die Baldraintropfen


Eine Hochzeit wurde angesagt: der Sohn meiner Großcousine genau die, die dort wohnte, wo ich so gerne hinfuhr.
Okay ich komme. Ich rüstete mein Auto mit dem halben Aldi ein, besorgte vom Bäcker feine Bisquittböden und startete gen Osten. Zu dieser Zeit ging der Grenzverkehr zügig, aber nicht ohne Kontrollen. Ich fuhr einen Mazda 323 Kombi und die Einsicht war wunderbar gegeben und meine Aussicht war: die lassen dich auspacken. Meine Aufregung kannte keine Grenzen, mir war schlecht - ein Schlückchen Baldrian kann nicht schaden. Je näher ich dem Grenzübergang kam, desto mehr Schlückchen brauchte ich. Verdammt, ich muß doch wie ein Iltis stinken! Kaugummi muß her und der Grenzübergang rückte in Sichtweite. Gut, noch nen Kaugummi, diese komische Regenrinne anfahren, dort wurden die Reisepässe reingelegt und blieben erstmal verschwunden. Zum nächsten Posten, freundlich begrüßt und weiter ging es zum nächsten. Und dort standen zwei "Flintenweiber", Entschuldigung, das waren aus Erfahrung die Schlimmsten. Es kam, wie es kommen mußte, da vorne rechts ranfahren zu den Bänken. Mahlzeit, dachte ich, das Hochzeitsessen fällt aus. Ich quälte mich aus dem Auto und dachte an Baldrian. Kofferraum auf und auspacken.............Die "Dame" ließ nicht locker, bis auch das letzte Spargelglas auf der Bank stand. Oh nee, und alles so gut verstaut, daß es nicht klapperte und jetzt fingen die interessanten Straßen erst an? Ich hielt möglichst viel Abstand zu der Dame, meine Baldrianfahne mußte sie nicht auch noch mitkriegen. Und schon begann wieder das "wieso,warum und wollen sie damit Handel führen". Nein, dies wollte ich alles nicht machen. Ich holte meine Einladung raus und erklärte, daß das mein Hochzeitsgeschenk an das Brautpaar wäre. Spirituosen??? Nein, dafür ist schon gesorgt. Es fing an zu regnen und ich stand am Ende der Überdachung und es wurde langsam etwas stark feucht. Die "Dame" nahm meine Auflistung der mitgeführten Waren, drehte ab und rief: einpacken! und weiterfahren. Ich packte meinen halben Aldi-Laden wieder ein und zisch, war ich weg. Aber nur bis zur nächsten Autobahn-Raststätte. Ich wußte jaschon dort kommt so'nSporthotel".
Erst mal rein und ein Klo finden, und mein Baldrian zeigte volle Wirkung nach oben und unten. Ein Erholungspause war angesagt und ich trank irgenwas, bevor ich mich mit zitternden Knieen wieder auf den Weg machte. Dann ging es langsam mit der Bum-da-bum-Strecke los und hinten im Auto klapperte es wie verrückt. Ein Anhalten auf den Transit-Strecken war verboten. Also klapperte ich weiter bis zur richtigen Ausfahrt. Als ich in "mein" Dorf reinfuhr,klapperte es extra laut. Ich war wieder daheim. Meine Cousine sichtete alles, was ich im Gepäck hatte und trommelte die Männer zum Ausladen heran. Ein Tag Ruhe war mir vergönnt und dann ging das große Backen los. Ich türmte die Schwarzwälder-Kirschtorten auf und die wurden sofort im alten Waschhaus versteckt. Dort war es kühl und es gab nur einen Schlüssel. Vormittags war die standesamtliche Trauung und Nachmittags einen Kirchlichen Segen und die große Feier in einer Gaststätte. Einige Westgäste waren auch geladen und die, die stürzten sich auf die Schwarzwälder, sodaß die erste Torte nicht mal das Brautpaar erreichte. Ich war empört und gekränkt, bei der zweiten nahm ich das selbst in die Hand und übergab dem Brautpaar persönlich die gesamte Torte. Meine Cousine zwinkerte mich an, wir hatten uns verstanden.
Es wurde ein herrliches Fest bis in den nächsten Morgen hinein und ich konnte meinen Urlaub noch ohne den Westbesuch genießen. Ich war wieder ein Dessauer-Kind.

Finchen

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