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Übersicht Archiv "Politik und Gesellschaft"

THEMA:   40.000 Jahre Haft?

 16 Antwort(en).

elena begann die Diskussion am 15.02.07 (22:12) :

Knapp drei Jahre nach den verheerenden Anschlägen auf vier Madrider Vorortzüge mit 191 Todesopfern müssen sich die als Bombenleger Verdächtigten und ihre Helfer vor Gericht verantworten. In dem am Donnerstag eröffneten so genannten Jahrhundertprozess um die blutigsten Terrorakte in der spanischen Geschichte sitzen 29 Verdächtige auf der Anklagebank. Ihnen wird zur Last gelegt, einer islamistischen Terrorzelle angehört zu haben, die am 11. März 2004 insgesamt 13 Bomben in vier Madrider Pendlerzüge versteckt hatte.

Die Staatsanwaltschaft forderte für diese Gruppe jeweils fast 40.000 Jahre Haft. Im Falle einer Verurteilung müssten die Betreffenden nach spanischem Recht höchstens 40 Jahre verbüßen.

>siehe Link<

Sind diese geforderten Haftstrafen nicht ein Widerspruch in sich, oder soll es eine Genugtuung für die Hinterbliebenen sein?

Wie ist eure Meinung dazu?

Grüsse von Elena

Internet-Tipp: https://www.sat1.de/news/politik/2007/02/15/n2007021518352700002/


 Medea. antwortete am 16.02.07 (06:23):

Die Forderung und Verurteilung sind die eine Sache -
wie es später in der Praxis gehandhabt wird, zeigen doch gerade die Beispiele in Sachen RAF-Terroristen.


 sammy07 antwortete am 16.02.07 (08:22):

Es ist doch eine Farce..., wenn hier 40.000 Jahre gefordert werden, das spanische Recht aber nur eine Höchststrafe von 40 Jahren zuläßt.
Aufrichtiger und ehrlicher wäre es gegenüber Opfern, Gesellschaft und Tätern....wenn eine realistische "Zeitstrafe" mit oder ohne Begnadigungsmöglichkeit ausgesprochen wird.


 mart antwortete am 16.02.07 (08:53):

Wie das aktuelle und von Medea erwähnte Beispiel zeigt, gibt es auch in Deutschland in Wahrheit keine lebenslange Haftstrafe, sondern nach 24 J.(?) besteht der juristische Anspruch auf Freilassung, wenn keine Wiederholungsgefahr besteht.

Auch hier wäre es klüger und ehrlicher allen Bürgern reinen Wein einzuschenken; Der Einzelne und die Öffentlichkeit hat das Recht gerade in Verbindung mit spektakulären und grausamen Verbrechen Klartext zu hören, - ganz unabhängig davon wie der einzelne zu der Sinnhaftigkeit einer lebenslangen Haftstrafe steht.


 schorsch antwortete am 16.02.07 (09:46):

Man könnte doch eine Skala schaffen:

- 1 Jahr Gefängnis = 1 Jahr Gefängnis;

- 1 Jahr Zuchthaus = 2 Jahre Gefängnis;

- 1 Jahr Zuchthaus in Einzelzelle = 3 Jahre Gefängnis;

- 1 Jahr in Dunkelzelle = 4 Jahre Gefängnis;

- 1 Jahr in Ketten = 5 Jahre Gefängnis;

- 1 Jahr in Ketten bei Wasser und Brot = 6 Jahre Gefängnis;

- 1 Jahr in Ketten ohne Wasser und Brot = 10 Jahre Gefängnis.......


 Wolfgang antwortete am 16.02.07 (09:58):

"Zu den Voraussetzungen eines menschenwuerdigen Strafvollzugs gehoert, dass dem zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten grundsaetzlich eine Chance verbleibt, je wieder der Freiheit teilhaftig zu werden. Die Moeglichkeit der Begnadigung allein ist nicht ausreichend; vielmehr gebietet das Rechtsstaatsprinzip, die Voraussetzungen, unter denen die Vollstreckung einer lebenslangen Freiheitsstrafe ausgesetzt werden kann, und das dabei anzuwendende Verfahren gesetzlich zu regeln."

Quelle... BVerfGE 45, 187

Fazit: Eine lebenslange Freiheitsstrafe ist mit unserem Grundgesetz nicht vereinbar. Dass diese Strafe weiterhin so genannt wird, ist verzeihlich, wenn rechtlich einwandfrei gehandelt wird und nach einer bestimmten Zeit geprueft wird, ob der Verurteilte weiter in Haft bleiben muss oder unter Auflagen frei kommen kann.

Noch ein ganz persoenliches Fazit: Gott sei Dank ist was Straftaten und -taeter betrifft die Rechtsprechung in unserem Land weitgehend frei von Volkes Launen und Rachegeluesten.

Internet-Tipp: https://www.oefre.unibe.ch/law/dfr/bv045187.html


 sammy07 antwortete am 16.02.07 (10:10):

@ Wolfgang,
was möchtest du denn nun wirklich mit deinem Beitrag sagen?
Alles wie gehabt beibehalten,oder hie und da eine kleine Reform, die dann "Urteile im Namen des Volkes" nicht so widersprüchlich in der Ausführung erscheinen lassen??


 Wolfgang antwortete am 16.02.07 (10:14):

Wie ich es bereits beschrieben habe: So, wie es ist, soll es m.E.n. bleiben. Es stoert mich nicht, wenn das Wort 'lebenslang' irgendwo erscheint. Hauptsache, der Taeter kriegt eine Chance, unter bestimmten Bedingungen wieder in Freiheit zu leben.


 hugo1 antwortete am 16.02.07 (10:24):

elena Du schreibst: Die Staatsanwaltschaft forderte für diese Gruppe jeweils fast 40.000 Jahre Haft.
das versteh ich absolut nicht.

Ich denke der Prozess hat erst begonnen. Ist er denn schon beendet, mit der Überführung der Schuldigen, der endgültigen Beweislage usw.?

Falls nicht, dann kann doch ein Richter nicht eine Strafe vorher anbieten oder aussuchen oder herbeiwünschen und ankündigen. Das finde ich doch recht seltsam.

Wenn sich nun herausstellt das da einige nicht involvierte Menschen mitgefangen wurden dann machen sich doch die spanischen Verantwortlichen für diesen Prozess lächerlich und durch die Verteidigung angreifbar wegen Subjektivität und Vorverurteilung, also Befangenheit,,,oder??,,


 sammy07 antwortete am 16.02.07 (11:02):

ja Wolfgang,
da schließt sich bei mir noch eine Frage an.Wenn dann,so lese ich aus deinen Beiträgen heraus, das primäre Ziel einer Strafe eine "freiheitliche Integrationsmöglichkeit" beinhaltet, dann frage ich mich...wie soll Recht gesprochen werden bei einem 35-jährigen Massenmörder,im Vergleich zu einem 65-jährigen Massenmörder bei vergleichsweisen Ausführungen der Verbrechen?


 Tobias antwortete am 16.02.07 (11:12):

Sammy, bei einem 35 jährigen wird bei solchen Verbrechen meist Sicherheitsverwahrung angeodnet, bei einem 65 jährigen erübrigt sich dies.


 Wolfgang antwortete am 16.02.07 (23:45):

@sammy - Mit konstruierten Faellen kann ich nichts anfangen. Im konkreten Einzelfall entscheidet immer das zustaendige Gericht. Das Gericht tut das entsprechend unseren Gesetzen und anderen Rechtsquellen. Ich habe daran nichts auszusetzen. Im Falle Brigitte Mohnhaupt auch nicht. Diese Frau kriegt jetzt ihre Chance, ein Leben in Freiheit zu fuehren. Bei einer anderen RAF-Terroristin - Eva Haule - wird gerade geprueft, ob sie frueher aus der Haft entlassen werden kann. Bei den zustaendigen Gerichten sind solche Verfahren gaengige Verfahren und, wie ich meine, in guten Haenden. Die aktuelle Aufregung darueber (BILD spielt mal wieder den Stimmungsmacher) ist mir fremd. Zum Alltagswissen gehoert: Lebenslang ist nach dem bei uns geltenden Recht in aller Regel nicht lebenslang.


 seewolf antwortete am 17.02.07 (02:43):

Hugo - die Staatsanwaltschaft ist in einem Rechtsstaat NICHT das Gericht. Sie kann fordern und beantragen was sie will:

Entscheidungen trifft ein Ordentliches Gericht - anders als früher woanders ... wahrscheinlich.


 hugo1 antwortete am 17.02.07 (09:58):

ok seewolf, das war tatsächlich mal anders woanders,,*g*
Aber trotzdem bin ich der Meinung das für beide Seiten (falls sie schon auf verschiedenen Seiten tätig sind) das gleiche Strafgesetzbuch das Gleiche GG und sonstige gleiche Bestimmungen gelten.

Macht ein Ankläger genau wie ein Verteidiger sich nicht angreifbar und schwächt seine Position wenn er Vorverurteilt?

Auch das "ordentlichste" Gericht kann nur so gut urteilen wie es die Gesetze zulassen es sei denn die Richter sind auch nur Menschen und entsprechend beeinflussbar. Dann können sie noch viel schlechter Urteilen,,*g*


 seewolf antwortete am 17.02.07 (16:01):

Nun, Hugo:

Staatsanwälte sind weisungsgebundene Beamte, denen ein Justizminister ggf. sagt, was sie zu tun haben, zB. ein Anklageerhebungs-Verfahren einstellen...

Nach geltendem Recht ist ein Richter bzw. der Spruchkörper eines Gerichts (Kammer, Senat) unabhängig von Weisungen und NUR dem Gesetz verpflichtet.

Natürlicherweise gibt es auch unter Richtern Schlampen - wie in allen Berufen.


 hugo1 antwortete am 17.02.07 (17:00):

ja seewolf so denke ich teilweise auch. Richter müssen/wollen auch leben, haben auch Angst um ihr Leben, benötigen auch Geld zum Leben,, (und wenns kein Schmiergeld gibt dann eben jahrelange Verfahren und Prozesse)
siehe auch vorheriges Thema. Rekord: 80.000 inhaftierte Straftäter !!

Manchmal könnte man stolz auf die deutsche Rechtsprechung sein (wenn ich an einige -nicht alle- Urteile aus Karlsruhe denke) aber dann gibt es wieder Momente da könnte man verzweifeln,,,


 Wolfgang antwortete am 17.02.07 (17:55):

Die deutsche Rechtsprechung im Westen seit 1949 war und ist ueber jeden Zweifel erhaben. Dazu hat das Grundgesetz festen rechtsstaatlichen Grund gelegt. Das gilt wie gesagt fuer die BRD. Fuer die DDR gilt dies Lob freilich nicht... Da war das Recht unter die Raeder gekommen oder - was dasselbe ist - unter die Verbrecher gefallen. Dieser Schandfleck ist Gottseidank Geschichte.

https://www.stiftung-aufarbeitung.de/

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