Das Mädchen im Wettlauf mit der Kuh


Das Mädchen im Wettlauf mit der Kuh

Das kleine Mädchen, das eine längere Zeit im Tagesheim verbrachte, bekam eines Tages die grosse Chance, mit den Tagesheim-Kindern zusammen Ferien zu verbringen. Das war eine aufregende Sache für das Mädchen und es freute sich riesig darauf.
Unter den Tagesheim-Kindern gab es einige, die es gerne mochte und umgekehrt. Die Kinder spielten und wanderten zusammen, schliefen in grossen Schlafräumen, wo hin und wieder mal Remmidemmi war, immer in der Hoffnung, die Erwachsenen merken es nicht. Auch ein Mittagsschlaf nach dem Mittagessen wurde verordnet, natürlich in «absoluter» Ruhe.

In solchen Kinderferienlagern müssen die Kinder natürlich auch in der Küche mithelfen, wie Gemüse rüsten, Kartoffeln schälen, Tische decken, Geschirr abtrocknen usw. Die Küchenabfälle brachten die Kinder hin und wieder zu einem ca. 300 m entfernten Bauern. Eines Tages war auch das Mädchen dran, Küchenabfälle zum Bauern zu bringen, was sie toll fand, weil sie zusammen mit einem netten Jungen, der sogar in der gleichen Strasse wohnte, nennen wir ihn Hanspeter, zum Bauer gehen durfte.

Eine voll beladene Garette (zu Deutsch «Schubkarre») stiessen das Mädchen und der Hanspeter vor sich hin, ganz gemütlich, nur keine Hektik, bis die Beiden endlich vor dem Gatter des Hofes ankamen, wo erst einmal schwere Holzbalken weggeschoben werden mussten, damit sie mit der Schubkarre auf das Grundstück des Bauern kamen. Diese Holzbalken mussten aber wieder richtig angebracht werden, denn es befanden sich eine Anzahl Kühe auf diesem Stückchen Weide, nicht dass noch der einen oder anderen Kuh die Chance auf eine besondere Entdeckungstour ausserhalb des Zaunes gegeben wurde.
Der Weg bis zum Bauernhaus war recht beschwerlich, denn sie mussten die Schubkarre um etliche Steine herum zirkeln. Vermutlich haben die Beiden nicht den richtigen Weg gewählt, sondern eine Abkürzung, der wahrscheinlich nur den Kühen vorbehalten war.
Die Schubkarre wurde beim Bauer entleert und die Beiden machten sich wieder auf den Weg zurück und zwar so wie sie kamen, querfeldein. Hanspeter sagte dem Mädchen, «setz dich in die Karre, ich schiebe dich nach Hause». Was für ein Gentleman und noch so jung. Also setzte sich das Mädchen in die Karre rein und er schob.
Das Mädchen blickte zu den Kühen rüber, deren Blickfang sie Beide waren. Plötzlich begann ein unruhiges MUH-Getöse und das Mädchen erkannte, dass sich die eine Kuh in Bewegung setzte und immer schneller wurde. Sie schrie zu Hanspeter, «Achtung, die Kuh kommt, lass mich aussteigen» und er meinte ganz cool, «nein, nein, bleib sitzen, das geht schon» und rannte was das Zeug hielt mit dem Mädchen in der Karre, über Stock und Stein, dass die Erschütterungen beinahe zu einer Magensenkung hätte führen können. Und die Kuh wurde immer schneller, muhte und fauchte, die Zwei wussten gar nicht, dass Kühe so tun können.
Am Gatter angekommen, sprang das Mädchen sofort aus der Karre und beide retteten sich kriechend zwischen den Balken durch aus dem Gehege. Das war knapp und das Mädchen und der Hanspeter atmeten auf und waren so zufrieden über so viel Glück.
Die Schubkarre holten sie nachträglich raus, als sich die Kuh wieder zu den anderen Kühen begab.
Endlich wieder zu Hause bei den anderen Kindern angekommen, hatten das Mädchen und der Hanspeter viel zu erzählen!

Eine Erinnerung von
Jutta


 


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Kommentare (13)

Rita26

Liebe Jutta,

eine tolle Geschichte.

Wir haben gegenüber von einem Bauernhof gewohnt. Oft stand ich mit knapp 3 Jahren am Fenster und sah die Kühe hinter dem Zaun zum Stall laufen.Hin und wieder ließ auch eine  einen dicken Fladen fallen,Ich sagte : 
baaaah,musst du doch aufs Klo gehen.
Das erzählt meine Mutter heute noch.
Mit dem Bauernjunge Ewald habe ich viel gespielt,auf dem Bauernhof.
Da war ich aber 5 Jahre alt und Ewald war 2Jahre alt. 
Wir haben sogar im Huhnerstall die Eier eingesammelt und keiner hatte Angst,das ein ei kaputt gehen könnte. 
Wenn der Knecht die Milchkannen an die Strasse brachte,wo der Milchwagen diese abholte,sind wir mitgelaufen.Freuten wir uns doch auf eine Fahrt mit dem Handwagen
zurück zum Kuhstall.
Mit Ewald bin ich heute noch befreundet und auch mein jüngerer  Bruder ist mit ihm befreundet. Mittlerweile ist das 65 Jahre her. 

glg sendet euch die Rita aus Moers am Niederrhein 

indeed

Liebe Jutta,

habe mit Spannung gelesen und ich kann mir gut vorstellen, dass dein Herz fast in die Knie gerutscht war. 
Ja, solche wahrhaft erlebten Begebenheiten sitzen tief im Gedächtnis und ich denke, dass die Geschichte von Pan sie wieder hervor geholt hat.

Selber hatte ich auch einmal mit Kühen das '"Abenteuer" und dazu hatte ich noch eine rote Bluse an und mir kamen auch so einige Gedanken hoch, man sollte niemals rote Kleidung tragen, wenn man eine Wiese überquert. Kurz, ich wurde auch gejagt.
 
Mit der im Foto gezeigten Kuh hatten wir in der Tat auch unsere Mühe und sie wurde zuletzt ganz wild. Sie wollte sich nicht abbringen lassen, von dem frischen Grün der Büsche und dem vermeintlich saftigerem Gras vertreiben lassen.

Ist aber auch alles gut gegangen. Ich wünsche dir ein angenehmes und schönes Wochenende jetzt schon und sage dir meinen Dank für die spannende Schilderung deines Abenteuers in der Kindheit.

Herzlichst
Ingrid

Jutta

@indeed  

Liebe Ingrid,
Das freut mich doch, dass meine abenteuerliche Kuh-Geschichte mit Spannung gelesen wird und gefällt. Auch danke ich dir für deinen Hinweis auf Pan's Geschichte, die ich erst übersah, aber nun mit einem grossen Schmunzeln gelesen habe.
Als du es erwähntest, erinnerte ich mich ebenso daran, dass einem immer nahegelegt wurde, bei der Wanderung nichts ROTES zu tragen, um ja nicht mit den Kühen oder gar Stieren Unerfreuliches zu erleben. Und offenbar weisst du auch, welches Tempo diese Tierchen an den Tag legen können!
Auch dir wünsche ich ein frohes Wochenende - wettermässig soll es nicht so toll werden - und schicke dir

herzliche Grüsse
Jutta


 

ulpo

Liebe Jutta,
 habe Deine Geschichte mit großem Vergnügen gelesen. Im Nachhinein hat man immer gut lachen wenn es gut ausgegangen ist. Den beiden Kindern war im Augenblick des 
"Angriffs" sicher ziemlich flau im Magen.

Eine Erinnerung die man nicht vergißt, schön daß Du sie mit uns geteilt hast,
herzliche Grüße
Ulla

Jutta

@ulpo  
Liebe Ulla,
Du siehst ja, nach 70 Jahren erzähle ich die Geschichte, als wäre es gestern gewesen. Ob flau im Magen, weiss ich nicht mehr, aber auf der anderen Seite des Gatters war es ja wieder gut! 😂
Hab vielen Dank für deinen Kommentar - ich habe mich gefreut und

grüsse herzlich
Jutta

 

ladybird

liebe Jutta,
auch mir ist die Puste ausgegangen von diesem fast "Wettrennen"....oweih....gerade beim Wandern traf man öfter mal auf Kühe....und ich hatte stets ein mulmiges Gefühl. Bis zu Deiner Erinnerung wußte ich allerdings nicht, dass Kühe auch ein Tempo zeigen können.
Mit Spannung gelesen und die Luft angehalten...
herzlichst
ladybird

Jutta

@ladybird  
Liebe Renate,
Ich hoffe doch sehr, dass du inzwischen wieder normal atmest, denn das wäre mir ausserordentlich unangenehm,
 müsstest du immer noch die Luft anhalten 😀(lach).
Hab vielen Dank für deinen Kommentar - hab mich gefreut.

Herzliche Grüsse von
Jutta

 

Syrdal


Eine sehr hübsche Geschichte, so richtig „lebensnah“ oder besser „naturnah“. Mit solchen "gefä#hrlichen" Erlebnissen ergeben oder festigen sich Kinderfreundschaften, die – wenn alles stimmig ist und bleibt – sogar zu Lebensfreundschaften werden können. Mit einer vergleichbar „kindhaften“ Geschichte lernte ich einst meine hübsche kleine Freundin kennen, die später meine Frau wurde. So kann‘s gehen...

...sagt mit Dank für deine schöne "Garettengeschichte" und mit fröhlichen Grüßen
Syrdal

Jutta

@Syrdal  
Lieber Syrdal,
Vielen Dank für deine Zeilen. Obwohl dieser Hanspeter einer meiner Jugendfreunde war, trennten sich unsere Wege. Leider könnte ich ihn nicht mal fragen, "weisst du noch...?", denn er weilt nicht mehr unter uns. 
Da hattest du mehr Glück mit deiner damaligen kleinen Freundin.

Ich grüsse fröhlich zurück
Jutta

ehemaliges Mitglied

Liebe Jutta 

die Geschichte erinnerte mich an meine Begebenheiten mit Rindern und Kühen.
Sie werden nie ganz meine Freunde werden.
Beim wandern versperren sie mir gerne den Durchgang auf dem Weg. Das Rindvieh zückt ihren Schwanz und meistens treffen sie und mit ihrer Masse habe ich sowieso keine Chance.
Ich halte durch und werde weiter wandern 😄

liebs Grüessli 
Sonja 🙋‍♀️

Jutta

@Sofia 54  
Liebe Sonja,
Geniesse deine Wanderungen so lange wie möglich, auch wenn dir mal eine Kuh im Wege steht, solange sie nicht versucht, dir schnaubend hinterher zu rennen. Wenn doch, nimm deine Füsse in die Hände und weg !!! 😂😯

Liebe Grüessli
Jutta

 

ehemaliges Mitglied


Danke, für diese anschauliche Erinnerung, liebe Jutta,
habe regelrecht mitgefiebert, ob ihr es wohl schafft zu entkommen 😊

liebe Grüße
WurzelFluegel

Jutta

@WurzelFluegel  
Ja, liebe WurzelFluegel, es war ausserordentlich brenzlig!!!
Liebe Grüsse
Jutta

 


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