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Übersicht Archiv "Politik und Gesellschaft"

THEMA:   2 Beispiele für ZIVILCOURAGE

 6 Antwort(en).

gruftnatter begann die Diskussion am 30.11.05 (14:05) :

1.Beispiel:
Im letzten Jahr wurde in der Nachbarstadt ein Preis für Zivilcourage an zwei Bürger vergeben. Einer hat Bankräuber verfolgt und für deren Ergreifung gesorgt. So weit - so gut und lobenswert. Im zweiten Fall verstehe ich allerdings die Welt nicht mehr. Ich zitiere die Lokalpresse vom 5.6.2004:
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G. L. war eigentlich nur mit ihrem Ehemann auf Einkaufsbummel, als sie am 12. Januar 2004 Zeugin einer Prügelei unter Jugendlichen wurde. Sie ging dazwischen, stieß die Angreifer weg und rief lautstark Passanten zum Mithelfen auf. Was sie nicht wusste: Es handelte sich um eine inszenierte Szene im Rahmen eines Projekts von Schülern und Polizei. Im Film, der seinerzeit entstand und der gestern im Forum zu sehen war, war den unfreiwillig darin Verwickelten noch das Zittern nach der aufrührenden Szene anzumerken.
Kriminalrat K. B. bescheinigte G. L., an diesem Tag geradezu ein Lehrstück in Sachen Zivilcourage abgeliefert zu haben.
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Ich hätte es vermutlich genau so gemacht. Immerhin habe ich gerade erst gestern zwei Jugendliche vor den eher mißbilligenden Augen anderer Zoobesucher vom Begrenzungswall des Eisbärengeheges im Zoo am Meer herunter gescheucht. Aber dass ich nicht ganz zurechnungsfähig bin und deshalb auch mitunter echte Risiken eingehe, weiss ich selber.

Was haben sich aber die Verantwortlichen dieser "Aktion" eigentlich gedacht? So etwas hätte für alle Beteiligten böse ausgehen können. Die Schüler hätten z. B.einen Krückstock eines aufgebrachten Passanten ins Kreuz oder auf den Kopf bekommen können, und die Helferin durchaus ein Messer in den Bauch. Muß man so etwas provozieren? Dass den Schülern Gewaltvideos Spass machen, bekommt man ja andernorts heutzutage ja deutlich vorgeführt, aber solche CANDED - CAMERA - AKTIONEN führen letzten Endes nur dazu, dass der Ernstfall als solcher nicht mehr erkannt wird. Selbst bei Polizeiuniformen kann man sich ja nicht mehr sicher sein. Fazit: Eine verantwortungslose Aktion, bei der alle ziemlichen Dusel gehabt haben.
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2.Beispiel:
Halb so schlimm!
An einem gegen 12 Uhr führte mich mein Weg über das Gelände des von allen Menschen verlassenen Schulzentrums in O. Dieser Ort ist zwar für seine Überfälle bekannt, aber
es war halb so schlimm:
Erstens war es mittags und zweiten hatte ich zwei Erwachsene dabei - meine Frau und meine Tochter.
Auf halber Strecke begegneten wir zwei Personen. Plötzlich sprang uns sich die eine in den Weg, zog eine Pistole, zielte auf mich und schrie:"Hände hoch oder ich schieße!"
Alles halb so schlimm:
Der Aggressor war ein ungefähr acht Jahre alter Junge, die Pistole Spielzeug, und die Begleiterin seine circa 70 Jahre alte Oma.
Ich lasse nunmal auch von Kindern mit Spielzeugpistolen nicht auf mich zielen. Deshalb griff ich nach der Pistole und raunzte ihn mit schärfstem Seitenblick auf seine Oma an:"Tu das Ding weg, du Blödmann!"
Alles halb so schlimm:
Ich bin schon über 50 und das kommt von meiner eigenen Erziehung. Außerdem bin ich Lehrer.
Aber auch das ist halb so schlimm,
da ich bereits pensioniert bin.
Die Oma tut so, als hätte sie nichts mitbekommen und geht geradeausgerichteten Hauptes weiter. Der Junge verliert kurz die Fassung und stammelt:"Warum denn?" Dann weicht er aus und schießt hinter uns her.
Alles halb so schlimm:
Er hat sich nirgends angestoßen und das waren nur Knallplättchen.
Meine Begleiterinnen beginnen erst zu realisieren, daß der Junge zu der alten Frau gehört, als sie sich umdrehten: Da lief der Junge hinter der enteilenden Oma her und schrie sie von hinten an : "Hände hoch! Hände hoch!" Und die Oma erhob schlaff die Arme.. .
Alles halb so schlimm?


 Peter101 antwortete am 30.11.05 (21:36):

Das ist der Anfang der neoliberalen Barbarisierung der Gesellschaft.

Internet-Tipp: https://www.memo.uni-bremen.de/docs/m1805.pdf


 seniorin antwortete am 01.12.05 (06:15):

De-Personalisation als Unterform von Dissoziation ---
"alles halb so schlimm".

Leben bestimmt sich nicht immer nur durch Zivilcourage.


 gruftnatter antwortete am 01.12.05 (09:35):

Klartext:
1)Sollte man vor Ort - gerade auch als Senior/in - "eingreifen" oder nicht?
2)In welchem Stadium ist es angebracht?

meine Meinung:
1) Das kommt darauf an, wie man es tut. Körperliche Gewalt wird sich vermutlich als Bumerang erweisen.
2) Dieses (Anfangs-)Stadium erscheint mir das günstigste.

Gruftnatter


 mart antwortete am 01.12.05 (10:13):

Zum Bankräuberbeispiel:

Mir würde es nie einfallen, einen Bankräuber zu verfolgen.

Fall 2: Prügelnde Jugendliche: Unklug mit Gewalt dazwischen zu gehen."Sie ging dazwischen, stieß die Angreifer weg." Das Risiko von beiden Parteien Prügel zu beziehen, ist groß.

Fall 3:
Jugendliche beim Eisbärgehege: würde ich ebenso handeln

Fall 4:
Kann deine Erregung verstehen. Reagierte auch einmal - als ich noch keine Kinder hatte ähnlich -, allerdings pfiff ich den Vater, der dabei, zusammen und nicht das Kind.- Sehe das aber jetzt etwas anders. Würde versuchen mit Oma zu sprechen und ihr meinen Standpunkt klar machen - falls Zeit vorhanden.


 Peter101 antwortete am 04.12.05 (19:53):

De-Personalisation als Unterform von Dissoziation ---
"alles halb so schlimm".

Das klingt wie Liebe.


 Peter101 antwortete am 04.12.05 (22:33):

Macht aber nichts, mir hört auch eh keiner zu...

https://kay.chobostyle.de/APPD/Forum/thread.php?threadid=122&sid=

Internet-Tipp: https://kay.chobostyle.de/APPD/Forum/thread.php?threadid=122&sid=