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Übersicht Archiv "Politik und Gesellschaft"

THEMA:   Wer die Versöhnung wagt, wird frei

 63 Antwort(en).

lielo begann die Diskussion am 01.07.06 (16:05) :

Wir Nachkriegsdeutschen haben die Aufgabe mit unseren Nachbarn in Westeuropa mit Geduld und viel Verständnis für ihren Zorn, um Versöhnung zu bitten. Jetzt laufen ähnliche Projekte mit Polen. Meine beiden Söhne nahmen von der Schule aus, an einer
Begegnung mit Auschwitz-Überlebenden teil. Sie wurden privat eingeladen, hörten die Erlebnisse dieser Menschen und haben viel gelernt. Es gibt viele interessante Begegnungen. Wenn wir uns kennenlernen, kommen wir zu einer differenzierenden Einschätzung über Grenzen hinweg. Daselbe muss zwischen Israel und Palästina geschehen. Wer nur auf die Gewaltkarte setzt, schafft immer neue Probleme.


 Carlos1 antwortete am 01.07.06 (19:00):

@ lielo

Vorausetzung für eine Versöhnung ist immer die Bereitschaft und der feste Wille in einer vertraglich geregelten Nachbarschaft leben zu wollen. Rechtsansprüche auf fremdes Territorium vertragen sich damit nicht. Versöhnung mit unseren Nachbarn in Europa ist und war möglich, weil wir deren territoriale Integrität anerkennen und uns zum Gewaltverzicht bereit erklärten. Wie soll den Palästinensern etwas Derartiges verdeutlicht werden, die in Flüchtlingslagern leben seit Jahrzehnten und auf eine Rückkehr hoffen und warten? Wie soll den Muslimen in aller Welt klar gemacht werden, dass die Heiligen Stätten des Islam in Jerusalem in israelischer Hand bleiben sollen? Die Bereitschaft zur Versöhnung und zum friedlichen Zusammenleben bei den Palästinensern dürfte groß genug sein, um einen Frieden zu ermöglichen. Die Drahtzieher der Radikalen sitzen aber wohlbehütet in Damaskus und anderswo. Israel will Sicherheit. Die Palästinenser wollen am Leben bleiben und menschenwürdig leben. Das Elektrizitätswerk, das den Gazastreifen mit Strom versorgt ist jetzt bei der Militäraktion zerstört worden. Wie sollen die Pumpen betrieben werden, die die Wasserversorgung sicherstellen??? Den Drahtziehern im Ausland ist das egal, es kommt ihnen sogar gelegen, und Israel ist hart und entschlossen. Jede Seite weiß, dass ein Friede nur mit Kompromissen zu haben ist. Die Leidenszeit ist noch nicht zu Ende.

An den von dir genannten Austauschprogrammen nehmen Jugendliche teil. Eine Generation, die unmittelbar mit den Untaten nichts zu tun hat. Verstehen ist dann möglich. Diejenigen, die das Leiden persönlich erlebt haben - es sind nicht mehr allzu viele - können den Tätern nicht verzeihen, sie können nur eine Kollektivschuld ablehnen. Sie können berichten, warnen und die Versöhnung herbeiwünschen. Der Jugend und den jetzigen Eltern kommt dabei die entscheidende Rolle zu. Wer miteinander redet, führt keinen Krieg. Ich stimme dir gerne zu.


 Dunkelgraf antwortete am 01.07.06 (19:07):

@lielo,
ich glaube, das kann man nicht so miteinander vergleichen.
Deutschland und Polen sind zwei unabhängige Staaten, sie leben nebeneinander und hatten seit über 50 Jahren keinen Krieg mehr (gegeneinander). Das zwischenstaatliche Problem ist eigendlich nicht so schwerwiegend. Es geht nur darum, Vorurteile und alte Feindschaft in beiden Bevölkerungen abzubauen.
So weit ist Israel und Palästina noch lange nicht. Die haben seit Jahrzehnten Krieg, der nicht abschwächte sondern immer mehr verschärft wurde. Die Staaten, die das Problem hervorgerufen haben, stehlen sich aus der Verantwortung. Hinzu kommt, daß die USA sehr daran interessiert sind, daß dieser Konflikt am Brennen gehalten wird. Das erleichtert ihnen, militärisch präsent zu bleiben, durch eigene Streitkräfte und durch Stellvertreterstaaten, um unliebsame "Regime" in Schach zu halten.


 wanda antwortete am 02.07.06 (08:10):

@lielo - Polen und Deutschland kann man nicht mit Israel und Palästina vergleichen - ich schließe mich da völlig Dunkelgraf an.


 Tobias antwortete am 02.07.06 (09:45):

Wie so eigentlich nicht Wanda ? Die Polen haben sich auch Land genommen , dass ihnen noch nie gehörte. Nur weil wir nicht kriegslüstern sind wurde dies im friedlichen Sinne gelöst.

Wir sollten aber nicht vergessen wie schwer es gerade den Vertriebenenverbänden gefallen ist die Oder – Neisse Grenze anzuerkennen. Als Vaterlandsverräter wurden damals die, die zum Frieden aufriefen beschimpft. Der Kniefall von Brandt hat damals bei den Konservativen hohe Wellen geschlagen.


 Dunkelgraf antwortete am 02.07.06 (09:58):

@Tobias,

da wird ja wohl der Hund in der Pfanne verrückt.
Bisher dachte ich immer, du bist nur ein katholischer Konservativer. Aber dein letzter Beitrag entlarvt dich als schlimmen Revanchisten.
Die Deutschen können froh sein, daß ihr Land nicht von der Landkarte gelöscht wurde, nach diesem schlimmsten Verbrechen aller Zeiten, das sie angerichtet haben. Es gab geheime der Pläne der USA, das deutsche Territorium auf andere europäische Nationen völlig aufzuteilen. Zum Glück kam es nicht dazu, weil noch mehrere Parteien im Potsdamer Abkommen über das Schicksal Deutschlands zu entscheiden hatten.
Wir stehen bestimmt nicht als Opfer gegenüber Polen da. Wir waren die Täter, und sind so, wie alles gekommen sind, noch glimpflich davon gekommen.
Ich habe als Linker nie viel übrig gehabt für Brand, weil ich ihn immer als rechtsstehend angesehen habe. Aber dieser historische Kniefall bei seinem ersten Polenbesuch war das beste, was dieser Mann für Deutschland getan hat.


 Marina antwortete am 02.07.06 (10:14):

Dunkelgraf,ich muss dir ausnahmsweise mal wieder völlig Recht geben. :-) Im übrigen ist es völlig unzulässig, den Israel-Palästina-Konflikt mit Polen-D'land zu vergleichen, (allenfalls noch mit China-Tibet) weil eine Versöhnung erst dann stattfinden kann, wenn Konflikte zur Zufriedenheit aller einvernehmlich gelöst oder zumindest eingegrenzt worden sind. Hier aber werden sie immer weiter gehen, weil beide Völker das Recht auf ein Land erheben und die Regierungen beider Völker weitgehend zu Konzessionen nicht bereit sind. Und solange es da zu keiner politischen Lösung kommt, die auf keinen Fall mit Gewalt und asymmetrischer Kriegsführung wie hier zu erreichen ist, wird es da leider keinen Frieden geben.


 Marina antwortete am 02.07.06 (10:18):

"Wir waren die Täter, und sind so, wie alles gekommen sind, noch glimpflich davon gekommen."

Richtig, Dunkelgraf. Das vor allem sollte man sich vor Augen führen, statt, wie du richtig schreibst, revanchistisches Gedankengut zu verbreiten.


 Karl antwortete am 02.07.06 (10:25):

@ Carlos,


das Problem wird sicherlich nicht allein dadurch gelöst, dass die Palästinenser die territoriale Integrität Israels anerkennen (obwohl ich die Notwendigkeit hierzu hier öfters bereits betont habe). Noch wichtiger wäre es, wenn Israel endlich einmal beginnen würde, die fortgesetzte Landnahme wie zuletzt durch den Mauerbau und die Siedlungen im Westjordanland zu stoppen. Die Israelis müssen die Palästinenser als Menschen und als Staat anerkennen. Die Misere ist, dass beides im Argen liegt, weshalb die Palästinenser fortgesetzt erniedrigt werden und sich mit immer verzweifelteren Methoden wehren.


 Karl antwortete am 02.07.06 (10:28):

Es gibt übrigens auch in Israel Stimmen für Versöhnung:

Internet-Tipp: https://www.jewishvoiceforpeace.org/


 Tobias antwortete am 02.07.06 (11:15):

Es gibt Leute hier die lesen den Namen Tobias und da wird der Inhalt des Schreibens nicht mehr gelesen sonder nur noch drauf los gedonnert. Arme Leut !!


 Dunkelgraf antwortete am 02.07.06 (11:29):

@Tobias,
ganz im Gegenteil, ich mußte deinen Beitrag sogar mehrmals lesen, um sicherzugehen, daß ich mich nicht verlese.

"Die Polen haben sich auch Land genommen , dass ihnen noch nie gehörte. Nur weil wir nicht kriegslüstern sind wurde dies im friedlichen Sinne gelöst."

Das heißt doch für mich übersetzt: Polen seid froh, daß wir Deutschen so friedlich sind, sonst hätten wir euch wieder aus Schlesien und Ostpreußen vertrieben!
Ist das kein revanchistisches Gedankengut?
Die Frage ist nur, ob wir so friedliebend waren, ob die Umstände uns nicht zum Frieden gezwungen haben.
Die Vertriebenenverbände waren sowieso ein Anachronismus, die genau wie die rechtsextremen Parteien von Anfang an nicht zugelassen werden sollten.


 Tobias antwortete am 02.07.06 (11:45):

Dunkelgraf schreibt : Ich habe als Linker nie viel übrig gehabt für Brand, weil ich ihn immer als rechtsstehend angesehen habe. Aber dieser historische Kniefall bei seinem ersten Polenbesuch war das beste, was dieser Mann für Deutschland getan hat.

Ich schreibe :
Der Kniefall von Brandt hat damals bei den Konservativen hohe Wellen geschlagen.

Ich schreibe hier schon lange mit und habe noch nie einen Zweifel daran gelassen das meine Einstellung links von der Mitte ist und schon immer war.

Dunkelgraf, Geschichtsbelehrung brauch ich nicht hab diesbezüglich selbst sehr viel Erfahrung in meinem Leben gesammelt.


 Marina antwortete am 02.07.06 (11:50):

Wir sollten trotzdem beim Thema bleiben und jetzt nicht "ein neues Fass aufmachen".

Zum Thema:

Es gibt sehr viele Friedensgruppen in Israel, die ganz und gar nicht einverstanden sind mit dem Vorgehen der israelischen Regierung.
Hier einige (die wichtigsten) Adressen für die, die es interessiert:

Die größte israelische Friedensorganisation: Peace Now: https://www.peacenow.org.il/Site/en/homepage.asp

Die wichtigste Israelisch - Palästinensische Menschenrechtsorganisation: https://www.btselem.org/English/index.asp

Klein, aber sehr wichtig: Gush-Shalom, die Homepage von Uri Avnery: https://zope.gush-shalom.org/home/en
Im deutschen Netz (weniger Texte als im Original): https://www.uri-avnery.de/

Israelische Kriegsdienstverweigerer: www.yesh-gvul.org/english.html

Israelische Reserveoffiziere gegen den Krieg: www.seruv.org.il

Rabbis für Menschenrechte (Rabbis for human right): www.rhr.israel.net/overview.shtml

Ein Dorf bei Jerusalem,, in dem PalästinserInnen und Israelis gemeinsam leben: Neve Shalom/Wahat al-Salam ("Oasis of Peace")

Eine Frauenorganisation, die es sich zur Aufgabe gemacht, an den Checkponts zu stehen, um die schlimmsten Menschenrechtsverletzungen zu verhindern: https://coalitionofwomen.org/home/english/organizations/machsom_watch

Die Israelische Koalition gegen Häuserzerstörung: https://www.icahd.org/eng/, eine pazifistische Gruppe, aus mehreren israelischen und internationalen Friedensgruppen zusammengekommen, um die Zerstörung palästinensischer Häuser durch die israelische Armee zu verhindern.


Es gibt noch mehr, ist das nicht ein großer Lichtblick in all dem Desaster?


 Dunkelgraf antwortete am 02.07.06 (12:23):

@Marina,

auch ich muß dir einmal ausnahmsweise zustimmen. ;-)

@Tobias,
ok, vielleicht habe ich deinen Beitrag auch etwas mißverstanden, aber so wie du dich ausgedrückt hast, war das zumindest im Rahmen der Möglichkeiten.
Also ich nehme den "schlimmen Revanchisten" zurück.
;-)

Aber num mal wieder zum Thema.
Angenommen Israel und Palästina werden zwei unabhängige souveräne Staaten. Auch dann wird das Problem nicht gelöst sein. Ich denke an die territoriale Zerrissenheit dieser beidern zukünftigen Länder, die wirtschaftliche Unausgeglichenheit, die geteilte Hauptstadt, die Mauer zwischen den Staaten, und am schlimmsten: der eine Staat versteht sich als Staat der Juden, der andere als Staat der Muslime. Es wird wieder ein neues Provisorium geschaffen, das auf Dauer nicht lebensfähig wird.
Was wäre die bessere Lösung? Ein einheitlicher Staat, von mir aus mit Doppelnamen Israelitisch-palästinensische Republik. Darin sollten alle Rassen und Religionen gleichberechtigt sein, und vor allem: die Religion hat aus der Politik und den gesellschaftlichen Normen zu verschwinden.


 Carlos1 antwortete am 02.07.06 (12:53):

Es geht darum, WIE Versöhnung funktionieren kann. Nicht darum, ob ein Vergleich mit Polen, Frankreich oder anderen Staaten angebracht ist oder nicht. Das Beispiel der Nachkriegszeit, in der es zu einer wachsenden Zusammenarbeit zwischen den Staaten im Westen und später auch im Osten kam und in immer stärkerem Maße auch zu menschlichen Begegnungen, macht Hoffnung. Selbstverständlich waren und sind die Verhältnisse andere. Es sind auch über 60 Jahre seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges vegangen. Aber die Wunden sind imer noch nicht verheilt. Es gilt immer noch Vorurteile abzubauen. Besseres Verstehen zum Zwecke besserer Zusammenarbeit und für ein gutes Zusammenleben. Besonders gegenüber den Nchbarn im Osten. Die Grenzfragen sind endgültig 1990 geregelt worden. Die Grenzen sind unantastbar. Punkt. Aus.

Fazit: Der Verlust von Heimat muss nicht einhergehen mit erneuten Kriegen zur Rückeroberung des Verlorenen. Nicht mehr nach dem Zweiten Weltkrieg. Frage: Ist dies Muster auf den Palästinakonflikt übertragbar?

Die Lage im Nahen Osten ist völlig anders. Es herrscht Waffenstillstand, der jederzeit wieder in einen offenen Kriegszustand übergehen kann. Nur mit Ägypten und Jordanien gibt es einen Friedensvertrag. Versöhnung setzt voraus, dass es bereits vertragliche Regelungen auch mit anderen arabischen Staaten gibt. Die vertraglichen Regelungen mit den Pal müssten sich unmittelbar auf die Grenzen zu Israel beziehen. Im Moment gibt es aber noch keinen Staat der Palästinenser. Soll man deshalb aufhören über Versöhnung nachzudenken. Irgendwann wird sie kommen. Dann, wenn die totale Erschöpfung eingetreten ist. Oder eine grauenhafte kriegerische Katastrophe.

@ Karl

"das Problem wird sicherlich nicht allein dadurch gelöst, dass die Palästinenser die territoriale Integrität Israels anerkennen (obwohl ich die Notwendigkeit hierzu hier öfters bereits betont habe). Noch wichtiger wäre es, wenn Israel endlich einmal beginnen würde, die fortgesetzte Landnahme wie zuletzt durch den Mauerbau und die Siedlungen im Westjordanland zu stoppen. Die Israelis müssen die Palästinenser als Menschen und als Staat anerkennen. ...."

Karl, ohne Sicherheit für Israel gibt es keine vertragliche Regelungen. WENN es Sicherheit gibt, könnte auch die Frage der Grenzen geregelt werden. Damit auch die Siedlungsfrage. Der grundlegende Unterschied zur Situation in Mitteleuropa ist die Tatsache, dass der Nahostkonflikt auch ein religiöser, kultureller Konflikt ist. Zwei Nationalismen und zwei Fundamentalismen stoßen aufeinander. Das kompliziert das Problem ungemein.

Es ist ja richtig dass es keinen Kreg mehr in Mitteleuropa gegeben hat seit 1945 (mit Ausnahme des Jugoslwienkonflikts). Die Außenpolitik in Mitteleuropa wurde aber bis 1990 weitgehend in MOskau und den westlichen Hauptstädten gestaltet. Diese Staaten waren, beginnend im Westen, dann später auch im Osten in ein Netzwerk gegenseitiger Verträge eingebunden, woraus sich Vorteile und Verpflichtungen ergaben. Das ist völlig anders im Nahen Osten.


 Carlos1 antwortete am 02.07.06 (13:00):

@ Marina

Viele Israelis wissen, dass die Zeit nicht für sie arbeitet. Es iust aber nicht die Mehrheit. Sicherheit kann nicht auf Dauer durch Kriegsbereitschaft und Gewaltaktionen gewährleistet werden. Die herrschende Wagenburgmentalität verhindert jedoch die nötigen Schritte. Die USA lassen I. weitgehend gewähren, was nicht in ihrem Interesse ist. Eine Lösung des Nahostkonfliktes würde den Kampf gegen den weltweiten Terror sehr erleichtern.


 Marina antwortete am 02.07.06 (13:40):

1. "Es herrscht Waffenstillstand . . . "
Wirklich????

2. "Eine Lösung des Nahostkonfliktes würde den Kampf gegen den weltweiten Terror sehr erleichtern."

Es enttäuscht mich, dass jemand, der scheinbar so viel Durchblick hat, diese Kampfparole der Bush-Krieger übernimmt. Genau damit werden viele Menschenrechtsverletzungen gerechtfertigt.


 Dunkelgraf antwortete am 02.07.06 (14:16):

@Marina,
es ist seltsam, aber genau diese beiden Formulierungen hinterließen auch bei mir ein Unbehagen.
Wenn das Waffenstillstand ist, was ist dann Krieg? Ich bin auch der Ansicht, daß sich Israel im permanenten Kriegszustand befindet.
Dann der Begriff "weltweiter Terror". für mich ist Terror jede Art von Gewaltanwendung. Wollte man gegen den Terror kämpfen, müßte man in erster Linie die USA und Israel bekämpfen.
Und wieso "weltweiter"? Es gibt einige "Konfliktherde" in der Welt, kleine und große. Kleinere sind der Baskenkonflikt in Spanien, der Nordirlandkonflikt, der Tamilenkonflikt in Shri Lanka. Aber der gröpte ist der Konflikt Israel-Palästina. Im gängigen Sprachgebrauch wird der Begriff "Terror" nicht auf die Akte Israels und der USA angewandt, sondern auf die "Verzweiflungsakte" der schwächeren Seite, die aufgrund ihrer Unterlegenheit die äußerst wirksame Waffe der Selbstmordattentate für sich entdeckt haben. Ich glaub nicht einmal, daß diese Menschen aus reinem religiösem Eifer sich zu derartigen Taten hergeben, es ist vielmehr verzweifelter Haß (der seine Ursachen hat), der die Menschen dazu treibt.
Der Begriff "weltweiter Terror" kam erst nach dem 11.September 2001 auf, als nämlich der der Israel-Palästina-Konflikt nicht mehr im begrenzten Territorium blieb, sondern das Herz der USA erreichte.


 Marina antwortete am 02.07.06 (14:24):

Endlich mal ein Statement von dir, mit dem ich mich voll identifizieren kann. Danke! :-)


 Dunkelgraf antwortete am 02.07.06 (15:02):

@Marina,
na sowas? Das darf aber nicht so weitergehen.
Wir werden schon mal wieder Differenzen finden.:-))


 Marina antwortete am 02.07.06 (16:22):

Ich wüsste auch schon, wo. Da brauchst du nicht lange und vor allem nicht weit zu suchen. :-)) Aber "ein bisschen Frieden" tut ja auch mal ganz gut. :-)


 Carlos1 antwortete am 02.07.06 (17:01):

"Wer die Versöhnug wagt, wird frei". Das war die Überschrift. Wer kann die Versöhnung wagen? Privatpersonen? Schön und gut. Eher Staaten, besser deren ausführende Organe. Darum geht es. Die Kriege von 1948/49, von 1956, von 1967 und von 1973/74 wurden immer durch Waffenstillstandsvereinbarungen unter Vermittlung der Großmächte abgeschlossen. Zu einem Friedensschluss kam es nicht. Erst durch die Initiative des ägyptischen Präsidenten Saddat erfolgte der Frieden mit Ägypten. Tausch Frieden gegen Land (Halbinsel Sinai). Jeder Krieg Israels mit den Arabern hatte einen Sieg Israels zur Folge. Israel wurde immer größer. Es besaß Land, um sein Ziel ein Groß-Israel anzustreben. Das wichtigste Ziel aber, den Frieden, gewann es nicht.

Einfache historische Fakten und staatsrechtliche Grundbegriffe und die Grundregeln der Außenpolitik sollten nicht außer Acht gelassen werden. Auf emotionale Statements oder Ablassen von Stimmungen kann man gut verzichten.

Ein Krieg ist dann beendet, wenn die kriegführenden Parteien sich auf einen Nachkriegszustand einigen, dem beide auf Dauer zustimmen können und WOLLEN. Alles andere ist nur ein aufgeschobener Krieg. für die Pal würde das heißen, dass eine Regelung für sie gegenüber mehr Vorteile auf Dauer bieten müsste als der jetzige Zustand.

Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, sagte Clausewitz, der von Lenin und Mao sehr geschätzt wurde. Der Krieg dient dazu, den Gegner zur Erfüllung politischer Forderungen zu zwingen und diese von ihm anerkennen zu lassen. Im Krieg aber, heißt das, muss der Friede schon vorbereitet werden. Ich sehe nichts davon im Augenblick. Der Friedensprozess (roadmap to peace USA, Russland,EU) ist praktisch tot.

Marina, du bist gefühlsmäßig engagiert, aber worauf es bei der Beurteilung eines Konfliktes ankommt, die Machtfrage und das Problem der Sicherheit, lässt du aus den Augen. Weiter oben wagst du den Vergleich China-Tibet und behauptest, dass Konflikte dann gelöst sind, "wenn sie zur Zufriedenheit aller (!)einvernehmlich gelöst oder zumindest eingegrenzt worden sind. Hier aber werden sie immer weiter gehen, weil beide Völker das Recht auf ein Land erheben" .... Das ist leider wahr, aber du beachtest auch beim Beispiel Tibet-China eben die Machtfrage nicht. Gerecht geht es in der Politik nicht zu. Wenigstens menschenwürdig und erträglich sollte es aber sein.


 Marina antwortete am 02.07.06 (17:56):

Na fein, wenn es auf die Machtfrage ankommt und Gerechtigkeit dabei zweitrangig ist - weiter so, ihr Imperialisten dieser Welt! Aber dann wundert euch nicht, wenn die Unterdrückten immer wieder ihre Stimme erheben, um sich Recht zu verschaffen!


 Dunkelgraf antwortete am 02.07.06 (18:37):

@Marina, @Carlos,

Carlos könnte Politiker werden, kühl und vertragstreu. Mir ist aber deine emotionale Haltung sympatisher, Marina.

So sahen früher mal Kriege und Frieden aus. Ein Staat erklärte dem anderen den Krieg, man zerstörte und mordete, dann machte man einen Friedensvertrag und bereitete den nächsten Krieg vor.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde alles anders. Zwischen Deutschland und der Sowjetunion wurde niemals ein richtiger Friedensvertrag geschlossen. Die Amerikaner brachen zig Kriege vom Zaun, ohne dem Überfallenen den Krieg zu erklären. Geschweige denn, hinterher einen Friedensvertrag zu schließen. Wo ist der Friedensvertrag zwischen den USA und Vietnam? Heute entscheidet die Supermacht, ob es überhaupt Krieg ist oder Aufbauhilfe (siehe Irak).
Ich finde, sobald Krieg ist, hat jedes Recht ausgespielt, dann hält man sich nicht einmal an Kriegsrecht, dann wird höchstens aufgepaßt, daß die Medien nicht alles mitbekommen, bzw. daß die Medien ein Bild vom Krieg präsentieren, daß dem Sieger genehm ist.


 Carlos1 antwortete am 02.07.06 (21:05):

@ Marina

Ja, wenn es einfach so wäre und die Geschichte eine Agentur ist, die die Gerechtigkeit im Leben der Völker durchsetzt, ...ja, dann wären wir alle glücklich. Leider ist aber die Politik nur die Kunst des Möglichen. Alles andere ist Romantik. Und woher weißt du, Marina, dass die Erhebung der Unterdrückten immer und in jedem Fall eine gerechte Sache ist? Ist das Töten im Namen der Erhebung gegen Unterdrückung und Ausbeutung automatisch von höherer moralischer Qualität? Woher nimmst du deinen Optimismus? Die Revolutionen fressen immer auch ihre eigenen Kinder. Was kommt danach?

Brecht: Erst kommt das Fressen, dann die Moral.


 hugo1 antwortete am 02.07.06 (21:49):

So lange ich den Konflickt Israel/Palästina beobachte, ist mir noch niee, niemals der Gedanke gekommen oder die Idee oder auch nur die Vermutung, das es auf amerikanisch/israelischer Seite ein echtes Betreben zur Lösung gegeben hätte.
Es gab und gibt keine einzige politisch motivierte Handlung in den letzten 40 Jahren, die darauf hindeutet, das die Palästinenser als Menschen betrachtet werden. Falls es mal hier und da eine Andeutung gab, das die USA und/oderIsrael zu Verhandlungen bereit gewesen wären, dann hatte ich stets den Eindruck, das sie Menschen Dritter Klasse abfrühstücken wollten. Schon die Ausgangssituation, das die Einen eine hundertfache finanzielle, wirtschaftliche und militärische Überlegenheit zuvörderts am Verhandlunsstisch ausbreiten, läßt niemals eine ausgewogene, gerechte, humane und faire Verhandlung erwarten. Es war und ist stets ein Diktat, gespickt mit einer Unzahl von (im Vorfeld) zementierten Ungerechtigkeiten unannehmbaren Forderungen welche also stets eine erniedrigende, menschenverachtende latente Gängelei fixieren.
In diesem Zusammenhang von Vorbedingungen zu sprechen, die die Palästinenser einseitig erfüllen müßten ist schon der blanke Hohn an sich.
Hier ist keinesfalls irgendeine Art von Lösung, Verständigung, Versöhnung angedacht, hier gehts NUR um den Fortbestand dieses ungleichen Kräfteverhältnisses und sonnst gar nix.
,,und noch ein Wort zu tobias Aussage, die Polen hätten irgendwas irgendwem weggenommen, das ist Geschichtsverfälschung. Den Polen wurde -als geringe und untaugliche Entschädigung an Ihrer Westgrenze -ohne sie zu fragen und entgegen Ihrem Willen- Land zugefügt welches Ihnen im Osten durch sowjetische Westausdehnung und Enteignung, gestohlen wurde.
Ich bin gerne bereit darüber aus eigenem Erleben und in Kenntnis der Lage von Betroffenen, etwas über die Unschuld der Polen in dieser Angelegenheit beizutragen.


 Carlos1 antwortete am 02.07.06 (21:52):

@ dunkelgraf

Nach dem 2. Weltkrieg gab es keine Friedenskonferenz für das besiegte Deutschland, auf der (wie in Versailles 1919) ein Friedensvertrag ausgehandelt wurde. Es gab aber von Seiten der Westalliierten 1952 eine Erklärung über die Beendigung des Kriegszustandes. Dasselbe erfolgte auch parallel dazu von Seiten der Sowjetunion (habe nicht nachgesehen, wann genau das war, aber es gibt diese Erklärung). Sowohl Moskau als auch die Westalliierten waren an einer "Normalisierung" der Verhältnisse in Mitteleuropa interessiert: Sozial, ökonomisch, politisch im Rahmen ihrer jeweiligen Interessen. Das ergab sich aus der ideologischen, militärischen und wirtschaftlichen Konkurrenzsituation des Kalten Krieges. Beiden Seiten ging es um Stabilität in ihrem Einflussbereich. Um dieser Normalität willen, wurden auch diplomatische Beziehungen aufgenommen zwischen den beiden deutschen Staaten. Eben die Kunst des Möglichen, nicht des Wünschenswerten! Was im Nahen Osten anders ist, ist genau das Fehlen von Normalität und Stabilität. Ein latenter Kriegszustand unterbrochen von brüchigen Waffenstillständen - die Lage der Pal ist damit unerträglich.

Der Viermächtevertrag mit dem geeinten Deutschland 1990 wird als ein Ersatz für den Friedensvertrag angesehen, der nie geschlossen wurde.

Du schilderst einen Zustand, von dem die Politik wegkommen muss. Politisches Chaos ist kein Ideal, ist niemals wünschenswert. Im übrigen haben die USA als Seemacht das Prinzip der Freiheit der Meere verkündet, was nichts anderes heißt, dass sie ungestört Handel treiben wollen. Es gab seit dem 19. Jahrhundert eine große Zahl von US-Interventionen überall auf der Welt. Auch und direkt vor der Haustür Europas. Wenn amerikanische Handelschiffe durch Piraten attackiert wurden, ging dann die Marineinfanterie an Land und "regelte" die Angelegenheit. Imperialismus, ja. Aber wie ist denn das riesige russische Reich zusammengekommen? Durch freiwilligen Anschluss der vielen Völker??? Wenn du schon Kriege anführst, die vom Zaun gebrochen wurden, dann nenne sie doch. Es ließe sich dann zeigen, dass diesen Kriegseinsätzen Krisensituationen und Spannungen vorausgingen, dass die Gewaltanwendung die letzte Steigerung in den Eskalationsstufen war. Kriegserklärungen sind heutzutage aus der Mode gekommen, ebenso Friedenskonferenzen. Dafür gibt es die UNO als Clearingstelle. Mit ihren Blauhelmen als friedenssicherndes Element.


 Carlos1 antwortete am 02.07.06 (21:59):

Nachtrag

@ dunkelgraf. Bitte glaube nícht, dass keine Emotionen bei mir vorliegen. Es bringt aber nichts in Emotionen sich abzureagieren. Tucholsky sagte mal: Ich kann gar nicht so viel essen wie ich kotzen möchte. Dieses Motto kann ich aber nicht dauernd wiederholen, wenn ich die Lage im Nahen Osten beschreibe. Es wäre einfach langweilig.


 Claude antwortete am 02.07.06 (22:02):

Carlos schrieb,Ich kann gar nicht so viel essen wie ich kotzen möchte.

Das passt auf vieles lache.
Claude


 Carlos1 antwortete am 02.07.06 (22:10):

@ hugo1

Den USA kann vorgeworfen werden, dass sie zu wenig Einfluss nehmen auf dei Politik Israels. Sie könnten mehr Druck ausüben. Aber Israel ist ein souveräner Staat, er kann, muss aber nicht Ratschläge anderer Staaten befolgen.

Die Westverschiebung Polens, von Stalin auf der Konferenz von Teheran 1943 mit Roosevelt und Churchill vorgeschlagen gehört nicht hierher. Sie sollte anderweitig behandelt werden, falls Bedarf besteht. Es ist eine Frage, die die Historiker angeht. Der Verlust der Ostgebiete ist die Folge des zweiten Wletkrieges.


 Marina antwortete am 02.07.06 (22:19):

@Carlos,
"Und woher weißt du, Marina, dass die Erhebung der Unterdrückten immer und in jedem Fall eine gerechte Sache ist? Ist das Töten im Namen der Erhebung gegen Unterdrückung und Ausbeutung automatisch von höherer moralischer Qualität? Woher nimmst du deinen Optimismus?"

An welcher Stelle hatte ich das geschrieben? Bei deiner sonstigen "Sachlichkeit" wundere ich mich darüber, dass du so unsachliche Unterstellungen bringst. Ich hatte nur darauf hingewiesen, dass bei ungerechten Systemen damit gerechnet werden muss. Und dann muss eben auch mit "Blut und Tränen" bei den Erhebungen gerechnet werden, die dann in neue Ungerechtigkeiten eingehen können.

Hugo, deinem Beitrag stimme ich übrigens voll zu. Die Palis sind für die Israelis Menschen zweiter Klasse, das ist eindeutig klar. Aber wenn ich Carlos richtig verstehe, ist das ja in Ordnung, denn diejenigen, die die Macht haben, müssen in erster Linie auf Sicherheit und ihren Machterhalt achten und sind deshalb im Recht, so traurig das auch ist, letzteres immerhin ist er bereit zuzugestehen.


 hugo1 antwortete am 03.07.06 (09:10):

marina, vielleicht ist es ja auch so in Ordnung, das die Israelis mit den USA als Rückendeckung ihre Siegermentalität bis zum bittren Ende auskosten, dabei ständig über Leichen gehen (beiderseits) und sich dabei noch erhaben fühlen und vor Wohlgefälligkeit strotzen.
Zumindest aus der Sicht des Stärkeren sind die Palästinenser sowas von rücksichtslos, mit untilgbarer Schuld beladen und hochgradig unverschämt mit ihrer Forderung nach weniger Entrechtung, das man ihrer Ausrottung mit Begeisterung zustimmen müßte.
Komischerweise kann ich absolut keinen noch so klitzekleinen Grund erkennen, der gegenwärtig dafür spricht, in irgendeiner Weise Sympathien für Israel und die USA (im Zusammenhang mit deren Nahostpolitik)zu empfinden.
Im Gegenteil, es hat sich bei mir so eingeprägt das zumeist der Schwächere, der Kleine, der Hilflose, der Geschundene meine anerkennende Aufmerksamkeit bekommt.
Das geht sogar soweit, das ich neulich für die amerikanischen Fussballspieler (die für mich der Aussenseiter, der Fussballzwerg sind) die Daumen drückte,,,leider vergeblich. *g*


 Marina antwortete am 03.07.06 (12:41):

Auch in Israel gibt es seit einigen Jahren einen „Historikerstreit“. Israelische Historiker beginnen, die Geschichte der palästinensischen Vertreibung, die früher als eine freiwillige „Auswanderung“ gesehen wurde, endlich aufzuarbeiten und umzuschreiben. Es wurde höchste Zeit! Das ist übrigens ein Schritt zur oben geforderten Versöhnung: das Unrecht anzuerkennen, das geschehen ist statt es immer weiter zu leugnen und Geschichtsklitterungen in die Welt zu setzen.

Hier ein Auszug aus Wikipedia:

„Als Neue Historiker wird eine Gruppe israelischer Historiker bezeichnet, deren Ziel es ist, die Geschichte Israels und des Zionismus einer Revision zu unterziehen. Maßgebliche Historiker dieser Richtung sind Benny Morris, Ilan Pappe und Avi Shlaim. Ihre Forschung beruht auf der Auswertung israelischer Regierungsdokumente; arabische Quellen wurden – was oft Anlass zur Kritik gab – bisher vernachlässigt.
Kernthese dieser Schule ist, dass zur Errichtung des Staates Israel die Vertreibung eines Teils der arabischen Bevölkerung nötig war, was von der traditionellen israelischen Geschichtsschreibung bis dahin als freiwillige Migration gedeutet wurde. Daraus folgt nach Meinung der "neuen Historiker" eine (hauptsächliche) Mitverantwortung des Staates Israel für den Nahostkonflikt. Exemplarisch seien hier die aus Sicht Shlaims fünf Hauptthesen der Schule vorgestellt:
1. Die "offizielle" Geschichtsschreibung geht davon aus, dass die Briten die Errichtung eines jüdischen Staates verhindern wollten. Die "neuen Historiker" hingegen behaupten, dass die Briten einen palästinensischen Staat verhindern wollten.
2. Die bisherige Geschichtsschreibung sagt, dass die Palästinenser ihre Häuser freiwillig verließen. Die "neuen Historiker" behaupten, dass die Flüchtlinge gewaltsam vertrieben wurden.
3. Die "offizielle" Version lautet, dass die Machtverhältnisse während der Gründungsphase des Staates Israel zu Gunsten der Araber bestanden hätten. Shlaim und die Anhänger seiner Schule behaupten das Gegenteil: Israel sei hinsichtlich der verfügbaren Kräfte als auch in Hinblick auf die Bewaffnung den Arabern überlegen gewesen.
4. Nach der herkömmlichen Geschichtsschreibung verfolgten die Araber einen aufeinander abgestimmten Plan zur Vernichtung Israels. Die "neuen Historiker" hingegen sagen, dass die Araber niemals eine einheitliche Linie verfolgt hätten.
5. Die Mehrheit der Historiker vertritt die Ansicht, die Unnachgiebigkeit der Araber habe bisher einen Frieden verhindert. Shlaim und seine Kollegen vertreten das Gegenteil: Israel sei Schuld an dem festgefahrenen Friedensprozess.“

Internet-Tipp: https://de.wikipedia.org/wiki/Neue_israelische_Historiker


 Karl antwortete am 03.07.06 (15:07):

@ lielo,

"Wer die Versöhnung wagt, wird frei," da hast du einen schönen Titel für diesen Thread herausgesucht. Wenn doch die Israelis wie die Palästinenser ihn beherzigen würden.

Die Israelis haben meines Erachtens aus der Geschichte nicht gelernt. Die Wurzel allen Übels ist es, wenn ein Volk auf ein anderes herabschaut. In entsetzlicher Weise und bisher ohne Beispiel sind Juden in Europa Opfer dieser rassistischen Geisteshaltung geworden. Wir Deutsche als Nachkommen der Tätergeneration haben zu Recht eingetrichtert bekommen, niemals wieder darf so etwas geschehen und wir fühlen uns heute, wenn auch nicht persönlich schuldig, so doch verantwortlich dafür, dass solche Verbrechen niemals wieder geschehen.

Gerade deshalb empfinde ich es als äußerst deprimierend, dass die Nachkommen der Opfergeneration dabei sind in die Rolle der Täter zu schlüpfen. Sie haben aus der Vergangenheit nur gelernt, dass man sich wehren muss, aber nicht, dass kein Volk auf ein anderes herabschauen und es versklaven darf, dass Sippenhaft Rassismus ist.

"Wer die Versöhnung wagt, wird frei"! Die in diesem Satz zum Ausdruck kommende Erkenntnis wünsche ich beiden Seiten im Nahostkonflikt.


 Carlos1 antwortete am 03.07.06 (17:46):

"Ich hatte nur darauf hingewiesen, dass bei ungerechten Systemen damit gerechnet werden muss. Und dann muss eben auch mit "Blut und Tränen" bei den Erhebungen gerechnet werden, die dann in neue Ungerechtigkeiten eingehen können."
Marina

"Na fein, wenn es auf die Machtfrage ankommt und Gerechtigkeit dabei zweitrangig ist - weiter so, ihr Imperialisten dieser Welt! Aber dann wundert euch nicht, wenn die Unterdrückten immer wieder ihre Stimme erheben, um sich Recht zu verschaffen." Marina

@ Marina: Sags doch schlichter. Wo gehobelt wird, fallen Späne. "Blut und Tränen" sind notwendig bei den Erhebungen. Das schreibst du. Die können wieder in neue Ungerechtigkeiten eingehen, sagst du. Richtig. Was soll dann aber das Gerede von ungerechten Systemen???? Hinter dem nebulösen Begriff "System" verbirgt sich nur unklares Denken. Zwei Volksgruppen streiten sich um Land. Die Pal wollen in ihre Heimat zurück und die Israelis verhindern das. Israel wünscht diese Rückkehr nicht. Eine Machtfrage.

Die Vertreibung der Palästinenenser, jedenfalls vieler von ihnen, nicht aller, ist das Ergebnis der Gründung des Staates Israel, der vorausgehenden Einwanderung und der Kriege, die die arabische Seite verlor. Um der Wahrheit näher zu kommen: Auch des falschen Spiels der europäischen Großmächte England und Frankreich mit den Arabern während und nach demn ersten Weltkrieg (Sykes-Picot-Abkommen 1916; Balfour-Declaration 1917; Pariser Vorortverträge). Bitter für die Araber. Ein verlorener Krieg schafft Fakten. Es gab vier verlorene Krieg für die Araber? Ist dir das unbekannt? Du nennst das "ungerechtes System"? In welcher Welt lebst du eigentlich? Wer einen Krieg beginnt, muss sehen wie er ihn beendet und wie er mit den Folgen fertig wird. Die Kriege enden meist anders als geplant. Das ist nicht neu.

Jamila al Shanti, 49jährige Abgeordnete der Hamas im Parlament und Mitglied der Hamas-Führungsriege erklärt es. Ihre Familie wurde 1948 aus Askalon vertrieben. Was Palästina angeht, gibt es für sie nur eine vorübergehende Besetzung durch die Israelis. Auf lange Sicht wird diese Besetzung keinen Bestand haben, meint sie. "Eines Tages kommt der Tag der Rückkehr", ist die Politikerin fest überzeugt. "Wir haben das Recht auch nach hundert oder tausend Jahren." "Jeden Juden, der auf meinem Land lebt, hasse ich, erklärt al-Shanti unmissverständlich. "Sie kamen auf unser Land, nahmen es weg. Wir wollen es eben zurück." Wie steht es aber mit dem Heimatrecht der dort Geborenen?

Die Politik der Europäer ist für al-Shanti unbegreiflich. Sie ist enttäuscht, dass alle Europäer "gegen uns" stehen. "Warum tun sie das, nur weil Israel das von ihnen erwartet?" "Man hat uns doch zur Demokratie ermuntert, also lasst uns doch jetzt auch eine Chance zu regieren", fordert sie. Wenn die Europäer ihre Positionen wirklich verstehen wollten, würden sie zumindest einmal das Gespräch mit der neuen Regierung suchen, statt ständig neue Bedingungen zu stellen. Al-Shanti ist engagierte Sozialpolitikerin. Sie repräsentiert die andere Seite der Hamas, die die Welt übersehen will.
(Aus der Wochenendbeilage Stuttgarter Zeitung, 2. Juli 2006, Seite 50).


 Carlos1 antwortete am 03.07.06 (21:27):

Zum Historikerstreit

Die "neuen Historiker" hingegen behaupten, dass die Briten einen palästinensischen Staat verhindern wollten

Was soll hier NEU sein? Es lag nicht im britischen Interesse, einen jüdischen Staat zuzulassen und auch keinen palästinensischen. Der Traum vom arabischen Großstaat war nach dem ersten Weltkrieg ausgeträumt. Er war versprochen, da man die Araber als Verbündetet gegen das Osmanische Reich benötigte. Das Versprechen wurde nicht gehalten.

"Die "neuen Historiker" behaupten, dass die Flüchtlinge gewaltsam vertrieben wurden."

Alter Hut. Die Juden nahmen sich Land mit Gewalt im Krieg 1948/49. Die Vertreibung war gewaltsam, sofern die Araber nicht schon geflohen waren. Es gab Massaker. Schönrednerei nutzt nichts. In Kriegen gelten andere Regeln als für Tanzkränzchen. Fakten sind seit Jahrzehnten bekannt.

"Israel sei hinsichtlich der verfügbaren Kräfte als auch in Hinblick auf die Bewaffnung den Arabern überlegen gewesen."

Die Araber besaßen keine einheitliche Führung. Militärisch waren sie überlegen. Die Effizienz ließ zu wünschen übrig. Die strategische Position des neu gegründeten Staates war nahezu hoffnungslos. Nur die Uneinigkeit des arabischen Lagers rettete den neuen Staat.

"Shlaim und seine Kollegen vertreten das Gegenteil: Israel sei Schuld an dem festgefahrenen Friedensprozess.“

Da ist was dran. Innenpolitische Hardliner und fehlender Druck aus USA einerseits, das Festhalten an Maximalzielen (Großisrael!) haben dazu geführt, dass Chancen womöglich nicht genutzt wurden.

Frage: Was ist an dieser "Neuen Sicht" so wirklich neu?
Wenn Historiker sich streiten, wird mit Argumenten gefochten, nicht mit Gefühlen, es geht um die Bewertung von Quellenmaterial. Solche Dispute sind notwendig.


 Marina antwortete am 03.07.06 (22:45):

Gäääääähn. Deine historischen Fleißarbeiten langweilen mich zu Tode. Und deine oberlehrerhaften Belehrungen à la "In welcher Welt lebst du eigentlich?" kannst du dir an den Hut stecken.
Kleine Information: Dieses ist ein Diskussionsforum, keine Schule für profilierungssüchtige Lehrer.


 Claude antwortete am 03.07.06 (23:05):

Carlos,
deine Beiträge sind kein bißchen langweilig, vielleicht sind sie ideologisch nicht genehm, lache!
Claude


 Carlos1 antwortete am 03.07.06 (23:26):


@Marina

Wäre wirklich schlimm, wenn du dich "zu Tode" langweilst. Diskutieren willst du? In einem Diskussionsforum? Oh je ...
Über Wikipedia Links, die du nicht verstehst? Wir sollten es lassen.


 dutchweepee antwortete am 04.07.06 (02:52):

ich habe im augenblick mehr verständniss denn je, für den widerstandskampf der palästinenser.

vielleicht werde ich ja ab morgen (oder gestern) wegen dieser aussage vom MI5 oder der NSA überwacht. macht nix - ich hatte auch keine angst vor der stasie.

die juden israels begehen völkermord im augenblick!

.


 wanda antwortete am 04.07.06 (07:45):

auch ich äußere meine Meinung und denke gar nicht daran mich da irgendwo zu bremsen -


 schorsch antwortete am 07.07.06 (10:34):

Die Geschichte lehrt uns: um einen wirklichen Neufanfang zwischen feindlichen Staaten zu erreichen, braucht es zuerst einen Sieger und einen Besiegten.....


 Carlos1 antwortete am 07.07.06 (21:37):

"die juden israels begehen völkermord im augenblick!" dutchweepee


Besser: Nicht "die Juden Israels", sondern die Israelis.

Im Unterschied zu den beschämenden Vorgängen in Tschetschenien, haben Korrespondenten aus aller Welt die Möglichkeit sich an Ort und Stelle im Gazastreifen zu informieren und darüber zu berichten. Die Nahrungsmittelversorgung ist im Moment über mehrere Zugänge zum Gazastreifen einigermaßen gesichert. Strom erhält der Gazastreifen unter anderem noch aus einem israelischen Kraftwerk bei Askalon in grenznaher Lage. Allerdings versuchen radikale Palästinenser durch Raketenbeschuss das Kraftwerk zu treffen. Seit Juni 2005 wurden über 600 Raketen auf isr. Gebiet abgeschossen. Fünf Menschen kamén dabei ums Leben. Israel hat vor neun Monaten den Gazastreifen vollständig geräumt und verfolgt im Moment begrenzte Ziele.

Von Völkermord/Genocid ist hier die Rede. Was ist denn ein Genocid? Ein Genocid, wie er etwa bei den Indianern Nordamerikas vorlag nach der Besiedlung durch die Weißen, bei den Armenienmassakern in der Türkei während des ersten Weltkrieges oder bei der Ausrottung der jüdischen Bevökerung in den europ. Staaten ist das jetzige Vorgehen mit Sicherheit nicht. Es kann jederzeit gestoppt werden. Die internationale Öffentlichkeit beobachtet. Die Pal sind die Leidtragenden einer schlechten Politik. Der zweite Weltkrieg war in der Versklavung und systematischen Dezimierung großer Teile der Bevölkerung Polens und der Sowjetunion auch nichts anderes als Genocid. Fast vier Millionen russische Kriegsgefangene starben in der Gefangenschaft. Millionen unschuldiger russischer Zivilisten kamen um. Alles zum Wohl des erstrebten Lebensraumes für die Deutschen. Das war Genocid. Der Holocaust sei zusätzlich noch erwähnt.


 Karl antwortete am 07.07.06 (22:00):

Nein, es ist (noch) kein Völkermord ( ab wieviel Toten fängt das an?), aber eine unmenschliche und dazu dumme Überreaktion, die den Israelis keine Freunde bringt.

Wieviele Palästinenser und israelische Soldaten müssen noch sterben bevor die Israelis Gefangene im Gegenzug gegen den einen gefangenen Soldaten in palästinensichen Händen freilassen?

Internet-Tipp: https://www.timesonline.co.uk/article/0,,3-2260581,00.html


 hugo1 antwortete am 07.07.06 (23:32):

die Israelis sind gerade dabei,so wie ihre Busenfreunde der USA, sich in der arabisch-muslimischen Welt noch viel unbeliebter zu machen als sie ohnehin schon sind.
Ich habe die Vermutung, das auch bei vielen Menschen dieser Welt, welche das Davidsyndrom in sich tragen (im Zweifelsfall bei Kämpfen immer dem Schwächeren, Unterlegenem, Hilflosen ,,die Daumen zu drücken.) dies ebenfalls so ist.
So wird es mit Sicherheit keine Riesenschritte in Richtung einer Versöhnung geben, im Gegenteil. Ja, wenn dies so gewollt ist, dann sollte es ein voller Erfolg werden.
Heute werden durch die Racheakte der übermächtigen Israelis die Sämlinge des Hasses gegen sie und für die Aktionen der nächsten Generation gesät. Ich kann beim Besten Willen den "guten Friedenswillen" der israelischen Armee im Rahmen ihrer Einsätze nicht erkennen. Wenn das die ausgestreckte Hand ist, diese waffenstarrende, mordende, dann kann ich mir die zu erwartenden Reaktionen demnächst bestens vorstellen. Dem Krieg, der Waffenlobby, den Verfechtern des Status Quo wird wiedermal die nächste Runde gesichert und wir Alle werden das mit ausbaden und finanzieren müssen.


 hema antwortete am 08.07.06 (09:46):

hugo1

ich gebe dir in vielem Recht was du schreibst.
Ich bitte aber jene radikalen Anführer der Hamas nicht zu vergessen, die im SICHEREN SYRIEN sitzen und für die Entführung des jungen Israeli und die Zustände im Gaza verantwortlich sind.

Diese feigen Banditen sind die Schuldigen am Elend des Palästinensischen Volkes. Das Schicksal dieses Volkes ist ihnen keinen deut wert. Sie müßten sehen und erkennen, das es schwerer und schwerer wird für die Menschen im Gaza und da sind nicht die Europäer und auch nicht nur die Israelis schuld.

Wer den Krieg will, kommt durch ihn um !!!


 Ursula_J antwortete am 08.07.06 (10:09):

"Wer den Krieg will, kommt durch ihn um !!!"
Stimmt aber sehr selten.


 hugo1 antwortete am 08.07.06 (11:18):

hema
Diese feigen Banditen sind die Schuldigen am Elend des Palästinensischen Volkes.
Da bin ich nur teilweise dieser Meinung.
Was feige ist, da bin ich doch sehr mißtrauisch wenn ich die Israelis mit ihren gesicherten gepanzerten Fahrzeugen oder in ihren Miliärflugzeugen gegen Zivilisten im Einsatz sehe.
Wer Schuld ist, da frag ich mich auch mal, wer war eher, aktiv, die "Banditen der Hamas" oder die Vertreiber des palästinensischen Volkes. Ich denke eher, das die "Banditen" nicht die Ursache dieser Probleme sind, sondern das Ergebnis israelisch/amerikansicher/und UN-Politik .
Wer den Krieg will -der Normalbürger eines Landes will ihn bestimmt nicht, er wird zumeist durch Fehlinformation, Hetze und Bedrohung dazu verleitet und manipuliert, sich für kriegerische Tätigkeiten einspannen zu lassen. Er büßt dafür auch am ehesten und am meißten. Die Hintermänner haben zumeist bis zuletzt überlebt.
Im Irak sind zigtausende umgekommen die diesen Krieg nicht wollten. Der Verantwortliche aus den USA lebt immer noch saugut und will sogar bei mir in der Nähe einen schönen Tag verleben,,ich bin dagegen. Das hat nix mit Versöhnung zu tun, dieser Mensch verhöhnt die Opfer, er hat keine Ehrerbietungen und zukreuzekriechen unserer Politiker und meine freundliche Aufmerksamkeit schon gar nicht verdient.


 Lissi antwortete am 08.07.06 (14:12):

die Palästinenser würden also einen israelischen jungen Menschen gefangenhalten, aha.
Komisch, als ich das Foto im TV sah vom "Gefangenen" leuchtete es bei mir rot auf, und mir kam in den Sinn - manipulierte Meldung- beweisen kann ich es natürlich nicht.
Bei dieser ganzen Berichterstattung muß man auch dazusagen dürfen, dass die Israelis sehr viel Palästinenser gefangen halten, darunter viele Frauen und Kinder.
In die Freiheit mit ihnen, aber dali, ihr Lügenbarone in Israel.
Vielleicht könnte Marina über palästinensische Gefangene in Israel mehr offenlegen.


 schorsch antwortete am 08.07.06 (16:17):

Was die Israelis nicht begriffen haben: Die Palästinenser selber bewerten 1 Israeli = 1000 Palästinenser.....


 Carlos1 antwortete am 08.07.06 (17:39):

"Wer Schuld ist, da frag ich mich auch mal, wer war eher, aktiv, die "Banditen der Hamas" oder die Vertreiber des palästinensischen Volkes. Ich denke eher, das die "Banditen" nicht die Ursache dieser Probleme sind, sondern das Ergebnis israelisch/amerikansicher/und UN-Politik." hugo

Eigentlich liegt die Ursache dieser Probleme lange zurück, nämlich im Antisemitismus in Europa. Darin hatte der Zionismus seinen Ursprung. Theodor Herzl veröffentlichte sein Buch der Judenstaat um 1900 und mit seiner Forderung nach Auswanderung nach Palästina begann das Problem. Die einwandernden Juden fanden nämlich kein menschenleeres Land vor. Eigentlich eine irre Vorstellung auszuwandern und nicht danach zu fragen, wer dort lebt, davon auszugehen, dass es ein quasi menschenleeres Land ist. Nicht ganz zu Unrecht wirft der iranische Staatspräsident Europa vor, seine eigenen Probleme auf Kosten anderer gelöst zu haben. Er schlug vor einiger Zeit vor, Juden in Deutschland Land zur Verfügung zu stellen. Deutschland ist das Land, in dem der Antisemitismus am blutigsten sich auswirkte.

Der "Normalbürger" eines Landes (es gibt ja keinen pal. Staat bis jetzt) zumal eines so dicht besiedelten wie im Gazastreifen will keinen Krieg. Er will möglicherweise auch nicht, dass in unmittelbarer Nähe seiner Wohnung Raketen auf fremdes Staatsgebiet abgeschossen werden, weil er dadurch Gefahr läuft Ziel gegnerischer Maßnahmen zu werden. Kann er sich aber gegen die Radikalen wehren? Will er es überhaupt? Sicher will er besser leben. Aber was nimmt ein Mensch in diesem nahöstlichen Hexenkessel Gaza schon wahr? Er ist mit Überleben beschäftigt.


 Carlos1 antwortete am 09.07.06 (11:37):

"Was die Israelis nicht begriffen haben: Die Palästinenser selber bewerten 1 Israeli = 1000 Palästinenser." schorsch

Das haben wir eigentlich auch nicht begriffen. Wir nehmen nicht wahr, welchen Wert dem Leben des Einzelnen, des Individuums in Israel und im Grundgesetz beigemessen wird. "Wer ein Menschenlebne rettet, rettet die ganze Welt." Es galten bei uns andere Traditionen bis 1945 und bis 1990. "Du bist nichts, dein Volk ist alles." Das galt unter Hitler. Das Ergebnis kennen wir. Das Individuum hatte in der DDR und im gesamten sozialistischen Lager hinter dem "Gollektiv", pardon "Kollektiv", zurückzustehen. Das Ergebnis ist auch bekannt. Das sind grundlegende Unterschiede in der Betrachtungsweise, andere Werte.


 Dunkelgraf antwortete am 09.07.06 (12:29):

@carlos,
was veranlaßt dich, dieses Thema dazu zu mißbrauchen, um in gehässiger Art und Weise Querschläge gegen die DDR auszuteilen?
In der DDR hatte das Individuum höchste Wertschätzung und Achtung. Ganz im Gegenteil zu heute, wo es zu einer Steuernummer verkommen ist, und der Wert des Individuums nach der Höhe des Vermögens berechnet wird.
:-(


 Carlos1 antwortete am 09.07.06 (16:42):

"In der DDR hatte das Individuum höchste Wertschätzung und Achtung." Dunkelgraf

Das Menschenbild, Herr D.graf, das Menschenbild veranlasste mich zu dieser Bemerkung. Es veranlasste mich Parallelen zu ziehen. In der DDR stand der Mensch immer im Mittelpunkt und deshalb auch allen im Wege. Wie hoch die Wertschätzung des Individuums war, zeigt sich am Beispiel des DDR-Menschenhandels. Die westdeutsche Regierung kaufte jährlich etwa 1500 Gefangene aus der DDR frei und bezahlte dafür Preise bis zu 150 000 DM pro Kopf. Robert Havemann, Kommunist, Regimekritiker und früherer Mithäftling Erich Honeckers im Zuchthaus Neubrandenburg bis 1945, bemerkte dazu bitter, dass, was individuell organisiert kriminell ist, zur Inkarnation (= Verkörperung, Verwirklichung) sozialistischer Moral wird, wenn der Staat als Organisator auftritt. Der Handel mit Menschen wurde verstaatlicht wie der Handel mit Socken und Kartoffeln. Dissidenten gehörten nun mal zum profitabelsten Export der DDR.

Ist dir nicht aufgefallen, dass es hier im Nahen Osten auch Entführungen gibt, eine regelrechte Entführungsindustrie sogar und dass mit Menschen gepokert wird um ihren Preis? Ich finde es gut und richtig, dass der Wert des Individuums bei den Abgaben für die Gemeinschaft nach der Höhe seines Vermögens und seines Einkommens bemessen wird. Deshalb gibt es auch die Steuerprogression. Gehört aber nicht hierher zu diesem Thema, worin ich dir Recht gebe.


 Dunkelgraf antwortete am 09.07.06 (16:54):

@Carlos,
ich betone ausdrücklich, daß nicht ich vom Thema abgewichen bin, sondern du. Natürlich muß ich darauf antworten, denn solche Verleumdungen kann man nicht stehen lassen.
Die Beispiele, die du anführst haben nichts mit Menschenhandel oder Freikauf zu tun. Es waren gezielte Abwerbungen durch die BRD, um unserer Wirtschaft zu schaden. Diese Summen, die du nanntest waren keine Freikaufbeträge sondern Entschädigungen. Unser Staat hatte ca. 30 000 Mark pro Person aufgewandt, um ihn zum Hochschulabschluß zu bringen. Das ist noch sehr niedrig bewertet. Es ist nur recht und billig, daß ein Fremdstaat diese Kosten erstattet, wenn er hochqualifizierte Fachkräfte abwirbt.


 hugo1 antwortete am 09.07.06 (17:31):

Auch „Brain Drain“ wird unterschiedlich gesehen.
Unser aller ehem. Bundeskanzler war noch der dümmlichen, stolzen Meinung das es ein: Qualitätszeugnis sei, das deutschen und europäischen Forschern damit ausgestellt werde, daß sie in Übersee begehrt sind,,,,
Aber es war schon immer eine Besonderheit des Kapitalismus sich -auf Biegen und Brechen- der Kenntnisse, des Wissens der besten Leute anderer Länder fast ohne Gegenleistung zu bereichern. Da machte natürlich die BRD keine Ausnahme.
Damals war die DDR der Dumme, heutzutage ist es die BRD.
Wie sagte doch der Prof Glotz so treffend?: "Die Kehrseite der Medaille ist aber, daß Staaten hohe Summen in die Ausbildung investieren, den Großteil der akademischen und ökonomischen Ernte aber die Vereinigten Staaten einfahren."


 Carlos1 antwortete am 10.07.06 (18:38):

@Dunkelgraf

Wenn Versöhnung gewagt werden soll, sind Menschen mit im Spiel. Versöhnung kann nur zwischen Menschen sich abspielen, nicht zwischen Staaten. Staaten sind nur Agenturen, die Prozesse auf dem Weg zum Frieden anbahnen können. Insofern gibt es Zusammenhänge. Der Fall des Soldaten Schalit, den seine Landsleute aus der Hand der Pal freihaben wollen (mit wenig tauglichen Mitteln?) zeigt die Bedeutung eines Menschenlebens. Die Pal wollen für ihn 1000 Gefangene eintauschen. Das ist hier ausdrücklich thematisiert worden. Insofern gehört es zum Thema. Ich bezog mich darauf.

Der Vergleich mit den Freikaufsaktionen in der Zeit des Kalten Krieges ist durchaus angebracht, weil es zeigt, wie es auch anders gehen könnte und gegangen ist. Bürokratischer, geregelter. Aber immerhin. Das Thema DDR steht nebenbei mit zur Debatte. Zu bedenken wäre dabei, dass nicht nur Gefangene ausgetauscht wurden, sondern dass die DDR auch nicht wenige Agenten und Kriminelle auf diese Weise in den Westen brachte und dafür Geld kassierte. Die Sache mit der Entschädigung für Ausbildungskosten, lieber Dunkelgraf, ist doch eine Lachnummer. Sollen wir Buch führen über die Ausbildungskosten für jeden einzelnen, der bei uns einwandert oder auswandert? Welche Unkosten muss mein Heimatstadt W. der Stadt L. ersetzen daür, dass der neue Bürgermeister hier dort zur Schule gegangen ist? Und dann die die Kosten der Verwaltungshochsschule. Eine Riesenspielwiese für den wiehernden Amtsschimmel. Und dann noch der Brain drain. Seit einigen Jahren kehren viel Wissenschaftler den USA wieder den Rücken. Keiner wusste auch besser als Peter Glotz, der zuletzt Rektor der Uni Erfurt war, dass akademische Tätigkeit die Freiheit des Denkens und des Informationsaustausches benötigt. Nur in einer Atmosphäre der Freiheit ist erfolgreiches Fragen und Forschen möglich. Deshalb verließen viele Deutsche die DDR.

1933 begann der Exodus der deutschen Wissenschaft. Ca. 3000 der angesehensten deutschen Wissenschaftler, Künstler und Intellektuelle gingen ins Exil, die meisten in die USA. Ein großer Teil von ihnen war jüdischer Konfession. Damit begann der Niedergang der deutschen Universitäten und der Aufschwung der amerikanischen.

Versöhnung als Wagnis? In Israel werden jährlich 6000 Bücher veröffentlicht bei einer Einwohnerzahl vo 5 Mio, In Ägypten mit einer Einwohnerzahl von fast 70 Mio gibt es 500 Neuerscheinungen. Dieser kleine Staat ist was seine Modernität und Ausstrahlung betrifft in seiner Umgebung eine Provokation. Das wurde hier auch angedeutet: Die I. sähen auf andere herab(Beitrag von Karl). Sollen sie sich entschuldigen, dass sie den Sprung zum Hochtechnologiestaat geschafft haben? Es gibt Staaten und Kulturen, die sich nicht leicht tun mit dem Schritt in die Moderne.


 Dunkelgraf antwortete am 10.07.06 (19:13):

@Carlos,
zu einem Punkt, den du so als Lachnummer empfindest, möchte ich eine klärende Bemerkung machen.
Es ist ein großer Unterschied, was die Ausbildungskosten eines Hochschulabsolventen in den verschiedenen Gesellschaftssystemen betrifft. In den kapitalistischen Staaten wird ein Großteil der Ausbildung von den Studierenden und ihren Eltern selber getragen. Somit gehört ihm quasi das Diplom selbst, weil großenteils selbst finanziert, wobei es einige Ausnahmen von Stipendien geben mag. Im sozialistischen Staat wurden fast alle Ausgaben, vom Kindergarten bis zur Univerisätit vom Staat getragen. Jede Ausbildung war völlig kostenlos. Die Stipendien waren auch so ausreichend, daß kein Student noch eine Nebentätigkeit haben mußte, um sich über Wasser zu halten, wie es heute vielfach üblich ist. Somit ist eine Entschädigung schon in ganz anderem Lichte zu sehen.
Die "Freiheit des Denkens und des Informationsaustausches" ist völlig in Ordnung, aber nicht über die Grenzen von feindlich gesonnenen Gescllschaftsystemen hinweg. Dieser Informationsaustausch wurde gerade von westlicher Seite behindert. Oder hast du den Boykott des Technologietransfers während des kalten Krieges vergessen?
Ich schätze die Intelligenz des israelischen Volkes auf technologischem und wissenschaftlichem Gebiet hoch ein. Aber bei einer solch praktizierten dummen Politik befürchte ich, daß dieser Vorzug es nicht vor dem Untergang retten wird.


 hugo1 antwortete am 10.07.06 (19:37):

irgendwo hab ich mal gelesen, daß z.B. die gutausgebildeten intelligenten Hochschulabsolventen aus China und dem Iran die Gundlage für den ökonomischen Erfolg Kanadas der letzten 25 Jahre verursacht und gesichert haben.
Wenn jedoch -und das scheint heutzutage oft der Fall zu sein- dieser Wissensexport nur in eine Richtung geht, dann werden sich früher oder später weitere weltweite Spannungsherde bilden. Egal ob diese Leute abgeworben wurden, vom eigenem System vertrieben oder von selbts die Idee hatten sich bessere private Bedingungen zu suchen.


 Carlos1 antwortete am 11.07.06 (09:01):

Lieber Dunkelgraf,

Deine Ansichten sind für mich keine Lachnummer. Ich versuchte mir nur vorzustellen, was wäre und wie es wäre, wenn diese Grundsätze als allgemeines Gesetz Gültigkeit beanspruchten. Bildung ist immer mit Kosten verbunden. In den 80er Jahren kostete jeder Schüler am Gymnasium in einer süddt. Kleinstadt rund 8000,-DM pro Jahr. Die Lehrmittelfreiheit war nicht eingerechnet. Ich studierte wiederholt den Stadtetat, um die Kosten herauszufinden. Auch die Grundschule verursachte Kosten, die von der Allgemeinheit getragen wurden. Die Kosten für eine Hochschulausbildung waren und sind sehr hoch. Nicht nur in der ehemaligen DDR, die durch die Absetzbewegung bis 1961 in großen Schwierigkeiten war. Die Freikaufsaktionen fanden aber erst nach dem Mauerbau statt, in den 80ern. Da gab es keine große Fluchtbewegung mehr. Der frei Informationsaustausch war während des KAlten Krieges natürlich eingeschränkt wegen der Spionagefurcht. Jeder Krieg ist ökonomisch schlimmer als ein Verbrechen, er ist ein Fehler. Das trifft auf die Lage in den Palästinensergebieten zu.

Trotzdem halte ich es für unbedingt notwendig, so viele Studenten wie möglich aus dem Ausland hier studieren zu lassen. Sie lernen Deutschland kennen. Eine gute Investition in die Zukunft. In vielen Fällen bleiben Kontakte ein Leben lang bestehen. Kehren diese Leute in ihre Heimat zurück, werden sie von diesem Land erzählen. Wenn sie Einfluss gewinnen, kommt das unserer Witschaft zugute. Geld kann man nicht essen. Mit Geld kann man sich aber Freunde schaffen, indem man andern hilft. Ich will damit sagen, dass wirtschaftliche Fragen im Nahostkonflikt im Moment leider nur eine geringe Rolle spielen, obwohl diese das Wohl der Menschen unmittelbar betreffen. Fried4en und wirtschaftliche Zusammenarbeit gehören zusammen. Daraus kann sich Versöhnung entwickeln.

Aktionen wie die Gefangennahme des isr. Soldaten und die Ermordung seiner Kameraden erfolgten nicht auf Anordnung des Hamas Ministerpr. Haniya, dessen Amtssitz beschossen wurde, sondern von Damaskus aus.


 lielo antwortete am 11.07.06 (21:05):

Die Versöhnung wagen und dadurch frei werden ist mein Thema.
Die Alternative sind die Keulenmenschen. Die lösen die Meinungsverschiedenheiten kurz und schmerzvoll. Wer die grössere Kraft (sprich: bessere Waffen) hat, der hat recht. Wenn der Gegner besiegt ist, ist das Problem doch nicht beseitigt!
Der Sieger ist oft der Verlierer. Die Keulenmenschen von 1933-1945 haben verloren, zu unserer aller Glück. Den Israelis mit ihrer Keulenmentalität wird es nicht anders gehen.


 lielo antwortete am 11.07.06 (21:26):

Keulenmenschen haben noch die archaischen Denk-und Gefühlsstrukturen aus der Urzeit in sich, als der Mensch noch wie ein Raubtier in Höhlen lebte. Wer nach einem Händel tot in seinem Blut dalag, hatte unrecht. Recht hatte, wer die stärkeren Muskeln, die bessere Keule hatte und dem Mitmensch zeigen konnte, wie stark er ist.


 hugo1 antwortete am 12.07.06 (12:02):

heute haben die Israelis eine weitere großangelegte "Versöhnungsaktion" getartet. Um dabei so richtigen Kontak mit der Bevölkerung zu bekommen und auf Du und Du in Augenhöhe die Umarmung realisieren zu können, sind sie schnell mal in den Libanon einmarschiert.
Vor deren Friedesnwillen und Freundschaftsbeweisen scheint kein Nachbar mehr sicher zu sein. Da muss sogar die Entführung von einigen Soldaten herhalten,,,
Mal sehen ob das Schule macht. Angenommen im Kongo werden 2 unserer Blauhelme entführt, ob dann die Bundeswehr in Afrika einmarschiert mit oder ohne Kriegserklärung ?