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THEMA: Soziale Arbeit
15 Antwort(en).
Justitia
begann die Diskussion am 05.06.05 (21:05) :
Ich muss drei Thesen erstellen (schreibe eine Arbeit darüber). Eine These muss über die Industrialisierung sein, eine über die Professionalisierung und die dritte über eine Professionstheorie... Nun möcht ich fragen, wer solche Thesen hat, damit er sie hier einbringen kann und darüber diskutiert werden kann. Denn ich möchte über drei solcher Thesen eine grössere Arbeit schreiben, möchte aber zuerst mehrere Meinungen wissen, was denn interessant sein könnte.
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Justitia
antwortete am 05.06.05 (21:07):
Eine These hätte ich für den Anfang schon. Sie darf beurteilt werden, wäre aber auch eben interessant, andere Thesen zu lesen.
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Justitia
antwortete am 05.06.05 (21:09):
Vor lauter Motivation habe ich vergessen, sie reinzuschreiben, smile. Aber hier ist sie:
Salomons Konzept der sozialen Mission der Frau behinderte die Professionalisierung sozialer Arbeit.
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webmaster
antwortete am 05.06.05 (21:35):
Hallo Justitia,
als Webmaster möchte ich hier allen Lesern, die schon länger im ST mitlesen, mitteilen, dass Justitia (mit J) nicht identisch mit iustitia (mit i) ist, die hier im ST seit längerem "aktiv" ist.
Also Justitia, entschuldige diese "Abschweifung", aber möglicherweise ist das hilfreich, wenn du auf gute Tipps wartest.
Eine Frage habe ich jedoch selbst bereits:
Was ist Salomons Konzept der sozialen Mission der Frau?? Ich habe null Ahnung.
Willkommen im ST ;-)
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pilli
antwortete am 06.06.05 (08:25):
"Salomons Konzept der sozialen Mission der Frau behinderte die Professionalisierung sozialer Arbeit."
et Alice (Salomon):-)
hat immerhin, wie frau googeln konnte, 30 bücher und 350 aufsätze hinterlasssen; wären da nicht antworten zu finden?
schau mal Justitia, vielleicht schon bekannt?:
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"Genau dies – eine umfassende Sichtung aller Schriften von Alice Salomon – hat sich Carola Kuhlmann zur Aufgabe gemacht, um eine Reihe von Vorurteilen abzubauen, die ihrer Meinung nach durch die eingeschränkte Rezeption des Werkes zustande gekommen sind und ungeprüft weiter tradiert werden. Vorurteil 1: "Alice Salomon und die Frauenbewegung 'benutzten' die soziale Arbeit in egoistischer Absicht" (S. 26); Vorurteil 2: "Salomons Konzept der sozialen Mission beruht auf dem undemokratischen Ideal (sublimierter) Mütterlichkeit" (S. 28); Vorurteil 3: "Salomons Konzept sozialer Arbeit stabilisiert Unrechtsverhältnisse" (S. 29); Vorurteil 4: "Salomons Konzept der 'sozialen Mission der Frau' behindert die Professionalisierung sozialer Arbeit" (S. 30); Vorurteil 5: "Salomons Konzept sozialer Arbeit trug zur Pädagogisierung (und damit zur Entpolitisierung) sozialer Arbeit bei". (S. 31)"
...
bissel sehr spezifisch :-) deine frage aber interessantes thema. magst du deine erkenntnisse zum "Vorurteil Nr. 4" nennen?
:-)
Internet-Tipp: https://www.querelles-net.de/2002-6/text12.htm
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schorsch
antwortete am 06.06.05 (10:08):
Karl, wenn ich iustitias Beiträge recht in Erinnerung habe, ist "sie" ein Mann, keine Frau - jedenfalls hier bei uns.....
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schorsch
antwortete am 06.06.05 (10:09):
Ich würde es übrigens schätzen, wenn der Webmaster Nicknamen, die zu Verwirrungen und Verwechslungen führen können, nicht annehmen würde.
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rolf
antwortete am 06.06.05 (10:24):
Hallo Schorsch, dann hätte Karl iustitia ncht annehmen dürfen, da der Nick ein weibliches Wesen suggeriert, iustitia ist aber, wie Du richtig schreibst, ein Mann.
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Marina
antwortete am 06.06.05 (10:31):
"iustitia ist aber, wie Du richtig schreibst, ein Mann", der, wir ihr inzwischen gemerkt haben solltet, jetzt "Literaturfreund" heißt.
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webmaster
antwortete am 06.06.05 (12:38):
@ schorsch,
Neuanmeldungen werden nicht durch eine Person akzeptiert, sondern durch ein Programm. Deshalb sind Namen mit einem Buchstabenunterschied durchaus erlaubt, s. z. B. Rolf und Ralf. Dass iustitia ein Mann ist, war mir bekannt, ich bezog mich aber auf den Nicknamen - und der ist weiblich ;-)
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carla
antwortete am 07.06.05 (10:05):
Zurück zu Alice Salomon? Da sie mir nicht bekannt war, habe ich auch gegoogelt. Hier einige Daten von ihr. Eine bemerkenswerte Frau. Wobei ich zu den Thesen von Justitia trotzdem nichts sagen kann.
Internet-Tipp: https://www.netzwelt.de/lexikon/Alice_Salomon.html
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Justitia
antwortete am 30.06.05 (21:24):
Was für ein Konzept hat Salomon?
- Lehnt grundsätzlich Sozialdarwinismus ab und entwickelt eine Art „Tauschtheorie“ zum Schutz der Schwachen und weniger Anpassungsfähigen (nach Darwin: der stärkere überlebt). In diesem Sinne entwickelt sie eine „Handlungstheorie“ der Wohlfahrtspflege auf der Grundlage der Idee der Gleichberechtigung. - Das Ziel der Fürsorge gilt der Wiederherstellung der wirtschaftlichen Selbständigkeit, der Gesundheit und der Fähigkeit zur verantwortlichen Lebensführung. Das Ganze läuft auf ein weiteres Ziel hinaus: die Persönlichkeitsentwicklung. Die Entwicklung zu fördern, ihre Kraft zu mehren und ihren Charakter zu stärken (vom Individuum). - Die Persönlichkeitsentwicklung wird von der Anlage und Umwelt beeinflusst (Wechselwirkung zueinander). - die Persönlichkeit ist im stetigen Wandel, weil sie immer wieder etwas lernt, erfährt, weil sie sich anpasst oder beeinflusst - Sich anzupassen ist die Kunst zu Leben. - Die Kunst zu Leben bedeutet also, dass man sich immer wieder arrangieren muss, sich anpasst. Gelingt dies nicht, ist man in einer Krise. Die Krise bedeutet, dass man eine Anpassungsschwierigkeit hat und dort setzt die Fürsorge an. - Alle Fürsorge besteht darin, dass man entweder einem Menschen hilft, sich in der gegebenen Umwelt einzuordnen, zu behaupten, zurecht zu finden – oder dass man seine Umwelt so umgestaltet, verändert, beeinflusst, dass er sich darin bewähren, seine Kräfte entfalten kann (Bsp.: Ich verhalte mich ohne Kind anders als mit einem Kind. Der Kranke muss sich seiner Krankheit anpassen, die Verwitweten passen sich der Einsamkeit an). - Die Fürsorge ist dazu da, dass sie in die Anpassungsprobleme eingreift und Anpassungshilfe anbietet. Das Individuum wird erzogen, damit es sich wieder in die Umwelt integrieren kann. Die Umwelt dagegen wird unterstützt und versorgt und verschafft so neue Anpassungen. - Die Hilfe für ein Individuum ist oft nur möglich, wenn das Individuum die Hilfe auch wünscht. Die Hilfesuchenden müssen auch wollen. Man greift nur dann gegen den Willen eines Menschen berechtigt ein, wenn man beweisen kann, dass er unfähig ist, allgem. als wesentlich erachtete Aufgaben zu lösen, oder wenn er Leben und Gesundheit anderer gefährdet oder bedroht. - Aufgaben der Fürsorge: Der Mensch gilt als Individuum im Zentrum. Fürsorge soll feststellen, was vorhanden ist und wie es geworden ist (und darüber Gedanken machen, was noch daraus einmal werden kann). Es ist auch von grosser Bedeutung, die Bedeutung der individuellen Unterschiede klar zu begreifen (es war auch notwendig, die Beziehungen des Menschen zur Umwelt zu studieren). - Methodische Grundsätze Salomons: Jeder Mensch ist ein Individuum und soll somit auch ungleich behandelt werden (behandle Ungleiche ungleich) - Die Kapitalistische Wirtschaft muss mehr vom Staat kontrolliert werden, da dieser auf die Interessen der Allgemeinheit zu achten hätte. - Hauptziel war die soziale Gerechtigkeit zwischen Arm und Reich und zwischen Männern und Frauen herzustellen.
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Justitia
antwortete am 30.06.05 (21:25):
Soziale Mission der Frau:
- Salomon hat sich für die bürgerlichen Frauen eingesetzt - Salomon engagierte sich sehr in der sozialen Frauenarbeit und der Frauenbewegung (sie plädierte für eine Integration weiblicher Grundqualifikationen) - Das heisst: Frauen sind privat in der Familie fürsorglich, führen ihre Tätigkeiten aus Nächstenliebe aus, sind warmherzig, rücksichtsvoll, moralisch (nennt man die geistige Mütterlichkeit). Salomon will nun, dass die Frauen diese Gabe auch im öffentlichen Raum zeigen, in der Gesellschaft. - Salomons Konzept der sozialen Mission der Frau war die Idee einer maternalistischen Politik (mit Herz dabei, mit emotionaler Hingabe, fürsorglich, altruistisch) - Die gemäßigten Frauen glaubten an die Andersartigkeit der Frau, die auf ihrer Mütterlichkeit basiere. Die aus dem Geschlechterdualismus entwickelte Idee von der "geistigen Mütterlichkeit" wurde von ihnen zu einem Konzept ausgearbeitet, das spezifisch weibliche Aufgaben und Tätigkeiten propagierte und in den sozialen Berufen fruchtbar gemacht wurde, gleichzeitig aber sogenannte Frauenberufe und den geschlechtsspezifischen Arbeitsmarkt schuf. Jedoch ermöglichte dieser Weg den Frauen, eine gewisse Selbständigkeit und Gleichberechtigung zu erlangen.
Die Professionalisierung aus der Sicht von Alice Salomon anhand drei, vier Merkmalen:
- Soziale Arbeit wird von ihr als „Menschenrechts-Profession“ konzipiert. - Professionalisierung hiess für Salomon auch, anzuerkennen, dass man nicht mit dem guten Herzen allein helfen kann – ihrer Meinung nach aber auch nicht ohne geht. (Hilfe geht nicht ohne Kontrolle und Führung) - Von mir: Die Soziale Arbeit beschäftigt sich mit Krisen.
3 – 4 Merkmale der Professionalisierung der Sozialen Arbeit im Allgemeinen:
- akademische Berufe werden in der Regel als Professionen bezeichnet (wissenschaftliche und praktische Spezialausbildung). man hat ein bestimmtes Fachwissen - Gebundenheit an die Berufsethik (Klient darf in seiner Notlage nicht missbraucht werden, auch wegen Vertrauensbasis). - Berufstätigkeit ist eher altruistisch und moralisch motiviert (das heisst, man tut was für die anderen und ist nicht egoistisch und tut nur was für sich) - grosse Autonomie in der Berufsausübung ist wichtig (diese ist notwendig, damit die Arbeit gut ausgeführt werden kann, maximiertes Handeln) - man beschäftigt sich mit einer Krise
Die These kann nun deshalb als richtig begründet werden, weil...
- In der sozialen Arbeit führt Alice Salomon die von Janette Schwerin begonnene Professionalisierung der Frauenarbeit weiter, indem sie diverse Themen, wie z.B. Vorträge über Gesetze, Behördenwesen, Pädagogik und die Felder der Fürsorge zu aufeinander abgestimmten Kursen bündelte - 1908 gründet sie die Soziale Frauenschule in Berlin (in der Jahreskurse mit einem festen Lehrplan stattfanden). - Salomon ergriff 1916 die Initiative, aus einem diffusen Arbeitsgebiet eine Profession zu entwickeln, indem sie Richtlinien für eineinheitliches Vorgehen aufstellte (Methoden der Ausbildung, Vereinheitlichung der vorhandenen Stellenvermittlungen und über die Gehälter). - 1925 gründet Salomon zusätzlich die Deutsche Akademie, weil die Männer in die fachliche Wohlfahrtspflege einstiegen (Akademie soll Frauen höhere Berufspositionen ermöglichen). Ein weiterer qualitativer Sprung in die Nähe zur Professionalisierung, da sich eine Weiterbildungseinrichtung entwickelte. - Meiner Meinung nach hat die Integration der Frau in die Verwaltung die Soziale Arbeit nachhaltig verändert: Konkurrenz zwischen den Männern und Frauen (anstatt die Soziale Arbeit zu professionalisieren, entstand ein Mittelmass, ein Lohnberuf).
Salomos Ziele: - die Frauenarbeit der bürgerlichen Frauen soll öffentlich anerkannt werden - Professionalisierung der Sozialen Arbeit - gerechtere Gesellschaft: zwischen Mann/Frau und Arm/Reich (ist Utopie)
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Justitia
antwortete am 30.06.05 (21:26):
So, das ist zwar nur eine Kurzfassung, aber das Buch von Carola Kuhlmann von Alice Salomon gibt noch mehr Infos, falls sich jemand interessiert...
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dervomNiederrhe
antwortete am 28.07.05 (20:26):
hallo Justitia, die Atomisierung der 'Soziostruktur Dorf/Großfamilie' scheint mir ein möglicher dritter Aspekt, die Soziale Arbeit in ihrer Entstehungsgeschichte quer durchs 20.e Jhdt. zu betrachten (neben eben arbeitsteiliger Gesellschaft und Industrialisierung) Gruß vom Niederrhein
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Rheydt
antwortete am 28.07.05 (21:09):
Hallo Justitia!
Hier Buchtipps zum Thema:
Theorie und Praxis der sozialen Arbeit / Arbeiterwohlfahrt, Bundesverband. Weinheim. Beltz Verlag 1972, 2001, 2002
Risikogesellschaft, Ulrich Beck 1986
Theorie und Praxis der sozialen Arbeit: Entwicklung und Zukunftssperspektiven. Silvia Staub-Bernasconi. Bern 1983
interessante Stichwörter:
Enttraditionalisierung, Individualisierung, Empowerment in der Sozialen Arbeit, Semiprofessionalität
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