Die Blätter fallen




Greta, die mit ihrer verwitweten, sechs Jahre älteren, Schwester zusammen gewohnt hatte, fiel nach deren Tod, wie man so sagt, die Decke auf den Kopf. Jeder Gegenstand in der Wohnung erinnerte sie an die geliebte Schwester und jede Nacht weinte sie sich in den Schlaf. Sie brauchte keine ärztliche Beratung, um zu wissen, dass es so nicht weitergehen konnte. Auf ihrem Notebook gab sie bei Google 'Seniorenheime' ein und erhielt eine Masse von Auskünften. Aufgrund ihrer geringen Rente fielen Nobeladressen von vornherein aus. Bei den Restlichen musste sie sich mit einem Doppelzimmer zufriedengeben, denn Einzelzimmer waren für sie unbezahlbar. Für ein 100 km entferntes Heim, es lag am Stadtrand inmitten eines Wäldchens, entschied sie sich schließlich und machte mit der Heimleiterin einen Besichtigungstermin klar.
Das dann erfolgte Informationsgespräch, fiel sehr kurz aus, da in der Webanzeige, alles sehr ausführlich beschrieben und aufgelistet war. Eine Betreuerin führte sie durch die Anlage und zeigte ihr das (inzwischen) für sie reservierte Zimmer. Rechts und links in die Wand eingelassene Schränke, von denen jeweils der mittlere ein großes Glasteil hatte. Ferne eine geräumige Sitzecke vor dem bis zum Boden reichenden doppeltürigen Fenster, dass geöffnet auf einen kleinen Balkon führte.
Das hintere Bett, gleich neben der Tür zum Bad, war von ihrer künftigen Mitbewohnerin belegt, die sich ehrlich zu freuen schien, in Bälde nicht mehr allein zu sein. Rita, so ihr Vorname war eine freundliche, stark blondierte, leicht vollschlanke Person, vermutlich ein paar Jahre jünger als Greta. Sie schlug Greta vor, später wenn sie den Anmeldekram erledigt hätte, könnte man ja in der Cafeteria noch ein bisschen zusammen plaudern. Das taten sie auch dann und Greta registrierte, das ihr Gegenüber ein sehr loses Mundwerk hatte, wenn es um die im Heim ansässigen Männer ging.
Später wieder zu Hause schmunzelte Greta, als ihr Ritas so gar nicht bösartige, eher witzige Charakteristiken der im Heim wohnenden Männer durch den Kopf ging. Eine Klatschbase war die blonde Rita gewiss nicht, aber sie schien unternehmungslustig und allen Dingen, die das Leben noch so zu bieten hatte, sehr aufgeschlossen zu sein.
War Greta vor ihren Besuch noch unschlüssig gewesen, jetzt war sie es überhaupt nicht mehr. Selbst die Auflösung ihres Haushaltes, das Zurücklassen vieler ihr ans Herz gewachsenen Gegenstände und Erinnerungsstücke, konnte sie ohne Herzdrücken und Schuldgefühle hinnehmen. Vergessen würde sie nichts und niemanden, aber mit der aufgeschlossenen Rita an der Seite würde ihr vieles auch das ständige Zusammensein mit den anderen (vor allem männlichen) Heimbewohnern leichter fallen. Auf dem Nachhauseweg hatte sie aus der Kaufhalle noch eine Flasche Piccolo-Sekt mitgenommen.
Sie öffnete behutsam den Verschluss, füllte einen kleinen Trinkelch aus böhmischen Glas und stieß mit sich selbst auf das nun neue, andere Leben an.

Die ganze KG ist unter dem Link zu lesen;
https://www.bookrix.de/_ebook-willy-rencin-the-leaves-are-falling/


 


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Kommentare (9)

Tulpenbluete13

Das ist ja fast der Idealfall lieber Willy,

aber das ist eine Seltenheit- eher die Ausahme. Denn oft passen die beiden Bewohner nicht zusammen und dann ist es ein ewiges Debakel.

Aber man kann oder (muß),es halt ausprobieren.
Übrigens: Pflegeheime sind oft besser als ihr Ruf.

meint mit liebem Gruß
Angelika

Willy

Danke für Dein Interesse, aber es ging mir nicht um Vorzüge oder Nachteile von Senioren-Unterkünften. Liest man die ganze Geschichte, (der Link ist angeführt) geht es um etwas ganz anderes.
LG
Willy

Maxi41

Eine wundeschöne, zu Herzen gehende Geschichte.
Vielen Dank sagt Bärbel

Willy

Danke, Bärbel; ist ja immer schwierig bei solchen Geschichten, dass es nicht ins Kitschige abruft und als Mann über Frauen zu schreiben, hat auch (zumindest bei mir) so einige Schwierigkeiten.
ICh wünsche ein angenehmes Wochenende und 
LG
Willy
 

Roxanna

So grundsätzlich, lieber Willy, ist es ja schon eine Zumutung, dass man als alter Mensch, der vielleicht auch schon länger allein gelebt hat, nun sein Zimmer mit jemandem teilen soll. Ich persönlich könnte mir das nicht vorstellen. Aber, wenn man vielleicht sozusagen eine Freundin fürs Leben gefunden hat, geht es ja vielleicht gut. Trotzdem, ich würde mein Zimmer nicht teilen wollen und bin froh, dass immer mehr dazu übergangen wird, dass man auch in den Alters- und Pflegeheimen ein Einzelzimmer bekommt. Noch besser ist, wenn man es nicht braucht Zwinkern.

LG
Brigitte

Roxanna

Eben, lieber Willy, habe ich die Geschichte bis zu Ende gelesen. Es ist eine wunderbare Geschichte, die mir sehr gut gefallen hat.

LG
Brigitte

Willy

Ganz sicher ist es so, aber Einzelzimmer soweit mir bekannt, sind mit höheren Kosten verbunden. Menschen mit niedriger Rente haben da keine Wahl.
In meiner Geschichte sind diese Dinge bewusst nur am Rande berührt,es ist eine Liebesgeschichte, aber das erschließt sich natürlich nur, wenn man die vollständige KG liest.
LG
Willy

ehemaliges Mitglied

oh, das war aber eine schöne Liebesgeschichte. Wie kreativ der gute Freund doch war, wunderschön, habe ich gern gelesen.
Erst dachte ich, wie beklemmend, diese aufgezwungene Enge und dann noch Doppelzimmer, aber wenn man sich so gut versteht und füreinander da ist, kann es für manche einsame Menschen vielleicht auch schön und bereichernd sein.
Ich fürchte mich allerdings nach wie vor, in so einem Haus bzw. Heim leben zu müssen
Liebe Grüße
Elbstromerin

Willy

Auch nicht mein Fall. Ich habe mal im Fernsehen etwas gesehen, das mich sehr bestürzte. Da saßen ungefähr 10 alte Leute im Seniorenheim um einen Tisch herum. Ein Betreuerin sagte: "Und nun sing uns die Frau  Seidel ein Lied." Die alte Frau und es war ziemlich grässlich, zuhörte ohne dies keiner so richtig. Da bekamen alle einen bunte Luftballon, bliesen den auf Komando auf verschlossen ihn und stubsten sich die dann gegenseitig zu. Spaß schien dies niemanden zu machen. Danach kam ein Ratenspiel und ich schaltete den Fernseher aus.
Noch schlimmer für mich wäre, wenn als Oma verkleidete Unterhaltungskünsler ihr Programm abziehen. Wobei, wem solches gefällt, der soll es haben und dem will ich keineswegs sein Vergnügen ausreden.
LG
Willy


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