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THEMA:   Rückblick

 29 Antwort(en).

anikaengel begann die Diskussion am 23.05.05 (23:12) :

Liebe Leute,
ich bin eine junge Frau, aber letztes Jahr im Oktober habe ich meine ungeborene Tochter im 5. Monat verloren. Ich habe eben einige interessante ältere Beiträge über Gott gelesen (Wo ist Gott?). Ich bin deshalb ins Netz gegangen, weil ich eine Antwort darauf suche, WOZU (nicht warum) ich lebe, denn zur Zeit wäre ich lieber tot. Da ihr alle älter seid als ich, hat vielleicht der eine oder andere diese Frage schon für sich beantwortet. Bestimmt haben alle Freude und Leid erfahren - also, im Rückblick: WOFÜR war es gut (oder auch nicht)? Wieso habt ihr weitergelebt? War es die Angst vorm Sterben oder der unerschütterliche Glaube daran, dass euch noch viel gutes widerfährt? Was bewegte euch, dies "Spiel" weiter zu spielen?
Liebe Grüße, Anika


 wanda antwortete am 24.05.05 (08:39):

Anika - es ist kein Spiel, es ist unser Leben, das uns geschenkt worden ist.
Deine Verbitterung und Traurigkeit kann ich verstehen, gib Deine e-mail an, dann schreibe ich Dir persönlich.


 schorsch antwortete am 24.05.05 (09:00):

Kein anderer Mensch kann uns sagen, wer und wo Gott ist - nur wir selber - wenn wir in uns selber horchen.....


 anikaengel antwortete am 24.05.05 (10:21):

Oh, ich habe keine Probleme damit an einen Gott zu glauben. Ich glaube an Gott. Aber ich glaube nicht, dass er es unbedingt gut mit uns meint, wenn er uns "existieren" lässt. Ich glaube, jeder Mensch ist ein kleiner Teil Gottes und soll Erfahrungen sammeln - manche eben bittere, so wie ich. Aber ich möchte das nicht. Ich würde mich am liebsten entziehen, jetzt wo alles so geworden ist, wie ich es nicht wollte. Ich komme damit nicht klar, an etwas geraten zu sein, wo ich mir noch nicht mal vorstellen kann, wie das "gut" werden soll. Und hierbei bitte ich um Hilfe von euch "Älteren", die ihr bestimmt auch mal in einer solchen Lage wart. Wie seid ihr damit umgegangen?


 mart antwortete am 24.05.05 (11:07):

Jedes ! Ereignis (auch das schrecklichste) kann auch positive Aspekte haben - nur sieht oder erkennt man sie oft erst viel später und auch dann nur, wenn man imstande ist eine "Vogelperspektive" einzunehmen.

(Vielleicht hätte dieses ungeborene Kind einen schweren Defekt gehabt? - Dieser Gedanke, der mir bei einer Fehlgeburt von meiner Arztfreundin gesagt wurde, hat mir sehr geholfen. - Und auch die Tatsache, daß ich doch schwanger werden kann, - nachdem es einige Zeit nicht danach ausgesehen hat.)


 Claude antwortete am 24.05.05 (13:38):

Hallo anikaengel,
wie kannst du nur sagen zur Zeit wäre ich lieber tot, das Leben ist unendlich schön,man weiß es sehr zu schätzen wenn man in Gefahr war es zu verlieren, in dieser Gefahr war ich schon und bin es immer noch.Du hast ein Kind verloren , für eine Frau schrecklich aber es geht weiter. Was Gott betrifft so meine ich er mischt sich so schnell nicht ein ich kann hinter vielen Katastrophen keinen höheren Sinn entdecken. Man schustert sich eine Sinnhaftigkeit zusammen um nicht zu verzweifeln, aber eine richtige Hilfe ist das nicht. Sicher gibt es Situationen und Zustände die man nicht erleiden möchte und es wäre wohl manchmal besser dann Tod zu sein aber die sind hier in den reichen Industriestaaten eher die Ausnahme.Entziehen wollen ist Flucht, denke darüber nach wie es wieder besser werden
könnte und du wirst sehen es geht wieder vorwärts.
ganz freundlicher Gruß Claude


 Ursula_J antwortete am 24.05.05 (17:22):

Das Leben ist tatsächlich unendlich schön, aber nicht immer.
Es gibt sehr viel Leid, das wir aushalten müssen und ich kann jede/n verstehen, der/die denkt, dass es nicht mehr weiter geht und in seinem Leben keinen Sinn mehr sieht.
Da hilft es nicht in einem reiche Industriestaat zu leben.

Ich wünsche dir anikaengel, dass du weiter gehen kannst und bald wieder rauskommst, aus dem Schmerz, der dir zur Zeit so zu schaffen macht.


 schorsch antwortete am 24.05.05 (19:26):

Beginne zu leben, bevor du ans Sterben denkst!


 anikaengel antwortete am 24.05.05 (22:14):

Liebe Zuhörer,
vielen Dank, dass ihr mir schreibt - ich bin eigentlich glaube ich hier etwas fehl am Platz - ich meine, es ist ja eigentlich ein Forum für euch und es soll hier über bestimmte Themen diskutiert werden - und ich komme mit meinem Problem hier hereingeschneit. Es war einfach so, dass ich nicht wusste, wohin ich denn noch sollte... nur noch drei Dinge:
1. Claude, es ist auch für meinen Mann sehr schlimm seine Tochter verloren zu haben. Es trifft die Väter wie die Mütter, es ist nicht nur für die Frau schlimm - und: ich bin mir sehr wohl bewusst, in einem privilegierten Industriestaat zu leben, in dem ich mir keine Gedanken um mein "körperliches" Überleben machen muss - aber mein innerer Zustand ist davon unberührt - wie auch Ursula bemerkt. Allerdings muss ich zugeben, dass mir eine gewisse Dankbarkeit für meinen Geburtsort fehlt. Wie mein Vater immer sagt: Wir wissen gar nicht, wie gut wir es haben, aber das ist nur ein schwacher Trost für mich. Und: wie kann es je wieder besser werden, meine Tochter bleibt tot und ist unersetzlich? Diese Tatsache wird nie "besser". Wegen deiner Krankheit: kannst du mir denn sagen, was das Leben für dich wertvoll macht? Das wäre vielleicht ein Denkanstoss für mich.
Daran schliesst sich 2. an:
schorsch, wie beginne ich denn zu leben? Was meinst du damit? Das ist tatsächlich eine Frage, die ich mir stelle. Wie lebt man denn richtig und glücklich? Ich war auf einem guten Weg, aber das Schicksal (oder wer oder was auch immer) hat sich mir in den Weg geworfen. Ich bin gerade auf einem falschen Weg und habe die Orientierung verloren.
3. Lieber mart, glaubst du, es macht für mich einen Unterschied, ob meine Tochter starb, weil sie krank war oder nicht? Sie ist tot, weg von mir, ganz gleich aus welchem Grund. Es sind tatsächlich aus ihrem Tod auch schon sinnvolle und gute Dinge entstanden, nicht nur schlechte. Ich wollte nicht, dass sie nur Leid bringt - es ist nur immer noch so viel stärker als die "gute" Seite und daran verzweifle ich gerade.
Hat denn niemand von euch üble Zeiten durchlebt und vielleicht sein Rezept für mich behalten? Ich möchte ja wieder gerne leben, sehe nur den Ausweg nicht!


 Claude antwortete am 24.05.05 (23:14):

Anikaengel,
ich habe mir damit geholfen das ich nicht einfach aufgab, ich habe gelernt es geht immer weiter, und ich habe gelernt schöne Dinge zu sehen die ich sonst nie beachtet habe.Ich kann verstehen das du über den Tod deiner Tochter verzweifelt bist und ich kann dir keinen Rat geben außer das du dich bemühst weiterleben zu wollen. Es gibt kein Patentrezept , meiner Meinung nach. Die Generation die hier in der Mehrzahl ist hat bestimmt schon schlechte Zeiten erlebt denke ich mal, und sie gelernt nicht aufzugeben.

Ursula,
sicher hilft es bei seelischer Belastung nicht alleine in Wohlstand zu leben, aber Armut macht die Sache schlechter meiner Meinung nach.
Freundlicher Gruß Claude


 mart antwortete am 25.05.05 (07:07):

Anikaengel,

"Und läßt uns ein Apfelbäumchen pflanzen...." ist dir als Mensch, dem Gott nicht fremd ist, eine Möglichkeit der positiven Annäherung.

Also, gleich ob du auch morgen noch hier schreiben magst oder darfst, gleich was auch passiert, lebe heute und hier!


 schorsch antwortete am 25.05.05 (18:19):

Anikaengel, ich kann dir nur den Rat geben, nicht zu glauben, nur dir könne so was passieren. Es geschieht täglich, zu jeder Stunde. Das mag zwar im Moment des Verlustes gewiss kein Trost sein. Aber Jahre später wirst du rückblickend zu dir selber sagen: Es hat alles seinen Sinn - auch wenn ich es im Moment nicht glauben kann, glauben will. Und hadere nicht mit Gott oder dem Schicksal. Denn du bist nicht und nie allein. Natürlich fragst du dich: Warum denn gerade mir? Aber wäre es denn ein Trost zu wissen, dass das einer Nachbarin passiert wäre? Hättest du es denn gerne, wenn die Nachbarin, falls es ihr passiert wäre, mit Gott hadern und ihn fragen würde: Warum gerade mir und nicht meiner Nachbarin?


 angelottchen antwortete am 25.05.05 (19:44):

Liebe anikaengel, ich kann mir gut vorstellen, dass alles, was dir an tröstenden Worten geschrieben und gesagt wird, Dein Herz nicht erreicht - dazu ist der Schmerz zu gross und die Wunde zu frisch. Das einzige, was ich Dir aus eigener Erfahrung mit dem Tod geliebter Menschen gemacht habe, raten kann, ist: Lebe Deine Trauer gemeinsam mit Deinem Mann aus und redet über Eure Gefühle und Ängste. Aber versuche, die Eckpfeiler Deines Alltags einzuhalten - ob es der Haushalt ist oder die Arbeit isw. Und plane Dir auch Deine Zeit für Trauer ein - ich weiss, es hört sich komisch an - man kann nicht nach dem Stundenplan trauern. Aber man kann - nimm Deine Trauer so an wie Ebbe und Flit und wenn sie Dich überrollt, diese Tauerflutwelle - dann lauf nicht weg - sie holt Dich doch immer wieder ein.. Tauch hinein und halt sie aus... auch wenn Dir im Moment alles sinnlos und leer erschein .. irgendwann wirst Du erkennen, dass diese noch schmerzhafte Leere, die Du fühlst, nicht sinnlos ist. Du lebst - und Du wirst weiterleben - und Du wirst den Schmerz überleben...
Ich wünsche Dir und Deinem Partner dafür alle Kraft der Welt.

"Der Reifen eines Rades wird gehalten von den Speichen,
aber das Leere zwischen ihnen ist das Sinnvolle beim Gebrauch.
Aus nassem Ton formt man Gefäße,
aber das Leere in ihnen ermöglicht das Füllen der Krüge.
Aua Holz zimmert man Türen und Fenster,
aber das Leere in ihnen macht das Haus bewohnbar.
So ist das Sichtbare zwar von Nutzen,
doch das Wesentliche bleibt unsichtbar."
-Lao-tse-


 anikaengel antwortete am 25.05.05 (23:12):

Liebe Leute,

hier noch was, das mir wanda geschrieben hat:
"Ich bin der ansicht, dass unsere Kinder Geschenke sind und uns nicht gehören, man sagt zwar, mein Sohn, meine Tochter, meine Enkeltochter usw. aber in Wirklichkeit sind es alles eigenständige Wesen, die auch ein Recht auf Eigenständigkeit haben. Und so sehe ich das von Anfang an, also für mich hat das Embryo bereits einen Charakter, eine ausgeprägte Persönlichkeit, bezw. individuell geprägte Persönlichkeit, die ich zu achten habe.
Das lässt mich glauben, dass Deine kleine Tochter nicht leben wollte, aus welchen Gründen auch immer. Es war ihre Entscheidung vor der Geburt zu gehen und ihr müsst das auch so sehen, so schwer das für Euch auch sein mag."
Ich finde das sehr schön und es entlastet mich auch, denn ich frage mich doch immer wieder, ob ich nicht an Elisabeths (so heisst meine Tochter) Tod letzendlich schuld war. Aber es macht mich auch böse auf sie - warum hat sie uns das angetan? Ein sehr unangenehmes Gefühl, denn sie kann bestimmt am allerwenigsten was für ihren Tod.
Lieber schorsch,
wo du schon die Nachbarin erwähnst - ich empfinde auch Neid und Missgunst, ich werde zynisch und gemein. Es ist, als ob der Teufel persönlich in meinen Kopf gefahren ist - oder in mein geschundenes Herz? Eigentlich wünsche ich ein solches Ereignis nicht mal meinem ärgsten Feind, trotzdem ertappe ich mich immer wieder bei solchen Gedanken: Würd`s denen doch auch mal passieren, dann würden sie wenigstens nicht so verflucht glücklich mit ihren Kinderwagen daherstolzieren. Das macht mich fertig, ich bin doch so vorher nicht gewesen!
Lieber Claude,
das erinnert mich an den Spruch, den vor langer Zeit mein Deutschlehrer in mein Poesiealbum geschrieben hatte (seine Tochter hatte sich umgebracht) Er schrieb:
Gib nie auf, denn nur so lernt man leben!
Wie recht er hat, das weiss ich sehr genau! Mein VERSTAND weiss es.
Liebes angellottchen,
du scheinst mich irgendwie zu verstehen. Du schreibst, dass die guten Ratschläge (und auch ich selbst habe etliche gute Ratschläge für mich) mein HERZ nicht erreichen - das trifft es auf den Punkt. Vielleicht sollte ich mir mehr Zeit mit meiner Trauer lassen ... und nicht so ungeduldigt zuviel von meinem verletzten Herz erwarten ... vielleicht macht gerade das mich so verzweifelt, dass ich SCHNELL durch will. Auch nicht unverständlich, wer hält schon gerne aus? Und meine Generation (ich bin 28 Jahre alt) hat noch nichts grossartig aushalten müssen... Auch diesen Ratschlag werde ich versuchen zu beherzigen: MIT meinem Mann zu trauern - bisher bin ich immer ins Hinterzimmer zum Weinen, so dass er mich gestern fragte, ob ich ihn denn völlig aus meinem Gefühlsleben ausschliessen wolle - das hielte er nicht mehr lange aus. Das Gedicht ist wunderbar, ich hab`s mir schon abgeschrieben. Verstehen tu ich`s noch nicht mit meinem HERZEN, aber es klingelt dort schon ein bisschen...
Lieber mart,
was meinst du mit dem Apfelbäumchen? dass die guten Seiten wachsen werden? Oder war es ein Verweis auf ein Buch mit diesem Titel oder eine Bibelstelle? Ich bin zwar gläubig, aber nicht bibelfest.
Ich wünsche euch allen einen schönen Feiertag - so ihr einen haben solltet!
Liebe Grüsse, Anika


 wanda antwortete am 26.05.05 (08:47):

so, Anika, hier kommt die "Spirale" - sie war mir im Beruf immer ein Hilfsmittel, inzwischen weiß ich, dass man sie nicht nur bei der Geburt eines behinderten Kindes anwenden kann, sondern auch bei anderen Schicksalsschlägen.
Die " Spirale" ist unten breit - da wo sie noch sehr belastet - und verjüngt sich nach oben. So wie ein Zuckerhut. Jetzt muss ich sie auf den Kopf stellen.

1. Ungewissheit - was ist eigentlich los ??

2. Gewissheit - ja, aber das kann doch nicht sein !

3. Aggression - aber warum gerade ich ?

4. Verhandlung - wenn......., dann muss.....

5. Depression - wozu ? alles ist sinnlos

6. Annahme - ich erkenne jetzt.....

7. Aktivität - ich tue jetzt das und das....

8. Solidarität - wir können handeln


Anika, sieh mal selbst, wie weit oben Du schon bist.
Das Schlimmste hast du doch hinter Dir.
Liebe Grüße wanda


 wanda antwortete am 26.05.05 (09:07):

ich bin ganz traurig, weil die Wirkung der Spirale gar nicht richtig rüberkommt.
Stellt Euch bitte ein Stück Pappe DinA4 vor. Dort ist die Spirale eingezeichnet - schwarz wie eine Bettfeder und sich nach oben verjüngend - dadurch spürt man fast, wie die Last nachläßt.
Für mich war es immer ein gutes "Handwerkszeug" weil man sich in schweren Fällen auch daran festhalten konnte.


 anikaengel antwortete am 26.05.05 (13:02):

Liebe wanda,

es beruhigt mich zu sehen - anscheinend stecke ich wohl gerade in der Depression. Wie lange noch? Aber immerhin, nach der Depression kommt die Annahme! Damit hab ich so mein Problem, das weiss ich ja. Vielleicht bin ich sogar an der Grenze zur Annahme. Das finde ich ermutigend! Vielen dank, ich werd`s mir aufschreiben.
Liebe Grüße,
Anika


 carla antwortete am 26.05.05 (22:38):

Ich denke ähnlich wie wanda: wenn es der vorgezeichnete Lebensweg von Elisabeth war, sehr bald wieder zu gehen, dann müssen wir das akzeptieren, so schwer das fällt. Es ist unsere Aufgabe, die Trauer zu bewältigen.

In Deutschland gibt es die "Verwaisten Eltern". Die leisten sehr gute Arbeit und wissen genau, wie es verwaisten Eltern zumute ist.

Internet-Tipp: https://www.veid.de/


 Florian antwortete am 27.05.05 (20:31):

Hallo anikaengel,

als Mann (75’- Sohn+Tochter) kann ich die ganze Tiefe Deines Schmerzes und aller Deiner Empfindungen sicherlich niemals nachvollziehen. - ES IST >LEBEN< KEIN SPIEL !
GOTT LEBT - DU LEBST
Ein kleines, neues Leben zu verlieren, dass fast ein halbes Jahr in Dir gewachsen ist, UND Deinem, Eurem Leben einen neuen Sinn gab, kann wohl nur eine Frau und Mutter verstehen.
Meine Gedanken und die aller Freunde hier im Forum sind bei Dir und bei Deinem Mann. - Schön für Dich finde ich dabei DAS WISSEN, es war eine Tochter. . .

„Der Text von wanda“
„Das lässt mich glauben, dass Deine kleine Tochter nicht leben wollte, aus welchen Gründen auch immer. Es war ihre Entscheidung vor der Geburt zu gehen und ihr müsst das auch so sehen, so schwer das für Euch auch sein mag."
hat mich sehr berührt. - Das ist auch für mich ein ganz neuer Aspekt.

FÜR DICH, nun MEIN Versuch, etwas zu helfen. - Ihr habt sicher eine Kamera im Haus.
Ideal immer eine Digital-Camera, da sowieso ein PC da ist; mach viele, gaaanz viele Bilder.
(Falls keine „Digi-Cam“ im Haus, leih oder kauf Dir so ein Gerät).
Du kannst damit Erinnerungen wiederfinden, neue Erfahrungen sammeln, einordnen. . .

Geh zu den Orten, deren Besuch Du schon mit Tochter geplant hattest. - Mach einfach mal BILDER FÜR DEINE TOCHTER, DEINEN MANN und FÜR DICH. Möglicherweise sogar, für ein Neues Leben, das in Dir wachsen könnte. - Lass auch nicht den Spielplatz, Sandkasten, Kletter-Gerüst, Schaukel, Bade-Teich, Schwimmbad, oder was sonst auch immer ausser Acht.
„Kinder, mit denen DEINE Tochter hätte spielen können“. Du wirst viele Mütter, Kinder und Schicksale finden. . . FREUE DICH EINFACH MIT IHNEN.
ABER gaaanz wichtig, knipse auch die Bank und die Wege im Park (soweit möglich) die Orte Eurer ersten Liebe - Eures gemeinsamen Lebens - LASS Deinen Mann nicht im ABSEITS.
Aus drei Foto-Alben: - „anikaengel“ - „ehemann“ - „verlorene Tochter“ sollte irgendwann
ein gemeinsames NEUES ALBUM entstehen können. - Die Hoffnung gibt nie auf.

Liebe Grüsse von florian


 Florian antwortete am 27.05.05 (23:27):

Hallo anikaengel,

hier nochmal Florian22. - GOTT LEBT - DU LEBST – vergessen habe ich - (Du?)
DEIN MANN LEBT ! ! !

Wenn die Hektik des Tage vorbei ist, fass Deinen Mut zusammen, geh zu Ihm, sag:
Er möchte Dich einfach in den Arm nehmen und festhalten. - Du kannst Dich ent-
schuldigen, weil Du zu lange und tief in Deiner Trauer vergraben warst. . .
Du kannst den Tränen freien Lauf lassen; aber sag ihm bitte, dass nun auch „Tränen
der Freude“ dabei sind, weil IHR EUCH noch habt.

grussgruss, florian


 schorsch antwortete am 28.05.05 (09:03):

Wenn mich Kinder fragen: "Warum ist der oder die denn schon gestorben?", sage ich meistens: "Weisst du, die werden im Himmel wahrscheinlich noch nötiger gebracht als hier..."


 anikaengel antwortete am 28.05.05 (22:29):

Liebe carla,
so habe ich das noch nie gesehen, dass es meine AUFGABE ist, mit der Trauer umzugehen. Das rückt die leidige trauer in ein anderes Licht. Als wäre sie nicht nur zu erdulden, ohne dass man etwas dazu tun könnte. Ich bin immer froh, wenn ich etwas TUN kann! Ich schau mal bei den verwaisten Eltern, danke!
Lieber Florian,
vielen Dank auch für deine Antwort! Das ist eine gute Idee, die Idee mit den Bildern. Wenngleich mir schon beim Lesen Angst und Bange geworden ist, als du geschrieben hast, dass ich nicht die Orte auslassen soll, an denen sich Kinder gerne aufhalten ... und auch meine Elisabeth wahrschienlich gerne aufgehalten hätte! Da werde ich jetzt schon ganz aufgeregt und mein Magen dreht sich. Und noch mehr dreht er sich, wenn ich mir vorstelle mit den dortigen Müttern zu reden! Mit kleinen Kindern hatte ich bisjetzt noch kein Problem - aber bisher waren alle Kinder schon älter als meine Tochter es gewesen wäre - so dass ich da irgendwie denke, dass es ja andere Kinder sind. Wenn ich aber irgendwannmal ein kleines blondes Mädchen seh, das in Elisabeth Alter wäre - da wird mir ganz schwummrig. Keine Ahnung, ob ich mich da wirklich mit freuen kann. Es scheint mir schwierig. Aber ich werd`s versuchen, ich möchte nichts ausweichen, vor dem ich Angst habe.
Ob ich das jemals hinkriege, zu meinem Mann zu gehen, wenn ich traurig bin oder gar weinen muss ... ich weiss nicht. Ich mag das nicht, irgendwie. Ich wäre als Kind schon so gewesen, sagt meine Mutter. Aber entschuldigt habe ich mich deswegen schon bei ihm. Ich möchte ihn natürlich nicht ausschliessen, aber ... es ist so schwer, ihn dann zu mir zu lassen. Ich bin dann gehemmt, meine Trauer bleibt mir dann im Hals stecken. Ich höre auf zu weinen, aber nicht weil ich getröstet bin, sondern weil ich in Gegenwart anderer (auch des mir vertrautesten von allen Menschen) einfach nicht richtig weinen kann. Ich habe sogar auch was sehr schlimmes zu ihm gesagt. Es hat mir im Nachhinein furchtbar leid getan. Ich sagt zu ihm, dass ich nur noch wegen ihm lebe. Ohne ihn hätte ich schon aufgegeben, in einer schwachen Stunde. Es war zwar die Wahrheit - aber auch grausam. Als wäre er zwar noch derjenige, der mich am Leben hält, aber nicht derjenige, mit dem ich dieses Leben GERNE leben kann. Auch dafür habe ich mich entschuldigt. Der Dalai Lama hat gesagt, man soll Wahrheiten nur dann sagen, wenn sie auch NÜTZLICH sind. Fehler von mir.
Lieber schorsch,
ich musste lächeln als ich deinen letzten Beitrag gelesen habe! Aber warum sollte denn "im Himmel" jemand gebraucht werden?


 ueberhaupt antwortete am 28.05.05 (23:28):

Ich kann Dir nicht sagen, wo Gott ist. Kürzlich habe ich ihn aber einmal gefragt, warum er mich verlassen hat...Trotz dieses Vorwurfes glaube ich aber noch an ihn. Er hat mich sicher nicht "verlassen"; aber er muß damit fertig werden, daß ich ihm diese verzweifelte Frage stelle.....Ein Gedanke zu Deiner Trauer, die ich, Gott sei Dank, nicht nachempfinden kann, weil mir so ein Schicksalsschlag erpart blieb: Gott hat dem Menschen die Gabe des Vergessens geschenkt......Und nun noch zu den Sätzen, die Du über Deinen Mann sagst:
"Ob ich das jemals hinkriege, zu meinem Mann zu gehen, wenn ich traurig bin oder gar weinen muss ... ich weiss nicht
++Als wäre er zwar noch derjenige, der mich am Leben hält, aber nicht derjenige, mit dem ich dieses Leben GERNE leben kann."....Du tust mir von Herzen leid, weil Du ihn von Deiner Trauer aussschließen mußt; und er tut mir leid, weil Du ihn von Deinem Teil der Trauer asuschließt.....Und: Du läufst damit Gefahr, daß Ihr Euch täglich weiter voneinander entfernt....Ich wünsche Dir alles Gute.


 Florian antwortete am 29.05.05 (02:51):

Florian22 - Sonntag, 29. Mai 2005

Hallo anikaengel,
freue mich, daß Dich meine Zeilen erreicht haben - nun kenne ich auch den Namen,
unter dem Du mit dem neuen Leben unter deinem Herzen sicher oft gesprochen hast.

In vorlezten Postings hatte ich allerdings den Eindruck, es wäre schon etwas mehr
FRIEDEN in Dein Herz eingekehrt.

Als Christen glauben wir, daß „KEIN LEBEN“ auf dieser Welt verloren geht. -
Wir versuchen hinter Gottes Gedanken zu schauen; sollten es aber eigentlich nicht.
Der ORT, den Gott für ALLE SEELEN bereithält ist für uns nicht einsehbar.
Wenn in vielen Abschieds-Briefen die Worte stehen: „RUHE IN FRIEDEN“
Dann solltest DU „diese Worte auch ELISABETH mit auf den Weg geben“

An dieser Stelle möchte ich nicht irgend ein Scenario ausmalen. - Aber wenn
Du es versuchst, könntest du möglicherweise eine kleine, traurige Seele finden,
die unglücklich darüber ist, weil Du nicht „loslassen“ willst oder kannst. –
(könnte es sein, daß Elisabeth gerne „ohne Deine verzweifelten Fragen“
einfach nur IN FRIEDEN mit den vielen anderen zB. Spielen möchte) ?

WEIL GOTT uns ein Wiedersehen mit unsern Lieben „versprochen hat“
MUSST DU DICH NUN „NICHT MEHR“ UM SIE SORGEN.

Eine Angelegenheit sollten wir später noch mal bereden, leider fallen meine Augen zu.

Liebe Grüße, florian


 mart antwortete am 30.05.05 (13:38):

Lieber anikaengel!

Sollten dir Florians vielfältige und auf den Grund gehende Gedanken nicht geholfen haben?

<<könnte es sein, daß man gerne „ohne Deine verzweifelten Fragen“
einfach nur IN FRIEDEN mit den vielen anderen zB. Spielen möchte ? <<


 mart antwortete am 30.05.05 (13:40):

Das war sicherlich als "Rückblick" und als Vorblick gemeint.:-))


 anikaengel antwortete am 30.05.05 (14:22):

Liebe/r ueberhaupt,
das mit dem Vergessen ist ein wenig schwierig. Zum einen möchte ich natürlich gerne den Schmerz vergessen, den Elisabeths Tod mir gebracht hat - und zum anderen möchte ich natürlich KEINESFALLS meine Tochter selber vergessen - die beiden Dinge hängen im Moment noch sehr stark zusammen. Manchmal wird mir schon komisch bei dem Gedanken, dass es mir besser geht. Weil ich dann denke, dass ich sie damit aus meinem Leben "vertreibe". Oft falle ich dann zurück in Trauer. Aber ich hoffe doch sehr, dass ich diese beiden Dinge später auch getrennt sehen kann.
Liebe Grüsse, Anika


 anikaengel antwortete am 30.05.05 (14:48):

Teil 2
Es ist mir bewusst, dass mein mann und ich da Gefahr laufen, uns zu entfernen. Einerseits von mir aus, wegen meiner Unfähigkeit mit meiner Trauer zu ihm zu gehen - und andererseits auch von ihm aus, da er insgesamt den Tod unserer Tochter innerlich verarbeitet - und ich reden möchte. Aber mittlerweile geht es schon besser mit uns - wir stehen uns trotz der Probleme sehr nahe. Wir haben 4 Monate nach Elisabeths Tod erst geheiratet.
Lieber Florian,
tatsächlich ist alles schon ein wenig friedlicher geworden in mir : ) aber ich vermute, es wird auch wieder nur eine Phase sein. Ich denke, das mit der Verzweiflung kommt wieder - ich hoffe allerdings, es lässt mir genug Zeit zum Luft holen! Zu deinem Bild:
"Aber wenn Du es versuchst, könntest du möglicherweise eine kleine, traurige Seele finden,
die unglücklich darüber ist, weil Du nicht „loslassen“ willst oder kannst. – " Tatsächlich habe ich mir schon Gedanken darüber gemacht, wie ich es meiner kleinen Tochter-Seele denn einfacher machen könnte und mich in ihre Lage versetzt. Ich wollte eine Mutter, die zwar oft an mich denkt, aber nicht daran verzweifelt, dass ich gegangen bin. Es wäre mir sogar lieber, sie vergäße mich, statt dass sie sich so quält - und, da ich mit ihr fühle, MICH auch quält. Das ist etwas, das sage ich mir schon lange, nur es dringt noch nicht durch zu meinem Gefühl. Ich bin mir sicher, ich sehe sie wieder, aber das Loslassen - da weiss ich nicht so recht, wie ich das machen soll.(Wo steht denn in der Bibel, dass Gott uns ein Wiedersehen versprochen hat?)
Tatsächlich helfen mir euere verschiedenen Gedanken sehr! danke schön euch allen! Ihr seid toll! : )


 mart antwortete am 30.05.05 (14:58):

Ich bewundere dich, wie du mit deinem schweren Schicksalschlag umgehen gelernst hast und die Gedanken und Ratschläge, die hier geäußert wurden, in Erwägung ziehst --Ja, sie scheinen dir auch zu helfen.

Nichts würde mich mehr freuen als wenn deine arme geschundene Seele ihren Frieden finden kann.

Hoffentlich kannst du uns weiter an deiner Heilung teilnehmen lassen!

Bis bald!


 ueberhaupt antwortete am 22.06.05 (19:38):

Auch, wenn inzwischen Zeit vergangen ist (ich hatte Deine Antwort damals nicht gelesen), schreibe ich nochmal. Vielleicht hast Du ja auf "benachrichtigung" geschalte. Zu Deinem Satz:
......das mit dem Vergessen ist ein wenig schwierig. Zum einen möchte ich natürlich gerne den Schmerz vergessen, den Elisabeths Tod mir gebracht hat - und zum anderen möchte ich natürlich KEINESFALLS meine Tochter selber vergessen -.....
Ich habe nicht gemeint, daß Gott die Gabe gegeben hat, einen lieben Menschen zu vergessen...Du hast es selbst gut ausgedrückt, nämlich, daß der Schmerz daüber in "Vergessenheit" gerät.....Ich sage mal ganz frei: Gott schütze Euch!