Zur Seniorentreff Homepage
Google
Web  ST 

Neues ChatPartnersuche (Parship)FreundeLesenReisen LebensbereicheHilfe


Übersicht Archiv "Politik und Gesellschaft"

THEMA:   Erstes deutsches Mahnmal .......

 19 Antwort(en).

Medea. begann die Diskussion am 26.04.05 (09:17) :

Am Sonntag wurde unter strengen Sicherheitsvorkehrungen in Bremen ein Gedenkstein zur Erinnerung an den armenischen Genozid vor 90 Jahren eingeweiht. Mehr als 600 Armenier aus ganz Norddeutschland nahmen daran teil. Rund 200 Türken protestierten dagegen lautstark.
Dieses Mahnmal ist das erste auf deutschem Boden.
"Die Wahrheit wird immer siegen" sagte der armenische Pfarrer Vardabet Seeroovpe nach der Weihe und rief ausdrücklich zu friedlichen Auseinandersetzungen auf.

Bürgermeister Dr. Henning Scherf begrüßte die armenische Initiative und sagte: "Ich fühle mich verpflichtet, dem Erinnern einen Platz in unserer Gesellschaft zuzuweisen."
Er wies die türkischen Proteste zurück: "Frieden verlangt, daß wir einander respektieren".


 utelo antwortete am 26.04.05 (11:05):

Warum müssen wir in Deutschland denn ein Mahnmal für den Genozid an Armenier vor 90 Jahren haben?


 iustitia antwortete am 26.04.05 (12:22):

Vor 14 Jahren sah ich auf einer Reise in Südfrankreich - in Valence, in Orange - mehrere Denkmäler, die an den armenischen Völkermord erinnerten.
Damals las ich dann A.T. Wegner und Werfels "Musa Dagh", einen Roman, den ich vorher irgendwie für komisch gehalten hatte.
Gestern Abend sah ich (auf 3 SAT) einen Bericht über Autor und Roman und Geschichte.
Ja, ich glaube, das ist wichtig, wenn Menschen von ihren schlimmsten Opfer-Erlebnissen Zeugnis geben wollen, auch in ihrem Fluchtland.
Das machen die Deutschen seit 45 - und vorher von den Potentaten und Kaisern und ihren Kriegen...(Gott sei Dank im eigenen Land).

Und wenn die türkischen Nationalisten lernen, dass es Menschenrechts-Standards gibt, die sie nicht verschmähen dürfen - haben sie auch eine Chance in Europa.
*
Infos über Armeniens Opfer

Internet-Tipp: /seniorentreff/de/HBPBDbv7x


 Marina antwortete am 26.04.05 (13:01):

iustitia, ich danke dir, dass du geschrieben hast "die türkischen Nationalisten" und nicht "die Türken" und überhaupt für den ganzen Satz. Es ist richtig wohltuend und selten hier, so eine differenzierende Aussage zu lesen.


 mart antwortete am 26.04.05 (14:02):

Wenn es so wäre, daß es e i n e Wortmeldung von türkischer Seite (türkische Politiker, türkisches Schulwesen, türkische Autoren, türkische Zeitung etc.) gäbe, die sich kritisch mit den Armeniern beschäftigen würden bzw. eine kritische Äußerung über die türkische bisherige "Vergangenheitsbewältigung" von sich gegeben hätten, hättest du, Marina, recht.

Solange, bis du mich widerlegst, wäre es besser bei uns zu erkennen, daß es in dieser Angelegenheit eine bald jahrhundertealte Leiche im Keller der Türkei gibt, die nicht angefaßt werden darf. Und solange kann nicht zwischen türkischen Nationalisten und Türken unterschieden werden.


 Medea. antwortete am 26.04.05 (14:40):

Mir noch sehr erinnerlich und zum Thema passend:
Ende März durchzog eine 'nationalistische Welle' die Türkei, eines der Opfer wurde der Schriftsteller Orhan Pamuk, der sich den Zorn der Türken zuzog, indem er es wagte, öffentlich von der Ermordung von einer Million Armenier im Osten der Türkei im Jahre 1915 zu sprechen.
Dieser Autor, der als türkische Hoffnung auf einen Literatur-Novelpreis gehandelt wird, erhielt daraufhin Morddrohungen. Ein Staatsanwalt scheute sich nicht, Ermittlungen gegen ihn einzuleiten, ein Landrat aus der Provinz ordnete sogar die Vernichtung aller Pamuk-Bücher in seinem Amtsbezirk an. Nun gab es aber dort überhaupt keine, wie sich dann herausstellte.


 schorsch antwortete am 26.04.05 (17:56):

@ utelo: "Warum müssen wir in Deutschland denn ein Mahnmal für den Genozid an Armenier vor 90 Jahren haben?".

Kannst du dir tatsächlich nicht vorstellen, dass es in der Türkei nicht möglich wäre, da sonst die Erbauer mit Zuchthaus und Folter rechnen müssten?

Kannst du dir aber vielleicht vorstellen, dass die rund 200 Türken, die dagegen lautstark protestierten, dies nur taten, weil sie nie mit dieser Geschichte konfrontiert wurden, resp., weil in den türkischen Schulen - und nicht nur dort - dieses Thema tabu ist?


 Marina antwortete am 26.04.05 (22:10):

@Mart,
"Wenn es so wäre, daß es e i n e Wortmeldung von türkischer Seite (türkische Politiker, türkisches Schulwesen, türkische Autoren, türkische Zeitung etc.) gäbe . . ."
Ist der von Medea erwähnte Schriftsteller Orhan Pamuk kein Türke? Also schon mal ein Stimme. Neben Pamuk gibt es sehr wohl kritische türkische Intellektuelle, die sich zu Wort melden. Es sind allerdings wenige, was kein Wunder ist, da sie verfolgt werden und deshalb meistens im Exil leben.
Hier ein Artikel(s. URL),der genauere Hintergründe beleuchtet:

"Die Fragen um die jungtürkische Republik und die Armenier schlagen auch nach 90 Jahren noch hohe Wellen. Zunehmend verschaffen sich jedoch auch türkische Historiker Gehör, die um die Aufarbeitung des historischen Kontextes bemüht sind."
[... ]

Der Artikel schließt mit den Worten:

"Auf der anderen Seite macht die größte Tageszeitung "Hürriyet" derzeit eine Serie "Was geschah 1915?", in der sie neben den Apologeten der offiziellen Position auch den bekanntesten Kritiker derselben zu Wort kommen ließ. Professor Halil Berktay von der renommierten Sabance Universität konnte in einem langen Interview erläutern, warum die Massaker keine Selbstverteidigung des Osmanischen Reiches, sondern eine geplante Aktion zur Vertreibung und Vernichtung der Armenier in Ostanatolien waren. Halil Berktay benutzt dabei den Begriff "ethnische Säuberungen" und nicht "Völkermord".

Beide Begriffe wurden erst lange nach der Ermordung der Armenier in Anatolien geprägt und definiert. Es wäre tragisch, wenn nun im Streit um den richtigen Begriff erste Ansätze zu einer Verständigung wieder verschüttet würden."

Internet-Tipp: /seniorentreff/de/EhscY0IXc


 mart antwortete am 27.04.05 (00:30):

Die zwei von dir zitierten "türkischen" Stimmen mußten leider aus der Türkei flüchten:


Taner Akcam kam Anfang der 1980er Jahre als politischer Flüchtling nach Deutschland, hat sein Handwerk am Reemtsma-Institut in Hamburg gelernt und lehrt heute an einer Universität in den USA.

Der Schriftsteller Orhan Pamuk ist in Kayseri angeklagt - wegen "grundloser Vorwürfe gegen die türkische Identität, das türkische Militär und die Türkei als Ganzes". Pamuk hatte in einem Interview erklärt, dass in der Türkei Anfang des letzten Jahrhunderts eine Million Armenier getötet worden seien. Daraufhin erhielt er Morddrohungen, seine Bücher wurden in der südanatolischen Stadt Bilecik verbrannt.

Der ebenfalls von dir zitierte Istanbuler Historiker Halil Berktay, der sich Anfang April kritisch äußerte, geriet in den Strudel derselben Beschuldigungen, die auch der Schriftsteller Orhan Pamuk auf sich zog. Inzwischen lehnt Berktay es ab, weitere Stellungnahmen zur Armenierfrage abzugeben.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,352917,00.html


Und für die, die sich für das Thema interessieren:


Der Film "Ararat" ist ein Beitrag wider das Vergessen und wider die Vertuschung. Der Regiseur
Atom Egoyan wurde in Kairo geboren, wuchs an der kandaischen Westküste auf und ist Armenier. Kein Wunder, daß er als Regisseur in seinem Film "Ararat" (2002) die Geschichte der Massaker aufgriff.
Übrigens wird dieser Film in der Türkei nicht gezeigt.

Dienstag, 26. April 2005, 22.55 Uhr in 3sat wird dieser Film erstmals gezeigt.
https://www.presseportal.de/story.htx?nr=669037


Soviel also zu den zitierten "Nichtnationalisten" und "Türken".



Und eine weitere Information:

Hitlers "Mein Kampf" ist unter den ersten zehn Plätzen der türkischen Bestsellerliste, Demonstrationen gegen Kurden und Armenier gehören zur Tagesordnung.
https://www.3sat.de/3sat.php?https://www.3sat.de/kulturzeit/themen/78620/


Trotzdem scheint sich in der Türkei etwas zu bewegen. Zumindest darf heute in der Schule das Wort "Armenier" (aber auch "Kurde")ausgesprochen werden, ohne aus dem Dienst entlassen zu werden.


 Medea. antwortete am 27.04.05 (07:27):

Justitia hat es bereits erwähnt, ich tue es jetzt hier ein zweites Mal. Kauft Euch das Buch von Franz Werfel "Die vierzig Tage des Musa Dagh", Euro 14,90.

Franz Werfel sagt dazu: "Dieses Werk wurde im März 1929 bei einem Aufenthalt in Damaskus entworfen. Das Jammerbild verstümmelter und verhungerter Flüchtlingskinder, die in einer Teppichfabrik arbeiteten, gab den entscheidenden Anstoß, das unfaßbare Schicksal des armenischen Volkes dem Totenreich alles Geschehenen zu entreißen".

Die Armenier haben alles Recht der Welt, daß diese Greuel
- wie jede anderen Greuel auch - bekanntgemacht und nicht geleugnet oder runtergespielt werden, um durch das Eingeständnis der Türken letztendlich einen Weg zu finden, der nicht im Vergessen mündet, sondern neue Hoffnung für eine Verständigung bringen kann.


 mart antwortete am 27.04.05 (07:42):

Alles Lug und Trug -

Der Vorsitzende der Türkischen Gesellschaft für Geschichte, Yusuf Halacoglu, hat die offizielle und fast 100 Jahre lang gelehrte Sicht in Zahlen gegossen.

Demnach starben 6500 bis 8500 Armenier, es wurden aber 519 000 !! Muslime von Armeniern ermordet.


 mary antwortete am 27.04.05 (10:49):

es gehört meiner Meinung nach zur Verarbeitung der Geschichte, nicht nur der Deutschen. Obwohl Deutschland damals eine unrühmliche Rolle bei diesem Progrom mitspielte. Ich hört davon auf einer Reise 1987 durch Armenien in der damaligen Sowjetunion und besuchte auch das imponierende Mahnmal in Eriwan. Danach las ich in der Wochenpost einen ausführlichen Artikel über dieses Progrom. Besonders erschüttert hat mich auch Franz Werfels " Die vierzig Tage des Musa Dagh".Ob man nun in Deutschland ein Mahnmal errichten sollte, ich weiß es nicht. Wichtig ist doch dass dieses grausame Geschehen aus den Geschichtsbüchern nicht verschwindet.


 feldi antwortete am 27.04.05 (12:32):

utelo antwortete am 26.04.05 (11:05):

Warum müssen wir in Deutschland denn ein Mahnmal für den Genozid an Armenier vor 90 Jahren haben?

Frag ich mich auch. Nachher heißts noch wir wären das gewesen.


 Karl antwortete am 27.04.05 (14:05):

@ feldi,

die Türken waren im Ersten Weltkrieg die Verbündeten der Deutschen und leider hat die deutsche Regierung damals das Vorgehen der Türken geduldet. Ganz ohne Schuld sind wir da leider auch nicht.


 rolf antwortete am 27.04.05 (14:33):

Das "Mein Kampf" zwar in der Türkei zu den Bestsellern gehört, nicht aber bei uns, liegt daran, daß es bei uns verboten ist.
Wir dürfen uns kein eigenes Urteil über dieses Werk bilden, in dem stehen soll, was Hitler geplant hat.


 heinzdieter antwortete am 27.04.05 (15:49):

Es stellt sich jetzt grundlegend die Frage:
Wann bauen denn die Franzosen ein solches für die Algerier, oder die Spanier für die Inkas oder oder..
Man sollte doch die Kirche im Dorf lassen.
In Deutschland gibt es doch genügend Probleme, die zu einer Lösung anstehen und ausserdem ein interessantes
Diskussionsthema abgeben würden.
Aber nein, wir suchen wieder einmal unsere Schuld für eine Untat, die während des 1. Weltkrieges stattfand und von den Türken verübt wurde; aber wir waren ja damals Verbündete.Daher kommen also bei manchen die Schuldgefühle.


 feldi antwortete am 28.04.05 (14:13):

Karl, wir sind an allem Schuld.


 Karl antwortete am 28.04.05 (19:58):

So einfach ist es nicht ;-)


 feldi antwortete am 29.04.05 (10:40):

Dann die Frau! Such sie!


 iustitia antwortete am 29.04.05 (11:44):

rolf-ADOLF -
wenn du noch nie ein Buch, einen Aufsatz, einen Absatz in einem Schulbuch gelesen hast, in dem über ADOLF geurteilt wird - dann versuche doch mal Werner Bergengruen zu lesen, was ihm während ADOLFS 1000-jährigen HERR-lichkeiten auffiel. Oder, wie hier gesagt: Werfel. Oder T. Mann - aber das waren wohl alles UN-Deutsche...? Oder der Norweger Petter Moens, in seinem "Tagebuch", übersetzt von Edzward Schaper. (Einen Aufsatz - aus einer Religions-Zeitschrift - mit Zitaten, mit Erklärungen kriegt jeder von mir über E-Brief, der ehrlich daran interessiert ist.)
*
Du weißt doch: Deutsch sein heißt, der katholischen Kirche glauben (jedenfalls der vor-demokratischen) und den "Krieg als Schule des Glaubens" betreiben.

rolf-adolfi - Aber Du hast Glück; Du kannst hier frei leben, wenn Du andere nicht bedrohst oder belästigtst oder "behandelst", wie Du es vielleicht gerne willst: WIR SIND NICHT MEHR ADOLF. Du aber möchtest wohl: ICH BIN ADOLF! (Eine miese Karriere steckt dahinter, als Kind, als Männlein...)
(Da brauchst Du gar nix zu lesen; auch nicht so zu tun, als ob Du eine gerechte Analyse von "Mein Kampf" erwarten kannst. Lies lieber Karl May. Oder BLÖD.
*
URL - das Kindchen-Bild von Adolf H. ist doch süß. Hätte ein intelligent-freundlicher Mensch draus werden können - unter anderen als den alldeutsch-beamtenmäßigen Prügel-Bedingungen und künstlerischen Allmachtsansprüchen.
(Rolf - nimm es nicht persönlich-schimpflich: Nach Hilters "theoretischen Ansprüchen" dürfte es solche wie DICH nicht mehr geben: Sie - (ä)elterlichseits - waren zu schwach, um gegen den Kommunismus eiiinnnnfürrrrallllemallll zu siiiiiiiiiiiegen! Jawoll!)
https://amphetamines.com/babyhitler.jpg

Internet-Tipp: https://amphetamines.com/babyhitler.jpg