Der Graue

Autor: ehemaliges Mitglied

Gestöbert in meinen Beständen, gefunden und nach langer Zeit wieder einmal gelesen - eine Geschichte von Maxim Gorki, überschrieben mit 'Der Graue'. Vorausschicken will ich, dass sich, so Gorki, 'Rote' und 'Schwarze' streiten, solche der noch Ohnmächtigen gegen solche der noch Mächtigen.
In diesem Widerstreit des strahlenden [roten] Ritters der Wahrheit mit dem schwarzen Ungeheuer der Macht beruht das ganze Leben, seine Schönheit und seine Qual, seine Poesie und seine Tragödie.

Es gibt aber noch einen dritten Akteur - der 'Graue'.
Zwischen dem Schwarzen und dem Roten schlängelt sich geschäftig und scheu die eigentümliche Gestalt des kleinen Grauen hin und her. [...] Er ist jeder Richtung dienstbar, die ihn satt zu machen und in Ruhe zu lassen verspricht. [...] Seine Seele ist der Thron einer glitschigen Kröte, deren Name Gemeinheit ist, sein Herz der Wohnsitz ängstlicher Vorsicht. Er will viel genießen und fürchtet Beunruhigung - das macht ihn zwiespältig und unaufrichtig.

Zahlreiche eigene Erfahrungen springen mich an. Die allermeisten Menschen, die mir über den Weg liefen (oder denen ich über den Weg lief), waren 'Graue'. Unangenehme Menschen. Ich sah (sehe) sie gerne nur von hinten. Aber es waren (sind) so viele, dass es unmöglich war (ist), sie nur von hinten zu sehen. Graue waren (sind) eine Landplage.
Der Graue schiebt den Tod des Abgelebten hinaus und stellt sich dem Wachsen des Jungen entgegen, er ist und bleibt der ewige Feind alles dessen, was herrlich und kühn ist.

aus... Gorki Maxim: Gesammelte Werke in Einzelausgaben, Band XVI, Berlin 1930


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