der kleine Steg und die Trillerpfeife........


..."zwei Previlegien, die fast keiner hatte.
Und noch den großen See dazu, der am Grundstück endete und einen Steg besaß, der zum Baden gradezu verlockte.
Dieses Grundstück gehörte meiner Großtante und ich war jederzeit willkommen.
Der lange Garten mit sehr viel Gemüse und Beerensträuchern drin, versüßten den Weg zum Steg und See. Noch schnell über den Wall hinüber und Bekleidung aus, den Steg betreten, einmal kräftig in die Trillerpfeiffe blasen und einfach sitzenbleiben.
Nach kurzer Zeit kam das Pfeiffen-Echo zurück. Von gegenüber, von rechts und links und dann sah man sie auch, die badewilligen Gestalten.
Nachzählen....wer wollte alles zum Vordersee mitkommen?
Der Vordersee war ein für uns verbotener See, der mit dem Hintersee im Dorf verbunden war. Dort sollten soviel Schlingpflanzen sein, die sich beim Schwimmen um die Beine wickeln und uns runterziehen.
So ein Quatsch, wir hatten das doch schon längst ausprobiert, was natürlich keiner wissen durfte.
Und somit verabredeten wir uns jeweils im Dorf "am Steg" und schwammen dann zum Vordersee. Eine lange Strecke, gewiß, doch wir konnten alle sehr gut schwimmen und wer nicht, kam nicht mit.
Unsere Anziehsachen lagen auf den verschiedenen Stegen und ein Boot schaukelte auch gemütlich auf dem See herum, die ganze Situation wirkte voll entspannt. Bei der Seebrücke mußten wir ganz ruhig sein, denn man wußte ja nie, wer da gerade drübergeht.
Hier war die Grenze vom Hinter- zum Vordersee.
Am Vordersee war das Wasser klarer und auch wärmer, der Wall lief auch schon viel flacher aus und außerdem stand dort das spätere "Weltkulturerbe", das Schwedenhäuschen". Also, selbst so'n alter Schweden-Gustav ist dort schon zum Baden gegangen.
Gekröntes Wasser umschwappte uns - noch ein Previleg um sich dort in die Fluten zu stürzen.
Der Uferrand war mit wunderschönem Schilf umsäumt, aus dem die "Bumskeulen" wuchsen. Bumskeulen sind die sogenannten Blüten oder Früchte des Schilfs, werden auch Zylinderputzer genannt. Dunkelbraune Kolben, die bei Überreife ihre Samen in die Welt verbreiten.
Das ist dann der Bums und der Kolben steht nackig da.
Irgendwann ertönte wieder eine Trillerpfeiffe, das Signal zum Rückzug mit versammelter Mannschaft.
So leise wie wir weggeschwommen sind, so kehrten wir auch wieder zurück.
Und plötzlich lebte nochmal der Hintersee und die kleinen Stege wurden in Besitz genommen.
Ein schöner Nachmittag ging zu Ende, doch es sollte nicht der letzte gewesen sein, in meinem Mildenseer-See.

Gruß Finchen
...mit ein paar Spritzern.



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Kommentare (6)

Syrdal

Solche schönen Erinnerungen zeigen zugleich, welch unbeschwerte Kindheit wie bei allem Mangel, der die damalige Zeit im Osten prägte, doch hatten. Gottlob haben wir Kinder den Mangel kaum verspürt, und wenn, konnten wir gut damit umgehen. Aber das frohe Kindsein, das oft ausgelassene Spiel mit den Freundinnen und Freunden und Klassenkameraden draußen in der Natur, all das war es doch, woran man sich späterhin gerne erinnert. - Beim Lesen dieser schönen Geschichte ist mir sogleich eingefallen, dass auch wir verbotenerweise im kleinen verschilften See vor dem kleinen Städtchen in der Rhön ins Wasser getaucht sind. Einmal allerdings habe ich einen verräterischen Gast mit nach Hause gebracht: einen kleinen süßen Blutegel, der sich unbemerkt am Oberarm festgesetzt hatte. - Dieses zappelnde Kerlchen wurde gar bald von Muttern entdeckt und damit war klar, wo ich mich mal wieder herumgetrieben hatte... Gut ausgegangen ist die Sache dann doch, nur der Blutegel musste sein Leben lassen, der arme, denn Mutter hat ihn "fachfraulich" entfernt und... naja, es gab ihn dann eben nicht mehr.
Danke für die schöne Erinnerung an unbeschwerte Zeiten.
Syrdal

ehemaliges Mitglied mit so schönen Badeerinnerungen kann ich leider nicht dienen! Dafür wollte mir mein Vater in der Brandung an der Nordsee das Schwimmen beibringen - ich wundre mich heut noch, dass es die Nordsee noch gibt, so viel Wasser wie ich geschluckt hab und trotzdem dort nicht schwimmen lernte.

Ich hab später schon meinen Frei- und Fahrtenschwimmer gemacht, bin vom 5er und 10er Brett gesprungen, habe die Schwimmbecken tauchend gequert. Aber wehe es spritzte mir jemand Wasser ins Gesicht, während ich "ordentlich" Brustschwimmen durchführten - ich ging unter wie eine bleierne Ente. Einmal mußte mich sogar der Bademeister aus dem Becken fischen, sonst wäre ich ertrunken!

Mit nach Luft schnappenden Grüßen Uschi
nixe44 die Bumskeulen kenne ich auch noch, wir haben sie immer von Mecklenburg mitgebracht... da gibt es ja viele Seen.
Eine Bereicherung für die Bodenvase, aber wehe die Kolben platzen auf.
Dessau-Mildensee, oh wie ich die Gegend kenne...
dafür war mir Deine Geschichte ziemlich neu.

Mit abenteuerlichen Grüßen
Deine Moni-nixe
finchen ja, ich war von kleinauf ein "Wasserratz", wo Wasser war, war ich. Ob flüssig oder gefroren, ich war dabei.
Und jeder Sommer in meiner Erinnerung an Kindertage, spielten immer in Wasser, Schilf, Wiesen und riesige Getreidefelder. Ach, die Frösche hätte ich beinahe vergessen.
Bussi Finchen
velo79 Liebes Finchen,
eine schöne Geschichte hast Du erzählt. Mir ist gleich der Gedanke gekommen, daß mir das Schwimmen lernen
sehr schwer gefallen ist. Mein Bruder sollte es mir beibringen und hat zu mir immer nur gesagt: dann schwimm doch mal. Später hat mir dann jemand gezeigt, was dieser Satz bedeutet und ich habe schwimmen gelernt und konnte es dann sogar ganz gut. Ja,so ist das manchmal mit Schwimmstunden.

Liebe Grüße
Hanni
Betti eine schöne Jugenderinnerung hast Du beschrieben!!
alle verbotenen Dinge verlocken dazu, sie zu überschreiten, man verspürt den bekannten Kitzel, als Kind denkt man nicht an die Gefahr!
die "Bumskeulen" kenne ich als Pumpesel!
Grüsse Betti.

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