Deutsche Kinder
Guten Morgen,
am „Schicksalstag“ von uns Deutschen, dem 9. November, auf welchen eine Reihe besonderer historischer Ereignisse fällt, möchte ich ein sehr lesenswertes Buch vorstellen, das das Schicksal deutscher Kinder in den Mittelpunkt stellt. Ich hatte dieses Buch bereits im Januar 2005 auf meiner damaligen Homepage vorgestellt und finde es nach wie vor so interessant, dass ich den Beitrag für einen Blog hier im ST noch einmal aufbereitet habe.
Vorab jedoch für Interessierte noch ein Link von Wikipedia zu den historischen Ereignissen, zu denen der 9. November 1918 (Beginn der Novemberrevolution), der 9. November 1938 (Beginn der Novemberprogrome) und der 9. November 1989 (Mauerfall) zählen:
https://de.wikipedia.org/wiki/9._November_(Deutschland
(Falls der Link sich nicht öffnen lassen sollte, einfach bei Google 9. November Wikipedia eingeben, dann wird die Seite aufgerufen.)
Und nun das Buch von
Claudia Schmölders (Hg.):
Deutsche Kinder
Siebzehn biographische Porträts
Rowohlt 1997; Rowohlt Taschenbuchverlag 1999
S. 1: "Zu diesem Buch:
'Dieses Buch enthält Essays von verschiedenen Autoren, die exemplarische Lebensläufe von Kindern darstellen und zugleich deutlich machen, wie diese Lebensläufe in die Zeitläufe, in den historischen Kontext eingebunden sind. Die Autoren sind Historiker, Journalisten, Germanisten, auch ein Theologe kommt vor, und die Essays decken knapp 800 Jahre deutscher Geschichte ab, vom frühen Mittelalter bis in die 50er Jahre unseres Jahrhunderts. Die Autoren schreiben sehr sachlich und verständlich, sie alle erzählen Geschichte quasi von unten, aus der Sicht von Kindern, und das ist das Interessante an diesem Buch ... Und im Grunde genommen spornt dieses Buch dazu an, sich darüber bewußt zu werden, wie wir Erwachsenen mit unseren Idealen und Wertvorstellungen die Kinder manipulieren...'
Ralf Caspari, Bücherbar 9/97"
Meine Gedanken zum Buch:
Jede hier vorgestellte Lebensgeschichte von deutschen Kindern ist für sich genommen äußerst lesenswert! - Es ging jedoch nicht anders; eine nur konnte ich herausssuchen, um sie hier näher vorzustellen. Alles andere wäre zu überbordend geworden. Ich möchte jedoch meinen Leser*innen das Buch sehr ans Herz legen. Weiter unten, bei „Mehr zum Inhalt“, sind die einzelnen Lebensgeschichten und die jeweiligen Autoren hierzu noch aufgeführt. Darüber hinaus ist es aber auch ohne weiteres möglich, dieses Buch antiquarisch zu erwerben, wie ich bei meiner aktuellen Google-Suche herausgefunden habe.
Die Herausgeberin Claudia Schmölders, seinerzeit Kulturwissenschaftlerin an der Humboldt-Universität Berlin, sieht mit dieser Anthologie die Möglichkeit gegeben, "- gegen den Strich der Verallgemeinerung - den Blick des Laien (zu) schärfen, ihn an die wundersame Vielzahl möglicher Lebensläufe (zu) erinnern, auf daß er oder sie die eigene Wirklichkeit angemessen bewerte." (S. 11 des Buches, Kursiv-Hervorhebung durch mich)
Für die Vorstellung der Lebensgeschichte von Clara Wieck aus diesem Buch habe ich mich damals deshalb entschieden, weil zumindest mir nur vage in Erinnerung war, um welch eine große Künstlerin es sich bei ihr handelt; umso spannender auch zu sehen, wie sie sich zu einer solchen entwickeln konnte.
Die Autorin des Essays, Beatrix Borchard, hat über Clara und Robert Schumann promoviert, und außer ihren eigenen Literaturhinweisen sind einige weitere zu finden; als letzter auch Briefe von Friedrich Wieck, dem Vater Clara Wiecks.
Der Vater hatte sich ausbedungen, dass Clara an ihrem 5. Geburtstag wieder in Leipzig bei ihm zu sein hatte, was geschah, und ab diesem Zeitpunkt begann auch die Klavierausbildung des Mädchens bei ihrem Vater Friedrich Wieck.
Dieser wuchs in armen Verhältnissen auf, studierte Theologie - das einzige Fach zu dieser Zeit, das mittellosen Studenten offen stand - und lernte während des Studiums, wahrscheinlich weitgehend als Autodidakt, Klavier spielen. Von einem guten Freund bekam er 6000 Taler zur Gründung einer Musikalienhandlung und Pianofortefabrik geliehen und begann darüber hinaus als Klavierpädagoge zu arbeiten.
"1827 (also in ihrem 8. Lebensjahr, nachdem sie bereits 3 Jahre Klavierunterricht bei ihrem Vater erhalten hatte; Erklärung d.d.V.) fing mein musikalischer Sinn an, sich immer mehr und schneller auszubilden. Mein Spiel wurde auch besser, mein Anschlag gut, fest und sicher, und die Kraft meiner Finger stieg so, daß ich bereits zwei Stunden hintereinander schwere Stücke mit ziemlicher Ausdauer spielen konnte..." (S. 143)
1830 zog Robert Schumann als Klavierschüler Wiecks ins Haus, und auch von ihm - ihrem späteren Ehemann - sind Überlieferungen über Claras Kindheit erhalten geblieben.
Clara erhielt täglich eine Unterrichtsstunde Klavier bei ihrem Vater und musste zwei weitere Stunden üben. Mit ihrem Vater machte sie auch stundenlange Spaziergänge, ging mit ihm in die Oper, in Konzerte und ins Theater. "Zur Ergänzung der pianistischen Ausbildung und als Voraussetzung für eigene Kompositionen lernte sie auch Geige spielen, singen, instrumentieren und Partitur lesen, und sie erhielt auchTheorieunterricht." (S. 144)
Mit 11 Jahren trat sie das erste Mal als Solistin im Leipziger Gewandhaus auf, und ab dieser Zeit sollten viele - auch große - sehr erfolgreiche Konzertreisen folgen.
"Eine allgemeine Schule besuchte Clara Wieck nur ganz kurz, nämlich genau anderthalb Jahre. " (S. 150) Sie lernte bei einem Privatlehrer und ihrem Vater das, was letzterer für notwendig erachtete: "Lesen und Schreiben natürlich und - für eine reisende Virtuosin unerläßlich - Fremdsprachen: Französisch und Englisch." (S. 150)
"Von 1827 an zeichnete Wieck täglich für seine Tochter auf, was sie studiert hatte, was sie leistete, wie sie sich verhielt, welche Künstler sie gehört hatte, etc. ..." (S. 151) Dieses Tagebuch wurde später von Clara selber weitergeführt, aber unter der Aufsicht ihres Vaters. Als Clara mit Beginn der Pubertät plötzlich keine Lust mehr hatte zu üben, drohte der Vater mit Entzug des Klavierunterrichts. Das wollte Clara aber auf keinen Fall; denn "durfte sie nicht mehr spielen, so war sie ihrer Stimme beraubt". (S. 152) Von den Konzerteinnahmen Claras ließ sich Wieck auf Heller und Pfennig von seiner Tochter bezahlen, und auch an ihre Brüder, die ihretwegen vom Vater keinen Klavierunterricht erhalten konnten, musste sie von ihren Einnahmen Geld bezahlen.
Als Robert Schumann und Clara heiraten wollten, war Wieck strikt dagegen, so dass die beiden gezwungen waren , einen Prozess anzustrengen, um die Heirat durchzusetzen. Erst Jahre später kam es zu einer Versöhnung zwischen Wieck und seiner Tochter Clara. Aber diese hatte trotz allem immer sehr an ihrem Vater gehangen und als dieser 1873 mit 88 Jahren starb, war Clara zutiefst erschüttert. In ihr Tagebuch schrieb sie: "... Wie viele Jahre hat er ausschließlich mir gewidmet, welch schönen Einfluß hat er auf mich gehabt in der Auffassung eines praktischen tätigen Lebens, wie viele Weisheitsregeln hatte er mir gegeben, und nicht allein das, sondern auch gesorgt, daß ich sie befolgte. So war denn mit ihm ein seltener Mann dahingegangen - meine Trauer war so groß und tief, daß ich sie nicht beschreiben könnte - er war meiner Kindheit ja alles gewesen, und nun erlosch der letzte Rest..." (S. 157)
Clara Schumann, geborene Wieck starb am 20. Mai 1896 in Frankfurt am Main.
Mehr zum Inhalt
Inhalt:
Welche Sprache sprechen Sie? Die wilden Kinder von Kaiser Friedrich II - von Dieter Richter
Bartlin, Hans Ulrich, Elisabeth Über Hexenprozesse gegen Kinder - von Hartwig Weber
Johann Heinrich Schulze Wunderkind aus Colbitz, Waisenhauskind aus Halle - von Paul Raabe
Mamsell Dorothea Schlözer Doktorin der Philosophie anno 1787 - von Martin Blankenburg
Karl Philipp Moritz oder Die Erfindung der Kindheit - von Horst Günther
Wilhelm von Kügelgen Jugenderinnerungen eines alten Mannes - von Irene Hardach-Pinke
Clara Wieck Noch ein Kind und schon ein Wunder - von Beatrix Borchard
MinnaMeincke oder Heinrich Schliemanns erste Liebe - von Dieter Richter
"Es lebt und ist ein Prinz!" Die Geburt von Kaiser Wilhelm II. - von John Röhl
Ludwig Klages und Theodor Lessing (K)eine Knabenfreundschaft - von Rainer Marwedel
Robert Fliess, Sohn von Wilhelm Das Arme Kind der Psychoanalyse - von Lorenz Wilkens
Maximin, die Lichtgestalt Stefan George und sein Abgott - von Wolfgang Martynkewicz
Otto Braun, der Frühvollendete Eine Legende - von Otto A. Böhmer
Hildchen und Lisbethchen in Sibirien 1914 - 1920 - von Ulla Lachauer
Das gebrannte Kind Die Tragödie Langgässer-Edvardson - von Elisabeth Pfister
Cornelia Froboess - Kleiner Star ganz groß Ein Wirtschaftswunderkind - von Elmar Knushaar
Aber ich glaubte aufs Wort Kindheit in der DDR - von Marion Titze
Nachwort "Das Jahrhundert des Kindes" Über einen Bestseller von Ellen Key aus dem Jahr 1900 - von Claudia Schmölders
-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.
Ich wünsche einen schönen Tag
Angeli44
Bild oben: Buchumschlag der Taschenbuchausgabe 1999
Bild zu Clara Wieck: Dem Buch entnommen
am „Schicksalstag“ von uns Deutschen, dem 9. November, auf welchen eine Reihe besonderer historischer Ereignisse fällt, möchte ich ein sehr lesenswertes Buch vorstellen, das das Schicksal deutscher Kinder in den Mittelpunkt stellt. Ich hatte dieses Buch bereits im Januar 2005 auf meiner damaligen Homepage vorgestellt und finde es nach wie vor so interessant, dass ich den Beitrag für einen Blog hier im ST noch einmal aufbereitet habe.
Vorab jedoch für Interessierte noch ein Link von Wikipedia zu den historischen Ereignissen, zu denen der 9. November 1918 (Beginn der Novemberrevolution), der 9. November 1938 (Beginn der Novemberprogrome) und der 9. November 1989 (Mauerfall) zählen:
https://de.wikipedia.org/wiki/9._November_(Deutschland
(Falls der Link sich nicht öffnen lassen sollte, einfach bei Google 9. November Wikipedia eingeben, dann wird die Seite aufgerufen.)
Und nun das Buch von
Claudia Schmölders (Hg.):
Deutsche Kinder
Siebzehn biographische Porträts
Rowohlt 1997; Rowohlt Taschenbuchverlag 1999
S. 1: "Zu diesem Buch:
'Dieses Buch enthält Essays von verschiedenen Autoren, die exemplarische Lebensläufe von Kindern darstellen und zugleich deutlich machen, wie diese Lebensläufe in die Zeitläufe, in den historischen Kontext eingebunden sind. Die Autoren sind Historiker, Journalisten, Germanisten, auch ein Theologe kommt vor, und die Essays decken knapp 800 Jahre deutscher Geschichte ab, vom frühen Mittelalter bis in die 50er Jahre unseres Jahrhunderts. Die Autoren schreiben sehr sachlich und verständlich, sie alle erzählen Geschichte quasi von unten, aus der Sicht von Kindern, und das ist das Interessante an diesem Buch ... Und im Grunde genommen spornt dieses Buch dazu an, sich darüber bewußt zu werden, wie wir Erwachsenen mit unseren Idealen und Wertvorstellungen die Kinder manipulieren...'
Ralf Caspari, Bücherbar 9/97"
Meine Gedanken zum Buch:
Jede hier vorgestellte Lebensgeschichte von deutschen Kindern ist für sich genommen äußerst lesenswert! - Es ging jedoch nicht anders; eine nur konnte ich herausssuchen, um sie hier näher vorzustellen. Alles andere wäre zu überbordend geworden. Ich möchte jedoch meinen Leser*innen das Buch sehr ans Herz legen. Weiter unten, bei „Mehr zum Inhalt“, sind die einzelnen Lebensgeschichten und die jeweiligen Autoren hierzu noch aufgeführt. Darüber hinaus ist es aber auch ohne weiteres möglich, dieses Buch antiquarisch zu erwerben, wie ich bei meiner aktuellen Google-Suche herausgefunden habe.
Die Herausgeberin Claudia Schmölders, seinerzeit Kulturwissenschaftlerin an der Humboldt-Universität Berlin, sieht mit dieser Anthologie die Möglichkeit gegeben, "- gegen den Strich der Verallgemeinerung - den Blick des Laien (zu) schärfen, ihn an die wundersame Vielzahl möglicher Lebensläufe (zu) erinnern, auf daß er oder sie die eigene Wirklichkeit angemessen bewerte." (S. 11 des Buches, Kursiv-Hervorhebung durch mich)
Für die Vorstellung der Lebensgeschichte von Clara Wieck aus diesem Buch habe ich mich damals deshalb entschieden, weil zumindest mir nur vage in Erinnerung war, um welch eine große Künstlerin es sich bei ihr handelt; umso spannender auch zu sehen, wie sie sich zu einer solchen entwickeln konnte.
Die Autorin des Essays, Beatrix Borchard, hat über Clara und Robert Schumann promoviert, und außer ihren eigenen Literaturhinweisen sind einige weitere zu finden; als letzter auch Briefe von Friedrich Wieck, dem Vater Clara Wiecks.
Über Clara Wieck
"Klärchen, Zilia, Chiara, Chiarina nannte man sie zärtlich. Gedichte wurden ihr gewidmet, die schönsten Musikstücke für sie komponiert, und Goethe schrieb, nachdem sie ihm in Weimar vorgespielt hatte: 'Dieses Mädchen hat mehr Kraft als 10 Knaben zusammen.' Um sie drehte sich alles, und dennoch war sie ein einsames Kind." (S. 138)
"Klärchen, Zilia, Chiara, Chiarina nannte man sie zärtlich. Gedichte wurden ihr gewidmet, die schönsten Musikstücke für sie komponiert, und Goethe schrieb, nachdem sie ihm in Weimar vorgespielt hatte: 'Dieses Mädchen hat mehr Kraft als 10 Knaben zusammen.' Um sie drehte sich alles, und dennoch war sie ein einsames Kind." (S. 138)
Clara Wieck wurde am 13. September 1819 in Leipzig geboren und auf den Namen Clara Josephine getauft. Ihr Vater hatte ein Leihinstitut zu versehen und betrieb nebenbei einen kleinen Handel mit Pianoforten. Vater und Mutter gaben Klavierunterricht. Darüber hinaus spielte die Mutter täglich ein bis zwei Stunden Klavier, so dass Clara der Magd überlassen worden war, die so gut wie gar nicht redete. Und so lernte Clara erst zwischen dem vierten und fünften Jahr einzelne Wörter zu sprechen. Clara lernte aber früh laufen und ging mit ihren Eltern bereits in ihrem 3. und 4. Lebensjahr stundenlang spazieren.
In ihrem vierten Lebensjahr verlor sie ihre Mutter, die - eine begabte Künstlerin und Sängerin mit Auftritten im Leipziger Gewandhaus - nach 7 Ehejahren und 5 Geburten die Flucht ergriffen hatte, sich scheiden ließ und wegzog. Zunächst begleitete Clara mit ihrem Bruder Viktor die Mutter. Zwei weitere Brüder verblieben beim Vater; eine ältere Schwester war kurz vor der Geburt Claras bei den Großeltern gestorben.
In ihrem vierten Lebensjahr verlor sie ihre Mutter, die - eine begabte Künstlerin und Sängerin mit Auftritten im Leipziger Gewandhaus - nach 7 Ehejahren und 5 Geburten die Flucht ergriffen hatte, sich scheiden ließ und wegzog. Zunächst begleitete Clara mit ihrem Bruder Viktor die Mutter. Zwei weitere Brüder verblieben beim Vater; eine ältere Schwester war kurz vor der Geburt Claras bei den Großeltern gestorben.
Der Vater hatte sich ausbedungen, dass Clara an ihrem 5. Geburtstag wieder in Leipzig bei ihm zu sein hatte, was geschah, und ab diesem Zeitpunkt begann auch die Klavierausbildung des Mädchens bei ihrem Vater Friedrich Wieck.
Dieser wuchs in armen Verhältnissen auf, studierte Theologie - das einzige Fach zu dieser Zeit, das mittellosen Studenten offen stand - und lernte während des Studiums, wahrscheinlich weitgehend als Autodidakt, Klavier spielen. Von einem guten Freund bekam er 6000 Taler zur Gründung einer Musikalienhandlung und Pianofortefabrik geliehen und begann darüber hinaus als Klavierpädagoge zu arbeiten.
"1827 (also in ihrem 8. Lebensjahr, nachdem sie bereits 3 Jahre Klavierunterricht bei ihrem Vater erhalten hatte; Erklärung d.d.V.) fing mein musikalischer Sinn an, sich immer mehr und schneller auszubilden. Mein Spiel wurde auch besser, mein Anschlag gut, fest und sicher, und die Kraft meiner Finger stieg so, daß ich bereits zwei Stunden hintereinander schwere Stücke mit ziemlicher Ausdauer spielen konnte..." (S. 143)
1830 zog Robert Schumann als Klavierschüler Wiecks ins Haus, und auch von ihm - ihrem späteren Ehemann - sind Überlieferungen über Claras Kindheit erhalten geblieben.
Clara erhielt täglich eine Unterrichtsstunde Klavier bei ihrem Vater und musste zwei weitere Stunden üben. Mit ihrem Vater machte sie auch stundenlange Spaziergänge, ging mit ihm in die Oper, in Konzerte und ins Theater. "Zur Ergänzung der pianistischen Ausbildung und als Voraussetzung für eigene Kompositionen lernte sie auch Geige spielen, singen, instrumentieren und Partitur lesen, und sie erhielt auchTheorieunterricht." (S. 144)
Mit 11 Jahren trat sie das erste Mal als Solistin im Leipziger Gewandhaus auf, und ab dieser Zeit sollten viele - auch große - sehr erfolgreiche Konzertreisen folgen.
"Eine allgemeine Schule besuchte Clara Wieck nur ganz kurz, nämlich genau anderthalb Jahre. " (S. 150) Sie lernte bei einem Privatlehrer und ihrem Vater das, was letzterer für notwendig erachtete: "Lesen und Schreiben natürlich und - für eine reisende Virtuosin unerläßlich - Fremdsprachen: Französisch und Englisch." (S. 150)
"Von 1827 an zeichnete Wieck täglich für seine Tochter auf, was sie studiert hatte, was sie leistete, wie sie sich verhielt, welche Künstler sie gehört hatte, etc. ..." (S. 151) Dieses Tagebuch wurde später von Clara selber weitergeführt, aber unter der Aufsicht ihres Vaters. Als Clara mit Beginn der Pubertät plötzlich keine Lust mehr hatte zu üben, drohte der Vater mit Entzug des Klavierunterrichts. Das wollte Clara aber auf keinen Fall; denn "durfte sie nicht mehr spielen, so war sie ihrer Stimme beraubt". (S. 152) Von den Konzerteinnahmen Claras ließ sich Wieck auf Heller und Pfennig von seiner Tochter bezahlen, und auch an ihre Brüder, die ihretwegen vom Vater keinen Klavierunterricht erhalten konnten, musste sie von ihren Einnahmen Geld bezahlen.
Als Robert Schumann und Clara heiraten wollten, war Wieck strikt dagegen, so dass die beiden gezwungen waren , einen Prozess anzustrengen, um die Heirat durchzusetzen. Erst Jahre später kam es zu einer Versöhnung zwischen Wieck und seiner Tochter Clara. Aber diese hatte trotz allem immer sehr an ihrem Vater gehangen und als dieser 1873 mit 88 Jahren starb, war Clara zutiefst erschüttert. In ihr Tagebuch schrieb sie: "... Wie viele Jahre hat er ausschließlich mir gewidmet, welch schönen Einfluß hat er auf mich gehabt in der Auffassung eines praktischen tätigen Lebens, wie viele Weisheitsregeln hatte er mir gegeben, und nicht allein das, sondern auch gesorgt, daß ich sie befolgte. So war denn mit ihm ein seltener Mann dahingegangen - meine Trauer war so groß und tief, daß ich sie nicht beschreiben könnte - er war meiner Kindheit ja alles gewesen, und nun erlosch der letzte Rest..." (S. 157)
Clara Schumann, geborene Wieck starb am 20. Mai 1896 in Frankfurt am Main.
Mehr zum Inhalt
Inhalt:
Welche Sprache sprechen Sie? Die wilden Kinder von Kaiser Friedrich II - von Dieter Richter
Bartlin, Hans Ulrich, Elisabeth Über Hexenprozesse gegen Kinder - von Hartwig Weber
Johann Heinrich Schulze Wunderkind aus Colbitz, Waisenhauskind aus Halle - von Paul Raabe
Mamsell Dorothea Schlözer Doktorin der Philosophie anno 1787 - von Martin Blankenburg
Karl Philipp Moritz oder Die Erfindung der Kindheit - von Horst Günther
Wilhelm von Kügelgen Jugenderinnerungen eines alten Mannes - von Irene Hardach-Pinke
Clara Wieck Noch ein Kind und schon ein Wunder - von Beatrix Borchard
MinnaMeincke oder Heinrich Schliemanns erste Liebe - von Dieter Richter
"Es lebt und ist ein Prinz!" Die Geburt von Kaiser Wilhelm II. - von John Röhl
Ludwig Klages und Theodor Lessing (K)eine Knabenfreundschaft - von Rainer Marwedel
Robert Fliess, Sohn von Wilhelm Das Arme Kind der Psychoanalyse - von Lorenz Wilkens
Maximin, die Lichtgestalt Stefan George und sein Abgott - von Wolfgang Martynkewicz
Otto Braun, der Frühvollendete Eine Legende - von Otto A. Böhmer
Hildchen und Lisbethchen in Sibirien 1914 - 1920 - von Ulla Lachauer
Das gebrannte Kind Die Tragödie Langgässer-Edvardson - von Elisabeth Pfister
Cornelia Froboess - Kleiner Star ganz groß Ein Wirtschaftswunderkind - von Elmar Knushaar
Aber ich glaubte aufs Wort Kindheit in der DDR - von Marion Titze
Nachwort "Das Jahrhundert des Kindes" Über einen Bestseller von Ellen Key aus dem Jahr 1900 - von Claudia Schmölders
-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.
Ich wünsche einen schönen Tag
Angeli44
Bild oben: Buchumschlag der Taschenbuchausgabe 1999
Bild zu Clara Wieck: Dem Buch entnommen
Kommentare (4)
lillii
liebe Angeli,
danke , ich habe es mir bei booklooker (neue und gelesene Bücher sind dort zu erwerben für wenig Geld) bestellt
Lieben Gruß Luzie
lillii
es ist schon unterwegs,ich denke,dass es spätestens morgen hier sein wird.
Ich schaue immer zuerst bei Booklooker rein, man gibt Autor und den Titel ein, in wenigen Tagen hat man das Buch in der Hand.
Danke Dir noch mal,
Dir auch einen schönen Tag
LG Luzie
Angeli44
Guten Morgen lillii, freue mich, dass du das Buch lesen wirst. Es ist wirklich sehr gut.
Ich wünsche dir einen schönen Tag
Angeli44
Danke Angeli.
Das interessiert mich.
Ich bin froh, dass ich durch lillii hergefunden hab.
lieben Gruss
Clematis