Altes-Neues
https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3ACarmina_Burana_Wheel_of_Fortune_(detail).jpg

Altes-Neues

Altes Jahr es ist verronnen
Neues kommt in uns're Sicht,
Nimmt alsbald uns in die Pflicht,
Ehe es so recht begonnen.

Tage folgen dicht auf dicht.
Noch bevor wir uns besonnen
Hat das Schicksalsrad versponnen
Stunden schon in neuem Licht.

Schnell vergehen so die Jahre
Eins reiht sich dem nächsten an.
Bis wir liegen auf der Bahre
.
Dieses alles geht nach Plan,
der ist nicht von uns erdacht.
Hier wirkt eine stärk're Macht.


© lillii (L-R)

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Kommentare (3)

ehemaliges Mitglied

Köstlich,@lillii, dass Du hier den Hugo (v. Hofmnsthal) anführst! Aber Schelm, der ich bin, sage dazu, dass DEN unser Stummer schon nicht mehr unter die "Auch-Sonette" eingereiht hätte, denn DER reimt: "abba baab cdc dee" - und hat das "Klassenziel" damit verfehlt.
Du hast dagegen ohne Fehl gereimt: "abba abba cdc dee"!
Einsam steht übrigens dieses einhebige "Auch-Sonett" da, das ich hier beifüge:

Aus Moor-
Gewimmel
und Schimmel
hervor

dringt, Chor,
dein Bimmel-
Getümmel
ins Ohr.

O höre
mein kleines
Sonett!

Auf Ehre!
Klingt deines
so nett?

Johann Heinrich Voß (1751-1826)
Was war der Voß doch für ein Könner - und den Homer hat er auch übersetzt ...
Was meinst Du, @lillii, könnten wir nicht jeder für sich mal wenigstens ein Dreihebiges probieren?
Gruß - elbwolf

lillii

ein Danke an den Elbwolf fürs Kommentieren und Erkennen,

es wäre ja ein Wunder gewsen, wenn es ihm nicht aufgefallen wäre, dass ich ein  etwas
anderes Sonett versucht habe.
Der Stummer hat es also ein Auch-Sonett genannt, das wusste ich bisher nicht, Danke, lieber Elbwolf.
Ich hatte das "Sonett der Seele" von Hugo von Hoffmansthal gelesen, mir fiel auf, dass es nur vier Hebungen hatte, ja und,
da habe ich mich an einem schlichten Mittwoch einfach getraut, zwar keins der Seele, sondern, weil das Jahr dem Ende zustrebt, dieses Thema  als Versuch zu nehmen,

ich komme an Hoffmannsthal zwar nicht ran, strebe ich auch nicht an:


Sonett der Seele

Willensdrang von tausend Wesen
Wogt in uns vereint, verklärt:
Feuer loht und Rebe gärt
Und sie locken uns zum Bösen

Tiergewalten, kampfbewährt,
Herrengaben, auserlesen,
Eignen uns  und wir verwesen
Einer Welt ererbten Wert.

Wenn wir unsrer Seele lauschen,
Hören wir's wie Eisen klirren,
Rätselhafte Quellen rauschen,

Stille Vögelflüge schwirren ...
Und wir fühlen uns verwandt
Weltenkräften unerkannt.
 

Hugo von Hofmannsthal
(1891)


Gruß von der lillii - Luzie
 

ehemaliges Mitglied

Bravo, @lillii,
hat hier noch niemand gewagt: ein (von STUMMER) so genanntes "Auch-Sonett" einzustellen - in Kurzversen - aber eben in jeder Hinsicht sonst ein Sonett!
Und das an einem schlichten Mittwoch ...
Gruß - elbwolf


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