlichen Liebe festzuhalten lässt DEN Schmerz des Le-bens beim Gegenüber erwachen.
Gründe zum Festhalten gibt es inzwischen dann bereits genug, angefangen beim nicht-begreifen-können bis hin zu viel zu starkem Verbandeln, das – nur von einer Seite – Gegebene nicht mehr aufgeben wollen, können.
Und dann gibt es inzwischen vielleicht auch eine vorschnelle Heirat, die aufzulösen vor Jahrzehnten noch eine nicht erahnende Schmach nach sich ziehen konnte. Der einzige Grund für diese Schmach konnte auch nur das sich Verliebt-haben gewesen sein. Doch das sieht die Umwelt nicht.
Haben sich dann auch noch ein oder zwei Kinder eingestellt, wird es für eine getäuschte Partnerin noch schwieriger. Derjenige, der nur sich selbst lieben kann, liebt auch seine Kinder nicht. Die getäuschte Mutter wird ihre Kinder nicht von sich stoßen, es sind eben auch ihre Kinder. Ihnen – warum auch immer – zumuten zu müssen, mit ihr auf der Straße, zumindest aber in Armut leben zu müssen, von der Umwelt teils hämisch und unehrlich bemitleidet, vielleicht gar gemobbt, das möchte frau nicht zulassen.
Doch was ist schlimmer? Täglich zu spüren, dass ein Elternteil das Kind, den anderen Elternteil ablehnt, innerlich verstoßen hat? Oder schlimmer noch böse Streitereien, Handgreiflichkeiten zu erleben? Oder für sich und von der Umwelt erfahren, dass man keinen Vater habe oder was für einen Vater man denn bloß habe?! Dafür verlacht zu werden … ??
Wenn der liebende Elternteil das alles verhindern konnte, dann nach zig Jahren dasteht und erkennen muss, dass man nun fast alles, was man geben konnte, verschleudert wurde, einem Unwürdigen gegeben hat, nun nur noch unter Drohungen und Herabwürdigungen leben soll, e n d l i c h begreifend den lieblosen, in Wirklichkeit bedauernswerten Partner sich selbst überlässt, flüchtet, muss man sich selbst dann verachten? Sich von der Umwelt verachten lassen?
Das eigene Leben gerettet zu haben, die Kinder dennoch zu selbstständigen, lieben könnenden Erwachsenen herangezogen zu haben – auch das ist eine Lebensleistung, die niemand solch schwer Geprüften zu schmälern hat!
Die Erkenntnis, an einen Narzissten geraten zu sein, sollte Jeden, den es trifft, dazu verleiten, so schnell und so weit vor diesem zu flüchten, bevor irgendwelche Abhängigkeiten entstanden sind ...
Doch welcher naive, junge Mensch kann oder will so weit vorausdenken??
Kommentare (7)
@Delia
Das habe ich in den letzten gemeinsamen Jahren zu spüren bekommen, liebe Delia: mein Narzisst und Alkoholiker brauchte offensichtlich immer stärkere Reize, um sich - als Machtmensch - spüren zu können.
Meine anfängliche Bewunderung in sehr jungen Jahren war längst einem ihm ständig notwendigen Ausweichen gewichen. Hätte er gewusst, dass sich umgehend in meinem Hals ein überaus stacheliger Igel entwickelte, sobald er den Raum betrat, in dem ich mich aufhielt - er hätte es genossen und wäre mir möglicherweise gar nicht mehr von der Seite gewichen mit all seinem Größenwahn, seinen Bosheiten ...
Es ist wohl wie bei den Alkoholikern, man mutiert zu einem Co-Alkoholiker, wenn man sein Tun unterstützt oder auch einfach nur ignoriert ...
Danke für Deinen Kommentar und das so schön aussehende Bild der giftigen Fliegenpilze.
Uschi
Du hast den Narzissten gut geschildert, der sein Leben an spiegelnder Gegenseitigkeit so lange aufbaut, wie es ihm nützt, dann aber Empathie und Verantwortung sein lässt, weil es nur sein ICH gibt. Liebe und Gegenseitigkeit sind unabdingbar für ein innerlich gelungenes Leben. Ohne sie sollte der Schlussstrich Imperativ sein, ein gewaltiges Wagnis, aber sich innerlich gerettet.
Ich glaube, dass junge Leute es heute etwas leichter angehen und materielle Abhängigkeiten nicht mehr so schwer gewogen werden.
Ihr habt, liebe Uschi und Gisela, traurige Erinnerungen, die ich nicht habe. Aber ich glaube, dass man im Alter auch mit Kindern und Enkeln viele Gegenwerte hat.
@Manfred36
Das hast Du ganz richtig erkannt, Manfred. Auch für mich ist Vergangenes passé, aber man kann seine Erinnerungen nicht wie einen Eimer mit überflüssigen Schmutzwasser einfach ausgießen.
Es genügt ein unbeabsichtigtes Wort irgend eines anderen Menschen, das für mich sofort an Vergangenes rührt, und vieles überfällt einen wieder ...
Ich habe meinen einzigen Enkel, den sein Opa vier Jahre lang gar nicht kennenlernen wollte, bislang täglich sehr genossen! Er macht seinen Eltern und mir viel Freude. Meine Tochter brauchte die nicht verlangte Fürsprache eines alten Bekannten ihres Vaters sowie mehrer eindringliche Gespräche zwischen ihrem Onkel und ihrem Vater, bis dass er es doch zuließ, nach ausdrücklicher Bittstellung unserer Tochter, ihm ihren Sohn, seinen Enkel endlich einmal vorzustellen.
Das verstehe, wer will - ich hab es nie begreifen können ...
Ich habe diesen Enkel jeden Tag um mich, seit er auf der Welt ist. Der Opa hat soooo viel Lebenszeit mit dem Jungen verpasst!
@Manfred36
die Erlebnisse aus den jungen Jahren sind doch nicht Wert,dass man sie nochmals hervorholt.
Mein Motto Vergangenes,Trauriges, war einmal und jetzt gerade im Alter ist der Lebensabend wichtig.
Gruss Gisela
Sicher schreibst Du dies aus pers. Erfahrungen.
Man kann aber auch die Vergangenheit ruhen lassen und die Gegenwart jetzt in unseren Alter genießen.
Es gibt bei vielen traurigen Erinnerungen,doch sie ziehen wenn man immer wieder daran rüttelt den Menschen nach unten.
Hab einen schönen herbstag,dies wünscht Dir Gisela
@wolke07
Hallo Gisela, darf ich Dir wiedersprechen? Ja, ich schrieb aus persönlicher Erfahrung. Aber wie ich Manfred schon schrieb, das Schmutzwasser meines Lebens kann ich nicht einfach weggießen.
Ich wurde oft vor schwere Entscheidungen gestellt und habe sie gemeistert! Ob es die gesundheitlich starken Beeinträchtigungen meiner Schwiegermutter, meines Mannes waren, die unser Familienleben insgesamt schwer unter Beschuss nahmen oder die Beeinträchtigungen, die meine Kinder in ihr Leben integrieren mussten ... ihr kranker Vater hat sie ignoriert ...
In welcher Familie gibt es nur eitel Sonnenschein???
Die Gegenwart wird immer wieder von schönen und traurigen Erinnerungen durchsetzt. Ich habe mich nicht von den hässlichen Erinnerungen nach unten ziehen lassen. Ich bin ein humervoller Mensch, der gerne lacht, auch über sich selbst.
Ich bin meinen Lebensweg gegangen und werde ihn auch weitergehen, fröhlich begleitet von meiner Tochterfamilie und vielen Freunden. Auch das Alleinleben macht mir nur seltenst Kummer. Aber gelegentlich erinnert ein Wort anderer Menschen mich daran, dass es eben nicht nur Liebeskummer gibt - auch im Alter, sondern auch Lebenserinnerungen, die genauso schmerz(t)en! Ebenso natürlich auch schöne Erlebnisse!
Es wäre an der Wirklichkeit vorbeigelebt, wenn ich alle Erinnerungen - schöne wie schlechte - an die Seite drängen würde. Da hätte ich mein Leben wohl umsonst gelebt ...
Am Ende von jedem erlittenen Schmerz steht ein Mehr an Empathiefähigkeit!
Ich finde es sehr mutig, dass Du über Deine Lebenserfahrung sprichst. Vielleicht hilft es andern, dass es gar nicht erst zu diesem Schmerz kommt.
Ein Narzisst braucht immer stärkere Reize, um sich selbst noch zu spüren. Er sucht und braucht ständig Bewunderung und Bestätigung und setzt dafür Masken und vorgetäuschte Gefühle ein. Er ist ein wahrer Meister des Schauspiels und kann situationsbedingt innerhalb von Sekunden sein Verhalten ändern. Und wir Hochsensiblen mit unserem grossen Einfühlungsvermögen, geben ihm genau diese benötigte Bewunderung….. und werden dabei zum Co-Narzissten.