100 Mark Zulage zum Cigarren
Radeberger Kuriositäten um das Zigarrerauchen
Zwei kleine Annocen in der Radeberger Zeitung vom 19. Juli 1882 zeigten auch das örtliche Interesse an. „100 Mark Zulage zum Cigarren O.W.“ war die eine, „Standhaftigkeit, das ziert den Mann. Bravo“ die andere. Dass diese kleinen Aphorismen etwas über Stadt- und Reichspolitik aussagen, ahnt man ohne Hintergrundwissen nicht einmal.
Zunächst schuf Radebergs Stadtrat sogar ein neues Wort, statt dem Zigarre rauchen „zum Cigarren“. Womit dasselbe gemeint war, nachzulesen im Stadtratsprotokoll. In der Stadtratssitzung hatte der Abgeordnete Kießling sogar aus einer Reichstagsverhandlung zitiert:
„Der Reichstag lebt mit seinen Steuerverhandlungen wie in einem Schattenreich. Eine Nebelwolke von einer Vorlage, die von einem Augenblick auf den anderen ihr Gesicht verändert, vertheidigt von Ministern, welche die Ansicht des leitenden Staatsmanns schattenhaft widerspiegeln, ein Kampf mit Worten, denen der feste Sinn nur allzu oft abgeht, um Ziele, die in das Unbestimmte verschwinden, über das Ganze ein Halbdunkel gebreitet, in welchem Freund und Feind sich kaum mehr unterscheiden können. Woher unter diesen Umständen die Hoffnung herkommen soll, daß aus solchen Wolkenbil-dungen ein festes, greifbares Resultat sich ergeben soll, wüßten wir nicht zu sagen“.
Es ging um das von Bismarck seit 1878 angestrebte kaiserliche Tabakmonopol, das dem Staat viele Steuern bringen sollte. Zu diesem Zweck hatte der Reichskanzler sogar den Aufbau einer Kaiserlichen Tabakmanufaktur in Straßburg gefördert und es sollten Zigarren (und später auch Zigaretten) nur über diese Manufaktur bezogen werden. Ein Schlag für das freie Gewerbe, Radeberg war in Aufruhr. Die Ratsherren und Stadtverordneten jedoch neben der Ablehnung einer Steuer für das Zigarrerauchen auch wegen ihrem innerlichen Hang und ihrer geübten Praxis des Pfeiferauchens. Deswegen der Vorschlag „100 Mark für das Cigarren“, dies hatte der Stadtrat Kießling den Radeberger Zigarrenproduzenten ironisch übermittelt. Sollte heißen, wer Radeberger Eigenprodukte raucht, bekommt im Jahr 100 Mark geschenkt.
Und dann noch die Annonce: „Standhaftigkeit, das ziert den Mann. Bravo“ Dies hatte wohl ein Spötter darunter setzen lassen. Radebergs Wünsche gerieten wieder einmal auf das Abstellgleis, wusste man im Gewerbeverein zu berichten. Denn hätten die Stadträte eine freundliche Haltung zum Zigarrerauchen eingenommen, Radeberg hätte wahrscheinlich eine Zigarren-fabrik erhalten. Es standen genügend Gewerbetreibende im Ort dafür ein.
Der Händler Oskar Wöhlermann, er vertrieb Zigarren Hamburger, Bremer und süddeutscher Fabrikate, musste wegen des Kürzels „O. W.“ eine Gegendarstellung veröffentlichen. Die nun wiederum Kießling veranlasste zu schreiben: „Auf mehrfache Anfragen, ob ich denn nicht Herrn Kaufmann Wöhlermann auf seine vorzügliche Annonce in Nr. 88 des Blattes antworten werde, sage ich: Es ist mir zu gering, was Das anbetrifft, daß er mich seinen Collegen nennt, überlasse ich Jedermann zur Beurtheilung“. Worauf sich Bruno Thum(Kaufmann und Radebergs Feuerwehrhauptmann) als Gegner Bismarckschen Tabakmonopols in die Öffentlichkeit begab. Ab sofort konnte man bei ihm „Manufactur – Concurrenz- Cigarren“ im Preis von 3 bis 10 Pfennig gegen die Kaiserliche Tabakmanufactur in Straßburg erwerben. Sein Lieferant war „Gebrüder Schrader aus Mühlhausen“. Ernst Hippe, Tabakgeschäft am Markt, probierte es mit Eigenprodukten auf den Markt zu kommen.
Keiner der Herren Befürworter und Gegner ahnte damals, die Tabaksteuer wird kommen und Radebergs Stadträte gingen nicht nur in punkto Zigarren fehl, sondern sie verhinderten auch später den Bau einer Zigarettenfabrik. Die stand dann im nahen Dresden. So läuft Geschichte manchmal.
haweger
Zwei kleine Annocen in der Radeberger Zeitung vom 19. Juli 1882 zeigten auch das örtliche Interesse an. „100 Mark Zulage zum Cigarren O.W.“ war die eine, „Standhaftigkeit, das ziert den Mann. Bravo“ die andere. Dass diese kleinen Aphorismen etwas über Stadt- und Reichspolitik aussagen, ahnt man ohne Hintergrundwissen nicht einmal.
Zunächst schuf Radebergs Stadtrat sogar ein neues Wort, statt dem Zigarre rauchen „zum Cigarren“. Womit dasselbe gemeint war, nachzulesen im Stadtratsprotokoll. In der Stadtratssitzung hatte der Abgeordnete Kießling sogar aus einer Reichstagsverhandlung zitiert:
„Der Reichstag lebt mit seinen Steuerverhandlungen wie in einem Schattenreich. Eine Nebelwolke von einer Vorlage, die von einem Augenblick auf den anderen ihr Gesicht verändert, vertheidigt von Ministern, welche die Ansicht des leitenden Staatsmanns schattenhaft widerspiegeln, ein Kampf mit Worten, denen der feste Sinn nur allzu oft abgeht, um Ziele, die in das Unbestimmte verschwinden, über das Ganze ein Halbdunkel gebreitet, in welchem Freund und Feind sich kaum mehr unterscheiden können. Woher unter diesen Umständen die Hoffnung herkommen soll, daß aus solchen Wolkenbil-dungen ein festes, greifbares Resultat sich ergeben soll, wüßten wir nicht zu sagen“.
Es ging um das von Bismarck seit 1878 angestrebte kaiserliche Tabakmonopol, das dem Staat viele Steuern bringen sollte. Zu diesem Zweck hatte der Reichskanzler sogar den Aufbau einer Kaiserlichen Tabakmanufaktur in Straßburg gefördert und es sollten Zigarren (und später auch Zigaretten) nur über diese Manufaktur bezogen werden. Ein Schlag für das freie Gewerbe, Radeberg war in Aufruhr. Die Ratsherren und Stadtverordneten jedoch neben der Ablehnung einer Steuer für das Zigarrerauchen auch wegen ihrem innerlichen Hang und ihrer geübten Praxis des Pfeiferauchens. Deswegen der Vorschlag „100 Mark für das Cigarren“, dies hatte der Stadtrat Kießling den Radeberger Zigarrenproduzenten ironisch übermittelt. Sollte heißen, wer Radeberger Eigenprodukte raucht, bekommt im Jahr 100 Mark geschenkt.
Und dann noch die Annonce: „Standhaftigkeit, das ziert den Mann. Bravo“ Dies hatte wohl ein Spötter darunter setzen lassen. Radebergs Wünsche gerieten wieder einmal auf das Abstellgleis, wusste man im Gewerbeverein zu berichten. Denn hätten die Stadträte eine freundliche Haltung zum Zigarrerauchen eingenommen, Radeberg hätte wahrscheinlich eine Zigarren-fabrik erhalten. Es standen genügend Gewerbetreibende im Ort dafür ein.
Der Händler Oskar Wöhlermann, er vertrieb Zigarren Hamburger, Bremer und süddeutscher Fabrikate, musste wegen des Kürzels „O. W.“ eine Gegendarstellung veröffentlichen. Die nun wiederum Kießling veranlasste zu schreiben: „Auf mehrfache Anfragen, ob ich denn nicht Herrn Kaufmann Wöhlermann auf seine vorzügliche Annonce in Nr. 88 des Blattes antworten werde, sage ich: Es ist mir zu gering, was Das anbetrifft, daß er mich seinen Collegen nennt, überlasse ich Jedermann zur Beurtheilung“. Worauf sich Bruno Thum(Kaufmann und Radebergs Feuerwehrhauptmann) als Gegner Bismarckschen Tabakmonopols in die Öffentlichkeit begab. Ab sofort konnte man bei ihm „Manufactur – Concurrenz- Cigarren“ im Preis von 3 bis 10 Pfennig gegen die Kaiserliche Tabakmanufactur in Straßburg erwerben. Sein Lieferant war „Gebrüder Schrader aus Mühlhausen“. Ernst Hippe, Tabakgeschäft am Markt, probierte es mit Eigenprodukten auf den Markt zu kommen.
Keiner der Herren Befürworter und Gegner ahnte damals, die Tabaksteuer wird kommen und Radebergs Stadträte gingen nicht nur in punkto Zigarren fehl, sondern sie verhinderten auch später den Bau einer Zigarettenfabrik. Die stand dann im nahen Dresden. So läuft Geschichte manchmal.
haweger
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