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THEMA:   Neurobiologie der Gefühlskälte

 17 Antwort(en).

Karl begann die Diskussion am 07.03.05 (17:05) :

Was sind die neurobiologischen Gründe dafür, dass manche Menschen - vor allem Männer - gefühlskalt sind? Im Spiegel Online ist ein längerer Artikel aus der Zeitschrift "Gehirn und Geist" gekürzt abgedruckt, den es sich zu lesen lohnt. Mich hat die biochemisch-physiologische Basis des "Gefühls" schon immer fasziniert:

Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,345128,00.html


 ueberhaupt antwortete am 07.03.05 (19:10):

Gott sei Dank! Ich gehöre zu den sechs Männern, bei denen nichts davon zutrifft. Was mich (ernsthaft) interessieren würde, wäre, wieviele Frauen in einer vergleichbaren Studie gefühlskalt wären. Ich meine, etliche zu kennen. Und ich würde dazu (nach meinem etwas anderen Verständnis von Gefühlskälte)auch diejenigen zählen, die einen Mann vorzugsweise seines Geldes wegen heiraten.....Aber da mag jemand auch gerne anderer Meinung sein.


 Marina antwortete am 07.03.05 (21:32):

"Ich gehöre zu den sechs Männern, bei denen nichts davon zutrifft"

"Ich danke dir, Gott, dass ich nicht so bin wie die anderen". Steht irgendwo in der Bibel. Bist du sicher, "überhaupt"? Das, was ich bisher an Argumentationen von dir gelesen habe, lässt mich eher vermuten, dass der Artikel für dich geschrieben war.
Aber vielleicht irre ich mich ja. Dann wäre ich sehr interessiert, mal was von dir zu lesen, was deine Gefühlswärme zum Ausdruck bringt. Zum Beispiel dein Mitgefühl für die Ausländer, für die du in deinem Amt zuständig warst.


 schorsch antwortete am 08.03.05 (09:10):

Wir Männer wurden von Geburt auf darauf trainiert, keine Gefühle zu zeigen.....

Wenn ich als 73jähriger Mann am Abend einen Film gucke, der rührende Szenen zeigt, und wenn mir dann Tränen laufen, guckt mich meine Frau so seltsam an. Warum wohl - so denkt sie wohl - fliessen bei dem alten Knacker Tränen? Der wird doch nicht etwa langsam senil?!


 Ursula antwortete am 08.03.05 (14:00):

Ein interessanter Artikel! Danke, Karl.

Irgendwo habe ich mal gelesen, dass bei derartig gefühlsgestörten Menschen ein bestimmer Bereich der rechten Gehirnhälfte (der anteriore cinguläre Cortex)auffallend groß sein soll, was u.a. auf eine mögliche Lateralisierung der Emotionsverarbeitung hinweise ...

Nicht so recht vorstellen kann ich mir, dass diese "Alexithymie" tatsächlich so häufig sein soll, jedenfalls nicht bei psychisch Gesunden!? Ich kenne in meiner Umgebung nur einen Menschen, bei dem ich diese Störung eventuell (!) vermuten würde ...

Soweit ich weiß, sind emotionale Defizite, wie für die "Alexithymie" beschrieben, bei schweren seelischen Erkrankungen (z.B. Schizophrenien und bei endogenen Depressionen) aber ziemlich häufig anzutreffen, jedoch (zumindest bei Depressionen) nur während einer Krankheitssphase.

Unlogisch finde ich die Vermutung in diesem Artikel, eine Alexithymie werde durch eine gestörte Mutter-Kind-Beziehung in frühester Kindheit verursacht: Warum sind Männer dann häufiger betroffen als Frauen?
Naheliegender finde ich, dass Menschen mit dieser Störung (vermutlich genetisch bedingt)während der Kindheit die emotionalen Äußerungen ihrer Umgebung nicht richtig wahrnehmen und/oder verarbeiten können und dass dadurch der nachträgliche Eindruck eines emotional defizitären Elternhauses und einer (von der Mutter ausgehenden) "unsicheren Bindung zu ihrer Mutter" entsteht.

(Ich mag solche psychoanalytischen Erklärungsversuche überhaupt nicht!)







 Felix antwortete am 09.03.05 (01:40):

Alexithymie als auffälliges Krankheitsbild einzelner Individuen, möchte ich vom Phänomen unterschieden sehen, dass in unserer sinnesüberreizten Gesellschaft ganz allgemein ein Schwund an Emotionsfähigkeit festzustellen ist.
Messbar sind z.B. die Erregbarkeit durch optische Reize, die Klangdifferenzierungsfähigkeit, physiologische Reaktionen bei gefühlsauslösenden Situationen.
Es ist anzunehmen,dass die sinnliche Reizüberflutung auch eine gewisse Abstumpfung zur Folge hat.
Filmszenen müssen also weiter aufgepept werden, damit sie beim abgestumpften Publikum überhaupt noch Emotionen auslösen. Der "Circulus vitiosus" nimmt seinen Lauf! Vielleicht muss auch mit Hilfe von Dogen die erlahmte Erregbarkeit etwas aufgeputscht werden.


 schorsch antwortete am 09.03.05 (09:58):

Es gibt Drogensüchtige die aussagen, dass sie nur noch unter Drogenwirkung echte Gefühle erleben können.....


 carla antwortete am 09.03.05 (18:38):

Alexithymie ist ein phantastisches Wort! Klingt sehr wissenschaftlich und kompliziert. So klingt für mich auch dieser Artikel, aber er überzeugt mich überhaupt nicht.
Sicher gibt es Menschen, die keinen Zugang zu ihren Gefühlen haben und die deshalb nicht ausdrücken können.

"Psychiater vermuten, dass einige psychosomatische Beschwerden auch von der Unfähigkeit herrühren, die eigenen Emotionen in Worte zu fassen, um sie mental verarbeiten zu können. "
Zu diesem Satz: Vermuten kann man vieles. Belegen müßte man es können und dann auch gleich noch eine funktionierende Therapie anbieten können ! Selbst wenn ein solcher NIcht-Empfindender seine Emotionen nicht in Worte fassen kann, heißt das doch nicht, dass er sie nicht mental verarbeiten kann. Er kann doch direkt mit seinen Emotionen wie Schwitzen, Herzrasen usw. arbeiten, z.B. in Form einer Körpertherapie, von Hypnose, Biofeedback und sicherlich noch anderen Methoden umgehen lernen.
Daß Menschen, die aus schwierigen oder gestörten Verhältnissen kommen, es schwerer haben, eigene Gefühle wahrzunehmen und auch auszudrücken, zu kommunizieren, scheint mir klar. Woher sollten sie das lernen, wenn z.B.Kommunikation hauptsächlich in Geschrei, Niederschreien und Schlägen geschieht?
Mir gefällt auch der psychoanalytische Ansatz, bei dem wieder einmal die Mütter in die Pflicht genommen werden, überhaupt nicht. Ich finde, daß man an solchen Denkansätzen immer merkt, daß die Psychoanalyse doch schon etwas älter ist und auf eine sehr patriarchalische Gestalt zurückgeht :-).


 Graugans antwortete am 10.03.05 (20:02):

Hallo Forumsfreunde,

von dem ganzen Themenkomplex habe ich recht wenig Kenntnis.
Für mich sind Gefühle Reaktionen meines Körpers auf äußere
Reize. Ich brauche solche Reize zur Steuerung meiner
organismischen Prozesse. Ich weiß, daß meine Gefühle auch
über Werbemittel usw. manipuliert werden bzw. manipuliert
werden können. Gefühlskälte kann nicht angeboren, aber
anerzogen sein. Gefühlskalte Menschen sind für ein
partnerschaftliches Leben unbrauchbar.
In Zwangsgemeinschaften sind sie erwünscht.
Kommunikationsschwierigkeiten sind meistens die Folge
von Gefühlskälte.

Viele Grüße
Graugans


 Karl antwortete am 11.03.05 (11:21):

hallo Graugans,


einerseits sagst du, "Für mich sind Gefühle Reaktionen meines Körpers auf äußere Reize". Andererseits behauptest du einfach so: "Gefühlskälte kann nicht angeboren, aber anerzogen sein".

Wenn Gefühle körperliche Reaktionen sind (die Aktivität definierter Hirnareale ist nachgewiesen), wieso kann dann nicht eine angeborene Variation z. B. im Bau des Gehirn einen Einfluss haben?

Ich würde jedenfalls mit solchen Behauptungen sehr vorsichtig sein. Damit negiere ich keineswegs den wesentlichen Einfluss von Erziehung auf die Programmierung unseres Gehirns, aber ich vernachlässige nicht die angeborene Grundverdrahtung (;-)).


 mart antwortete am 11.03.05 (11:34):

Gibt es eine Abgrenzung zum Autismus?


 Graugans antwortete am 11.03.05 (11:39):

Hallo Karl,

sicher hat jeder Mensch eine angeborene Grundverdrahtung,
die durch das Erbmaterial festgelegt ist.
Aber wie diese Grundverdrahtung genutzt wird, wird
nachhaltig über eine ca. 20 jahrelange Prägung im
Elternhaus eingeübt.
Dort wird auch der familienspezifische Umgang mit Gefühlen
festgeschrieben. (Nestgeruch)

Viele Grüße
Graugans


 Karl antwortete am 11.03.05 (13:06):

@ mart,

das weiß ich nicht.


 carla antwortete am 11.03.05 (14:31):

Eigentlich habe ich nach einem möglichen Zusammenhang zwischen Autismus und Alexithymie suchen. Dabei bin ich auf ein BUch gestoßen, in dem u.a. steht:
"..Spiegelzellen unseres Gehirns versorgen uns mit intuitivem Wissen über die Absichten von Personen, deren Handlungen wir beobachten. Sie melden uns, was Menschen in unserer Nähe fühlen, und lassen uns deren Freude oder Schmerz mitempfinden. Spiegel-Nervenzellen sind die Grundlage emotionaler Intelligenz. Sie sind die neurobiologische Basis von Empathie, Sympathie und sie verleihen uns die Fähigkeit zu lieben. .

Wenn diese Spiegel-Nervenzellen aus irgendeinem Grund nicht ausgebildet sind bzw. zerstört werden, müßte sich doch das Bild des Autismus und der Alexithymie ergeben.
Da bei Autismus immer mehr vermutet wird, daß u.a. Umweltgifte daran beteiligt sind, könnte das gleiche für Alexithymie gelten.

Internet-Tipp: https://www.spiegelneurone.de/


 Karl antwortete am 12.03.05 (13:52):

Vielleicht als Erklärung zum Begriff der Spiegelzellen. Das sind Neurone, die nicht nur bei eigenen Handlungen aktiv werden, sondern auch wenn diese Handlungen bei anderen beobachtet werden. Sie sind wohl die Grundlage für die Fähigkeit von Tieren und Menschen durch Beobachtung zu lernen und sich in andere hineinzuversetzen (mitfühlen).

Aus der angegebenen Quelle (Linktipp):
Rizzolatti und Arbib (1998) beschrieben beim Affen sog. mirror neurons des dPFC, die selektiv reagierten, wenn der Affe eine bestimmte Handlung ausführte. Diese Reaktion zeigte der Affe auch dann – und hierin zeigt sich der Abstraktionsgrad dieser „Spiegelzellen“ –, wenn er ein anderes Subjekt (z. B. auf einem Videomonitor) beim Verrichten eben dieser Tätigkeit lediglich beobachtete.

Internet-Tipp: /seniorentreff/de/spiegelzellen


 ueberhaupt antwortete am 20.03.05 (21:45):

@marina: Wie einfach Menschen doch Vorurteile gegen andere haben können, nur weil diese eine andere Meinung haben. Würdest Du übrigens einen Richter, der Menschen verurteilt, die DU nicht verurteilen würdest auch so katalogisieren? Dein Beitrag ist übrigens haarscharf an den Forumregeln vorbei.


 Marieke antwortete am 21.03.05 (13:48):

Hallo Marina,
diesen ganzen Thread las ich eben erst. Kurz dir schreiben wollte ich, b e v o r ich "ueberhaupt"´s Einlassung am Ende noch las....

Dir geht es gar nicht gut, so ist es doch? Ja, was machen wir denn da?!

Frohe Ostern! Marieke


 navallo antwortete am 25.03.05 (18:51):

Erkenntnisse über neurobiologische Ursachen von Gefühlskälte sind ein Teilaspekt äußerst interessanter Forschungsgebiete. Im nachfolgenden Link ein Überblick, in dem 11 namhafte Hirnforscher eine Bilanz über Erreichtes und künftig zu Erwartendes in den Neurowissenschaften ziehen. Dabei werden Möglichkeiten der Heilung bisher unheilbarer Krankheiten - Alzheimer, Parkinson, Schizophrenie, Depressionen usw... - bis hin zum Ersatz verlorener Sinnesorgane (z. B. künstliche Netzhaut) ebenso erörtert, wie Fragen nach Klärung spezieller Hirnleistungen (Codierung, Lernen im Alter, kognitive Funktionen ...) oder die Zusammenhänge emotionaler und geistiger Funktionen bzw. bewußter und unbewußter Vorgänge. Insbesondere erhofft man sich Fortschritte aus einer Kombination gegenwärtiger und künftig zu entwickelnder Untersuchungsmethoden. „Voraussetzung für anstehende Experimente ist, dass die Tiere - denn an diesen werden die Versuche vor allem stattfinden - nicht narkotisiert sind und aufgrund schmerzfreier Verfahren ihr natürliches Verhalten zeigen“. Ähnlich der Physik wird sich auch in den Neurowissenschaften neben der experimentellen Neurobiologie eine theoretische Neurobiologie etablieren. „Was unser Bild von uns Selbst betrifft, stehen uns ... in sehr absehbarer Zeit beträchtliche Erschütterungen ins Haus.“

Internet-Tipp: https://www.gehirn-und-geist.de/manifest