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Übersicht Archiv "Politik und Gesellschaft"

THEMA:   Vaterland ist abgebrannt?

 14 Antwort(en).

Gevatter begann die Diskussion am 23.08.05 (19:21) :

Der sächsische CDU-Bundestagsabgeordneten Nitzsche wirbt im Wahlkampf mit dem Motto "Arbeit, Familie, Vaterland" - einem Slogan, den auch die rechtsradikale NPD für ihren Bundesparteitag im vergangenen Jahr ausgewählt hatte.
Da konnte der Aufschrei der politisch Errekten natürlich nicht ausbleiben. Uii! Vaterland! Verwenden das nicht auch die Nazis? Na klar! Also fort damit aus dem Sprachgebrauch! Das "Vaterland" ist ideologisch vorbelastet!
Der GEVATTER meint dazu:
Wenn wir alles, was die Alt- und Neu-Faschisten in ihren Sprachgebrauch führten nicht weiter verwenden wollen, wenn wir dies ächten, dann werden wir uns eines Tages in Zeichensprache verständigen müssen!

Gevatter

Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,370357,00.html


 BarbaraH antwortete am 23.08.05 (23:07):

Vaterland hat für mich irgendwie einen antiquierten und recht bräunlichen Geschmack. Wie wär's alternativ mit Mutterland? ;-)

Ganz im Ernst: es liegt mir zwar fern, Wahlhilfe für die CDU zu leisten, aber wenn der Slogan schon in die Richtung gehen sollte, würde ich vorschlagen: Arbeit, Familie - das Fundament unserer Gesellschaft. Wenn die CDU sich dann auch noch tatsächlich um anständig bezahlte Arbeit und gute Voraussetzungen für Familien kümmern würde, wäre das natürlich noch besser.


 Marina antwortete am 23.08.05 (23:40):

Barbara, ich stimme dir zu. Das Problem bei diesen Slogans ist ja, dass derartige Begriffe mit Absicht gewählt werden, um die Rechtsradikalen mit ins Boot zu holen. Es sind ausgesprochene Stammtischparolen, die sollte ein Politiker schon vermeiden, wenn er seriös und glaubwürdig seine Politik vertreten will.


 Graugans antwortete am 24.08.05 (10:25):

Hallo Forumsbeteiligte,

das Problem wird sein, was dieser CDU-Politiker nach der
Wahl macht. Wahrscheinlich will dieser CDU-Politker in
Anlehnung der Erfahrung seiner Sinnungsgenossen vor 70
Jahren den Autobahnbau wieder aufleben lassen, um
Arbeitsplätze zu schaffen.
Der Mann kommt zu spät, denn Autobahnen werden heute mit
Maschinen gebaut und Arbeitsplätze werden durch den
technischen Fortschritt abgebaut.

Unser Problem ist, daß das riesige Potenzial der Automation
nicht voll für die Staatsaufgaben genutzt werden kann.

Dieses Problem werden wohl andere und kompetentere
Politiker für ihn lösen müssen.
Der CDU-Nitzsche scheint die Zeichen der Zeit noch nicht
gerafft zu haben.

Viele Grüße
Graugans


 schorsch antwortete am 24.08.05 (10:30):

Wetten, dass unsere Enkel in 50 Jahren den Begriff "Vaterland" viel weiter ziehen werden als wir; z.B. auf ganz Europa?


 welsch antwortete am 24.08.05 (12:49):

Komisch!!

Ich habe CDU/CSU bislang stets als gemäßigt rechts, also mehr zur Mitte, betrachtet.......und dabei bleibe ich auch!!

Ich finde es nicht in Ordnung, wenn man hier so tut, als seien diese Parteien rechtsradikal und somit unwählbar. Diese Auffassung scheint mir zu einer modischen Sache verkommen zu sein.

Den Begriff des "Vaterlandes" allein nur mit der Nazi-Zeit zu verbinden, zeugt meiner Meinung nach von herzlich wenig Geschichtsbewusstsein und Geschichtsverständnis.

Natürlich ist der Begriff "Vaterland" missbraucht und überstrapaziert worden. Aber ihn deshalb gleich total zu verteufeln, finde ich der Sache nicht gerecht.

Ich würde es mir verbitten, wollte man mich zu den ewig Gestrigen zählen wollen, aber:

Ich halte noch etwas von diesem Begriff, ich habe da keine Berührungsängste, er ist für mich weder verstaubt noch braun, sondern er ist eine Selbstverständlichkeit, die zu meinem Leben ganz einfach dazu gehört.

Alles daran Herumdeuteln ist larifari und sonst nichts!

welsch


 Lissi antwortete am 24.08.05 (13:16):

Vaterland
wenn ich in dieses Wort hineinspüre,kommen mir Gefühle des Geborgenseins hoch, dorthin kann ich immer zurückkehren,soweit ich mich davon auch entfernt habe,so wie die Geschichte vom verlorenen Sohn. Es strahlt mir himmelhochragende Tolleranz entgegen, eine Weisheit und Güte, die ich als Mensch nur erahnen kann.
Vielleicht spüren andere Menschen auch vom Sinn her dieses Gefühl.
Wenn das Wort "Vaterland" jetzt aber die Politik verwendet für einen "Wahlkampf",dann ist das für mich hochgradig hinterlistig angepackt,weil im Menschen drinnen Hoffnungen angesprochen werden, die der Unterjochung des Volkes dienen sollen.


 dutchweepee antwortete am 24.08.05 (14:51):

ich habe schon wiederholt geäussert, daß ich die verbannung der begriffe der LTI ablehne. damit gewinnen nur die nazis.

aus blödsinn begrüssen wir deutschen bekannten uns hier in holland auch mit "volksgenosse" und ich kann an diesem wort keinerlei NS-ideologie ausmachen.

ich lass mir doch von krümelkackern keine worte verbieten.

ich sagte es bereits: demnächst bin ich vielleicht nazi, wenn ich sonntags nen deftigen eintopf koche, ODER WAS?

.

p.s.: ich habe seit 1986 an der hochschule für bildende künste in dresden "design" studiert. uns war es strikt verboten kombinationen aus schwarz-weiss-rot zu entwickeln. (reichskriegsflagge)

solche blüten kann das treiben, wenn man kunst, oder sprache politisiert.

.


 Tobias antwortete am 24.08.05 (16:18):

Die CSU grast schon stark am ganz rechten Rand, welsch


 schorsch antwortete am 24.08.05 (18:01):

Früher sangen wir in der Schule noch : "Oh mein Heimatland, oh mein Vaterland, wie so innig, feurig lieb ich diiiiich....."


 mart antwortete am 24.08.05 (18:39):

Mir gefällt die Oberösterreiische "Hymne" von Stelzhammer:


HOAMATLAND F.Stelzhammer

1. Hoamatland, Hoamatland, di han i so gern, wiar a Kinderl sein Muader, a Hünderl sein Herrn, wiar a Kinderl sein Muader, a Hünderl sein Herrn.

2. Duri's Tal bin i g'laffn, af'n Höcherl bin i glegn, und dein Sunn hat mi trückat, wann mi gnetzt hat dein Regn, und dein Sunn hat mi trückat, wann mit gnetzt hat dein Regn .

3. Dahoam is dahoam, wannst net fort muaßt, so bleib, denn die Hoamat is ehnta da zweit' Muatterleib, denn die Hoamat is ehnta da zweit' Muat¬terleib.

4. Dein Bam, deine Staudna san groß worn mit mir, und sie bliahn schen und tragn und sagn: Machts a wia mir, und die bliahn schen und tragn und sagn: Machts a wia mir.

5. Am schönern macht's Bacherl, laft allweil tala, aber's Herz, vo wo's auarinnt, ´s Herz, des laßts da, aber's Herz, vo wo's auarinnt, ´s Herz, des lasts da.

6. Und i und die Bachquell´n san Veter und Moahm, treibts mi, wo da wöll, umma, mein Herz is dahoam, treibts mi, wo da wöll, umma, mein Herz is dahoam.


 Illona antwortete am 25.08.05 (10:47):

Ein "Österreichisches Lied" ?
Das Fehlen einer Nationalhymne hatte auch Anton Wildgans
verspürt, als er sich am 19. Februar 1929 an den Wahlösterreicher Richard Strauss wandte und ihn bat, eines seiner Gedichte als Vorlage für eine Volkshymne zu nehmen. Richard Strauss vertonte auch tatsächlich das Gedicht, wählte dafür jedoch keine volkstümliche, leicht singbare Weise, sondern widmete das Lied dem Wiener Männergesang-Verein, der das Werk seither auch gelegentlich zu Gehör bringt.
Wie in seiner ebenfalls aus dem Jahr 1929 stammenden "Rede über Österreich" bemüht sich Wildgans in dem Gedicht "Wo sich der ewige Schnee spiegelt im Alpensee" den "österreichischen Menschen" herauszuarbeiten. Dieser sei "pflichtgewillt" und "duldensstark". Aufgrund seiner kulturellen Herkunft ist der Österreicher für Wildgans gleichzeitig "Deutscher" und "Phäake" - wie man sieht, auch hier wieder einer jener vielen unlösbaren Widersprüche, in die sich die Erste Republik hineinsteigerte.
Anlässlich der Kriegserklärung an Serbien hatte 1914 der österreichische Diplomat Ottokar Graf Czernin den Satz geprägt:
"Die Donaumonarchie musste sterben. Nur die Todesart konnte sie wählen, und sie wählte die schrecklichste: den Krieg!"
In Abwandlung dieses Satzes könnte man für die Erste Republik sagen: "Die Republik wollte leben. Nur die Lebensart musste sie wählen, und sie wählte die schrecklichste: den Anschluss!"
Text auf folgender Seite!

ÖSTERREICHISCHES LIED
Anton Wildgans
Wo sich der ewige Schnee
spiegelt im Alpensee,
Sturzbach am Fels zerstäubt,
eingedämmt Werke treibt,
wo in der Berge Herz
dämmert das Eisenerz,
Hammer Gestein zerstampft,
zischend die Schmelzglut dampft,
wo durch der Ebene Gold
silbern der Strom hinrollt,
Ufer von Früchten schwillt,
hügelan Rebe quillt,
Pflügerschweiß, Städtefleiß
hat da die rechte Weis'
was auch Geschick beschied,
immer noch blüht ein Lied.
Österreich heißt das Land!
Da er's mit gnädiger Hand
schuf, und so reichbegabt,
Gott hat es liebgehabt!


Mir gefallt das Kärntner Heimatlied auch , obwohl hier auch darüber diskutiert wir , es nur noch Kärntner Lied zu nennen.
Gruß Illona

Internet-Tipp: https://www.genealogy.at/heimatlied/heimatlied.html


 welsch antwortete am 25.08.05 (13:57):

Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum ein dazu noch konservativer Politiker sich nicht des Begriffes "Vaterland" bedienen soll.

Mir ist auch schleierhaft, wie man das mit einer "Unterjochung" des Volkes verbinden will.

Will denn die CDU/CSU das Volk unterjochen?

Das finde ich doch zhiemlich stark danebengegriffen!

Meiner Meinung nach sollte man ein bisschen unaufgeregter mit derlei Begriffen umgehen und nicht gleich den Weltuntergang herbeireden wollen.


 mart antwortete am 25.08.05 (17:14):

Illona,

Diese vertonte Ode an Österreich von Wildgans ist ein klassisches Beispiel wie in den 30 er Jahren sehr bewußt, der Begriff "Österreich" und "Vaterland" aufgebaut wurde und versucht wurde, in Abgrenzung zu den Nachbarländern den Nationalbegriff ins Bewußtsein zu führen.

Da war allerdings Wildgans nicht der einzige bedeutende Dichter und Schriftsteller, der daran arbeitete.

Eigentlich ist das ein negatives Beispiel zu "Vaterland".


 Gevatter antwortete am 25.08.05 (20:08):

TOBIAS:
<< Die CSU grast schon stark am ganz rechten Rand, welsch >>

Das ist z.T. etwas untertrieben. Auf der Gehaltsliste des thür. Verfassungsschutzes bspw. stehen seit Jahren führende NPD-Größen.

Gevatter