Die Turmbegehung mit netten Menschen


Die Turmbegehung mit netten Menschen

Während der Zeit im Museum, bin ich ab und zu, wenn der Turmführer krank oder aus anderen Gründen nicht im Haus war, gern mit den Besuchern auf den Turm geklettert.
Raus aus den alten Mauern, rauf an die frische Luft.
Gelegentlich kam es vor, dass man sehr nette Leute traf, man redete über ganz andere Themen. Und irgendwann gab es einen kleinen Flirt mit einem sehr sympathischen Rechtsanwalt aus Norddeutschland. Plötzlich stellten wir fest, dass alle anderen Besucher die Plattform längst verlassen hatten.
Der Schauspieler Joachim Krøl kam irgendwann mit seiner Frau und seinem Sohn. Ich habe nicht gezeigt, dass ich ihn kannte. Er stand sehr bescheiden im Hintergrund, aber mit seiner Frau gab es ein nettes Gespräch.
Irgendwann kam ich von der Toilette und wurde ich von vier älteren Leuten aus Magdeburg angesprochen, die Turmbegehung sei ja schon vorbei, sie seien zu spät gekommen und würden doch sooo gerne... „Na, dann kommen Sie mal mit...“. Dort oben haben sie mir erzählt, dass sie es nun sehr genießen würden, endlich reisen zu dürfen, das hätten sie sich in den Jahren so gewünscht. Und einer der Herren drückte mir tatsächlich ein sehr großes Geldstück in die Hand. Ich wollte das Geld nicht annehmen, aber alle vier bestanden darauf. Vielen Dank.

An einem Nachmittag standen bereits sehr viele Leute vor der Tür und warteten auf den Turmführer. Etwas abseits sah ich eine kleine Gruppe, junge Menschen mit Trisomie 21, man nennt es auch Down-Syndrom.
Die Blicke der anderen Besucher waren sehr leicht zu deuten. Abfällig. Man hielt großen Abstand. Zu gerne hätte ich gesagt, dass diese Behinderung nicht ansteckend ist, aber ich habe natürlich geschwiegen.
Ich schlug dem Begleiter vor, dass ich zuerst mit den anderen Wartenden nach oben gehen würde, danach ganz allein mit ihm und seiner Gruppe, denn oben auf der Plattform sei nicht so viel Platz, es würde sonst sehr eng. Das Aufatmen der „normalen“ Menschen war nicht zu überhören, die Erleichterung war den Gesichtern anzusehen.
Keine 10 Minuten waren wir oben, es gab nur einen ganz kurzen Bericht zur Gegend.

Mit strahlenden Gesichtern stiegen die jungen Leute nach oben. Natürlich sprach ich nicht über die Ausstellung, ich redete nicht über Geschichte und Politik, wie ich es normalerweise tat. Aber ich zeigte ihnen die umliegenden Orte, ganz weit weg sah man ein Kernkraftwerk und ich gab Antwort auf alle ihre Fragen, nämlich z. B. wo man ein Eis kaufen könne und hörte ihnen zu. Sie waren alle so glücklich und als es nach 30 Minuten nun wirklich Zeit war, den Turm zu verlassen, haben mich alle, wirklich alle fest gedrückt und sich bedankt.
Ganz heimlich habe ich mir ein Tränchen abgewischt.

Abends daheim dachte ich, dass es ein guter Tag war. Ein sehr guter Tag!


Anzeige

Kommentare (0)


Anzeige