Ein Schatten

Ein Schatten bin ich, abgewandt dem Licht,
ein letzter Seufzer vor dem Sterben;
ein nie vollendetes Gedicht,
ein Tongefäß in tausend Scherben.
 
Ein Schatten bin ich, ohne Fleisch und Blut,
versteinert von Erinnerungen;
verwelkter Glanz, verloschne Glut,
Musik, für alle Zeit verklungen.
 
Ein Schatten bin ich, abgewandt dem Licht,
das Tor der Hoffnung zugeschlagen.
Was trägt? Was bleibt? Was hat Gewicht?
Nur Fragen, Fragen, Fragen, Fragen.


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Kommentare (12)

Agathe

Lieber Silesio
als ich deine Zeilen las, dachte ich sofort,
dass doch Schatten nur entstehen kann,
wenn auch Licht da ist.
Ohne Licht kein Schatten.
Kein Schatten ohne Licht.

Alles Gute für dich wünscht dir, Agathe

silesio

@Agathe 
Aber ich sehe mich selbst als Schatten, und ein Schatten hat weder körperliche Ausdehnung noch Gefühle. Er ist im Grunde nur ein "physikalisches Phänomen"

LisaK

 
Was trägt? Was bleibt? Was hat Gewicht?
Diese Fragen kann ich nur für mich beantworten.
 
Ich werde getragen von meiner Familie
und meiner Zuversicht, dass da etwas ist, das mich hält.
Was von mir bleibt sind hoffentlich irgendwann einige liebevolle Erinnerungen und biologisch betrachtet ein paar meiner Gene, die ich weitervererbt habe.
Was für mich Gewicht hat, ist die Liebe die mir geschenkt wird und die ich zurückgeben darf.
Was ich mir sehr wünsche ist, dass das Tor der Hoffnung bis zu meinem Lebensende immer einen Spalt offen sein wird.
Letzteres würde ich allen Menschen wünschen…
Lg. Lisa 🌞
 

silesio

@Lisa Kestler
Wahrhaftig, mögen sich deine Wünsche erfüllen!
Ich habe auch nur von mir gesprochen, ohne diese Erfahrung verallgemeinern zu wollen

ehemaliges Mitglied

ein Schatten bin ich, bis ich weiche
und das Licht wieder erreiche
dann in ungekanntem Glanz
nicht gebrochen, sondern ganz


lieben Gruß
WurzelFluegel




 

silesio

@WurzelFluegel  
Klar, du als halbes Fluegelwesen hast es natürlich einfacher, dich aus irdischen Tiefen zu erheben.
Als Wurzelwesen müssten dir Tiefe und Finsternis auch bekannt sein

ehemaliges Mitglied

@silesio  

ja nur zu gut sind sie mir bekannt, die dunklen Tiefen, sonst hätte ich nicht gewagt zu schreiben

und trotzdem oder deshalb: nur wenn Licht ist, kann Schatten sein...
aber es gibt Tage, da scheuen wir auch das Licht

du hast Erfahrung mit beidem,
ganz gewiss,
sonst hättest du es nicht so gekonnt in Worte gefasst,
wie es dir in deinem Gedicht gelungen ist

grabe bitte deinen Mut wieder aus!

WurzelFluegel



 

silesio

@WurzelFluegel
Meinen Mut wieder ausgraben, ein schönes Bild.
Aber das ist eben deine Stärke: Sprechende Bilder

 

Christine62laechel


Ich glaube, Christoph, dass wir unser ganzes Leben lang irgendwelche Schatten sind. Wovon, und wie wäre die Antwort auf die Fragen von dir, das erfahren wir - wer weiss? - irgendwann. Oder auch nicht. Solange mitten im Berufs- und Familienleben, kommen wir uns selbst genug "wichtig" vor. Und das nette Gefühl könnte man auch schon immer behalten. Wenn auch nicht mehr hübsch, nicht mehr ganz fit, sind wir die Menschen geblieben, die wir vorher waren: Mit all unseren Vorteilen, Verdiensten, guten Seiten. Und bei dir ist übrigens nicht ganze Schönheit weg. ;)

silesio

@Christine62laechel  
Natürlich gibt es immer Schatten, ausserhalb von uns.
Schlimmer ist, dass ich mich wie ein Schatten fühle, ein Schatten bin - poetisch ausgedrückt

Roxanna

Diese Fragen stelle ich mir auch schon lange. Wer könnte sie beantworten? Manchmal macht sich Düsternis im Innern breit, man sollte es nicht zu lassen, weil man sich nur selbst damit beschwert. Andere interessiert das nicht, es sei denn, sie wären einem sehr zugetan.

Lieben Gruß
Brigitte

silesio

@Roxanna  
Danke, dass du mir zugetan bist -
so vermute ich jedenfalls


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