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Übersicht Archiv "Politik und Gesellschaft"

THEMA:   Der eigene Bauch geht vor die Moral

 21 Antwort(en).

Karl begann die Diskussion am 06.05.05 (08:56) :

Die Briten haben gewählt. Zwar verliert Blair viele Sitze, aber der Unmut der Briten über den Überfall auf den Irak hat nicht gereicht, um Blair abzuwählen. Er hat letztlich wegen der florierenden Wirtschaft gewonnen. Der eigene Bauch geht über die Moral. Was schert mich das Leben anderer, wenn ich Arbeit und genügend Luxus habe? Das, so ist meine Meinung, ist die demoralisierende Botschaft der Unterhauswahlen.


 Marina antwortete am 06.05.05 (12:43):

Ja, das hat schon weiland Bertold Brecht erkannt:

"Ihr Herrn, die ihr uns lehrt, wie man brav leben
Und Sünd und Missetat vermeiden kann
Zuerst müßt ihr uns was zu fressen geben
Dann könnt ihr reden: damit fängt es an.

Ihr, die euren Wanst und unsre Bravheit liebt
Das eine wisset ein für allemal:
Wie ihr es immer dreht und wie ihr's immer schiebt
Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.
Erst muß es möglich sein auch armen Leuten
Vom großen Brotlaib sich ihr Teil zu schneiden."

Betold Brecht

Ich mache darauf aufmerksam, dass ich mit diesem Beitrag das Thema nicht "ins Lächerliche ziehen" wollte.


 Ursula_J antwortete am 06.05.05 (14:10):

Ja, Karl - ich verstehe es auch nicht, dass Blair (und auch Bush) wieder gewählt wurden. Allein schon weil sie sich den Krieg erlogen haben, hätten sie nicht gewählt werden dürfen und nachdem was sie im Irak angerichtet haben, erst recht nicht.


 Felix antwortete am 06.05.05 (15:41):

Nein Marina ... h i e r eben nicht aber anderswo schon!


 Marina antwortete am 06.05.05 (17:38):

Blairs blutige Nase

Den "historischen Sieg" gestehen Tony Blair fast alle britischen Zeitungen zu - aber die meisten gönnen ihm auch die "blutige Nase", die ihm die Wähler verpasst haben, indem sie ihn deutlich knapper wiederwählten als beim letzten Mal.
Dass er zweifelsohne einen "historischen Sieg" errungen hat, indem er Labour in eine dritte Amtszeit führt, das gestehen Tony Blair fast alle großen britischen Zeitungen zu.

Doch die meisten gönnen ihm auch den Dämpfer, die ihm seine Wähler verpasst haben. Im Vergleich zu dem triumphalen Ergebnis bei den letzten Wahlen ist die Labour-Mehrheit nämlich knapp.

Alle Blätter spekulieren außerdem darüber, ob und wann Tony Blair seinen Platz an der Spitze des Kabinetts für seinen Labour-Kollegen und jetzigen Schatzkanzler Gordon Brown räumen muss.

Internet-Tipp: /seniorentreff/de/j0N5qN0wh


 Graugans antwortete am 06.05.05 (19:07):

Hallo Forumsfreunde,

es gilt immer noch folgendes Motto:

Wessen Brot ich esse, dessen Lied ich singe!

Viele Grüße
Graugans


 ueberhaupt antwortete am 06.05.05 (21:12):

Hm.....Ich glaube nicht, daß die Engländer zwischen Bauch und Moral gewählt haben; oder haben wir Deutschen bei der letzten Bundestagwahl zwischen Bauch und Hochwasserleid gewählt.....? Außerdem wissen die Engländer, im Gegensatz zu uns damals, schon jetzt, daß Blair die Geschäfte in Bälde abgeben wird. Sie haben also nicht wirklich Blair, sondern Brown (?) gewählt. Da England zudem keine Bananenrepublik ist, halte ich es für wahrscheinlicher, daß man dort bei Wahlen genauso hilflos ist, wie hier. Man könnte hier und da wohl ebensogut eine Münze werfen.


 seewolf antwortete am 07.05.05 (01:43):

Karl -

glaubst Du im Ernst, daß in "diesem unserem Lande" die Wähler nicht nach dem Bauch wählen?

M.E. sind alle Bundestagswahlen seit den späten 50er-Jahren NUR nach dem "Hauptsache-was-zu-fressen-Prinzip" gelaufen...

Und die nächsten werden analog verlaufen - die geistige Elite hierzulande hat weder das Talent, gut zu verkaufen, noch die nötige Chuzpe, diesen Mangel auszugleichen. Da gucken "wir" dann lieber Harald Schmidt oder Stefan Raab oder dergl.

Man möge hierzulande nicht "höher Töne spucken, als das eigene Schall-Loch sitzt" (eigentlich ist das norddeutsche Sprichwort viel drastischer !).


 iustitia antwortete am 07.05.05 (08:51):

Ja, wer Krieg führt - dessen Wirtschaft floriert auch - zu äußeren, zinstreibenden Zwecken.
Und wer nicht an die Zinsen kommt, aber die Arbeit leisten muss, der erfreut sich und Frauchen und Kinderchen an den Krümeln, die vom Tisch der Herren runterfallen.
*
Die Bombenbauer und GPS- und PC-Techniker/innen sind die fröhlichsten Blair-Wähler??
Und wenn sie wie zufällig (!) dann als Elternteil oder als Ehefrau die toten Körper der Lieben in Plastiksäckchen rübertransportiert kriegen...; nein, lieber nicht daran denken.
Die Bomben sollen ja andere töten.
*
URL.: nicht hinkucken: Leichensäcke!
(E-Sack nach VDI 3891. Warum "schwarz" und "weiß"- weiß es wer?

Internet-Tipp: /seniorentreff/de/fe3ztcy0a


 Graugans antwortete am 07.05.05 (09:14):

Hallo Forumsfreunde,

was ist schon Moral???? Ein Disziplinierungsmittel!!!
Ein beliebig dehnbares Gummiband!
Im Prinzip Quatsch, denn wir haben vernünftige Gesetze!!!!!
Der eigene Bauch geht mir immer vor!
Deshalb wähle ich aus Solidaritätsgründen zu den jungen
Beschäftigten die SPD.
Die CDU und FDP wollen nach der Landtagswahl NRW die
Rentner kräftig zur Kasse bitten, die Wochenarbeitszeit und
die Lebensarbeitszeit erhöhen, die Lohnnebenkosten auf die
Beschäftigten verlagern, die Löhne absenken, die
Mitbestimmung abschaffen, eine privat abzuschließende
Extraversicherung für Demenzkranke einführen usw.,usw.
Man kann doch nicht seine eigenen Metzger wählen!

Viele Grüße
Graugans


 York65 antwortete am 07.05.05 (14:57):

Was ist schon Moral in der Politik,die gibts da nicht.Doch Tony Blair,einer der Verantwortlichen für den schrecklichen Irak-Krieg sitzt nun auf dem politischen Ast,den er sich selbst absägen wird.
Sein Schatzkanzler Gordon Brown sitzt schon in den Startlöchern,um seine Nachfolge anzutreten.Er will seinen Chef zwar nicht öffentlich herausfordern,aber die Zeit arbeitet für ihn.
Spätesten im Herbst 2006,wenn über das Referendum zur EU-Verfassung abgestimmt wird erfüllt sich sein Schicksal. an.Es ist schwer vorstellbar,wie Blair diese Volksabstimmung gewinnen will.
Nach einer Niederlage wird er wohl von der polischen Bühne verschwinden.


 schorschie2 antwortete am 07.05.05 (15:11):

Düefte bei uns nicht anders sein,wer nichts zu fressen hat,beschäftigt sich auch nicht mit Moral und ist gar nicht zu verdenken.Die alles haben,sind immer schnell bereit ethische Grundsätze aufzustellen.


 Karl antwortete am 07.05.05 (17:15):

@ Ueberhaupt,

teilweise kann ich zustimmen. Die Briten haben Blair nicht wegen des Irakkriegs gewählt, sondern trotz dieses Verbrechens, im übrigen nur etwa ein Drittel aller Wähler. Es fehlte eben in den Konservativen, die den Überfall auf den Irak auch gut geheißen hatten, eine aussichtsreiche Alternative. Die Sozialliberalen gelten noch als unerfahren und haben noch keine Regierung gestellt.

@ seewolf,

ich habe nicht geschrieben, dass ich vermuten würde, die Wähler hier bei uns würden anders entscheiden. "Der eigene Bauch geht über die Moral. Was schert mich das Leben anderer, wenn ich Arbeit und genügend Luxus habe? Das, so ist meine Meinung, ist die demoralisierende Botschaft der Unterhauswahlen." Diese Botschaft gilt sicher nicht nur für die Insel.

@ iustitia,

so ist es.

@ Graugans, York,

Gesetze sind die Folge einer Vorstellung von Ethik und Moral. Sie versuchen diese Vorstellungen abzubilden. Aber bereits ohne ihre von ethischen und moralischen Vorstellungen betriebene Auslegung können die Buchstaben schlecht formulierter Gesetze zum fürchten sein.

@ Schorschie,

die Situation ist weder in Großbritannien noch bei uns derart schlimm, dass es für die große Mehrheit um die Frage gehen würde, etwas zu essen zu haben oder nicht. In Wirklichkeit geht es nicht mehr um den "Bauch", auch wenn wir es so formulieren, sondern es geht um Luxus und Bequemlichkeit.


 ueberhaupt antwortete am 07.05.05 (22:45):

Karl, es enttäuscht mich, wenn Du zu iustitias Beitrag, der an Deinem Eingangsbeitrag schlichtweg "vorbei" ist, lapidar schreibst: "So ist es." Damit degradierst Du die englische Bevölkerung auf tumbes, unmoralisches Stimmvieh. Dein Thema war die WAHL und nicht, worüber iustitia einzig schreibt, Blairs Moral im Zusammenhang mit dem Irakkrieg und die Folgen. DAS Thema ist längst durch-oder wolltest Du es neu eröffnen? P.S. iustitias Anlage finde ich, gemünzt auf englische Wahlen und Wähler, geschmacklos.


 Karl antwortete am 08.05.05 (09:03):

DAS Thema, Überhaupt, ist leider noch lange nicht vom Tisch. Diese Woche gab es wieder Hunderte von Toten im Irak. Überhaupt solltest du, Überhaupt, versuchen zu vermeiden immer das Oberhaupt zu spielen. Ich lasse mir nicht vorschreiben, worüber und wie ich zu kommentieren habe.

Im übrigen degradiere ich weder "die englische Bevölkerung", noch die britische (es waren Unterhauswahlen(!)), sondern wenn du aufmerksam meine Antwort auf Seewolf gelesen hättest, hättest du erkannt, dass ich die zum Ausdruck kommenden Symptome leider nicht als auf die Insel beschränkt ansehe.


 Karl antwortete am 08.05.05 (09:08):

@ Überhaupt, noch ein Nachtrag,

du wirst Iustitias Beitrag nicht gerecht. Er versucht eine Erklärung für die florierende Wirtschaft in Großbritannien zu geben. Der Krieg im Irak hat sicherlich dazu beigetragen, dass die Auftragsbücher voll sind. Zwar ist die britische Bevölkerung mehrheitlich (aber nicht hinreichend mehrheitlich) der Meinung, dass der Krieg falsch war, aber seine wirtschaftlichen Segnungen sind sie nicht bereit aufzugeben.


 Graugans antwortete am 08.05.05 (09:42):

Hallo Forumsbeteiligte,

da könnt Ihr diskutieren, lamentieren, wie Ihr wollt, Fakt ist:
Der eigene Bauch hat immer Recht und er geht vor !

Viele Grüße
Graugans


 schorsch antwortete am 08.05.05 (09:56):

@ Karl: "...aber seine wirtschaftlichen Segnungen sind sie nicht bereit aufzugeben...."

Richtig: Ein paar tausend auf die Strasse gestellte Arbeiter und Angestellte bedeuten für die CEOs in paar Millionen mehr im Geldbeutel Ende Jahr;

ein paar millionen gefallener Soldaten und Zivilisten, ein paar hundertausend zerstörte Gebäude und Infrastrukturen bedeuten für die Sieger volle Kassen und grössere Produktion.

Als bedeuten genügend gefallene Soldaten und Zivilisten, ein paar hundertausend zerstörte Gebäude und Infrastrukturen für die von den CEOs auf die Strasse gesetzten Mitarbeiter - vielleicht! - wiedergewonnene Arbeitsplätze!?


 ueberhaupt antwortete am 08.05.05 (10:37):

@Karl: Ich versuche nicht, das Oberhaupt zu spielen. Das mag Dir allerdings so vorkommen, wenn ich (gerne) streng beim ERÖFFNETEN Thema bleiben möchte, während andere-u.U. auch Du-vom Thema abschweifen, obwohl es mich sehr interessiert. Der Erfolg beim Abschweifen ist doch riesengroß: Nach einer Zahl x von Beiträgen ist man ganz woanders gelandet. Und wenn Du selbst bei von Dir eröffneten Themen nicht darauf achtest, daß man dabei bleibt, nehme ich mir halt mal die Freiheit, das zu tun. Und wenn Du das als "oberhaupthaft" bezeichnest, finde ich das, höflich ausgedrückt, schade....Und wenn wir bei iustitias Beitrag aber völlig unterschiedlicher Meinung sind, kann ich damit leben. Wir beide sind doch manchmal auch ähnlicher Meinung. Mich z.B. enttäsucht das engglische Wahldergebnis auch; aus den geichen Gründen, wie unsere deutschen. Wir Europäer scheinen zunehmend unfähiger zu sein, Politikern bei Wahlen die Gelbe oder die Rote Karte zu zeigen. Das ist ein Phänomen für mich. Nach der Wahrscheinlichkeit müßten SPD/Grüne bei der Wahl 2006 mit Pauken und Trompten durchfallen; aber ich glaube einfach noch nicht dran. Wir haben natürlich auch fast in ganz Europa das Problem, daß es keine wirklichen Alternativparteien mehr gibt. Und so werden wir uns immer un immer wieder über solche Wahlergebnisse aufregen.....


 rolf antwortete am 08.05.05 (11:57):

Das Oberhaupt steht ÜBER den anderen,
das UEBERhaupt nicht?


 mart antwortete am 09.05.05 (10:42):

"Der eigene Bauch geht vor die Moral"

Ich möchte an Götz Alys Studie "Hitlers Volksstaat" erinnern, die analysiert, warum die Deutschen im Krieg relativ komfortabel leben konnten und Hitlers Politik so nachhaltig unterstützten:

Zwei Drittel der finanziellen Kriegslasten des Dritten Reichs wurden auf das besetzte Ausland abgewälzt, ein Drittel bezahlten besser verdienende Deutsche.

Aus der Besprechung dieses Buchs von Ernst Hanisch in der Presse vom 7.Mai 05 unter dem Titel "Exportgut Hunger"

"Das "Wirtschaftswunder" der Dreißigerjahre wurde durch riesenhafte Kredite finanziert, mit dem Ergebnis, daß Großdeutschland 38/39 fast bankrott war. Die Ausplünderung der Juden entlasteten das Reichsbudget um etwa 9%.
Neben der Ideologie und der Politik war die triste finanzielle Situation eine der wichtigsten Kriegsursachen...."

Internet-Tipp: https://www.diepresse.com/Artikel.aspx?channel=k&ressort=kl&id=480702


 abdu antwortete am 10.05.05 (22:54):

...man koennte ebensogut eine muenze werfen!
also doch eine bananenrepublik..