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THEMA: Der gläserne Bürger
34 Antwort(en).
Karl
begann die Diskussion am 13.03.05 (19:27) :
Um die Terrorfahndung zu erleichtern, sollen Handy-, SMS- und E-Mail-Daten aller EU-Bürger bis zu ein Jahr lang zentral gespeichert werden.
In einer Demokratie kann ich noch hoffen, dass solche Daten tatsächlich nur zur Terrorbekämpfung verwendet werden, aber was für Handwerkzeuge erwachsen zukünftigen totalitären Staaten durch die technologische Entwicklung? Ergänzt werden diese Dokumente über die Kommunikation zukünftig noch durch DNS-Pass und Brain-Mapping. Der mögliche Missbrauch in der Zukunft wird nicht allein davon abhängen, ob dies schon heute eingeführt und in vollem Umfang ausgewertet wird, aber zukünftige totalitäre Regime werden ihre Bürger in der totalen Kontrolle haben. Können wir davon ausgehen, dass es in Zukunft keine solcher Regime geben wird?
Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,346209,00.html
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Medea.
antwortete am 13.03.05 (19:39):
Unter diesen beängstigenden Gesichtspunkten, die ich nicht ausschließen kann, wäre es vielleicht sinnvoll und ernsthaft zu bedenken, ob wir sämtliche Handys etc. entsorgen und zur Nachrichtenübermittlung zwecks Rauch- und Feuerzeichen zurückkehren.
Bei den Ureinwohnern Nordamerikas war das eine über Jahrhunderte geübte Methode. :-))
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seewolf
antwortete am 13.03.05 (20:42):
Eindeutig: nein - Karl. Davon müssen wir ausgehen, daß es diese Regime(s) weiterhin geben wird. Wollen hoffen und alles daransetzen, daß es bei uns nicht ganz so arg wird. Dies wiederum wird davon abhängen, wie sich die Bevölkerung tatsächlich verhält....
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Karl
antwortete am 13.03.05 (20:55):
@ seewolf,
in Bezug auf das Verhalten der Bürger werde ich langsam kulturpessimistisch. Wenn ich z. B. hier in den Foren sehe wie leichtfertig rechtstaatliche Prinzipien über Bord geworfen werden, wie wenig sie verinnerlicht sind, mache ich mir keine großen Hoffnungen auf viel Widerstand beim nächsten großen Verführer.
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seewolf
antwortete am 13.03.05 (21:10):
Karl -
hier in den Foren... Ich bin da nicht so pessimistisch wie Du scheinbar. Ich erkenne an manchen Beiträgen schon mehr emotionale Energie als intellektuelle. Nur - ich möchte daraus nicht vorschnell den Schluß ziehen, daß "die Leute "rechtsstaatliche Prinzipien über Bord" werfen. Manche wollen wohl eher, daß solche Prinzipien glaubwürdig angewendet werden. Und - ich möchte insofern auch kritisieren, daß manches im Rechts-Alltag eben NICHT nach diesen Prinzipien funktioniert. Der Grund: Menschen wenden das Recht an ... und Menschen machen nicht nur Fehler - sie sind vereinzelt auch unfähig auf ihrem Posten. Derartige Fehlbesetzungen gibt es eben nicht nur in der Politik.
Wenn diese Bevölkerung reif ist für gelebte Demokratie, wird sie auch damit fertig, ohne dem Links- oder Rechtsextremismus zu verfallen.
Allerdings muß weniger höflich oder "political correct" geschwafelt werden, sondern mehr Fakten nüchtern erörtert werden. Sonst verwässert jede Debatte zum Small-Talk nach dem Motto: "Ja - Sie sehen heute aber wirklich gut aus!"
Tacheles reden. Und nicht gleich an die Decke gehen - oder in die Schmoll-Ecke.
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feldi
antwortete am 13.03.05 (21:11):
Früher hab ich über die Volkszählungsgegner die Nase gerümpft. Aber allmählich passt mir das alles gar nicht mehr in den Kram.
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Marina
antwortete am 13.03.05 (22:16):
George Orwell, 1984
1984 ist ein Roman von George Orwell, erschienen im Juni 1949, in dem die negative Utopie (auch als Dystopie oder Anti-Utopie bezeichnet) eines totalitären Überwachungs- und Präventionsstaates im Jahre 1984 dargestellt wird. In ihm wurde das Konzept des immer präsenten alles-sehenden Großen Bruders (engl. Big Brother) eingeführt. Orwell beschreibt in 1984 eine totale Überwachung, der sich fast niemand entziehen kann. Sie wird hauptsächlich mit Hilfe von Teleschirmen ausgeübt. Der Teleschirm ist sowohl Sende- als auch Emfangsgerät, das in jedem Haus der inneren und äußeren Partei, an öffentlichen Plätzen und bei der Arbeit die Bürger Ozeaniens überwacht. Niemand weiß, ob man gerade beobachtet wird oder nicht und man kann nur darüber spekulieren, wie oft oder nach welchen System sich die Gedankenpolizei in die Privatsphäre einschaltet. Darum ist es sogar denkbar, dass sie ständig alle beobachtet. Ein weiteres Mittel zur Überwachung sind Mikrofone, die überwiegend in ländlichen Gegenden und bei den Proles eingesetzt werden. Diese sind besonders deswegen gefürchtet, weil sie im Gegensatz zu den Teleschirmen klein und gut versteckbar sind. Eine andere Methode der Überwachung ist die Bespitzelung. Sie tritt in zwei Formen auf: Zum einen die Bespitzelung der Bürger durch Teleschirme oder Mikrofone der Gedankenpolizei. Die zweite Art der Bespitzelung, das gegenseitige Verraten der Parteimitglieder, ist die wirkungsvollere von beiden. Schon Kinder werden in der Jugendorganisation der Spitzel dazu erzogen, ihre Eltern auszuspionieren und im "Ernstfall" zu verraten. Orwell zeichnet in seinem Roman ein literarisches Bild der Mechanismen, deren sich ein totalitärer Staat bedient. Daher kann man viele der Strukturen und Vorgehensweisen in der jüngeren Geschichte und heutigen Welt wiedererkennen. Begriffe wie 1984, Großer Bruder und auch Orwell selbst sind zu geflügelten Bezeichnungen für Überwachungswünsche und -phantasien von Staat, Wirtschaft und Bürgern geworden. Einige technischen Mittel (bspw. Überwachungskameras, Wanzen, Echelon, ...) hat Orwell schon 1948 vorhergesehen. Andere Aspekte von Privatsphäre verletzenden Massnahmen wurden zwar erahnt, aber da 1984 lange vor unserer heutigen Konsum- und Internet-Welt erschien, konnte Orwell nicht voraussehen, dass nicht nur der Staat, sondern auch Privatfirmen sensitive Kundendaten verwalten und verknüpfen.
Aus: Wikipedia.org
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tiramisusi
antwortete am 14.03.05 (00:59):
Juhu, wir basteln uns eine neue DDR!
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schorsch
antwortete am 14.03.05 (09:48):
Nicht nur die Ureinwohner Nordamerikas kannten solche Feuerzeichen. Auch die Urschweizer hatten Feuerzeichen. Auf prägnanten Höhen wurden Holzhaufen aufgeschichtet. Wurde ein Feind gesichtet, wurde der Holzstoss angezündet. Nachtsüber diente trockenes Holz, tagsüber wurde dieses mit Gras und Laub gedeckt, damit man den Rauch weithin sehen konnte. Das löste dann eine Kettenreaktion im ganzen Land aus: alle Höhenfeuer loderten und warnten die Bewohner vor dem Feinde. Natürlich konnte diese Methode nicht mit dem ausgefeilten Meldesystem der Ureinwohner Nordamerikas mithalten. Denn dort kannte man schon eine Art Morsezeichenj, bevor Herr Morse seine --/---/.-./..././--.././../-.-././-./// erfand.
Die Punkte und Striche oben bedeuten übrigens nichts anderes als das Wort "Morsezeichen".
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feldi
antwortete am 14.03.05 (11:07):
Aber wenns drum geht Päderasten zu erwischen sind alle dafür.
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Marina
antwortete am 14.03.05 (11:29):
@ Karl, das Ausspionieren sensibler Daten ist ein erster Schritt auf dem Weg zu einem totalitären Staat, das hat Orwell klargemacht, und ich glaube, das siehst du auch so. Dann möchte ich aber auch noch einen Punkt in die Debatte werfen, der schon bei dem Thema Bankgeheimnis erörtert wurde. Ich hatte mich da nicht eingemischt, aber innerlich dutchweepee zugestimmt, der auf die Gefahren des Ausspionierens hinwies. Ich bin sehr dafür, dass Steuerflüchtige beim Schlafittchen gepackt werden, und ich finde es schlimm, dass die meisten Steuern eben gerade nicht von den Reichen eingezogen werden, weil sie die Tricks kennen. Aber die Ausspioniererei von Konten sehe ich mit großem Unbehagen, weil sie den gläsernen Bürger weiter fördert. Wehret den Anfängen! Denn es sind nicht nur die Betrüger, die unter so etwas seufzen werden, es sind wir alle, auch die, die ehrlich oder halbwegs ehrlich sind ("halbwegs", weil ich glaube, dass fasst jede/r versucht, ein bisschen das Finanzamt zu bescheißen). Man muss weiter denken, welche Auswirkungen die Aufhebung des Datenschutzes bringt. Die Konten waren der erste Schritt, die Speicherung von Telekommunikationsdaten sind schon der zweite Schritt, der erörtert wird, und so zieht sich die Spirale weiter. Datenschützer warnen vor all diesen Maßnahmen, weil sie die Gefährdung erkennen, die darin für die Zukunft liegt.
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mart
antwortete am 14.03.05 (12:28):
Orwell als ehemaliger Kommunist hat sicher gewußt, warum er sich von diesem Blendwerk abgewendet und diesen Roman und auch "Animalīs Farm" geschrieben hat. (Wird auch nicht umsonst auf heutigen kommunistischen Internetseiten als Schund bezeichnet).
Ausspionieren der Bankdaten: Warum auch hier nicht über die Grenzen schauen (z.B. nach Österreich) und einen anderen Zugang zum Problem suchen, publik machen und versuchen durchzusetzen. (Ich komme gar nicht in Versuchung, daß Finanzamt zu bescheißen, da mir schon vorher über die Bank die Steuer auf die Erträge abgezogen werden. - Hat halt wieder ein Menschenbild zur Grundlage, das eben nicht den Menschen als den nur Guten und Edlen ins Auge faßt.)Auch gegen die -illegale- Verschiebung von Geldern gäbe es entsprechende Möglichkeiten (Das kann ich hier aber nicht entsprechend ausführen.)
Das Hauptthema hier ist aber "Demokratie":
Demokratie kann nur dann erfolgreich verteidigt werden, wenn die Grundtatsachen über die Stabilisierung einer Demokratie anerkannt und bekannt sind: Das sind absolute Trennung der Legislativen, Exekutiven und die Judikativen Gewalt - mit dem Zünglein an der Waage, unabhängigen Medien und Redefreiheit.
Systemimmanent kommt es zu Verquickungen, Verbandelungen dieser Grundpfeiler eines Systems, das zumindest das Beste und Gerechteste aller bisher realisierten Gesellschaftssysteme ist.
Deshalb muß dieses System immer wieder neu überprüft und adjustiert werden.
Aber anstatt hier seine Verantwortung zur Mitarbeit zu sehen, entsetzen mich Stimmen, die nostalgisch verflossenen Systemen bzw. einigen guten Aspekten darinnen nachweinen. Anstatt zu versuchen, diese auf einem demokratischen Wege zu erreichen, wird wieder die Rebellion "gegen die da oben" propagiert.
Leider gibt es aber das Paradaxon der Freiheit:
aus "Die offene Gesellschaft und Ihre Feinde" von Karl Popper:
"Es gibt ein Paradoxon der Freiheit: Sie ist nur in Grenzen möglich. Grenzenlose Freiheit hebt sich auf. Es gibt ein Paradoxon der Toleranz: Grenzenlose Toleranz, die auch die Intoleranten einschließt, beinhaltet die Gefahr, daß die Intoleranten die Toleranz abschaffen. Es gibt ein Paradoxon der Demokratie: Wenn die Mehrheit des Volkes eine undemokratische Partei wählt, ist die Demokratie vorbei."
Und hier weiß ich (und soviel mir bekannt ist auch andere) keinen Königswegs. Außer, daß Freiheit immer wieder von versch. Seiten gefährdet ist, immer wieder neu erkämpft und bewahrt werden muß und vor allem als Wert sui generi von der Mehrzahl der Bürger eines Landes anerkannt werden muß.
Der gläserne Bürger, wie er hier angesprochen wird, ist sicherlich ein enormer Schritt in die falsche Richtung. Sehr wahrscheinlich nicht besonders erfolgreich für die angegebenen Zwecke, sondern enorm mißbrauchsgefährlich. (Die Bundesjustizministerin Brigitte Zypries ist mir dabei ein besonderes Rätsel angesichts ihrer Haltung zum Vaterschaftsnachweis.)
Diese Initiative der deutschen Regierung, die nun über Brüssel für alle EU-staaten eingeführt werden soll, zeigt wiederum die Wichtigkeit einer echten demokratischen Verfassung der EU. Oder sollen sich das die Regierungschefs der EU-staaten untereinander ausmauscheln können?
Nein, nein und nochmals nein!
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Karl
antwortete am 14.03.05 (13:19):
@ mart,
bei der Quellensteuer können wir uns z. B. einigen. Mich ärgert schon lange, dass diese gerechte und für alle bequemste Methode bei uns vor Jahren keine Chance bekam.
Zustimmen kann ich auch "Demokratie kann nur dann erfolgreich verteidigt werden, wenn die Grundtatsachen über die Stabilisierung einer Demokratie anerkannt und bekannt sind: Das sind absolute Trennung der Legislativen, Exekutiven und die Judikativen Gewalt - mit dem Zünglein an der Waage, unabhängigen Medien und Redefreiheit."
Auch Poppers Paradoxa sind wichtig: "Es gibt ein Paradoxon der Freiheit: Sie ist nur in Grenzen möglich. Grenzenlose Freiheit hebt sich auf. Es gibt ein Paradoxon der Toleranz: Grenzenlose Toleranz, die auch die Intoleranten einschließt, beinhaltet die Gefahr, daß die Intoleranten die Toleranz abschaffen. Es gibt ein Paradoxon der Demokratie: Wenn die Mehrheit des Volkes eine undemokratische Partei wählt, ist die Demokratie vorbei."
Entschuldige, dass ich diese Statements hier alle wiederhole, aber es ist doch auch mal wichtig, Gemeinsamkeiten zu betonen. Interessant ist dann, dass wir manchmal in der Bewertung der Tagespolitik so weit auseinanderliegen.
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mart
antwortete am 14.03.05 (13:26):
Vielleicht deshalb, weil ich dort Gefährdungen der Demokratie sehen, wo du sie nicht siehst!
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mart
antwortete am 14.03.05 (13:33):
Und auch visa versa; ich dort keine so große Bedrohung sehe, wo du sie erkennst.
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ueberhaupt
antwortete am 14.03.05 (13:53):
Mir ist angesichts zunehmender "Vergläserung" unwohl, und ich bin z.B. froh, daß ich als privat Versicherter wahrscheinlich keine intelligente Chipkarte für den Doc brauche. Das Schlimme an allem ist aber, daß wir diese ganzen Ideen einer Minderheit von Betrügern und Verbrechern zu verdanken haben. Ich denke auch nicht, daß hier rechtsstaatliche Prinzipien über Bord geworfen werden; zumindest nicht leichtfertig. Meine Erklärung zu zunehmender Zustimmung ist ganz einfach: Je mehr Furcht oder Angst wir vor Delikten haben, gegen die die Polizei machtlos ist, desto eher sind wir bereit, Kröten, wie diese Überwachungsmethoden zu schlucken. Ich gebe zu, daß ich in den Fälle, in denen ich auch zustimme, seeeeehr auf unseren Rechtsstaat vertraue.
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Medea.
antwortete am 14.03.05 (16:58):
Sehr interessant das letzte Gespräch zwischen Mart und Karl. Ich kann den beiden hier zustimmen, möchte aber ebenfalls Poppers Gedanken noch einmal zitieren, die mir sehr wichtig erscheinen: Auch Poppers Paradoxa sind wichtig: "Es gibt ein Paradoxon der Freiheit: Sie ist nur in Grenzen möglich. Grenzenlose Freiheit hebt sich auf. Es gibt ein Paradoxon der Toleranz: Grenzenlose Toleranz, die auch die Intoleranten einschließt, beinhaltet die Gefahr, daß die Intoleranten die Toleranz abschaffen. Es gibt ein Paradoxon der Demokratie: Wenn die Mehrheit des Volkes eine undemokratische Partei wählt, ist die Demokratie vorbei."
Was die Bewertung der Tagespolitik betrifft, sind mir Marts Gedanken näher als Deine, Karl - was ja auch immer wieder aus unseren unterschiedlichen postings erkennbar ist - damit kann ich allerdings leben und wie ich weiß, Du auch .... ;-)
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schorsch
antwortete am 14.03.05 (18:08):
@ Karl: "...bei der Quellensteuer können wir uns z. B. einigen. Mich ärgert schon lange, dass diese gerechte und für alle bequemste Methode bei uns vor Jahren keine Chance bekam..."
Wir in der Schweiz haben diese Quellensteuer, müssen aber trotzdem alles in der Steuererklärung angeben. Wer dabei erwischt wird, Vermögen nicht anzugeben, wird hart bestraft. Das hat seinen Grund wohl darin, dass wir für in Not geratene Familienmitglieder in ab- und aufsteigender Linie bezahlen müssen. Und dies so lange, bis wir selber die Armutsgrenze erreichen. Da ist es doch für den Staat und die Gemeinde bequem, wenn sie einfach in der Steuererklärung des potenziellen Zapfobjektes nachschauen können!
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hugo1
antwortete am 14.03.05 (20:00):
hallo Schorsch, oh was musstet Ihr armen Schweizer doch so alles ertragen. Über 50 Jahre meines Lebens kam ich fast ohne irgendeine komplizierte Art der Besteuerung gut aus. Außer der gemeinen und sehr überschaubaren Lohnsteuer gab es nur noch einige -aber bei den Betroffenen zumeist unbekannte- Steuern so wie z.B. die Tabak-, Alkoholsteuer und ähnliches. Heutzutage schmeißen unsere Politiker und Wirtschaftsexperten mit einer Unmenge von Spezialwörtern über Steuern (direkte und indirekte), Gebühren, Abgaben, Hebesätze, Tarife, Belastungen, Beiträge, Umlagen, und das Alles um bei irgendeinem irgendwie irgendwas abzuschöpfen. Da könnte der Bürger so gläsern sein wie die Obrigkeit möchte, wo nix ist da lohnt auch der exklusivste Ausdruck, die gehobenste Wortwahl für das geplante Abzocken, nicht weiter. Aber wehe, es sollte mal eine Zeit kommen wo es tatsächlich -so wie einige fordern- eine überschaubare, allgemeinverständliche Besteuerung im Lande gibt. Nee was sollen dann diese vielen Steuerberater, diese Finanzbeamten diese Geldeintreiber die Buchhalter usw. dann tun? Na das wird erst ne lange zusätzliche Reihe Arbeitssuchende beim nächsten Arbeitsamt. Vielleicht führen wir dann für Diese eine Mitleidssteuer ein?
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stahlpakt
antwortete am 14.03.05 (22:59):
Hallo, ich fürchte, einige der Diskutanten sehen die Maßnahmen unserer Regierung hinsichtlich der fürsorglichen Datenauswertung doch ein wenig eng. Es ist doch nun nicht a priori alles schlecht, was die da machen, oder? Mal ein Beispiel. Im fort geschrittenen Alter schleicht sich ja die eine oder andere Schusseligkeit in den Alltag ein. Da wird mal was vergessen oder verlegt, und man hat Mühe mit dem Wiederfinden. In der neuen schönen BRD-Welt ergeben sich da ungeahnte Möglichkeiten. Vielleicht mal was ganz wesentliches: Ist dir z.B. die Telefon-Nummer deiner heimlichen Freundin irgendwie abhanden gekommen, genügt künftig ein Anruf bei deinem örtlichen Verfassungs-Schutz-Blockwart...
stahlpakt
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dutchweepee
antwortete am 15.03.05 (17:04):
@stahlpakt ...zitat: "Es ist doch nun nicht a priori alles schlecht, was die da machen, oder?"
gilt das nicht auch für die bürger? ...für die teilnehmer am strassenverkehr und an der kommunikation?
ES WERDEN NUN BEINAHE ALLE BÜRGER ÜBERWACHT! ...das hat selbst die stasie nur träumen können.
mein nächstes ziel wird jedenfalls ein relativ unterentwickeltes land wie z.B. curacao sein. die haben andere sorgen! (deutschland vielleicht auch?)
PROPHEZEIUNG DES WEEPEE: "es wird nicht ein quentchen sicherheit und nicht einen bombenanschlag weniger geben durch die blödsinnige überwachungswut des deutschen staates. nur die "freiheit" geht flöten"
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Ursula_J
antwortete am 15.03.05 (17:53):
Ich habe die Antwort von Stahlpakt als Ironie verstanden und kann daher auch zustimmen.
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heinzdieter
antwortete am 15.03.05 (19:26):
Big brother... Orson Wells hat doch es richtig gesehen. Gläserner Bürger ist leicht untertrieben ausgedrückt; nicht mit Ornamentglas. Es fehlt nur nocht unsere vielgepriesene Krankenkassen-Chip-Karte. Dann ist das Werk vollendet. Da hilft auch kein Schönreden. Sie haben es geschafft und wir stecken den Kopf in den Sand und sagen: "So gut ging es uns nie" Warum denn motzen. Wer motzt ist ein Aussenseiter, denn wie kann man den nur, denn es geht uns doch soooooooooo gut.
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Karl
antwortete am 15.03.05 (21:11):
@ heinzdieter,
die Krankenkassen-Chip-Karte wird auf uns zukommen. Die Sachlage ist nicht so einfach, dass jeder das kategorisch ablehnen wird. Jemand der wegen diverser Krankheiten intensive Erfahrungen mit Mehrfachuntersuchungen gemacht hat, könnte schon froh sein, wenn solche in Zukunft vermieden werden könnten, weil alle Daten, auch CT-Schnittserien etc. jederzeit verfügbar sind. Es ist wie immer ein Abwägen zwischen unterschiedlichen Gütern. Bin ich kerngesund und jung, möchte ich nicht, dass über mich Daten gespeichert sind (übrigens ist geplant, dass diese nur den Ärzten und Krankenhäusern mit Zugangscode zur Verfügung stehen und nicht z. B. dem Arbeitgeber). Als Gesunder sehe ich die Gefahr des theoretischen Missbrauchs in einer eventuell fernen Zukunft. Als Kranker ist das ein Luxus, den ich mir oft nicht mehr leisten kann. Ich bin dann über alles froh, was mein Leben jetzt erleichtert und vielleicht retten kann.
Ich will damit sagen, dass wir zwar die langfristige Entwicklung mit Sorge betrachten können, aber es sind die kleinen Entscheidungen jetzt, die den Trend vorgeben und die eben nicht die große theoretische Linie im Auge haben, sondern meisten den kleinen, ganz persönlichen Blickwinkel besitzen. Die Chipmasterkarte über jeden von uns wird kommen, weil sie das tägliche Leben bequemer machen wird und obwohl sie dem Missbrauch theoretisch Tür und Tor öffnet.
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Karl
antwortete am 16.03.05 (07:32):
Noch eine Bemerkung zur begonnenen "schönen neuen Welt" mit Bezug zu den von mart zu Recht geforderten "unabhängigen Medien".
Die Manipulation der Bürger durch staatlich verordnete "Information" hat in den USA neue Blüten getrieben: Die Regierung Bush hat hunderte von Videoclips produziert und bietet diese kostenlos den Sendern an. Die Zuschauer wissen in den meisten Fällen nicht, dass sie es mit "Werbung der Regierung" zu tun haben, sondern glauben an unabhängig recherchierte Information. Auch CNN hat solche Clips gesendet und ich verstehe jetzt, warum ich Zeuge eines Interviews wurde, in dem euphorisch der Friedensnobelpreis für Bush wegen seines Friedenswerks gefordert wurde. Neusprech eben. George Orwell lässt grüßen.
Internet-Tipp: https://de.wikipedia.org/wiki/Neusprech
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Marina
antwortete am 16.03.05 (10:16):
Karl, eins verstehe ich nicht ganz. Du schreibst: "Ich will damit sagen, dass wir zwar die langfristige Entwicklung mit Sorge betrachten können, aber es sind die kleinen Entscheidungen jetzt, die den Trend vorgeben und die eben nicht die große theoretische Linie im Auge haben, sondern meisten den kleinen, ganz persönlichen Blickwinkel besitzen."
Die kleinen Entscheidungen geben doch die langfristigen Entwicklungen vor. Wenn wir diese mit Sorge sehen, müssen wir den Anfängen wehren! Es ist sehr kurzsichtig, politisch nur für die Gegenwart zu entscheiden und nicht die Zukunft im Auge zu behalten.
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Karl
antwortete am 16.03.05 (17:35):
@ marina,
"Es ist sehr kurzsichtig, politisch nur für die Gegenwart zu entscheiden und nicht die Zukunft im Auge zu behalten". Genau so ist es. Ich stimme dir zu! Du scheinst aber meine Botschaft mit meiner Meinung zu verwechseln.
Obwohl ich dir von der Theorie her zustimme, bin ich pessimistisch, da wir alle (auch wir beide!) die meisten unserer Entscheidungen anhand kurzfristiger Erleichterungen treffen. Deshalb bin ich überzeugt, dass die Chipmasterkarte irgendwann kommen wird. Es wird so bequem sein, die Vorteile zu nutzen, dass die theoretischen Probleme die meisten Menschen nicht interessieren wird.
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Marina
antwortete am 16.03.05 (17:52):
Karl, du hast recht, ich hatte das für deine Meinung gehalten, Entschuldigung. Aber es ist tatsächlich so, dass Politik nicht langfristig gemacht wird, schon in Bezug auf dauernde Wahlen, daher kommen ja zum Teil die nie gelösten Probleme.
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Medea.
antwortete am 16.03.05 (18:31):
Vorhin gerade im TV gesehen, daß bei einer großen Einkaufskette gerade ein Versuch läuft, nicht mehr mit Bargeld oder der Scheckkarte zu zahlen, sondern mit Fingerabdruck.
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mart
antwortete am 16.03.05 (22:14):
@Karl
Bezüglich "unabhängiger Medien" denke ich, daß Reporter ohne Grenzen eine relativ objektive Bewertung durchführen.
"für die Ausarbeitung des Index beantworteten laut "Reporter ohne Grenzen" internationale Journalisten, Wissenschaftler und Rechtsexperten einen 50 Fragen umfassenden Katalog. Abgefragt wurden verschiedene Aspekte von Verstößen, darunter direkte Angriffe (beispielsweise Mord und Verhaftung) ebenso wie politische, rechtliche oder ökonomische Einflüsse. Dazu zählen Zensur, staatliche Monopole oder die restriktive Anwendung der Pressegesetze."
Im angegebenen Link kann man einen Überblick über die in dieser Hinsicht besonders guten und die besonders schlechten Staaten erhalten - und meistens geht das konform mit der Lage der Menschenrechte in diesen Ländern (soweit ich das beurteilen kann). Aber ebenfalls ist es ein Zeichen für die Güte der Demokratie. Je schlechter die Pressefreiheit, desto gefährlichere Machtkonzentrationen in den Händen einzelner Personen.
(Ein norwegischer rechtsextremer Parlamentarier hat Bush und Blair als Kandidaten für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen. - Muß doch Bush als Geschenk des Himmels für seinen Wahlkampf vorgekommen sein - Wer kann es ihm verdenken das auszunutzen:-)
Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,219574,00.html
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Karl
antwortete am 16.03.05 (22:29):
Danke für den informativen Link, mart. Das interessiert sicher nicht nur uns:
"In der Aufstellung von "Reporter ohne Grenzen" zeigen sich überraschende Ergebnisse für die westlichen Demokratien. Die USA rangieren auf Platz 17 von insgesamt 139 untersuchten Staaten und erzielt damit ein schlechteres Ergebnis als Costa Rica. Auch Italien ist auf Platz 40 hinter Benin gelandet, einem der ärmsten Länder der Welt. Die Ergebnisse machten deutlich, so kommentiert die Organisation, "dass die Wahrung der Pressefreiheit kein Monopol reicher Staaten ist".
Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,219574,00.html
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mart
antwortete am 20.03.05 (00:18):
Ich finde einen Teil dieses Spiegelartikels charakteristisch. Ich zitiere daraus:
Überschrift: "USA nur auf Platz 17"
Zusammenfassung: "Die westlichen Demokratien stellen sich gern als Garanten der Meinungs- und Pressefreiheit dar, oftmals zu Recht. Doch nach dem neusten Ranking der Organisation Reporter ohne Grenzen gibt es zwei Ausreißer: die USA und Italien."
Die Überschrift könnte nämlich auch lauten:
"USA hinter der Schweiz und Costa Rica auf Platz 17"
Klingt natürlich lang nicht so gut wie der tatsächlich gewählte Titel.
Ich mache darauf aufmerksam, daß der von mir angegebene Link den ersten Länderbericht von Reporter ohne Grenzen aus dem Jahr 2002 wiedergibt; inzwischen gibt es noch 2 weitere Jahresberichte 2003 und 2004. (Nachzulesen unter dem angegebenen Link).
Und aus dem letzen Länderbericht 2004 würde ich folgenden Absatz zitieren:
"Kleinere Demokratien, oft ärmere Länder, wie El Salvador (28.) und Costa Rica (35.) in Zentralamerika, die Kapverden (38.) und Namibia (42.) in Afrika oder Osttimor in Asien (57.) haben gut abgeschnitten und gelten als Länder, die Medienfreiheit als Voraussetzung für Demokratie anerkennen und respektieren."
Als sehr problematisch wird in den Berichten empfunden, daß versucht wird, Journalisten auch in westlichen Ländern per Gesetz zur Nennung ihrer Quellen zu zwingen.
Und hier sehe ich eine doch ausgesprochene gefährliche Verbindung zum Anfang dieses Threads.
Der Weg über die EU-Gesetzgebung zum gläsernen Bürger und gläsernen Journalisten scheint um einiges leichter zu sein als über die nationalen Parlamente.
Internet-Tipp: https://www.rog.at/deutsch/presse_specials.php?s=1&m=1
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Marina
antwortete am 24.03.05 (10:07):
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, hat Nachbesserungen beim Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit angemahnt. Das Gesetz, das seit Ende 2003 in Kraft ist, sieht ab April 2005 ein Kontenabrufverfahren vor.
Die Steuerehrlichkeit wird ja nicht dadurch gefördert, dass neben den Finanzämtern diverse andere Behörden den Zugriff erhalten, kritisierte Schaar in einem Gespräch mit dem Handelsblatt. Es entstehe insgesamt der Eindruck, dass generell eine Art Missbrauchsverdacht gegen jedermann gehegt werde.
Internet-Tipp: /seniorentreff/de/Ekr9Jlp3j
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hugo1
antwortete am 24.03.05 (11:25):
hallo marina. Das erste was ich nach der Wende, von "guten bösen" Wessis gelernt habe: Du darfts ungeprüft Niemandem mehr trauen. Jeder kann dein potentieller Geldwegnehmer sein und sei er auch noch so freundlich. Freiwillig und ohne Hintergedanken gibt es im Kapitalismus erstmals garnix und wenn, dann heißt es Augen auf, Vorsicht, es könnte eine Falle sein. All dies waren wir in der DDR nicht gewöhnt, an unser Geld wollte so schnell keiner ran, nicht mal Diebe und Kleinkriminelle. Unser Geld war zum Glück in dieser Hinsicht sehr sicher.*g* Aber bei DM und neuerdings Euro, jaaa da mußte ungeheuer auf dem Posten sein, darum drängelt sich Hinz und Kunz und der Eichel und das Finanzamt, die Aldibrüder, die Kaffeefahrtenorganisierer, dein Finanz-, und Versicherungsberater, die Telekomm und und und man ist ja sowas von gefragt bei diesen netten Leuten ,die nur Dein Bestes wollen. Man könnt sich schier zerreissen um denen allen einen kleinen Gefallen zu tun, nur weil die uns einen Riesengefallen antun wollen. ,,übrigens bei mir können alle die wollen durch mich hindurchgucken wie sie nur wollen. Da können sie den glasklaren Durchblick bekommen, denn wo nix ist ist auch nix zu holen. Da werd ich wohl bald auf dereren Schnonungsliste stehen und vielleicht -man kann ja nie wissen- schütteln irgendwelche dubiose Gestalten mal ein bisschen aus Ihrem Füllhorn über mir aus ? Man wird ja schließlich von Tag zu Tag reicher an Erfahrungen im Umgang mit Umgang dieser Konsorten. *g* Ps versteck mal deine Osterüberraschung recht gut und greif als Erste zu, ehe es andere tun können. Heutzutage, heisst es der Schnellere gewinnt, nicht der Ehrliche und der Gutmütige. Selbst Google findet 1.590.000 mal den Schnellen. (in 0,26 Sekunden) aber und nur 353.000 für den Ehrlichen. (in 0,33 Sekunden) Also darauf ein fröhliches Osterfest.
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Marina
antwortete am 24.03.05 (12:52):
Hallo Hugo, der Anlass, diesen Artikel hier "reinzuschmeißen", war der, dass ich heute Morgen ein Interview im Rundfunk mit Peter Schaar gehört habe. Da hat er darauf hingewiesen, dass dieses Gesetz zur Förderung der "Steuerehrlichkeit" (man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen)zur Folge haben wird, dass es vor allem den Kleinen an den Kragen geht. Die Großen werden wie bisher ihre Gelder im Ausland anlegen, und jetzt erst recht. Also sieh dich vor! Die werden schon ein paar Euro Zinsen auf deinem Sparbuch finden, die du nicht deklariert hast.
In diesem Sinne auch Dir: Frohe Ostern!
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