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THEMA: Die Stammzellforschung ist aus einer modernen medizin nicht mehr wegzudenken
67 Antwort(en).
Karl
begann die Diskussion am 14.06.05 (23:01) :
Ich bin hier einer Meinung mit unserem Kanzler:
Deutschland könne sich "der Tendenz zu einer Liberalisierung der Forschung mit embryonalen Stammzellen auf Dauer nicht entziehen", sagte Schröder anlässlich der Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die Uni Göttingen.
"Wir dürfen uns in der Bio- und Gentechnik nicht vom Fortschritt in der internationalen Forschung abkoppeln", so Schröder weiter. Andernfalls könne Deutschland auf ethische Fragen in der Forschung künftig keinen Einfluss mehr nehmen. Die deutschen Gesetze müssten angesichts neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse "überprüft und bei Bedarf auch angepasst werden"
Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,360514,00.html
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darklady
antwortete am 14.06.05 (23:46):
Hallo Karl schwieriges Thema,was du dir da rausgesucht hast.Denke mal dass sehr viel Information nötig ist,um sich überhaupt eine Meinung bilden zu können.Persönlich denke ich,dass die Wissenschaft bestimmt schon viel weiter ist,als sie jemals zugeben würde.Nicht alles muss auch umgesetzt werden,nur weil es möglich ist.
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Karl
antwortete am 15.06.05 (08:25):
Liebe darklady,
wie wahr! Ich stimme dir voll zu. Nicht alles muss gemacht werden, was möglich ist. Aber sollte nicht alles getan werden dürfen, was getan werden muss, um schreckliche Krankheiten, Geißeln der Menschheit, zu besiegen? Sind nicht diejenigen, die leichtfertig den Verzicht auf Hilfe wegen ideologischer Scheuklappen fordern, diejenigen, die wegen fahrlässiger Unterlassung von Hilfeleistungen Schuld auf sich laden?
Ich habe gestern im TV Phoenix die vollständige Rede des Bundeskanzlers gehört. Er war beeindruckend und überzeugend. Ich versuche nach dem vollständigen Redetext im Internet, um ihn hier zu verlinken.
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Karl
antwortete am 15.06.05 (08:29):
Hier ist ein Link zur Übersicht über die Kommentare:
Internet-Tipp: /seniorentreff/de/ehrendr.schroeder
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Karl
antwortete am 15.06.05 (08:33):
Hier ist die vollständige Rede, die sich zu lesen lohnt! An ihrem Ende sagt Schröder folgendes:
"Ich will mich weiter für eine Kultur der Wissenschaft im Sinne von Verständnis und Verständigung einzusetzen. Und ich will erreichen, dass wir bei neuen Technologien die Chancen, die sich ergeben, verantwortungsvoll nutzen.
Und zwar nicht, weil ich glaube, dass alles, was gemacht werden kann, auch gemacht werden muss. Sondern damit alles, was gemacht werden muss, auch gemacht werden kann."
Internet-Tipp: /seniorentreff/de/schroeder_gentechnik
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mart
antwortete am 15.06.05 (09:30):
Für mich neue Aspekte bei der Stammzellforschung werden im verlinkten Artikel behandelt.
Bisher habe ich die naturwissenschaftliche Berichterstattung in der Presse immer als seriös eingestuft. Weiß jemand näheres darüber?
Internet-Tipp: https://diepresse.at/Artikel.aspx?channel=h&ressort=ws&id=462248&archiv=false
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Lissi
antwortete am 16.06.05 (00:27):
Und möchte einer von uns ein Embryo sein, den man tötet,um dafür "forschend" Leben zu retten.Vor vielen Jahren haben wir uns einmal privat in einer Gynäkologenpraxis einen Film angeschaut, wo eine Abtreibung gefilmt wurde,und wie sich der Embryo dabei verhielt. Graußig sag ich Euch, er kämpfte verzweifelt um "sein Leben". Wir haben danach den Arzt ermutigt,diesen Film immer wieder öffentlich zu zeigen.ich erinnere mich noch, wie er mit Schweissperlen auf der Stirne sagte, niemals in seinem Leben könnte er eine Abtreibung machen. Für mich persönlich wäre es auch keine Entschuldigung,wenn es heißen würde,die Embryos würden im Glas gezüchtet werden. Warum Schröder zu so einer Aussage der Befürwortung kommt, vielleicht liegt es daran, daß er als Leckerbissen einen Ehrendoktorhut geschenkt bekam. Für mein Gefühl hat das nichts mit Intelligenz zu tun, sondern mit purem Egoprotzgehabe. Wenn Alle Menschen und Alles Lebendige ein Teil der wunderbaren Schöpfung ist, wozu muß da noch einer oder mehrere noch außertürlich Schöpfer spielen wollen. Wo ist denn da bitte die Logik ??
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darklady
antwortete am 16.06.05 (00:46):
Hallo Karl, natürlich ist es wichtig schlimme Krankheiten möglichst schnell und schonend bekämpfen zu können.Aber irgendwie hab ich so ein bauchgrummeln. Für mich zieht das viel grössere Kreise,als man vielleicht auf den ersten Blick hin sieht. Es sind Regelungen nötig,Gesetze usw.um den Umgang zu regeln.Dafür wäre es aber nötig wieder Werte und Ethik allgemeingültig zu vermitteln.Nur mit einem funktionierendem Wertesysthem ,kann auch vernünftige Forschung betrieben werden.An irgendwas müssen sich die Forscher ja halten können.Es darf keine Grauzonen geben.Aber wie will man Werte vermitteln,wenn Eltern ihre Kinder auf die Welt bringen,um sie möglichst schnell in Kindertagesstätten unterzubringen,Lehrer keine Pädagogen sind,Politiker den gleichen Stellenwert wie Ganoven haben.Wer soll also die Rahmenbedingungen für so etwas wichtiges und wegweisendes wie die Stammzellenforschung feststecken? Schwieriges Terrain!
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Karl
antwortete am 16.06.05 (09:19):
@ Lissi,
das Thema Stammzellen hat mit deinem Thema, der Abtreibung später Embryonen, nichts zu tun. Letzteres ist leider von unserer Gesetzgebung bei medizinischer Indikation noch bis in den 9. Monat hinein abgedeckt. Hier kann man/frau m. E. sehr wohl unterschiedlicher Meinung sein. Embryonale Stammzellen könnten aus Frühstadien (ohne Kopf, Arme und Beine) gewonnen werden, die zur Zeit in den Tiefkühltruhen der Fortpflanzungsmediziner auf ihre Vernichtung warten. Dein Beitrag ist deshalb wieder einmal ein Beleg dafür, wie wichtig die richtige Aufklärung der Bevölkerung wäre, die sich über Themen ereifert, über die sie nie richtig informiert wurde. Wobei m. E. jeder, der sich an der Diskussion beteiligt, auch eine gewisse Pflicht hätte, sich kundig zu machen.
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Karl
antwortete am 16.06.05 (09:32):
@ darklady,
dein Bauchgrummeln ist wichtig und das sollten wir alle haben; denn es geht tatsächlich um grundlegende, zukunftsweisende Entscheidungen. Verantwortlich gehen wir mit den Fragen der Gentechnik aber nur um, wenn wir uns bewusst machen, dass auch die Unterlassung einer Handlung ethisch falsch sein kann. Wir müssen also abwägen. Schwierig wird es sein global eine einheitliche Haltung aller Staaten zu erreichen. Offensichtlich haben asiatische Staaten und Israel religiös bedingt eine völlig andere Einstellung zu der Frage, wann das Menschsein beginnt, in diesem Zusammenhang ist das die wirklich wichtige Frage. Es ist in meinen Augen gegen jede wissenschaftliche Erkenntnis und auch gegen die Intuition, die Existenz jeder (auch der eingefrorenen befruchteten Eizellen) wertemässig mit einem geborenen Menschen gleichzusetzen, der um sein Überleben kämpft. Das Judentum z. B. folgt mir in dieser Einschätzung. Meine Prognose ist deshalb auch, dass wir - falls wir an unseren restriktiven Gesetzen festhalten - irgendwann mit der Situation konfrontiert werden, dass wir den Import von Therapiemethoden für ansonsten Todgeweihte ablehnen müssen, weil sie über die Stammzelltechnologie entwickelt wurden. Ob diese Gesetzgebung also eine dauerhafte Zukunft hat, wage ich ganz entschieden zu bezweifeln. Der Veränderungsdruck wird unsere Gesetzgebung hinwegfegen. U. U. wird es dann aber schon viel zu spät sein, um einen Einfluss auf die Entwicklung im Sinne unserer ethischen Werte genommen zu haben.
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darklady
antwortete am 16.06.05 (15:07):
Hallo Karl, nun ich hoffe,wobei ich schon ernsthafte Zweifel habe,dass es vielleicht irgendwann international verbindliche Richtlinien gibt.Ich befürchte nur,dass schwarze Schafe längst am Werk sind.Es wird uns nicht viel mehr übrigbleiben,als abzuwarten und das ganze zu beobachten.
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Marina
antwortete am 16.06.05 (19:31):
Ich bin mir noch nicht sicher, wie ich zu der ethischen Problematik stehe, aber eins möchte ich dir, Karl, doch zu bedenken geben: Wenn die Gesetze gelockert würden, würde sicher nicht nur an "embryonalen Stammzellen ... die zur Zeit in den Tiefkühltruhen der Fortpflanzungsmediziner auf ihre Vernichtung warten" geforscht, sondern es würden ganz bestimmt Embryonen zu diesem Zweck extra gezüchtet werden. Und die Vorstellung, dass dann ein Handel mit Embryonen entsteht, lässt einen schon schaudern. Ich finde die ethischen Bedenken, die viele Verantwortungsträger anmelden, sehr berechtigt. Diese Bedenken kommen ja nicht nur von ahnunslosen Laien, sondern auch aus der Riege der Wissenschaftler selbst.
Außerdem geht aus einem Artikel der SZ, von dem ich einen Auszug hier einstelle, hervor, dass adulte Stammzellen auch (genauso gut?) für Forschungszwecke geeignet sind und deshalb die Forschung an embryonalen nicht unbedingt erforderlich sein muss.
Hier der Auszug aus einem Artikel der SZ:
In Deutschland können solche überzähligen Embryonen nicht entstehen, da bei der Befruchtung im Reagenzglas alle hergestellten Embryonen in den Mutterleib eingepflanzt werden müssen. Die französische Regelung, meint Liese, lasse sich daher nicht auf Deutschland übertragen. Sollte hierzulande eine Gesetzesänderung angestrebt werden, so sei allein, wie in Großbritannien, das Forschungsklonen möglich.
Bei Klonexperimenten muss man sich ebenso wie bei einer in Zukunft möglichen Therapie nicht nur die Frage stellen, wie es um den Schutz des menschlichen Embryos steht, sondern man muss auch fragen, woher die Eizellen stammen, gibt der Bioethik-Experte zu bedenken. In Südkorea seien die Eizellen aus dem unmittelbaren Umfeld der Forscher von Frauen gespendet worden, und zwar eigens für diese Versuche, was die Problematik erhöht . In Großbritannien gerieten im Frühjahr dieses Jahres Kliniken in Verdacht, Eizellen von mehreren tausend rumänischen Frauen gehandelt zu haben. Bis zu tausend Pfund soll den Frauen dafür bezahlt worden sein. Das rumänische Justizministerium schaltete daraufhin die Staatsanwaltschaft ein, die Ermittlungen aufgenommen hat.
Therapeutisches Klonen im industriellen Stil wird es nicht geben , meint Liese. Ein Grund dafür sieht der Mediziner auch in den schon jetzt recht beträchtlichen Erfolgen der Forschung mit Stammzellen von Erwachsenen. In Sussex, so berichtet Liese, habe man blinde Patienten mit Hilfe dieser adulten Stammzellen das Augenlicht wiedergegeben.
Internet-Tipp: https://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/501/53448/
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Karl
antwortete am 16.06.05 (20:02):
Hallo Marina,
die Verwendung von adulten Stammzellen ist, wenn möglich, immer vorzuziehen, da keine ethischen Bedenken existieren. Sollte es sich herausstellen, dass sie sich unter den richtigen Kulturbedingungen tatsächlich noch zu allen Geweben differenzieren können, wäre das ideal und könnte für das therapeutische Klonen verwendet werden. Einiges spricht dagegen, aber warum nicht hoffen.
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schorsch
antwortete am 17.06.05 (11:07):
Was auch immer die Gesetzgeber aller Länder für Regeln aufstellen; es wird immer mediengeile Forscher geben, die sich nicht um Regeln kümmern, sondern das scheinbar Unmögliche möglich machen wollen.
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Claude
antwortete am 17.06.05 (13:15):
In unserem Bekanntenkreis gibt es einen Menschen der unter multipler Sklerose leidet, zurzeit noch unheilbar. Eine ganz furchtbare Krankheit. Solchen Menschen könnte man möglicherweise irgendwann helfen wenn man die Forschung nicht behindern würde. Geforscht wird, wenn nicht hier eben anderswo, auch mit Stammzellen nicht nur mit den adulten, Missbrauch ist auch jetzt trotz Verbot möglich. Eingefrorenen befruchteten Eizellen oder sonstige Zellen schon als menschliches Wesen zu betrachten ist meines Erachtens abwegig. Man könnte genauso gut vom Gesetzgeber verbieten lassen zu behaupten die Erde sei keine Scheibe. Freundlicher Gruß Claude
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Marina
antwortete am 17.06.05 (14:40):
Claude, dein Vergleich hinkt ganz gewaltig, und zwar nicht nur an einem Fuß. Bei der einen Sache handelt es sich um ethische Bewertungen, bei der anderen um naturwissenschaftliche Erkenntnisse. Ethische Bewertungen sind nicht Fakten, dass die Erde keine Scheibe ist, ist ein Faktum. Natürlich geht es bei der Vernichtung von befruchteten Eizellen um Vernichtung potentiellen menschlichen Lebens, das ist für mich keine Frage. Die Frage ist nur, ob man dem zustimmen kann oder nicht unter Abwägung verschiedener Kritereien.
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Claude
antwortete am 17.06.05 (15:18):
Das ist mir schon klar das dieser Vergleich hinkt Marina, aber das war schon mit Absicht so gewählt. Ich kann deine Bedenken eben nicht teilen denn ich finde dass man mehr die schon Lebenden aber Schwerkranken berücksichtigen sollte. Wenn die Chance besteht solche Krankheiten wie Alzheimer, multiple Sklerose und noch einige andere zu heilen, wenn auch nicht gleich, sollte man Bedenken hinten anstellen. Wenn es mit adulten Stammzellen geht ist es gut, wenn nicht sollte der andere Weg beschritten werden. Freundlicher Gruß Claude
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BarbaraH
antwortete am 17.06.05 (18:15):
Ich stimme voll und ganz mit Marina überein.
In meinen Augen beginnt ein menschliches Leben mit der Befruchtung der Eizelle. Dieser Prozess geschieht normaler Weise im Körper einer Frau. In Einzelfällen hilft man Paaren mit Kinderwunsch durch eine Befruchtung außerhalb des Körpers, wenn es auf dem normalen Weg nicht möglich ist. Gleichwohl bleibt der Beginn menschlichen Lebens beim Zeitpunkt der Befruchtung der Eizelle.
Marina weist darauf hin, dass das Einfrieren überzähliger Embryonen in Deutschland aus gutem Grund verboten ist, eben weil es sich bei ihnen um den Beginn menschlichen Lebens handelt. Sämtliche Embryonen müssen daher der Frau eingepflanzt werden. In ihrem Körper entscheidet sich, ob die kleinen Leben gedeihen können oder nicht.
Wie kann sich nun jemand anmaßen zu sagen: dich beginnendes kleines Leben opfere ich der Forschung, Wissenschaft oder benutze dich sonstwie als Medikament für einen Kranken? Welche Rolle spielt es dabei, ob dieses kleine Wesen bereits Arme und Beine hat? Würde man es nicht herausreißen, könnte immerhin ein Mensch aus diesem kleinen Embryo entstehen. Jeder von uns fing schließlich einmal so klein an....
Wie so oft, geht es bei diesem Thema um Geld, um sehr viel Geld. Vorallem die Pharmaindustrie setzt die Politiker daher unter Druck. Und unser "Genosse der Bosse" lässt sich ein weiteres Mal willig vor deren Karren spannen. Wenn die öffentliche Meinung nicht mit Arbeitsplätzen gekippt werden kann, dann vielleicht mit dem tragischen Schicksal von bisher unheilbar Kranken. Ob diesen je durch den Mord menschlichen Lebens überhaupt geholfen werden kann, ist dabei zweitrangig.
Lesenswert dazu ein Artikel der Bundeszentrale für politische Bildung vom 13.10.2003. Darin die Meinung des deutschen Arztes Wolfgang Wodarg:
>>die Verwendung und Tötung eines Embryo bedeute nicht nur eine Verletzung der Würde des Embryos, sondern eine Verletzung der Menschenwürde. Zudem hätten diese Forschungen am Embryo auch schwerwiegende soziale Konsequenzen: Wie sähe eine Welt aus, in der Frauen zu bloßen kommerziellen Erzeugerinnen von Embryonen degradiert würden?
Leider fließe das Geld aus privaten Finanzquellen heute vor allem in die Embryonenforschung, da sich damit Arzneimittel entwickeln ließen, während die Forschung an adulten Stammzellen zu Methoden führen werde, die nicht so "rentabel" seien wie ein vermarktbares Produkt.<<
Quelle: Das Parlament vom 13.10.2003 Keine Forschung an Embryonen https://www.das-parlament.de/2003/42/Europa/011.html
Internet-Tipp: https://www.das-parlament.de/2003/42/Europa/011.html
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Marina
antwortete am 17.06.05 (18:59):
Barbara, deine Argumente fand ich sehr interessant, und sie bestätigen meine Vorbehalte. Ich würde allerdings nicht so weit gehen, die Vernichtung von Zellen als Mord zu bezeichnen, so wie ich auch eine Abtreibung nicht so bezeichnen würde, es sei denn, sie wird im Spätstadium vorgenommen, wenn der Embryo bereits lebensfähig ist. Ich sehe doch noch einen Unterschied in der Vernichtung von befruchteten Zellen oder Tötung von ausgereiftem menschlichen Leben. Aber Bedenken habe ich schon, vor allem im Hinblick auf den bereits jetzt florierenden Handel mit Embryonen, wie im Artikel der SZ erwähnt. Und man weiß ja aus Erfahrung, dass, wenn eine Tür geöffent ist, die Dämme schnell brechen und man den daraus folgenden Missbräuchen nicht mehr wehren kann. Und diese werden oder würden kommen, das ist sicher, wenn die Gesetze gelockert würden.
Ich wiederhole nochmal hier die Passage aus dem Artikel über die Missbräuche in Großbritannien:
"In Großbritannien gerieten im Frühjahr dieses Jahres Kliniken in Verdacht, Eizellen von mehreren tausend rumänischen Frauen gehandelt zu haben. Bis zu tausend Pfund soll den Frauen dafür bezahlt worden sein. Das rumänische Justizministerium schaltete daraufhin die Staatsanwaltschaft ein, die Ermittlungen aufgenommen hat."
Auch hier würden sicher zahlreiche Hartz-IV-abhängige Frauen gerne bei so einem Geschäft mitmachen, wenn sie könnten.
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Karl
antwortete am 17.06.05 (22:45):
Ich halte den Gebrauch des Begriffes Mord in dem Zusammenhang mit der Verwendung embryonaler Stammzellen für fatal. Man kann natürlich rein formal definieren, das menschliche Leben beginne mit der Befruchtung der Eizelle (und dabei - nebenbei bemerkt - die Spermien, die millionenfach um die Wette und ihr Leben schwimmen vom menschlichen Leben ausschließen), aber damit wird der Fakt nicht ausgeräumt, dass die menschliche Person mit der Befruchtung der Eizelle noch nicht existent ist, sondern sich über viele Stufen erst entwickelt. Selbst in fortgeschrittenen Stadien ist ein menschlicher Embryo noch nicht weiter als ein Fisch oder Salamander in vergleichbaren Entwicklungsstadien. Wir werden, wir sind nicht von Anfang an "wir", die Person entwickelt sich. Das haben einige Religionen, wie das Judentum, begriffen und setzen deshalb einen viel späteren Zeitpunkt als den Beginn menschlichen Lebens. Wenn wir mit dem Begriff des "potentiellen Lebens" hantieren wollen, welches verhindert würde, begeben wir uns auf sumpfiges Gelände. Dann müssen wir auch gegen jede Form der Verhütung sein und ich würde dann zu den unerlaubten Praktiken auch die Enthaltsamkeit zählen.
Internet-Tipp: https://www.seniorenstadt.de/pps/entwicklungsreihe.pps
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siegfried46
antwortete am 17.06.05 (23:29):
@ BarbaraH wir sollten bei diesem Thema doch ohne Polemik (Genosse der Bosse) diskutieren.
Ich halte es für voreilig den beteiligten Wissenschaftlern oder Industriebetrieben gleich Profitgier oder Geltungssucht zu unterstellen. Man sollte bei einer neuen Entwicklung nicht immer nur den möglichen Missbrauch befürchten und damit jeden Fortschritt abwürgen. Ich bin auch der Meinung, dass eine befruchtete Eizelle noch lange kein Mensch ist, erst recht noch kein Mensch mit Bewusstsein, mit Schmerzempfinden. Schmerzen, Empfindungen und Bewusstsein setzen Nervenzellen voraus. Es sollte zunächst einmal darum gehen, kranken Menschen zu helfen und dies ist für mich ein weitaus höherer ethischer Wert als der rein theoretische ethische Wert einer befruchteten Eizelle. Wer hier religiös oder ethisch argumentiert, sollte sich das Leid und das Elend dieser Kranken bewusst machen. Vielleicht ergibt sich in einigen Jahren ja auch die Möglichkeit auf jegliche Stammzellen-Forschung zu verzichten, wenn die Möglichkeit besteht mit technischem Organersatz oder medikamentösen Therapien die in Frage kommenden Krankheiten zu heilen. Aber ich bin sicher, dann stellen sich für Pessimisten neue Probleme (Cyborg, Abgrenzung zwischen Mensch und Maschine).
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Claude
antwortete am 17.06.05 (23:53):
siegfried46 und Karl, genau so sehe ich das mit der Ethik auch. Man sollte sich doch schwerkranken Menschen mehr verbunden fühlen als ein paar befruchteten Zellen auch wenn es menschliche sind. Gruß Claude
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BarbaraH
antwortete am 18.06.05 (00:10):
In ihrem Vortrag beim Kongress Medizin und Gewissen wies die frühere Gesundheitsministerin Andrea Fischer m.E. zu Recht darauf hin, dass in der Argumentation, dem Embryo würden in der Frühphase noch bestimmte Eigenschaften zum Menschsein fehlen, sodass seine Tötung zu akzeptieren sei, eine große Gefahr für weitere Personengruppen liege. So wird eine Mauer nach der anderen eingerissen, stets mit dem Argument, Kranken und Leidenden helfen zu wollen.
Andrea Fischer sagte: >>Mich haben die Versuche in der Debatte der vergangenen Monate wenig überzeugt, anhand verschiedener Kriterien dem Embryo in einem frühen Entwicklungsstadium einen minderen Status der Menschenwürde und damit auch der Schutzbedürftigkeit zuzugestehen. Zu offenkundig trat dahinter die Absicht hervor, die Nutzung dieses frühen menschlichen Lebens zu Zwecken, die nicht seinem eigenen Wohl dienen, moralisch zu exkulpieren. Die Schutzwürdigkeit eines Embryos an das Vorhanden- resp. Nicht-Vorhandensein von bestimmten Eigenschaften zu binden, hat meines Erachtens zurecht in der Öffentlichkeit scharfe Kritik hervorgerufen. Diese Kritik machte sich nicht zuletzt an der Sorge fest, ein einmal so eingeschlagener Weg könne auf lange Sicht dazu führen, dass mit Verweis auf Fähigkeiten, die noch nicht oder nicht mehr vorhanden sind, weiteren Personengruppen das Recht auf Lebensschutz abgesprochen wird.
Wer die Forschung an oder unter Verwendung von Embryonen will, muss sich dazu bekennen, dass er dafür menschliches Leben vernichten wird. Die Frage, ob das zulässig ist, wird gesellschaftlich verhandelt. Vollkommen fremd ist es unserer Moral und auch unserer Rechtsordnung nicht, zwei hohe Rechtsgüter gegeneinander abzuwägen, also auch Leben gegen Leben zu stellen. Für den Bereich der Embryonenforschung wird dies aber sehr schwer zu begründen sein. Denn es handelt sich definitiv um fremdnützige Forschung, die nicht im Interesse des Embryos liegt. Und ob ein allgemeines Heilsversprechen diesen Eingriff rechtfertigen mag, muss stark bezweifelt werden.<<
Quelle: Heilen und Helfen gegen Ethik und Moral - Politische Konflikte um die Fortpflanzungsmedizin
Vortrag beim Kongress Medizin und Gewissen am 25.5.2001 in Erlangen
Abschnitt: Verbrauchende Embryonenforschung https://www.andrea-fischer.de/2004/texte/vortrag_heidelberg.shtml
Internet-Tipp: https://www.andrea-fischer.de/2004/texte/vortrag_heidelberg.shtml
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Karl
antwortete am 18.06.05 (09:42):
Liebe Barbara,
es steht außer Frage, dass auch die befruchtete menschliche Eizelle menschliches Leben ist. Menschliches Leben sind aber auch Spermien und unbefruchtete Eizellen. Die Frage ist m. E. wann wir von einem Menschen sprechen wollen. Zugegeben ist diese Frage nicht einfach zu beantworten, da die Übergänge fließend sind, aber wie siegfried46 halte ich zumindest die Existenz eines Nervensystems für notwendig hierfür. Das wiederum ist nicht willkürlich, sondern ich sehe kaum wie anders verantwortungsvoll diskutiert werden kann. Wer einen Keim ohne Nervensystem gleichwertig gegenüber einem kranken Menschen sieht, läuft Gefahr die Wertemaßstäbe, die gelten sollten, aus den Augen zu verlieren und predigt eine in meinen Augen falsche und unmenschliche Ethik! Ich bitte dich deshalb, noch einmal zu überlegen.
Bitte schau doch einmal auf die PowerPoint-Datei im Internettipp (mit jedem Klick wird eine weiterentwickelte embryonale Stufe gezeigt). In der ersten Reihe wirst du dich schwer tun, Mensch, Fisch, Schildkröte und Vogel zu unterscheiden.
Internet-Tipp: https://www.seniorenstadt.de/pps/entwicklungsreihe.pps
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BarbaraH
antwortete am 18.06.05 (10:17):
Aber, Karl,
nur weil wir bei einem Embryo im Frühstadium (noch) nicht erkennen können, wozu ihn seine Erbanlagen mit der Zeit reifen lassen, können wir ihm doch nicht sein Recht auf Leben absprechen.... ihn zur Tötung freigeben.
In einem Artikel "Zeit-Fragen/Schweiz" vom 8.3.2004 ist zu lesen:
>>Gemäss dem sogenannten "Respektmodell" wird davon ausgegangen, dass einem Embryo keine vollständige Menschenwürde zugesprochen werden kann und er somit auch nicht vollständig schützenswürdig ist. Die Schutzwürdigkeit bzw. die Menschenwürde würde, gemäss diesem Modell, erst mit fortschreitender Embryonalentwicklung entstehen. Dem Embryo gebühre daher lediglich Respekt, eine Menschenwürde wird ihm aber nicht zugestanden. Dies hat zur Folge, dass es zulässig würde, eine Güterabwägung zu machen zwischen dem "Respekt" gegenüber dem Embryo im Reagenzglas auf der einen Seite und der Forschungsfreiheit und der Fürsorgepflicht für kranke Menschen, die vielleicht einmal von der Forschung profitieren könnten, auf der anderen Seite.
Der Staat begibt sich auf ein glattes Parkett, wenn er den Schutz der Menschenwürde mit einer solchen künstlichen Güterabwägung aufzulösen beginnt. Biologisch gesehen hat eine befruchtete Eizelle die vollständige Ausstattung dafür, ein Mensch zu werden. Die bei der Befruchtung zusammengeführte Erbsubstanz enthält die vollständige Information, sowohl für die Organ- als auch die Nerven- und Hirnentwicklung eines kleinen Menschen, der nach der Geburt zu einem Beziehungswesen heranreift. Dass ein Embryo in vitro nicht lebensfähig ist, ist kein Argument, ihn anders zu behandeln - auch Neugeborene sind ohne Fürsorge und Beziehung nicht lebensfähig und dennoch vollständige schützenswerte Menschen.<<
Quelle: Zeit-Fragen Nr. 9 vom 8.3.2004 Referendum gegen das geplante Stammzellenforschungs-Gesetz von Marion Feigl, Biologin, Zürich https://www.zeit-fragen.ch/ARCHIV/ZF_114c/T09.HTM
Internet-Tipp: https://www.zeit-fragen.ch/ARCHIV/ZF_114c/T09.HTM
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mart
antwortete am 18.06.05 (13:05):
Ein bißchen erinnert mich die Diskussion daran, als die katholische Kirche bestimmte, daß Leben eines Foetus sei wertvoller als das einer Mutter.
Bei Abwägung, wer von beiden überleben darf, wurde dem Embryo/dem Foetus Vorang eingeräumt.
Die heutige Ansicht der kath. Kirche zu diesem Thema kenne ich nicht; aber aufgrund dieser moralischen Wertung wurde das Leben vieler Mütter oft inklusive ihrer ungeborenen Kinder dem Tod übergeben - und das zu einer Zeit, als es keine effektiven Methoden der Schwangerschaftsverhütung gab.
Ich möchte auch noch anführen, daß der Islam (lt. etlichen dazu veröffentlichten Gutachten) die embryonale Stammzellforschung erlaubt.
Warum bestehen in europäischen/katholischen/evangelischen Ländern derartige Skrupel, Früheststadium von Embryos - maximal eine Woche alt -, in einem Entwicklungsstadium und in einem Alter, das sie knapp VOR dem Einnisten in der Gebärmutterstadium haben, zu verwenden?
Warum nicht dieselben Zweifel an der künstlichen Befruchtung äußern; an der Pille für danach (diese ist für schon eingenistete Keime tödlich); an der aus medizinischen Gründen erlaubten Abtreibung?
Eine noch zu haltenden Bastion der Kirchen, nachdem sie sonst überall im ethischen Bereich zurückgedrängt werden und ihre Kompetenzen angezweifelt werden? Könnte das eine Erklärung sein?
Vor nicht allzu langer Zeit wurde allerdings dem männlichen Embryo erst am 40. Tag, der weibliche Embryo am 80. Tag beseelt; lt. kirchlicher Lehre! Das war für die katholische Bewertung der Abtreibung und sogar für die weltliche Rechtsordnung bis in die Neuzeit hinein tragend. In der mittelalterlichen kirchlichen Rechtsordnung, dem Corpus Juris Canonici, hieß es: Der ist kein Mörder, der eine Abtreibung vornimmt, bevor die Seele dem Körper eingegossen ist. (Erst 1869 hat sich die katholische Amtskirche von dieser Ansicht verabschiedet.)
Bitte seht das nicht als ungerechtfertigte Vermengung verschiedener Themen an, die nichts miteinander zu tun haben. Sie sind sehr eng miteinander verbunden.
Internet-Tipp: https://www.evtheol.uni-bonn.de/sozethik/kress_menschenwuerde.html#abschnitt5
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Marina
antwortete am 18.06.05 (14:33):
Interessant, das ausgerechnet du, mart, auf den Islam verweist. Im allgemeinen habe ich bisher nur allergrößte Skepsis dieser Relgion gegenüber von dir gelesen, aber wenn es denn gerade mal passt . . . na ja, sei's drum. Ein bisschen zu einfach auch, die Skepsis gegenüber der Forschung an embryonalen Stammzellen mit "einer noch zu haltenden Bastion der Kirchen, nachdem sie sonst überall im ethischen Bereich zurückgedrängt werden und ihre Kompetenzen angezweifelt werden?" zu erklären. Diese Problematik wird vor allem auch von Philosophen diskutiert und ist in erster Linie eine ethische und nicht eine biologische Frage. Und da gibt es nun mal verschiedene Stimmen aus allen Bereichen, sogar auch von kritischen Biologen selbst, wie Barbara dargelegt hat. Im Zweifelsfall würde ich mich eher an ethische Bewertungen von Philosophen halten als an die von Biologen, die auch ihre Forschung, die damit verbundenen Gelder und nicht nur das Wohl der Menschheit im Auge haben, und z.B. Habermas hat da auch große Skepsis angemeldet. Es gibt natürlich auch Pro-Stimmen unter den Philosophen wie die von Nida-Rümelin. Letztlich muss jede/r selbst entscheiden, auf welche Seite er sich stellt.
Hier ein Ausschnitt aus einem Artikel, aus dem man die Stellungnahme von Habermas sowie andere philosohische Stellungnahmen entnehmen kann:
Einen Tag zuvor hatte sich Jürgen Habermas mit einem Vortrag in Marburg behutsam zu Wort gemeldet. Er warnte einerseits davor, bei gentechnischen Manipulationen gleich das Projekt der Menschenzüchtung zu wittern und andererseits, den Embryonen die absoluten Rechte einer Person zuzuerkennen. Gleichzeitig bekundete er seine "ethische Hemmung gegen PID" und seinen "Abscheu vor verbrauchender Embryonenforschung". Habermas näherte sich dem Thema, indem er die Frage stellte: Was würde es bedeuten, über menschliches Leben zum Zweck der Selektion oder der Forschungsfreiheit zu verfügen? Wenn man gentherapeutische Prävention bei Erbkrankheiten erlauben würde, stellte sich sofort die Frage, wie diese erlaubte von einer weiterhin zu verbietenden Eugenik genau abzugrenzen wäre - wir müssten in einem fliessenden Gebiet scharfe Trennlinien definieren, mithin zwischen einer Krankheitsbehandlung und einer Merkmalsbehandlung Grenzen ziehen. Die Folge, so Habermas, wäre eine grundlegende Veränderung des Selbstbewusstseins der Gesellschaft. Habermas entwickelte zwei Argumente gegen eugenische Manipulationen. Diese schränkten erstens den Freiheitsspielraum zur Gestaltung des eigenen Lebens des betroffenen Individuums ein und zweitens entstehe dadurch "ein Paternalismus eigener Art", der die prinzipiell egalitären Verhältnisse demokratischer Gesellschaften unterlaufe. Habermas schlug vor, den Embryo "unabhängig von irgendeiner ontologischen Überzeugung über den Anfang des personalen Lebens" als jemanden zu betrachten, der in der Diskursgesellschaft eine eigene Stimme hat: "Wir sollen ihn in Antizipation seiner Bestimmung wie eine zweite Person behandeln, die sich, wenn sie geboren würde, zu dieser Behandlung verhalten könnte".
Internet-Tipp: https://www.information-philosophie.de/philosophie/gentechnologie04.html
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BarbaraH
antwortete am 18.06.05 (17:51):
>>Bitte seht das nicht als ungerechtfertigte Vermengung verschiedener Themen an, die nichts miteinander zu tun haben. Sie sind sehr eng miteinander verbunden.<< (mart)
Doch, mart, das ist eine ungerechtfertigte Vermengung verschiedener Themen. Das Recht einer Frau auf Abtreibung hat nichts, aber auch gar nichts mit der Tötung von Embryonen zu Forschungszwecken zu tun. Die Problematik zum Recht auf Abtreibung wurde hier bereits ausführlich diskutiert. Es steht Dir jedoch frei, dieses Thema erneut zur Diskussion zu stellen.
Danke, Marina, für den Text von Habermas. Es ist eine gefährlich schiefe Ebene, auf die sich eine Gesellschaft begibt mit der Argumentation, wehrloses beginnendes Leben dürfe getötet werden, damit bisher unheilbar Kranken evtl. geholfen werden könnte.
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siegfried46
antwortete am 18.06.05 (19:55):
hier ein interessanter Link zur Stammzellen-Forschung (innovations-report)vom 15.6.2005
Internet-Tipp: https://www.innovations-report.de/html/berichte/studien/bericht-45390.html
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Marina
antwortete am 18.06.05 (21:21):
Zu marts Bemerkung zu der "Vermengung verschiedener Themen, die ... sehr eng miteinander verbunden" sind, habe ich noch ein interessantes Argument gefunden. Diese Stellungnahme von Priv.-Doz. Dr. med. Santiago Ewig ist bei der Zeitschrift für medizinische Ethik zum Druck angenommen worden und in der 4. Quartalsnummer 2001 erschienen:
Hier ein Auszug von seinem Artikel im Netz:
"Abtreibung Das Abtreibungsrecht hat einen unabweisbaren Konflikt zu regeln, nämlich den zwischen der Selbstbestimmung der Mutter und dem Lebensrecht des Kindes. Das Verfassungsgericht hat keinen Zweifel daran gelassen, daß Abtreibung Unrecht ist. Es ist aber der Überzeugung der Mehrheit des Bundestages gefolgt, daß das Strafrecht nicht geeignet ist, das Leben des Kindes gegen den Willen der Mutter durchzusetzen. Insofern ist Abtreibung rechtswidrig, aber (nach einer stattgehabten Pflichtberatung) straffrei. Dieser Auffassung mag man aus mancherlei Gründen nicht folgen.8 Unabhängig davon folgt aber aus der aktuellen Rechtssprechung jedenfalls nicht, daß die Unverfügbarkeit der Menschenwürde des Embryos aufgegeben wurde. Es ist demnach abwegig, die humane embryonale Stamzellforschung mit dem Hinweis zu rechtfertigen, mit dem Abtreibungsrecht sei die allgemeine Akzeptanz der Gesellschaft eines minderen Status des Embryos bereits vollzogen worden."
Internet-Tipp: https://cloning.ch/cloning/doku/doku_ewig.html
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BarbaraH
antwortete am 18.06.05 (23:37):
In der morgigen Ausgabe der WELT am SONNTAG kritisiert der Arzt und Theologe Manfred Lütz in seinem Artikel "Gesundheit als Religion" eine "Ethik des Heilens", die jeden moralischen Diskurs über den medizinischen Fortschritt beendet:
>>Gesundheit ist heutzutage ein großer Wirtschaftsfaktor mit krisenfesten Zuwachsraten. Das hat mit einem revolutionären Wandel im Wertegefüge der westlichen Gesellschaften zu tun. Das religiöse Vakuum ist mehr und mehr von der "Gesundheit" ausgefüllt worden. (.....) Das ganze Treiben (gemeint sind Aktivitäten in Richtung "Gesundheitswahn" - B.H.) ist eine ins Gigantische gesteigerte Realsatire. Aber niemand lacht. Das Auswandern der Religiosität in den Gesundheitsbereich hat das Menschenbild unserer Gesellschaften zutiefst verändert, und das hat verheerende Folgen. Denn die Gesundheitsreligion hat inzwischen ihren eigenen Fundamentalismus entwickelt - die sogenannte "Ethik des Heilens". Die "Ethik des Heilens" ist das Ende der Ethik. Die Ethik war einmal der argumentative, kontroverse, philosophische Diskurs über Moral. Sobald aber heute jemand "Ethik des Heilens" sagt, ist Ende der Debatte, dann wird es sakral: Wollen Sie etwa einem mukoviszidosekranken Kind erklären, aus welchen absurden ethischen Gründen Sie ihm nicht helfen wollen, sagte sinngemäß der frühere Bundespräsident Roman Herzog. Wer als Grund nennt, daß man keinen Menschen am Beginn seiner Existenz opfern darf, um einen anderen Menschen zu heilen, der gilt als zynisch. (...) Wer die wissenschaftlichen Befunde kennt, kann wissen, daß kaum ein Wissenschaftler auf den Gedanken kommen würde, daß nach der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle kein unverwechselbarer Mensch entstanden sei - wenn nicht machtvolle Interessen im Spiele wären. Zum einen die Interessen der Abtreibungsbefürworter, das Entsetzliche einer Abtreibung wegzudefinieren, und neuerdings das Interesse von Wissenschaftlern und Unternehmen, an die Produkte verschiedener Notlagen heranzukommen, ohne so etwas Mensch nennen zu müssen. (...) Die Kirchen sind einmütig gegen die Nutzung embryonaler Stammzellen. Fortschritt, den der Kanzler fordert, Fortschritt, der über die Würde des Menschen hinwegschreitet, mag Evolution sein, ein menschlicher Fortschritt ist er nicht mehr.<<
Quelle: WELT am SONNTAG vom 19.06.05 Gesundheit als Religion von Manfred Lütz https://wams.de/data/2005/06/19/734018.html https://wams.de/data/2005/06/19/734018.html?s=2
Internet-Tipp: https://wams.de/data/2005/06/19/734018.html
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Karl
antwortete am 19.06.05 (12:18):
Liebe Barbara und alle anderen,
zunächst danke ich für die doch weitgehend sachliche Diskussion. Barbara, im Gegensatz zu dir bin ich sehr wohl der Ansicht, dass die Biologie bzw. die Naturwissenschaften als Ganzes ein sehr gewichtiges Wort bei der Debatte mitzureden haben. Die Philosophen werden nicht umhin kommen, die Erkenntnisse der Wissenschaft aufzugreifen.
Ich behaupte, dass erst durch die neueren Erkenntnisse der Naturwissenschaften, insbesondere seit Norbert Wiener und dem Aufkommen der Kybernetik Mitte des letzten Jahrhunderts die Voraussetzungen überhaupt erst entstanden sind, um zu verstehen, was "Menschsein" inklusive Bewußtsein, Selbstbewußtsein, Seele etc. ist. Das hat nämlich sehr viel mit Systemeigenschaften zu tun, die im Keim eben noch nicht enthalten sind und die erst als Systemeigenschaft bei entsprechendem Entwicklungszustand erscheinen.
Der Standpunkt der christlichen Kirchen ist mehr als archaisch, er ist primitiv im Sinne von "ursprünglich" und "vorwissenschaftlich". Das jedoch ist meine persönliche Meinung und bitte euch nur, mir sie zu lassen. Ich kann sicherlich nicht alle überzeugen. Dass diese Meinung noch nicht Allgemeingut ist, macht sie nicht falsch. Manchmal brauchen Erkenntnisse Jahrhunderte, um sich wirklich durchzusetzen, abweichende Denkweisen wurden immerhin fast 2000 Jahre lang mit dem Tode bedroht, weshalb wir uns nicht wundern sollten, wenn sich die alten Vorstellungen hartnäckig zeigen, sie sind in unsere Kultur eingebrannt.
Grundlage meiner Meinung ist die Aussage: 'Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile':
Internet-Tipp: https://www.vordenker.de/gerald/sysansatz.html
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Karl
antwortete am 19.06.05 (12:33):
Ich möchte noch eines hinzufügen. Ich möchte keinesfalls die Diskussion auf eine abstrakte, wissenschaftliche Ebene erheben. Es ärgert mich, wenn leute wie Manfred Lütz so dumme Sätze schreiben wie
"Wer die wissenschaftlichen Befunde kennt, kann wissen, daß kaum ein Wissenschaftler auf den Gedanken kommen würde, daß nach der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle kein unverwechselbarer Mensch entstanden sei - wenn nicht machtvolle Interessen im Spiele wären."
Einerseits outet sich Herr Lütz hier als jemand, der die Erkenntnisse der Wissenschaft nicht versteht, zum anderen diffamiert er im gleichen Atemzug Andersdenkende als "machtvollen Interessen" folgend.
Ich bin davon zutiefst überzeugt, dass menschliches Verhalten ein wirkliches Verständnis davon voraussetzt, was Menschsein bedeutet. Eine katholische Kirche, die die Mutter dem Fötus geopfert hat, hat sich unmenschlich verhalten, weil sie ein archaisches und falsches Menschenbild hat. Auch heute bedrohen uns die Fundamentalisten, auch wenn sie uns zu retten vorgeben wollen. Menschlich werden wir nur sein, wenn wir uns den Erkenntnissen der Wissenschaft öffnen. Das Verharrungsvermögen der Unwissenheit ist das Übel.
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BarbaraH
antwortete am 19.06.05 (15:38):
Vor Leuten, die soetwas sagen, graust mir, Karl:
>>Die tayloristische Betrachtungsweise vom Maschinensystem erfährt allerdings durch die Aussage Taylors "In the past the man has been first; in the future the system must be first" (Taylor 1919, S. 65) eine einschneidene Neuerung.<<
Kein noch so fähiger Naturwissenschaftler wird selbst mit dem größten wissenschaftlichen Aufwand je klären können, ob beginnendes menschliches Leben zu Forschungszwecken getötet werden darf. Welchen Unterschied macht es, WANN im Embryo das Nervensystem, das Bewusstsein, Selbstbewusstsein etc. reift? Wenn niemand eingreift, wenn niemand diesen Embryo tötet, wird er es erlangen. Nur das zählt.
Quelle des Zitats: aus Karls Link von 12.18Uhr
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Karl
antwortete am 19.06.05 (17:26):
Liebe Barbara,
"Welchen Unterschied macht es, WANN im Embryo das Nervensystem, das Bewusstsein, Selbstbewusstsein etc. reift?"
Den entscheidenten Unterschied in meinen Augen. Was ist denn der Mensch?
"Wenn niemand eingreift, wenn niemand diesen Embryo tötet, wird er es erlangen. Nur das zählt. "
Ich habe bei dieser deiner Aussage ein ungutes Gefühl und bin weiterhin der Meinung, nein, eine unbewußte Morula zählt nicht soviel wie ein bewußter Mensch. Ich würde die Mutter nicht dem Embryo opfern.
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BarbaraH
antwortete am 19.06.05 (20:51):
>>Ich würde die Mutter nicht dem Embryo opfern.<<
Wo habe ich das geschrieben, Karl? In diesem Thread geht es um die Tötung von Embryos zum Zwecke der Forschung und nicht um die Problematik von Abtreibung.
Zur Abtreibung stimmt meine Meinung mit unserer gesetzlichen Regelung überein, die Marina hier bereits gepostet hat:
>>Das Abtreibungsrecht hat einen unabweisbaren Konflikt zu regeln, nämlich den zwischen der Selbstbestimmung der Mutter und dem Lebensrecht des Kindes. Das Verfassungsgericht hat keinen Zweifel daran gelassen, daß Abtreibung Unrecht ist. Es ist aber der Überzeugung der Mehrheit des Bundestages gefolgt, daß das Strafrecht nicht geeignet ist, das Leben des Kindes gegen den Willen der Mutter durchzusetzen. Insofern ist Abtreibung rechtswidrig, aber (nach einer stattgehabten Pflichtberatung) straffrei.<<
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mart
antwortete am 19.06.05 (21:39):
Doch ein etwas zwiespältiges Verhältnis zur Abtreibungsfrage, oder nicht - und hier handelt es sich um eingenistete Embryonen und nicht um die noch im Eileiter herunterwandernde befruchtete Eizelle.
Aus der befruchteten Eizelle entwickeln sich beim Abwärtswandern im Eileiter der Morulakeim; dieser enthält in seinen wenigen Zellen die totipotenten Stammzellen - und erst in einem späteren Entwicklungsstadium findet die Einnistung in der Gebärmutterschleimhaut statt.
Da ca. 1 Mill. Frauen in Deutschland Intrauterinpessare zur Schwangerschaftsverhütung verwenden, begehen diese also offensichtlich nach eurer Meinung Monat für Monat vielfältige Morde.
Und für alle die befruchteten Eizellen, die sich im Laufe des Lebens einer Frau aus versch. Gründen nicht in die Schleimhaut einnisten können (ein Vielfaches der Zahl an tatsächlich eingenisteten), werden wohl auch "Begräbnisse", da offensichtlich hier Menschen gestorben sind, veranstaltet:-)Das ist keine zynische Bemerkung, sondern nur folgerichtig gedacht!
Da finde ich eine Position, die sowohl diese Pessare als auch jede Abtreibung als Mord bzw. Mordversuch verurteilt, logischer und ehrlicher.
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Marina
antwortete am 19.06.05 (23:36):
Sorry, aber ich habe aus den Augen verloren, worum es hier geht. Um Forschung an Stammzellen? Um das Leben der Mutter? Um Abtreibung? Hier wird alles miteinander vermischt, dieser Gemischtwarenladen wird mir zu kompliziert. Von mir aus macht weiter, ich klinke mich hiermit aus.
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Marina
antwortete am 19.06.05 (23:56):
Ach so so, einen Punkt habe ich vergessen, Verhütung war ja auch noch dabei. Oder ging es um Verhütung? Wie dem auch sei, gute Nacht.
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angelottchen
antwortete am 20.06.05 (07:36):
Tja das scheinbare Durcheinander kam wohl durch die vehementen Gegner der Stammzellenforschung auf...
Karl, vielen Dank für Deine klare Darstellung der Fakten. Ich bin ganz Deiner Meinung und kann nicht nachvollziehen, wie einige einerseits für das Recht auf Abtreibung sind aber Stammzellenforschung ablehnen? Irgendwie ist das scheinheilig.
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Claude
antwortete am 20.06.05 (07:49):
Karl sagt: eine unbewußte Morula zählt nicht soviel wie ein bewußter Mensch. Ich würde die Mutter nicht dem Embryo opfern.
Angelottchen sagt:kann nicht nachvollziehen, wie einige einerseits für das Recht auf Abtreibung sind aber Stammzellenforschung ablehnen? Irgendwie ist das scheinheilig.
Genau das ist auch meine Meinung, scheinheilig ist stark untertrieben, aber die Höflichkeit verbietet mir anders darauf zu antworten.Würde sonst wohl auch im Forum gesperrt.
Freundliche Gruß Claude
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Karl
antwortete am 20.06.05 (07:54):
Liebe Barbara,
mein Satz "ich würde die Mutter nicht dem Embryo opfern" bezog sich auf deinen Satz: "Nur das zählt. (der potentielle Mensch = Mensch)". Ich jedoch meine, dass ein potentieller Mensch weniger zählen sollte als ein bereits bewusster Mensch. Hätte z. B. die katholische Kirche nicht solch ein verqueres Menschenbild wären niemals die Mütter als minderwertig gegenüber ihren Embryonen angesehen worden.
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BarbaraH
antwortete am 20.06.05 (09:37):
@ Karl
>>Kein noch so fähiger Naturwissenschaftler wird selbst mit dem größten wissenschaftlichen Aufwand je klären können, ob beginnendes menschliches Leben zu Forschungszwecken getötet werden darf. Welchen Unterschied macht es, WANN im Embryo das Nervensystem, das Bewusstsein, Selbstbewusstsein etc. reift? Wenn niemand eingreift, wenn niemand diesen Embryo tötet, wird er es erlangen. Nur das zählt.<<
Wie kannst Du nun aus meinem Satz "Nur das zählt" folgern, ich würde "die Mutter dem Embryo opfern" wollen? Nein, das ist mir einfach zu verquer.
Abtreibung ist ein ganz anderes Thema. Dabei geht es um die Not von Frauen, die durch ein Verbot in die Hände von Kurfuschern getrieben werden würden. Das gab es bei uns über Jahrhunderte, und in vielen Ländern der Welt zahlen Frauen diesen Gang noch heute mit ihrem Leben.... und dem des Embryos. Um nicht in diese Zeiten zurück zu fallen, hat der Gesetzgeber eine Abtreibung als Unrecht definiert, sagt der Frau jedoch unter bestimmten Umständen Straffreiheit zu. Und das ist auch gut so.
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angelottchen
antwortete am 20.06.05 (09:54):
Komisch, deine Rechtfertigungen, BarbaraH ... Wie würdest Du denn urteilen, wenn Embryone eben dieser "in Not geratenen" Frauen zur Stammzellenforschung genutzt werden?
Im übrigen muss keine einzige Frau in D mehr schwanger werden, von den Vergewaltigungen mal abgesehen - die Mehrzahl der abtreibenden Frauen hätten auch verhüten können!
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Marina
antwortete am 20.06.05 (12:28):
Was für eine überzeugende Logik. Fakt ist, dass ungewünschte Schwangerschaften weiter existieren, ob es denn nun sein muss oder nicht. Und weil die Frauen "hätten verhüten können", muss man ihnen nicht helfen? Und was für eine Logik, Forschungen an embryonalen Stammzellen, einhergehend mit Klonen und Handel von befruchteten Eizellen, mit Abtreibungen auf eine Stufe zu stellen. Karl selber schrieb noch am 16.06.05 (09:19)an Lissi:
"das Thema Stammzellen hat mit deinem Thema, der Abtreibung später Embryonen, nichts zu tun."
Jetzt auf einmal doch? Das soll eine(r) verstehen!
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angelottchen
antwortete am 20.06.05 (13:02):
..ich habe nur BarbaraHs Logik aufgegriffen und Du siehst selbst, wie unsinning sie ist ..
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Marina
antwortete am 20.06.05 (14:17):
Das sehe ich allerdings anders. Barbara ist nicht diejenige, die den Gemischtwarenladen eröffnet hat. Sie hat sehr wohl Trenungen vorgenommen und diese in ihrer Berechtigung auch erläutert. Diese Vermischung aller Ebenen hier ist keine Grundlage für eine weitere Diskussion. Und Leute gleich als scheinheilig zu diffamieren, die sich sehr wohl ihre Argumente mit Hilfe von ethischen Konzeptionen von Philosophen überlegt haben (und diese Problematik ist für mich in erster Linie eine philosophische, nicht eine naturwissenschaftliche, da es hier nicht um materielle Handelsobjekte der Forschung und Pharmaindustrie allein, sondern um potentielles menschliches Leben geht), ist desgleichen keine Grundlage.
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Lissi
antwortete am 20.06.05 (17:24):
Nachdem wir ja in einem sogenannten christlichen Abendland leben, könnten wir doch mal die Frage zulassen:wie würde Christus handeln in der Frage der Stammzellenforschung ?? Da käme in manchem von uns eine etwas andere Antwort ins Bewußtsein, vermute ich mal.
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Karl
antwortete am 20.06.05 (17:48):
Der grundlegende Konflikt, der diesen Diskussionen zugrunde liegt, ist meiner Meinung nach die äußerst schwierige Frage, wie die unterschiedlichen Entwicklungsstadien des Menschen zu bewerten sind. Alle Entwicklungsstadien sind notwendig, um das Überleben der Menschen zu garantieren, aber sind sie deshalb auch alle als gleichwertig zu behandeln?
Die einheitliche Meinung über alle religiösen und weltanschaulichen Grenzen hinweg ist klar. Die unterschiedlichen Entwicklungsstadien sind nicht (!) gleichwertig. Die haploiden Stadien Spermien und Eizellen werden nicht gleich "Mensch" gesetzt. Die Diskrepanzen und die unterschiedlichen Meinungen beginnen bei den diploiden Entwicklungsstadien, also ab der Befruchtung.
Ist der Mensch entstanden, sobald die Befruchtung vollzogen ist oder entsteht der Mensch während des nachfolgenden Entwicklungsprozesses?
Die einen sagen, egal. Die befruchtete Eizelle hat die Potenz sich zu einem Menschen zu entwickeln, also wird sie bereits als solcher behandelt. Ein potentieller Mensch ist soviel Wert wie ein geborener Mensch. Es gibt hierfür durchaus Argumente. Z. B. ist es schwierig die Grenzziehung zu machen. Ab wann wollen wir von einem Menschen sprechen? Solch eine Grenzziehung muss immer willkürlich erscheinen.
Die anderen sagen, halt. Wir dürfen uns nicht deshalb vor differenzierender Bewertung drücken, weil die Grenzziehung schwierig ist. Obwohl die Grenzziehung schwierig ist, ist der Unterschied zwischen z. B. einer noch nicht eingenisteten Morula und einem erkrankten geborenen Menschen ohne Frage vorhanden. Eine gleichsetzende Wertung kann letzterem gegenüber unbarmherzig und ethisch unhaltbar sein.
Meine persönliche Meinung, die ich niemandem aufdrängen will, ist eindeutig. Für mich ist eine menschliche Morula zwar natürlich mit molekularbiologischen Methoden von einer Hasenmorula zu unterscheiden, aber die menschlichen Eigenschaften entstehen als Systemeigenschaften erst im Laufe der Entwicklung. Sie entwickeln sich. Es gibt deshalb sehr wohl wesentliche Unterschiede von Stufe zu Stufe, die bei der Güterabwägung berücksichtigt werden müssen. Werden Fakten nicht berücksichtigt und wird die Wahrheit durch Ideologen unterdrückt, kann keine gute Ethik resultieren. Ethik muss auf Fakten aufbauen und darf die Wahrheit nicht negieren.
Internet-Tipp: https://www.seniorenstadt.de/pps/entwicklungsreihe.pps
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Claude
antwortete am 20.06.05 (18:49):
Ethik muss auf Fakten aufbauen und darf die Wahrheit nicht negieren. Genau das ist es !!!!!!!!!!!!!
Wie würde Christus handeln Lissi, sage es mir !! Freundlicher Gruß Claude
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schorsch
antwortete am 20.06.05 (19:16):
Tja, hätte schon die Jungfrau Maria die Pille gekannt.......
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angelottchen
antwortete am 20.06.05 (19:40):
es ist immer schwer, so ein Thema zu diskutieren, wenn man kein fundiertes Hintergrundwissen hat und wenn man nur zitieren kann, was andere zum Thema zu sagen hat, dann bringt uns das auch nicht sehr weit. Persönlich weiss ich auch nur sehr, sehr wenig zum Thema und beschäftige mich erst damit, seit es in meinem nächsten Freundeskreis ein Kind mit Fanconi Anämie gibt. Liest man nun das viele Für un Wider, besonders die Diskussionen von Leuten, eben Laien sind, dann habe ich doch den Eindruck, dass das Thema sehr mit Vorurteilen beladen ist und wenig auf wirklichem Wissen fundiert. Anbei ein Link - ich bitte Karl noch einaml zu prüfen, ob das Thema dort kurz und knapp richtig erklärt wird. Ethisch und moralisch kann die Frage sicher nicht eindeutig beantwortet werden - wissenschaftlich nur mit einem klaren JA. Auch Leonardo DaVinci wurde ethisch und moralisch verurteilt, weil er Leichen sezierte, forschte und das Innere des Menschen zeichnerisch darstellte und man hätte ihn dafür am liebsten auf dem Scheiterhaufen gesehen. Der Wissenschaft und der folgenden Medizin hat er unschätzbare Dienste geleistet. Bei anderen Fortschritten in der Medizin war es nicht anders und wenn wir nicht forchen, werden wir das Leben und wie es funktioniert, nicht begfreifen. So lange man selber nicht betroffen ist, lässt es sich leicht kritisieren, aber ob die gleichen Kritiker auch so den Finger erheben würden, wenn es sie selbst oder ihre Kinder oder Enkel betrifft?
Internet-Tipp: https://www.gruenemuenchen.de/startseiten/Themen/%D6kologie/Sabine_Krieger/embryo.html
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Ursula
antwortete am 21.06.05 (13:18):
Unabhängig von ethischen Bedenken, die auch nach meiner Ansicht gegen eine Lockerung des Embryonenschutzgesetzes sprechen, kann ich nicht erkennen, welcher tatsächliche Nutzen (versprochen wird viel!) von der Forschung mit embryonalen Stammzellen zu erwarten ist, der nicht auch mit adulten Stammzellen erreicht werden kann!?
@Angelottchen, bei einer Fanconi-Anämie kommen seit langem adulte (!) Stammzellen zum Einsatz (allogene Stammzelltransplantation), um die defekte Blutbildung des Knochenmarkes zu behandeln. Was erwartest Du hier von embryonalen Stammzellen? Nach meiner Ansicht sollte die ethisch unbedenkliche und seit vielen Jahren erprobte Forschung mit adulten Stammzellen intensiviert werden. Das hier schlummernde Potential ist noch längst nicht ausgeschöpft ...
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Marina
antwortete am 21.06.05 (14:57):
Ich mchte noch einmal auf den interessanten Artikel von Etzioni verweisen, der alle Aspekte berücksichtigt, die ethischen sowie auch die biologischen. Bezüglich deines Arguments, Ursula, habe ich ja schon weiter oben auf die Aussage darüber im SZ-Arikel hingewiesen: Therapeutisches Klonen im industriellen Stil wird es nicht geben , meint Liese. Ein Grund dafür sieht der Mediziner auch in den schon jetzt recht beträchtlichen Erfolgen der Forschung mit Stammzellen von Erwachsenen. In Sussex, so berichtet Liese, habe man blinde Patienten mit Hilfe dieser adulten Stammzellen das Augenlicht wiedergegeben.
Hier ein Auszug aus dem o.g. Artikel von Etzioni, von dem ich empfehle, auch mal die ethischen Argumente genauer zu lesen.
VI. Ist die humane embryonale Stammzellforschung alternativlos? Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat in der Begründung ihrer Kehrtwende von der initialen Ablehnung zur Befürwortung der Forschung an humanen embryonalen Stammzellen mit dem Stand und der Potentilität dieser Forschung argumentiert. Diese Aussage ist fundamental inkonsistent: entweder es liegen juristische und ethische Gründe vor, die die humane embryonale Stammzellforschung unmöglich machen, dann ändern sich diese Gründe auch nicht durch neue Forschungsergebnisse; oder diese Gründe waren gar nicht stichhaltig, dann hat die DFG möglicherweise lange Zeit wissenschaftspolitisch die falschen Weichen gestellt. Die bisherige Betrachtung kann nur in die Erkenntnis münden, daß die humane embryonale Stammzellforschung ethisch nicht zulässig sein kann, und zwar unabhängig von ihren Erfolgsaussichten. Dennoch sollte die Frage gestellt werden, welches denn die naturwissenschaftlichen Grundlagen sind, auf denen die Notwendigkeit eines ethisch fragwürdigen Vorgehens gründen soll. In diesem Zusammenhang sind gleich mehrere Anfragen erforderlich: - wie kann es sein, daß bereits humane embyronale Stammzellen zum Einsatz kommen sollen, obwohl das vorhergehende Tierexperiment der Re-Myelinisierung von Nervenzellen durch embryonale Stammzellen nur morphologisch und nicht funktionell durchgeführt wurde, somit die vorbereitenden Experimente nur unvollkommen durchgeführt sind? - ist es angesichts der großen Lücken sowohl in der theoretischen Kenntnis der zellulären Kommunikation als auch der begrenzten Kenntnisse aus praktisch-experimentellen Vorarbeiten vertretbar, bereits die klinische Erprobung der humanen embyronalen Stammzelltherapie zu initiieren? Weisen erste Erfahrungen mit Zellersatz bei Parkinson-Erkrankten nicht deutlich darauf hin, daß hier unkalkulierbare Risiken für die Betroffenen eingegangen werden? - was ist der Grund dafür, daß humane embyronale Stammzellen gegenüber adulten Stammzellen favorisiert werden, wo doch nur mit ersteren das Problem der immunologischen Abstoßung verbunden sein wird? - warum wird nicht offen gesagt, daß sich das Problem der Abstoßung nach jetzigem Wissen nur durch das therapeutische Klonen wird lösen lassen - der Herstellung eines Embryos durch Zellkerntransfer allein zum Zwecke der Zellspendung? - was ist die Grundlage für die Behauptung der Einzigartigkeit von embryonalen Stammzellen, wo doch in rasantem Tempo nahezu täglich neue Erkenntnisse über die Potentialität von Stammzellen anfallen - bis hin zu der begründeten Infragestellung des Konzepts der Stammzelle als Entität? - warum wird behauptet, daß sich adulte Stammzellen nicht in ausreichender Zahl gewinnen bzw. nur mühsam anzüchten lassen, wo doch nach Meinung einiger Wissenschaftler nicht wenig dafür spricht, daß dies lediglich durch eine Forschungslücke und nicht durch qualitative Unterschiede bedingt sein könnte? Diese Anfragen machen deutlich, daß der naturwissenschaftliche Boden, auf dem sich die humane embryonale Forschung bewegt, nicht sehr solide ist.
Link-Tipp untenstehend.
Internet-Tipp: https://cloning.ch/cloning/doku/doku_ewig.html
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Marina
antwortete am 21.06.05 (15:15):
Ich stelle doch noch Auszüge aus der ethischen Bewertung von Etzioni ein, weil sie für mich überzeugend sind:
III. Ethische Bewertung der Forschung an humanen embryonalen Stammzellen Die Befürworter eines abgestuften Schutzkonzepts der Menschenwürde müssen Entwicklungsstufen des menschlichen Lebens behaupten, denen der volle Wert und somit die volle Schutzwürdigkeit noch nicht zukommt. Dies ist nur auf der Basis von Wertungen über das organische Leben möglich, das in irgendeiner Form noch keine ausreichende Potentialität oder Realisierung seelischen Lebens errreicht hat. Hier bricht demnach ein Leib-Seele Dualismus in cartesanischer Tradition auf. In der Regel sind es die Voraussetzungen der individuellen Autonomie oder diese selbst, die als entscheidendes Kriterium des Menschlichen herausgestellt werden. Bereits an dieser Stelle wird deutlich, daß diese Definitionen des Menschlichen zwingend auch entsprechende Wertungen des geborenen Lebens einschließt. Diesen Konzepten muß die grundlegende Einsicht entgegengehalten werden, daß der Begriff der Würde, die jedem Menschen zukommt, keinen Prädikat-, sondern einen Subjektausdruck beinhaltet. Der Mensch hat nicht die Eigenschaft einer Person, sondern er ist Person. Jede Uminterpretation des Personenbegriffs bzw. des Begriffs der Menschenwürde in einen Prädikatausdruck durch eine Kriteriologie, die beschreibt, was den Menschen ausmacht, bedeutet die Aufgabe des Prinzips der Unverfügbarkeit des menschlichen Lebens. In diesem Sinne garantiert das Grundgesetz in Artikel 1 die Menschenwürde. Diese ist unantastbar. In Artikel 2 wird das Recht auf Leben und seinen Schutz garantiert und somit Artikel 1 konkretisiert. [. . .] Demnach genießt der Embryo uneingeschränkte Menschenwürde. Eine Verfügbarmachung des Embryos als Forschungsobjekt kann nicht in Frage kommen. Wenn aber ein Ziel nur durch unethische Mittel zu erreichen ist, darf es nicht angestrebt werden. Nun wird in der Diskussion um die Berechtigung der Forschung an humanen embryonalen Stammzellen, die häufig von Naturwissenschaftlern und nicht von Philosophen geführt wird, das Konzept der abgestuften Schutzwürdigkeit in seiner pragmatischsten Form ins Feld geführt. Bevorzugt werden für die Schutzwürdigkeit des Embryos Grenzen von einigen Tagen genannt, da diese den Vorzug haben, daß sie 1) die Schwierigkeiten in der Begründung anderer substantieller Kriterien vermeiden und 2) implizit eine Limitation der Legitimität des Zugriffs auf Embyronen suggerieren. Es ist jedoch sehr deutlich, daß es sich nicht um normativ gut begründete Grenzen handelt, sondern um willkürlich gesetzte und vage strategische Marken, die je nach Opportunität auch verschoben werden können. In diesem Zusammenhang ist es bezeichnend, daß die Menschenrechtskonvention des Europarats keine zeitliche Grenze mehr für Forschungen an Embryonen nennt5; solche Grenzen würden die Keimbahntherapie substantiell behindern. [ . . . ] In diesem Zusammenhang erscheint es ethisch bedenklich, in einem so unabsehbaren Stadium der Forschung bereits Heilungsversprechen auszusprechen und somit bei Betroffenen Hoffnungen zu wecken, für die die Grundlagenforscher gar nicht aufrichtig einstehen können. Ganz und gar unverantwortlich ist die Praxis, Betroffene mit Heilungsaussichten aktiv zu mobilisieren und im Sinne von "pressure groups" politisch zu instrumentalisieren. Diese letztere Praxis war in Großbritannien Grundlage für die äußerst bedenklichen gesetzgeberischen Entscheidungen auf dem Gebiet der Biotechnologie (humane Stammzellforschung sowie therapeutisches Klonen) und ist jüngst wieder in den USA im Zusammenhang mit der Entscheidung des Präsidenten über die öffentliche Vergabe von Fördermitteln an Projekte der humanen embryonalen Stammzellforschung zu beobachten.
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Karl
antwortete am 21.06.05 (20:47):
Also, ohne dich kränken zu wollen, Marina, ich halte die Aussagen von Herrn Etzioni für völligen Blödsinn. Wenn er behauptet "Hier bricht demnach ein Leib-Seele Dualismus in cartesanischer Tradition auf" so ist das absurd. Er hat einfach nicht verstanden, was Systemeigenschaften sind.
Wenn er zudem seinen Gegnern vorwirft, ihr Standpunkt sei "nur auf der Basis von Wertungen über das organische Leben möglich", frage ich mich, was er tut, wenn er wider jede Vernunft postuliert, dem Embryo (und er meint ja schon die befruchtete Eizelle) käme die gleiche Menschenwürde zu wie einem denkenden Menschen. Ich halte die Sicht, dass schon die befruchtete Eizelle eine Person sei, für absurd.
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Lissi
antwortete am 21.06.05 (22:38):
Ich versteh unter einer befruchteten Eizelle schon, dass Leben darin ist.Tote Masse befruchten,wie soll das gehen! Ich sehe es so, eines Tages müssen wir Menschen einsehen, daß es ausser irdischen Gesetzen noch die kosmischen Gesetze gibt,vor denen der Mensch alle seine Aktivitäten verantworten muss.Manche Menschen nennen dies -die Buchhaltung Gottes- , der jeder einmal gegenüber steht. Wir sprechen immer davon -Leben zu erhalten-, doch wer weiss denn schon, wann die Lebensuhr jedes Einzelnen abläuft. Das Horoskop eines Menschen zeigt eine ungefähre Verlaufsgeschichte ab,ebenso eine ungefähre Lebensspanne. Es tut direkt weh, wie wir Menschen uns an dieses Leben klammern im Äußeren, an intellektuelle Forschungen, und setzen alle Hoffnung darin, zu überleben, obwohl jeder Mensch immer wieder erlebt,hier ist es ein ständiges Kommen und Gehen. Die Forscher müssen immer wieder zugeben,dass sie an Grenzen stossen, wo sie nicht mehr weiter wissen.Aber wir klammern uns an diese Leute! Warum klammern wir uns nicht an die Intelligenz GOTT, an die Allweisheit im gesamten Kosmos, so auch in den Naturgesetzen, in allen Lebewesen. Wenn wir selber schon nicht Götter sein wollen, dann lassen wir wenigstens andere als Götter hochleben, und schenken diesen Göttern, z.B.Forschern haufenweise Anerkennungsenergie, die besessen sind vom Gedanken, den Schöpfer allen Seins austricksen, ja sogar überrunden können. IST UNS DAS ZUWENIG - JEDER MENSCH JEDES WESEN IST GÖTTLICHEN URSPRUNGS. Und wenn uns sonst keine Rechtfertigung mehr einfällt,um unsere Trägheit zu verniedlichen,dann heißt es apatisch: das war schon immer so! Wir sind auch bereit,dass Milliarden für Forschungen ausgegeben werden, zu akzeptieren, und wissen andererseits, dass immer mehr ehrliche Staatsbürger dadurch ins Existenzminimun getrieben worden sind, weil die nötige Unterstützung ausbleibt.Dass immer mehr Jugendliche auf der Strasse landen, weil sie keine Lehrstellen mehr finden,oder keinen Platz mehr in einer höheren Schule,weil dadurch auch die schon überfüllt sind. Aber wir meinen es gut mit der Menschheit,dass es Forschungen gibt,die uns versuchen am Leben zu erhalten. Und von der Psychoso.matik eines Schmerzes, eines Zustandes , haben wir belesene Leut noch nie etwas gehört,weil wir das nicht hören wollen,Selbstverursacher von allem Unguten zu sein,in unserem Denken, Fühlen und Handeln.
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Claude
antwortete am 21.06.05 (22:53):
Meine Güte ich fasse es nicht. Gruß Claude
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Ursula
antwortete am 21.06.05 (23:01):
@Marina, wo finde ich denn besagten Artikel von "Etzioni"??
Dein Link von 14:57 Uhr führt doch zu einem ganz anderen Artikel, nämlich: "Heilungsversprechen versus Menschenwürde - Elemente einer Kritik neuer Biotechnologien" von Prof. Santiago Ewig (Zeitschrift für medizinische Ethik 47 (2001) 407-419)
Da mich das Thema sehr interessiert, wüßte ich schon gerne, wovon Du sprichst und worauf Karl sich in seinem Kommentar von 20:47 Uhr bezieht ...
Könntest Du das bitte für mich klären? Danke und Gruß, Ursula
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mart
antwortete am 21.06.05 (23:03):
Ich weiß nicht, warum du hier wiederum Etzioni fälschlicherweise als Autor bezeichnest, Marina.
Es handelt sich um Priv.-Doz. Dr. med. Santiago Ewig in der Zeitschrift für medizinische Ethik (4. Quartalsnummer 2001)
Internet-Tipp: https://www.schwabenverlag.de/4zeitsch/f4d_zme.htm
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mart
antwortete am 21.06.05 (23:13):
Führende Repräsentanten der evangelischen und der katholischen Kirche haben sich auf den Ausdruck embryonaler Mensch geeinigt. Diese Semantik zielt darauf, die Unterschiede zwischen den frühesten Stadien menschlichen Lebens und dem Leben eines Geborenen zu verwischen. Dementsprechend wird Menschenwürde schon der einzelnen befruchteten weiblichen Eizelle zugesprochen, also der Zygote wobei einige bereits bei der Befruchtung, nicht erst bei der Verschmelzung der haploiden Zellenkerne diese Menschenwürde sehen. Die Behauptung, die Verschmelzung von Ei und Samenzelle sei der Beginn menschlichen Lebens und eines absoluten Würdeschutzes, ist zum neuen ökumenischen Dogma der Kirchenleitungen geworden.
Allerdings gibt es einige evangelische Theologen, die sich davon eindeutig und scharf distanzieren.
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mart
antwortete am 21.06.05 (23:21):
Vielleicht interessiert einigen von euch untenstehender Link von Dr. Klaus Tanner, Professor an der Theologischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
"Der menschliche Embryo - ein embryonaler Mensch?"
Internet-Tipp: https://anu.theologie.uni-halle.de/ST/Tanner/Dokumente/BerlinEmbryo.pdf
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Marina
antwortete am 21.06.05 (23:44):
Entschudigung, das mit dem Namen war einfach ein blödes Versehen. Ich meinte natürlich Ewig. Wie ich auf Etzioni kam weiß ich selber nicht. Vielleicht wegen des Vornamens "Santiago"? Da habe ich den Nachnahmen auch italienisiert. :-)
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Karl
antwortete am 22.06.05 (06:24):
@ mart,
herzlichen Dank für den interessanten Link. Ich entschuldige mich außerdem, Marinas Link gar nicht erst verfolgt zu haben. Das Zitierte hatte mir schon gereicht.
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Marina
antwortete am 22.06.05 (10:15):
Ich finde den Aufsatz von Tanner auch sehr interessant, muss ihn noch genau lesen und überdenken, habe ihn bisher nur quer gelesen. Wenn er außerdem dazu dient, das Vorurteil zu revidieren, "der Standpunkt der christlichen Kirchen ist mehr als archaisch, er ist primitiv im Sinne von "ursprünglich" und "vorwissenschaftlich", gepostet von dir, Karl, soll es mich freuen (immerhin handelt es sich um den Essay eines Theologen). Denn dies ist ein Vorurteil, das so global schon lange nicht mehr haltbar ist. Wir leben nicht mehr im Mittelalter, auch die Kirchen nicht.
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Ursula
antwortete am 22.06.05 (11:08):
Danke, Mart, das ist wirklich ein lesenswerter, den Horizont erweiternder Artikel...!
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schorsch
antwortete am 22.06.05 (11:26):
Schon interessant, wie Leute glauben können zu wissen, wie Gott denkt!
Wenn Gott die Natur geschaffen hat, dann sehe ich nicht ein, warum er es in seinem vollendeten Plan z.B. zulässt, dass an einer Birke pro Jahr 1 Million Samen entstehen - und dann nur höchstens einer davon zum Baume wird.
Deshalb denke ich, dass die Vielheit der Eier der Frau und der Samentierchen des Mannes den gleiche Luxus darstellen, wie die Samen einer Birke - aber auch den gleichen Wert!
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mart
antwortete am 22.06.05 (12:05):
Grundsätzliche Bedenken von Dr. Margot Käßmann, Landesbischöfin der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers:
... Die erste Verführung liegt also darin, den Menschen freizugeben für die Forschung, am werdenden Menschen verbrauchend welch ein Begriff! - zu forschen und damit die Gottebenbildlichkeit des Menschen anzutasten. Eine zweite Verführbarkeit liegt darin, sich selbst zum Schöpfer des Lebens zu machen, nicht gottebenbildlich, sondern gottgleich. Die dritte Verführung liegt darin zu glauben, Leiden und Tod überwinden zu können, die wir als Christinnen und Christen als Teil des Lebens sehen, so sehr wir um Heilung und Heilsein ringen.
Und die vierte Verführung, die sehe ich darin, dass wir den perfekten Menschen schaffen wollen. Den Menschen, der nicht nach Gottes Bild geschaffen ist, sondern den Menschen, den wir nach unserem Bilde schaffen, nach unseren Idealbildern nämlich....
https://www.evlka.de/content.php3?contentTypeID=36
Keine von diesen Bedenken können meiner Meinung nach Anspruch erheben für alle Menschen gültig zu sein. Ich bezweifle auch, daß die theologische Begründungen für alle gläubigen Menschen überzeugend und zwingend sind. Für mich kann ich jedenfalls in keiner dieser vier Verführungen = Gefahren eine echte Gefahr sehen, die über die Ziele hinausginge, die die Medizin immer schon verfolgte.
Ähnlich argumentierte man vor Jahrhunderten gegen das Sezieren von Leichen!
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