Eine Reise-Erinnerung von der Elfenbeinküste


Eine Reise-Erinnerung von der Elfenbeinküste
Vor vielen Jahren reiste ich nach Abidjan, Elfenbeinküste, wo eine sehr gute Freundin mit ihrem Mann für 10 Jahre lebte und die ich erneut besuchte. Ich verbrachte insgesamt drei Mal meine Ferien dort, was jedes Mal ein spannender Urlaub war mit sehr vielen Eindrücken und Erlebnissen.

Das Klima in Abidjan ist sehr warm und feucht. Das hatte den Vorteil, dass man die Kosmetik zu Hause hat lassen können, denn bei dieser Feuchtigkeit hatte eine Gesichtscreme keine Chance, in die Haut einzuziehen. Aber die feuchte Luft sorgte dafür, dass man eine beinahe Babyzarte Haut hatte – was wollte man mehr.

Der Mann meiner Freundin, nennen wir ihn Hans, war damals Generaldirektor eines Schweizer Unternehmens. Seine Frau, Mino, meine Freundin, kümmerte sich um das Haus und organisierte zusammen mit ihren Boys die Besuche diverser offizieller Gäste.

Heute möchte ich ein besonderes Erlebnis erzählen:

In der Firma arbeitete u.a. ein Afrikaner in leitender Funktion, der aus einem Dorf der Elfenbeinküste stammte, das ca. eine halbe Autostunde nördlich von der Hauptstadt Yamoussoukro entfernt war. Eines Tages wurde sein Chef, Hans, sowie die Mino und ich in sein Dorf eingeladen, wo sein Vater der Dorfälteste und der eigentliche Gastgeber war. Denn sein Sohn war in Hans’ Firma erfolgreich und dafür musste unbedingt der Chef und seine Frau geehrt werden. Für Hans war zuerst nicht klar, ob er pünktlich dieser Einladung folgen konnte, sodass schon mal die Mino und ich per Auto uns auf den Weg gen Norden machten.

Auf der Fahrt dorthin gab es immer wieder etwas zu sehen, wie z.B. ein riesen Baumwollfeld. Mino stoppte dort kurz, um mir zu erklären, wie die Baumwolle wächst und wie sie gepflückt wird. Ein Baumwollbauer fand es aber gar nicht toll, dass da zwei weisse Frauen auf sein Baumwollfeld kommen und er nicht mal verstehen konnte, was diese zwei geplaudert haben. Er ärgerte sich unnötig, aber masslos und wurde beinahe bösartig, was uns Frauen veranlasste, sofort zum Auto zurück zu gehen und zu verschwinden.

Nach einer längeren Fahrt, an Yamoussoukro vorbei, erreichten wir endlich das Dorf, dessen Name ich leider nicht mehr weiss.

Zu der Hauptstadt Yamoussoukro möchte ich folgendes einflechten:
Der erste Präsident der Côte Ivoire, wie die Elfenbeinküste offiziell heisst, Monsieur Felix Houphouët-Boigny, wurde im Dorf Yamoussoukro geboren. Seinen Traum, sein Dorf irgendwann zur Hauptstadt der Elfenbeinküste zu machen, setzte er tatsächlich um, wobei man heute über «Yamoussoukro, von der vergessenen Hauptstadt» spricht.)
Man stelle sich vor, in Yamoussoukro leben heute rund 370'000 Einwohner und in der Hafenstadt Abidjan, frühere Hauptstadt, an die 5 Mio. Als ich damals in Yamoussoukro war, lebten knapp 10'000 Menschen dort, wobei die Mehrheit aus Arbeitern bestand, die eben die neue Hauptstadt aufbauten. Eine Geisterstadt par excellence!
Houphouët-Boigny liess sich dort einen Präsidentenpalast bauen von enormer Grösse, mit einem Wassergraben um den ganzen Palast, worin sich seine Lieblingstiere tummeln nämlich Krokodile – sie sollen ihm angeblich mal das Leben gerettet haben! Über diese Krokodile gibt es eine makabere Geschichte. Der Betreuer dieser Tiere sprach offenbar mit ihnen und er war der Meinung, dass die Krokodile ihn kennen und auch lieben. So wagte er sich stets relativ nahe zu diesen Tieren und streichelte sie sogar. Eines Tages wurde dieser Betreuer vermisst – und nie mehr gefunden!

Houphouët-Boigny liess nicht nur einen grosszügigen Präsidentenpalast bauen, sondern er träumte weiter und liess nach dem Vorbild des Peterdoms in Rom die Basilika Notre-Dame de la Paix erbauen. Mit den oben genannten Einwohnerzahlen hat Yamoussoukro den Titel «die vergessene Hauptstadt» absolut verdient. Für mich: die exklusivste Geisterstadt der Welt.

Nun habe ich mich beinahe «in Yamoussoukro» vergessen! Aber wer mehr darüber und über die Elfenbeinküste erfahren möchte, dem steht ja Wiki zur Verfügung.

Zurück zu unserem Dorfbesuch:
Wir wurden von dem Mitarbeiter, einer Schar Kinder und vermutlich von den übrigen Dorfbewohnern freundlich begrüsst. Hans schaffte es gerade noch, kurz nach uns im Dorf einzutreffen. Wir wurden durch das Dorf geführt und in der Dorfmitte unter einem Baum zu einem grossen, halbrunden mit einem riesigen indigoblauen Tuch abgedeckten Kreis geleitet, wo man uns Platz zu nehmen aufforderte. Verblüfft schauten wir uns den Halbkreis an, entdeckten, dass es sich um Sitze resp. Fauteuils handelte, wo wir erst mal die Sitzfläche ertasten mussten, bevor wir uns setzten – siehe Foto, das leider unscharf ist.

Abidjan 17 - Sitze unter dem Baum.jpg
Man servierte uns Coca-Cola und wer wollte, bekam sogar Eiswürfel aus der Thermoskanne. Der Mann, der uns bediente, versuchte mit einem Suppenlöffel in die Thermoskanne zu gelangen, um eben das Eis zu verteilen, aber leider ohne Erfolg. Er amüsierte sich sogar über den nicht funktionierenden Löffel, erkannte aber dann doch schnell, dass die Eiswürfel auch geschüttet werden konnten. Dann erfolgte die offizielle Begrüssung durch den Mitarbeiter von Hans und erklärte uns, dass die Dorfbewohner nur für uns eine Liebesgeschichte tanzen möchten. Das war ein ganz besonderes Erlebnis und ich kam mir vor, wie im Märchen, aber es war sehr real. Leider gibt es fast keine Fotos:

Abidjan 07.jpg
Abidjan 06.jpg  
Nach diesem offiziellen Empfang mit Tanz und Cola, wurden wir im Dorf zu einer Hütte geführt, wo wir davor Platz nehmen durften und einen Moment warten mussten. Das Märchen ging weiter:
Der Dorfälteste erschien plötzlich, begrüsste uns und hielt eine Ansprache, die ich eher als Genuschel wahrnahm, und von seinem Sohn übersetzt wurde. Das grosse Lob gehörte natürlich Hans,  der Chef seines Sohnes! Selbstverständlich gab es auch ein Lob für seine Frau und zu meiner grossen Überraschung wurde auch ich erwähnt. Hans und seiner Frau wurde ein lebendiges Schaf als Gastgeschenk überreicht und mir ein lebendiges Huhn. Tja, was macht man mit so vielen lebendigen Tieren???

Nach diesen Ehrungen gab es das Mittagessen und natürlich Männlein und Weiblein getrennt und sogar in zwei verschiedenen Hütten. Die Mino und ich waren beide froh, dass wir zu zweit waren, denn  ein Teil der Dorfbewohnerinnen assen auch in unsere Hütte und beobachteten uns, wie wir auch sie beobachtet hatten. Es gab übrigens Hähnchen und zwar ziemlich scharf gewürzt, aber sehr fein.

Mein Märchen über einen Besuch in einem afrikanischen Dorf ging langsam und auch real zu Ende und es folgte grosse Verabschiedung. Das lebendige Schaf-Geschenk mussten wir nicht sofort mitnehmen, das besorgte am nächsten Tag der Sohn des Dorfältesten. Hingegen das Huhn mussten resp. durften wir sofort mitnehmen. So sass ich neben meiner Freundin, Mino, im Auto mit einem lebendigen Huhn auf dem Schoss!

Unterwegs nach Yamoussoukro, wo wir im Hotel übernachten wollten, entdeckten wir eine Hühnerfarm. Wir stoppten und übergaben dem Geflügelbauer unser Huhn. Danach mussten wir aber «was gisch was hesch» so schnell wie nur möglich weiterfahren, um durch das rasch funktionierende Buschtelefon nicht in Verlegenheit zu geraten.

Im Hotel in der Geisterstadt Yamoussoukro angekommen, erlebte ich in Gedanken das ganze Märchen nochmals…………
 
Jutta

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Kommentare (9)

Jutta


Für die 💙chen möchte ich mich bedanken bei:
pfundig
Claudine
Lisa Kestler
indeed
Christine62laechel
Globetrotter
Maslina
U. Petri
Songeur
WurzelFluegel

 

Claudine

Liebe Jutta,
andere Länder, andere Sitten. Und wenn man dann in so einem Land das Glück hat, Freunde zu haben, ist das nochmal viel interessanter, als wenn man nur so in den Urlaub hin fährt. Freude vor Ort geben durch erlebte Anekdoten und gelebte Erfahrungen mit den Einheimischen einer solchen Reise eine ganz besondere Würze, weiss auch ich aus Erfahrung.

Wunderbar war dein Bericht zu lesen! Dass ihr das Huhn auf einer Geflügelfarm abgeliefert habt, fand ich zum Todlachen, ich hätte es aber in deiner Situation vermutlich genauso gemacht.

Deine tollen Fotos haben deine Reise-Erinnerungen zusätzlich enorm bereichert.
Schön, dass du diesen Reisebericht mit uns geteilt hast. Dankeschöne für das Lesevergnügen und liebe Grüße nach Basel
Irmina

Jutta

@Claudine  

Liebe Irmina,

Danke für deinen Kommentar. Ich freue mich, dass dir meine Reise-Erinnerung gefällt und sogar die Lachmuskeln aktivierte Zufrieden.gif.
 
Ja, diese Reisen zu meiner Freundin nach Abidjan waren jedes Mal sehr spannend. Was auch lobenswert war, wie gut meine Freundin über Land und Leute informiert war. Während ich jetzt gerade diese Zeilen schreibe, erinnere ich mich an eine aussergewöhnliche Panne, die auch noch amüsant war! Ich werde versuchen, diese aufregende Panne in einem weiteren Blog zu schildern.

Hab einen schönen Tag und sei

herzlich gegrüsst
Jutta

indeed

Liebe Jutta,

das ist eine wunderschöne Erinnerung, die du hier mit uns teilst. Ich kann mir gut vorstellen, wie beeindruckt du warst in eine völlig andere "Welt" einzutauchen.
Macht hungrig auf mehr . . .

Mit lieben Dank fürs teilen grüße ich dich herzlich und wünsche dir einen angenehmen Sonntag.

Liebe Grüße aus dem Ostfriesland zu dir in den Norden der CH 

Ingrid
 

Jutta

@indeed  

Liebe Ingrid,

Es freut mich, dass dir meine Erinnerung gefallen hat. Du hast recht, es war ein unglaubliches Erlebnis, in diese so unbekannte Welt eintauchen zu dürfen, eine Welt, von der man in der Schule beim Thema "Albert Schweitzer" mal hörte.

Für deinen Kommentar danke ich dir sehr und schicke dir 

herzliche Grüsse nach Ostfriesland aus dem sehr warmen Norden der Schweiz 😊

Jutta

U. Petri

Da hast Du ja ein fremdes Land mit seinen Menschen hautnah erleben können, liebe Jutta.
Das ist sicher bedeutend intensiver als es bei einer normalen Reise möglich wäre.
Nicht nur die hautpflegende Luft, sondern auch die Speisen, die Gewürze und die Art, wie die Menschen sich bewegen, lachen, singen, tanzen . . .

Vielen Dank daß Du uns hast teilnehmen lassen an dieser schönen Erinnerung!

Liebe Grüße
Ursula

Jutta

@U. Petri  

Liebe Ursula,

Das war ein grosses Geschenk, dass meine Freundin dort lebte und auch sehr gut über Land und Leute informiert war. Wir besuchten zusammen einige andere Dörfer, wo wir viel Spannendes sahen und erlebten, natürlich nicht im Stil, wie beschrieben.

Ich danke dir für den Kommentar und schicke dir

liebe Grüsse
Jutta

ehemaliges Mitglied


Afrikanische Feste sind Lebensfreude pur, fand ich immer und
die afrikanische Trommel faszinierend - unmöglich dabei still zu sitzen 💃

Danke, liebe Jutta fürs Teilen deiner Erinnerung.

liebe Grüße
WurzelFluegel

Jutta

@WurzelFluegel  

Liebe WurzelFluegel,

Auch ich mag die afrikanischen Trommeln, überhaupt den afrikanischen Sound.
Als ich einmal in Abidjan landete, von meiner Freundin abgeholt wurde, blieb mir keine Zeit zum Umziehen, ich musste gleich mit auf eine afrikanische Partie - im Freien natürlich und mit einer sandigen Tanzfläche, sodass nicht nur der Rhythmus der afrikanischen Musik zu hören war, sondern auch der Rhythmus der Tanz-Füsse.

Danke für deinen Kommentar und ich schicke dir

herzliche Grüsse
Jutta

 


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