Der Deserteur......


...der nach einer der schrecklichsten Bombennächte - März 1944 -....
Dessau brannte....es roch nach Verderben und Untergang.
Unser Haus blieb einigermaßen verschont, doch irgendeine Sprengmine -oder Bombe schlug im Wiesengrund ein.
Wir saßen im hauseigenen Luftschutzbunker und trotz der hermetisch verriegelten Türen, hörten wir das Poltern im Haus.
Tante Marianne schrie: die Russen sind da!
Nein, es waren die Nachbarn aus dem Nebenhaus.
Leise schlichen wir nach oben - über Ziegelsteine und Brettern---?
Im ersten Stock fehlte die Wand zwischen Küche und Treppenhaus und die halbe Wand von Küche zum kleinen Wohnzimmer. Meine kleine grüne Couch und die Sessel waren mit Schutt bedeckt.
Wir hatten jetzt eine offene Treppe, an der die Stoßbretter fehlten, aber die Stufen hielten.
Die Fensterrahmen samt Jalousie-Kasten lagen auf den Betten drauf.
Das Dach war ziemlich abgeräumt und der Schornstein zur Hälfte weg.
Die Haustür hatte es auch aus den Angeln gerissen - doch kein Problem - sie wurde zugenagelt.
Anscheinend viel zu spät...es war ein fremder Mensch in dem Haus.
Auf dem Dachboden hörte man es laufen - fremde Geräusche - die sich nicht erklären ließen.
Nach 3 Tagen ging man rauf! Todesmutig und mit Messern ausgestattet, wagte man den ersten Schritt.
Da war es wieder das Geräusch und mutig rissen die beiden Kriegerwitwen die Tür zum Dachboden auf. Und nichts war mehr da.
Und wenn wir dann schon mal hier sind, schauen wir uns doch den Schornstein an, beschloß Tante Marianne.
Ein Teil davon stand noch unversehrt dort oben, doch eine Seite war bis zum Dielenboden abgebrochen.
Tante Marianne sah eine Hand, die sich mühsam daran krallte.
"Li, komm her, den Schweinehund erwischen wir!"
Mit gemeinsamen Zerren und Ziehen schufteten sie einen deutschen Soldaten ans Tageslicht.
" Ich bin abgehauen - tun sie mir nichts, ich will nur nach Hause!"
Der Krieg war noch nicht zu Ende - er mußte bleiben - die Klamotten wurden ausgetauscht und bei Kontrollen die Fluchtwege ausgewählt.
-Wir wußten nichts von dem Hausbewohner-
Meine Mutter hat es mir erklärt, daß ich nichts von diesem Onkel wußte.
Und als die Amis kamen, da hat er sich gestellt, denn auf die Russen wollte er nicht warten.
Und was aus ihm geworden ist?
Er hat die Tochter Gerda von Tante Marianne ganz viel später geheiratet - ich war schon im Westen und kam 1960 zu Besuch.
Das war ein Wiedersehen..........................
mit verschwiegenen Grüßen
Euer Moni-Finchen

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Kommentare (2)

finchen es war Floras Geschichte, die mich ganz plötzlich daran erinnern ließ.Und außerdem, bei manchem Stichwort fällt sowieso, wie angeknipst, wieder eine Geschichte ein.
Ganz liebe Grüße und zum Wochenende viel Sonnenschein
Dein Moni-Finchen
Traute So kann es kommen, dass dem Menschen der Mut zur Tat an Ort und Stelle trifft, gerade dann, wenn er gebraucht wird.
So waren die Zeiten damals und es gab nicht nur Übeltäter, es gab auch Gutestuntäter.
Immer wieder interessant, an was man sich urplötzlich erinnert, nach so vielen Jahren. Ich erlebe das auch immer wieder über mich selbst erstaunt.
Mit ganz freundlichen Grüßen.
Traute

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