Zur Seniorentreff Homepage
Google
Web  ST 

Neues ChatPartnersuche (Parship)FreundeLesenReisen LebensbereicheHilfe


Übersicht Archiv "Politik und Gesellschaft"

THEMA:   Susan Sontag, eine unbequeme Mahnerin, ist tot.

 12 Antwort(en).

Karl begann die Diskussion am 28.12.04 (22:30) :

Im Alter von 71 Jahren ist Susan Sontag an Krebs gestorben. Sie erhielt 2003 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Susan Sontag war ausgebildete Philosophin und Literaturwissenschaftlerin. Sie schrieb Romane und sozialkritische wie politische Essays. In den letzten Jahren wurde sie einem breiteren Publikum durch ihre harsche Kritik an der Bush-Administration bekannt. Als sie den "Radikalen" in der Regierung der USA vorwarf die Anschläge vom 11. September als Vorwand für eine imperialistische und bürgerfeindliche Politik zu nehmen, wurde sie für das konservative Amerika zu einer persona non grata.

Hier im ST wurde sie oft als eine Kronzeugin für die Existenz des "besseren" Amerikas angeführt (s. Link). Susan Sontag war eine engagierte Frau, die Politik ohne Moral auch so benannte und die schonungslos ihre Meinung sagte, ohne Rücksicht auf die Befindlichkeiten ihrer Landsleute. Das zeigte sich auch bei ihrer Haltung zu der israelischen Besatzungspolitik, die sie als Jüdin scharf verurteilte. Sie folgte ihrem Gewissen und blieb sich treu bis zum Ende.

Internet-Tipp: https://kuerzer.de/Susan_Sonntag_im_ST


 Karl antwortete am 28.12.04 (22:35):

Der Name wird richtig "Sontag" geschrieben, deshalb hier nochmal die Google-Suche mit dem richtig geschriebenen Namen:

Internet-Tipp: https://kuerzer.de/Susan_Sontag_im_ST


 Wolfgang antwortete am 29.12.04 (14:54):

Ich habe SUSAN SONTAG oft und gerne hier in den Foren zitiert. Sie war eine ehrliche und mutige Frau. Keine Mitlaeuferin. Also eine BUSH-Gegnerin. Sie war eine Vertreterin des besseren Amerikas.

Kurz nach dem '11. September', als hierzulande BUSH's MitlaeuferInnen jeden des 'Antiamerikanismus' ziehen, der es wagte, vom amerikanischen 'Reichtstagsbrand' zu sprechen, der den BUSHisten mindestens gelegen kam (wenn sie ihn nicht gar selbst inszenierten), um ihre Welteroberungskriege ideologisch zu verbraemen, schrieb SUSAN SONTAG:

"[...] Und wenn man das Wort 'feige' in den Mund nimmt, dann sollte es besser auf jene angewandt werden, die Vergeltungsschlaege aus dem Himmel ausfuehren,und nicht auf jene, die bereit sind, selbst zu sterben, um andere zu toeten. Wenn wir von Mut sprechen, der einzigen moralisch neutralen Tugend, dann kann man den Attentaetern - was immer sonst auch ueber sie zu sagen waere - eines nicht vorwerfen: dass sie Feiglinge seien."

Quelle des Zitats... "Unsere Stärke wird uns nicht helfen" (von SUSAN SONTAG), FAZ, 15.09.2001


--
Yankee, go home! - Alter Spruch, der immer aktueller wird.


 iustitia antwortete am 30.12.04 (08:05):

Susan Sontag:
Die Erweiterung der Welt: Warum Literatur lebensnotwendig ist
- Ihre letzte Rede, in der sie nicht so sehr politsich, sondern literarisch äußert (abgedruckt am 30. Dezember 2004 in der FAZ)

Vor langer Zeit, im achtzehnten Jahrhundert, schrieb ein großer und eigenwilliger Verteidiger der Literatur, Samuel Johnson, im Vorwort seines "Dictionary of the English Language": "Der größte Ruhm eines Volkes erwächst aus seinen Schriftstellern." Eine ungewöhnliche These, selbst damals. Und heute noch viel ungewöhnlicher, obwohl sie, wie ich finde, zu Beginn des einundzwanzigsten Jahrhunderts noch immer Gültigkeit hat. Ich spreche von bleibendem, nicht von vergänglichem Ruhm.

Manchmal werde ich gefragt, was einen Schriftsteller ausmacht. In einem Interview hörte ich mich kürzlich sagen: "Er sollte die Sprache lieben, um das richtige Wort ringen. Und aufmerksam sein für die Welt." Kaum war mir diese flotte Antwort über die Lippen gegangen, fielen mir noch andere Dinge ein. Beispielsweise: "Ernsthaft sein." Darunter verstand ich: niemals zynisch sein. Und noch etwas: "Man sollte zu einer Zeit geboren sein, als Dostojewski und Tolstoi und Tschechow einen noch begeistern und beeinflussen konnten." Aber ganz gleich, was einem auf die Frage nach dem idealen Schriftsteller einfällt, die Antwort ist nie erschöpfend.

„Literatur ist Wissen”

Große Romanschriftsteller erschaffen eine neue, einzigartige, individuelle Welt - durch die Vorstellungskraft, durch eine überzeugende Sprache, durch handwerkliches Können - und reagieren auf eine Welt, die sie mit anderen teilen, die vielen Menschen, eingeschlossen in ihrem jeweiligen Kosmos, unbekannt oder unverständlich ist. Nennen Sie es Geschichte oder Gesellschaft. Die wirklich bedeutenden Schriftsteller erweitern unser Bewußtsein, unser Mitgefühl, unser Wissen.

Literatur ist Wissen, wie beschränkt auch immer - wie alles Wissen. Doch sie ist nach wie vor einer der wichtigsten Wege, die Welt zu verstehen. Gute Schriftsteller verstehen viel von Komplexität, von der Komplexität der Gesellschaft, des privaten Lebens, der familiären Abhängigkeiten und Gefühle, von der Macht des Eros, von den unterschiedlichen Ebenen des Empfindens und Kämpfens.

„Eine Form von Verantwortung”

In unserer degenerierten Kultur werden wir fast überall dazu angehalten, die Realität zu vereinfachen, Weisheit zu mißachten. Es steckt viel Weisheit im kostbaren Erbe der Literatur, der Weltliteratur, die uns weiter ernähren kann, die einen unerläßlichen Beitrag zu unserer Menschlichkeit leistet, indem sie eine komplexe Sicht der menschlichen Empfindungen und der Widersprüche artikuliert, ohne die es in Literatur und in Geschichte kein Leben gibt.

Literatur ist eine Form von Verantwortung - gegenüber der Literatur selbst und der Gesellschaft. Literatur verstehe ich im normativen Sinn, als eine, die hohe Maßstäbe anlegt und verteidigt. Gesellschaft verstehe ich ebenfalls im normativen Sinn. Man könnte sagen, daß große Schriftsteller, indem sie wahrhaftig über ihre Gesellschaft schreiben, entwickeltere Begriffe von Gerechtigkeit und Wahrhaftigkeit evozieren, für die einzutreten wir das Recht, manche würden sagen, die Pflicht haben.
(...)
S. URL!

Internet-Tipp: https://kuerzer.de/1DDpsZLzz


 Wolfgang antwortete am 30.12.04 (11:08):

Auch die Neue Zuercher Zeitung (NZZ) bringt einen Nachruf auf SUSAN SONTAG. Dort ist zu lesen:

" Sontags Vorliebe für Europa galt den Demagogen des Patriotismus haeufig als Nestbeschmutzung. Es ist freilich gerade die Denunziation des « alteuropaeischen » Erbes, die fuer dieses Land die groesste Gefahr darstellt. "

Quelle des Zitats... Stilistin des genauen Blicks. Zum Tod der Schriftstellerin und Essayistin Susan Sontag (von ANDREA KOEHLER), NZZ, 30.12.2004, s. Link

Internet-Tipp: https://www.nzz.ch/2004/12/30/fe/page-articleCHM8I.html


 mavaho antwortete am 01.01.05 (17:35):

Die Dame war leider auf einem Auge blind. Gegen die Unterdrückung der Menschen im Namen des Islam habe ich von dieser Seite nichts gelesen, da ist mir eine Alice Schwarzer weitaus lieber.


 Karl antwortete am 01.01.05 (18:32):

@ mahavo,

sehr viele haben von ihr nichts gelesen. Verräts du uns denn, was du gelesen hast?


 Wolfgang antwortete am 01.01.05 (19:01):

Zu allem und jedem eine Meinung haben ist eine, recht beliebte und deswegen verbreitete Sache. LiteratInnen duerfen sich aber nicht auf das Minenfeld der Meinungen begeben. Sie haben eine wichtigere Aufgabe. Sie haben die Wahrheit aufzuschreiben. Sie haben ueber die Wirklichkeit wahr zu berichten. Sie haben der vereinfachenden Schwaetzerei und den schrecklichen Vereinfachern das bunte Bild entgegenzuhalten, das jeden Tag neu gemalt wird.

SUSAN SONTAG hat sich an diese Maximen gehalten: Habe nicht unbedingt eine Meinung, sondern erzaehle die Wahrheit ! Mache dch nicht zum Komplizen von Luegnern und Desinformierern !

Klar, dass diese Frau eine BUSH-Gegnerin war und den Krieg der Kulturen (die ideologische Begleitmusik zum Krieg ums Oel) nicht mitmachte.


 mavaho antwortete am 02.01.05 (03:11):

Literaten habe keine Aufgabe, auch nicht die zur Wahrheit. Sie schreiben aus einem inneren Bedürfnis heraus und, wenn es gefällt, bemerkt man sie. Die Dame wurde vor allem in Europa durch ihren zeitgeistigen Anti-USA-kurs bekannt, dem sie den Preis verdankt. Das literarische Werk ist, jedenfalls was ich davon gelesen habe, eher dürftig, wenn man nicht gerade in ihren Schriften mit Begeisterung den eigenen politischen Standpunkt wiederfindet.
Schriftstellerische Klasse fundamentiert sich ausserhalb politischer Strömungen.
Kulturkampf ? Eine Ideologie wie die islamische, die unsere Grundrechte, also meine persönliche Freiheit, in Frage stellt, ist mein natürlicher Feind. Religionsfaschismus hat mit Kultur absolut nichts zu tun.


 Wolfgang antwortete am 02.01.05 (10:10):

Der 'Krieg der Kulturen' (SAMUEL P. HUNTINGTON) ist die ideologische Begleitmusik zum Krieg ums Oel. Ein Phaenomen in diesem Krieg ist die Hetze gegen Muslime und gegen ihren Glauben.

Das Muslime-Bashing ist derzeit weit verbreitet. Muslime werden als Suendenboecke aufgebaut (aehnlich, wie die Juden von Rassisten als Suendenboecke aufgebaut wurden und werden). Muslimen wird in rassistischer Manier in toto alles Schlechte unterstellt - z. B., dass sie gegen Frieden und Freiheit seien.

Menschen, die hetzerisch und pauschal diskriminieren, sind Rassisten. Deine Beitraege, 'mavaho', sind rassistischer Art.


 iustitia antwortete am 02.01.05 (12:31):

Ja, Susan Sontag, war eine Kunst- und Sozialwissenschaftlerin, Filmemacherin, besonders eben in "Krankheit als Metapher" (schon zuerst 1977); als in USA noch die Aufrüstung des IRAK (gegen den Iran) betrieben wurde.
Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels vergibt keinen Friedenspreis für aktuell-mediengeile, politisch inszenierte Macht-Operetten, z.B. nicht für "Clushs".


 Wolfgang antwortete am 03.01.05 (11:35):

'mavaho' (der uebrigens in rassistischer Art und Weise durch viele Foren tingelt) kennt sich nicht aus, was SUSAN SONTAG's Schaffen betrifft. Lassen wir Frau SONTAG also selbst erklaeren, zu was LiteratInnen und ihre Literatur ihrer Meinung nach da sind:

"Literatur ist eine Form von Verantwortung - gegenueber der Literatur selbst und der Gesellschaft. Literatur verstehe ich im normativen Sinn, als eine, die hohe Massstaebe anlegt und verteidigt. Gesellschaft verstehe ich ebenfalls im normativen Sinn. Man koennte sagen, dass grosse Schriftsteller, indem sie wahrhaftig ueber ihre Gesellschaft schreiben, entwickeltere Begriffe von Gerechtigkeit und Wahrhaftigkeit evozieren [herbeifuehren, erzwingen, W. M.], fuer die einzutreten wir das Recht, manche wuerden sagen, die Pflicht haben."

Das ist ein Auszug aus der Dankesrede zur Verleihung des Literary Award der Los Angeles Library am 7. April. Es war SUSAN SONTAGS letzter oeffentlicher Auftritt.

Quelle des Zitats... Die Erweiterung der Welt: Warum Literatur lebensnotwendig ist (von SUSAN SONTAG), FAZ, 30.12.2004, Nr. 305 / Seite 39


 abdu antwortete am 10.01.05 (16:46):

@MAVAHO:
ich bin ueberzeugter MOSLEM.ICH sage dir ausdruecklich:ich habe[und hatte]nichts gegen deine persoenliche freiheit[falls "person"und"frei"wirklich fuer dich verstaendliche begriffe sind]..meine verwandten und nachbarn haben auch nichts gegen mavaho..also:geniesse deine persoenliche freiheit..bis zur bitteren neige!
-------------------------------------
ein denker der gegen bush ist,kann logischer weise nicht gegen den islam sein..aber..das wird allmaehlich zu kompleziert fuer dich sein..lieber mavaho!
------------------------------------
wenn du ein moslem feind sein willest[eigentlich :moechtest!],dann musst du LEIDER..LEIDER viel lesen..das ist muehsam..sage ich dir!