Blaue Blume“

Des Jünglings Worte klingen nach
in der Erinnerung,
Worte, die er nur flüsternd sprach,
voller Bewunderung
für eine zarte Blüte,
die ihm im Traum erschienen,
sie neigte sich mit Güte
ihm zu, wollte ihm dienen
mit ihrem blau flimmernden Licht
auf seinem Weg im Leben
durch Schluchten, Hagel und Dickicht
klare Richtung geben
bis hin, wo er ihn finden kann,
den Hallendom der Buchen,
in dem er endlich wird zum Mann
nach lang irrendem Suchen.

Oh Jüngling, davon sprachst du nur
in deinen Traumgedichten,
Heiliges Wunder der Natur“
nanntest du deine Sichten
auf die Blume im Seelenreich,
die nie ein Mensch gesehen
und die wohl einem Wunder gleich –
so wie bei dir geschehen –
dem Suchenden den Weg erhellt,
der ihn sein „Selbst“ lässt finden,
auf dass er sich nicht ewig quält
in Sehnsucht sich zu winden
und ihm Erleuchtung schenkt sodann
im Angesicht der Blüte –
der „Blauen Blume“, die fortan
sein Seelenheil behüte.


© Syrdal 2015

………………………

Zur Erklärung:
In seinem unvollendeten Roman „Heinrich von Ofterdingen“ beschreibt der frühromantische Dichter Novalis (1772 - 1801), wie der Held der Geschichte auf der Suche nach der traumhaften Blauen Blume persönliche Reifung erfährt und dabei zur tief verinnerlichten Lebens- und Liebeserfahrung gelangt.

Auf der Suche nach der Blauen Blume zu sein, bestimmte wesentlich die metaphysisch-transzendente Empfindungsebene der romantischen Ideale und Mystik. Die Blaue Blume ist Symbol für das ewige Streben der Seele nach Vollendung, nach Vereinigung mit dem Universum und überdies für die Sehnsucht nach erfüllter Liebe. Sie verbindet Mensch und Natur und steht für eine goldene Zeit, für einen paradiesischen Zustand sowie für Vollkommenheit und Erleuchtung.

Blau steht für Unendlichkeit, Weite und Distanz, Blau ist in der Traumdeutung ein Hinweis auf Intellekt und Gelassenheit. In der Malerei gilt Blau als vermittelnde Farbe.

Die Blume steht als Symbol für Liebe und Poesie, hier insbesondere für die Poesie der Romantik, die die Vergangenheit und Gegenwart verbindet und Endliches und Unendliches sowie Natur und Geist zu einem harmonisch ausgeglichenem Ganzen ineinander fließen lässt und miteinander verschmilzt.

 
Blaue Blume-1.jpg


 

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Kommentare (7)

Tulpenbluete13

Ach ja lieber Syrdal,

die blaue Blume (wunderschön Dein stimmungsvolles Gedicht) hätte ich auch gern kennengelernt. Wahrscheinlich hatte ich zu wenig Zeit zum Suchen. Eigentich schade...
so wie Du sie beschreibst hätte sie mir bestimmt gefallen.

Dankeschön für das "Kennenlernen-Dürfen"

lieben Gruß
Angelika

Syrdal

@Tulpenbluete13

Liebe Angelika, es ist ja doch nie zu spät, die „Blaue Blume“ zu erleben, es geschieht ja ohnehin ganz plötzlich im Traum… so wie bei Novalis, wie es das Gedicht ja zeigt. Wer weiß, vielleicht schon in dieser Nacht, darfst nur den Traum am Morgen nicht gleich wieder vergessen…

...sagt mit Abendgrüßen
Syrdal  

Tulpenbluete13

@Syrdal  

Lieber Syrdal,

da hast Du genau den richtigen Punkt angesprochen. Entweder träume ich nie (unwahrscheinlich) oder ich vergesse diese bevor ich aufstehe.
Demzufolge kann ich mich an keinen Traum erinnern...manchmal gut manchmal schade..

es grüßt
Angelika

Marlen13

Das ist wundervoll zu lesen lieber Syrdal, da schwimmen die Gedanken im Gestern und im Heute. Und der herrliche Blauton -  super.

Syrdal

@Marlen13  

Liebe Marlen, so ist es auch für mich eine Freude, wenn Dir das kleine Gedicht gefällt und in sanftblaues Wellenschwingen leitet. Erhalte Dir das ein wenig als feinen Balsam der Seele...

...sagt mit heiteren Grüßen
Syrdal

U. Petri

In Deinem Gedicht, lieber Syrdal,
klingt dieses schwebende Gefühl der Blauen Blume durch.
Ich erinnere mich an die Zeit meiner Jugend, als ich das wie einen fernen Ruf empfand.  Auch heute noch entsteht bei der Nennung der "Blauen Blume" dieses besondere Gefühl bei mir.

Sie steht nach wie vor für "Sehnsucht wonach?"  Als sei eine Klangschale angestoßen.

So grüße ich Dich heiteren Sinnes,
Ursula

 

Syrdal

@U. Petri

Das ist ein feiner leiser Klang, der sich bei Dir, liebe Ursula, durch das Gedicht in Erinnerung an jugendlich heitere Zeiten auftut. – Eine Empfindung, die wohl dem sehr nahe ist, was der junge Dichter Novalis in seinem jugendlichen Sehnsuchtsroman „Heinrich von Ofterdingen“ (der leider unvollendet blieb) in unvergleichlich romantischer Schwingung zum Ausdruck bringen wollte.

Für Deine feinsinnige Zugabe dankt Dir mit herzlichen Grüßen
Syrdal 


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