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THEMA: »Wo bleibt Euer Aufschrei?«
17 Antwort(en).
BarbaraH
begann die Diskussion am 15.11.04 (19:40) :
titelt Heiner Geißler seinen "Wutanfall" in der ZEIT. Er erhebt seine Stimme gegen den globalen Kapitalismus, die Gier der Konzernbosse und die Unfähigkeit der Politiker.
>> Nicht das Gespenst des Kommunismus, vielmehr die Angst geht um in Europa – gepaart mit Wut, Abscheu und tiefem Misstrauen gegenüber den politischen, ökonomischen und wissenschaftlichen Eliten, die ähnlich den Verantwortlichen in der Zeit des Übergangs vom Feudalismus in die Industriegesellschaft offensichtlich unfähig sind, die unausweichliche Globalisierung der Ökonomie human zu gestalten.
Unter Berufung auf angebliche Gesetze des Marktes reden sie vielmehr einer anarchischen Wirtschaftsordnung, die über Leichen geht, das Wort. 100 Millionen von Arbeitslosigkeit bedrohte Menschen in Europa und den USA und 3 Milliarden Arme, die zusammen ein geringeres Einkommen haben als die 400 reichsten Familien der Erde,
klagen an: die Adepten einer Shareholder-Value-Ökonomie, die keine Werte kennt jenseits von Angebot und Nachfrage, Spekulanten begünstigt und langfristige Investoren behindert.
Sie klagen an: die Staatsmänner der westlichen Welt, die sich von den multinationalen Konzernen erpressen und gegeneinander ausspielen lassen.
Sie klagen an: ein Meinungskartell von Ökonomieprofessoren und Publizisten, die meinen, die menschliche Gesellschaft müsse funktionieren wie DaimlerChrysler, und die sich beharrlich weigern, anzuerkennen, dass der Markt geordnet werden muss, auch global Regeln einzuhalten sind und Lohndumping die Qualität der Arbeit und der Produkte zerstört. <<
Er schließt mit den Worten:
>> Die Kommunisten wollten den Konflikt lösen, indem sie das Kapital eliminierten und die Kapitaleigner liquidierten. Bekanntlich sind sie daran gescheitert. Heute eliminiert das Kapital die Arbeit. Der Kapitalismus liegt derzeit genauso falsch wie einst der Kommunismus.
Der Tanz um das Goldene Kalb ist schon einmal schief gegangen.<<
Ist dieses System noch zu retten.... mit einem Aufschrei oder womit sonst?
Quelle: DIE ZEIT Nr. 47/2004 »Wo bleibt Euer Aufschrei?« In der globalen Wirtschaft herrscht die pure Anarchie. Die Gier zerfrisst den Herrschern ihre Gehirne. Ein Wutanfall Von Heiner Geissler https://www.zeit.de/2004/47/Ohnmacht_2fArbeiter
Internet-Tipp: https://www.zeit.de/2004/47/Ohnmacht_2fArbeiter
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greisi
antwortete am 16.11.04 (04:59):
Also "diese System" im Sinne von dem was Heiner Geisler beschimpft, ist sicher nicht zu retten und sollte auch bitte nicht gerettet werden. Weil es wirklich Milliarden von Menschen in den Abgrund reisst und wenige begünstigt wird es auch selber verschwinden. Nur unter welchen Opfern?
Was entstehen wird sind sicher andere Wirtschaftsformen, die bereits in ihren keimhaften Ansätzen zu sehen sind. Wie sie sich aber entwickeln werden und in welchem Zeitraum kann man jetzt noch nicht absehen.
Ich glaube solche Keime sind die regionalen Verbraucherwährungen, die Public Domaine Initiativen was immaterielle Güter betrifft und viele andere Ideen.
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radefeld
antwortete am 16.11.04 (06:01):
Sicher hat er Recht, der Herr Geisler. Der ungebremste globale Kapitalismus ist sicher nicht der Weisheit letzter Schluss. Der Kommunismus hat auch gezeigt, dass er nicht (über-)lebensfähog ist. Sicher nicht (nur) weil zahlreiche Fehler gemacht wurden, sondern weil es einfach die dazugehörigen Menschen nicht gab- und vermutlich auch nicht geben wird. M.E. ist die Arbeitslosigkeit NICHT ein Ergebnis des kapitalistischen Systems, sondern der fortschreitenden Technik. Sollten die Menschen doch froh sein, dass die ihnen ein immer bequemeres Leben ermöglicht. Bleibt natürlich das Verteilungsproblem der Arbeit und der Früchte daraus. Und da hat die kap. Ordnung GRÜNDLICH versagt. Auch auf einem anderem Felde zeigt sie nicht viel: Den Menschen außerhalb des materiellen Wohlstandes auch noch andere, WICHTIGERE Werte zu vermitteln. Aber sie Welt ist ja (noch) nicht am Ende: Allemal noch verbesserungsfähig.
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schorsch
antwortete am 16.11.04 (08:59):
Ohne Milliarden von Armen wären Kriege nicht möglich. Denn nur Nicht-oder Wenig-Besitzende lassen sich töten für die "Gerechtigkeit", sprich Reichtum, den es gilt, unter allen Umständen zu verteiigen - natürlich nicht für die Todeskandidaten, sondern für jene, die im Hintergrund die Fäden ziehen, Kapital in den Krieg stecken - und das Hundertfache mit dem Krieg und den Toten und verstümmelten gewinnen!
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carla
antwortete am 16.11.04 (09:24):
Heiner Geisslers Aufschrei ist äußerst dramatisch und er hat in vielen Punkten Recht: Wirtschaftlich und Menschlich sieht es zur Zeit gar nicht gut aus. Was mir fehlt: ein Konzept, das er - der erfahrene Politiker - wenigstens vorstellt.
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dutchweepee
antwortete am 16.11.04 (10:01):
ÜBRIGENS:
...hat der Kapitalismus nicht über den Kommunismus gesiegt.
Er ist nur übrig geblieben!
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ricardo
antwortete am 16.11.04 (10:14):
Mit dem Heiner Geissler sieht es momentan allerdings garnicht gut aus. Der wirtschaftliche Bereich war noch nie seine Stärke.
Ich finde im Gegenteil, vom menschlichen gesehen sah es eigentlich noch nie besser aus.
Wünsche bleiben immer offen Aber schreien kann jeder Besser machen keiner. Die sozialen Tragödien sind doch immer eine Herausforderung, selber aktiv zu werden und nicht der"Gesellschaft", den "Parteien" " den Nachbarn, Oder behüte dem ST Vorwürfe zu machen!
Millionen von Menschen sind in aller Stille am Werke um Löcher zu stopfen und das soziale Netz zu flicken. Darüber hört man nix.
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hugo1
antwortete am 16.11.04 (11:48):
hallo ricardo,,nicht übel Deine Bemerkung, das es sehr menschelt: "vom menschlichen gesehen sah es eigentlich noch nie besser aus" muß ich mich nur wundern das es früher miserabler war und jetzt wos immer besser wird das soziale Netz immer defekter , das sogar millionen daran ausbessern und reparieren müssen ?? *g*
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ricardo
antwortete am 16.11.04 (12:55):
Hugo Gerade das Reparieren ist reizvoll
Aber die Deutschen sind ja so verliebt in den Vater Staat, den Allesversorger und ein wenig immer noch in einen starken Mann an der Spitze, Man möchte am liebsten alles von oben zugeteilt bekommen und selber nix tun müssen. Der Sozialstaat zerstört die private Initiative Gleichheit statt Freiheit. Das war das Rezept der DDR und ist immer noch beliebt bei vielen. Wir wollen alle unsern Honni wieder haben!
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carla
antwortete am 16.11.04 (14:55):
nein danke, ricardo :-)!!
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ricardo
antwortete am 16.11.04 (14:57):
danke Carla :-)))
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hugo1
antwortete am 16.11.04 (17:23):
ok ricardo so magst Du es sehen. :"Gerade das Reparieren ist reizvoll" Um etwas zu reparieren, muß es erst mal kaputtgemacht worden sein. Aber da ahne ich Deine Antwort, sie könnte lauten..Jaa wenn soo Viele in der sozialen Hängematte liegen,,,, ,,übrigens würd ich seitenweise erzählen können, wie zu DDR-Zeiten die private Initiative funktionierte. Sie gab es tatsächlich, auch wenn Du der Meinung bist sie wurde ständig unterdrückt usw. (egal ob mit oder ohne Honni,s Vorstellungen) Was nicht gut funktionierte war die private Initiative zur schnellsten privaten Bereicherung auf Kosten der kleinen Leute. Die Zahl de Leute die es zu Markmillionären schafften ist überschaubar,,
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ricardo
antwortete am 16.11.04 (17:54):
Hugo Gegen den Neid ankämpfen ist immer schwer.
Das mußte man in der DDR aber zu wenig!
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dutchweepee
antwortete am 16.11.04 (18:16):
kann es sein, daß ihr von mal zu mal selbstverliebter diskutiert?
wollt ihr nun einen SOZIALstaat, oder gnadenlosen kapitalismus?
soll deutschland mit hongkong konkurieren können, oder polen, oder kuscheln wir alle mit unsern unternehmern?
es gibt für euch keine lösung ausserhalb des "kapitalismus", weil ihrs noch nicht probiert habt. selbst die "DDR" ist für euch ein popanz hinter der mauer.
es wird immer schlimmer! ...ihr werdet es sehen.
p.s.: solange es ZINSEN auf kapital gibt, werden menschen unproduktiv und auch entlassen. lehnt euch zurück und greift zum äussersten (denkt drüber nach)!
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BarbaraH
antwortete am 19.11.04 (10:26):
Als Aufschrei kann auch der Rückzug Horst Seehofers, CSU-Vize und stellvertretender Unions-Fraktionschef, aus der Gesundheitspolitik der CSU gesehen werden:
>>"Ich bestreite nicht, dass diejenigen, die das vertreten, Überzeugungstäter sind", hat Seehofer die unionsinterne Lage vor ein paar Wochen beschrieben: "Aber die Grenze heißt Neoliberalismus."<<
Quelle: Frankfurter Rundschau vom 19.11.04 Auf Wiedersehen, Bonn für Horst Seehofer steht mit den Gesundheitsreformplänen der Union der radikale Abschied von der alten Bundesrepublik bevor VON RICHARD MENG (BERLIN) https://www.frankfurter-rundschau.de/ressorts/nachrichten_und_politik/die_seite_3/?cnt=591874
Internet-Tipp: https://www.frankfurter-rundschau.de/ressorts/nachrichten_und_politik/die_seite_3/?cnt=591874
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radefeld
antwortete am 19.11.04 (12:09):
Du hast Recht, barbara: Eine partei, die ihre besten Leute und Denker hinauswirft oder gehen lässt, die sist meist bald am ende. Ob das aber das (dumme) Wahlvolk auch so sieht? Die wählen doch immer die, die ihnen die bequemsten, gleich ob real oder nur geträumt, Lösungen anbieten. Leider! Parteien, die nur unpopuläre, dafür aber vernünftige Gedanken vertreten, stehen meist nicht so hoch im Kurs, seiner Majestät, des Wählers.
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BarbaraH
antwortete am 19.11.04 (13:25):
Die Frage ist, radefeld, was man unter "vernünftige Gedanken" versteht... und da gehen die Meinungen doch stark auseinander.
Ist es vernünftig, den Wohlhabenen Jahr für Jahr noch mehr Geld vor die Füße zu schaufeln in der Hoffnung, sie würden dann irgendwann einmal davon Arbeitsplätze schaffen? Immerhin muss dieses Geld anderen weggenommen werden, nämlich denen, die mit Inkrafttreten von Hartz IV massenhaft in die Armut stürzen werden. Heute muss das Geld schließlich nicht mehr im Lande investiert werden; es wird um den Globus gejagt, damit Reiche noch reicher werden.
Hältst Du das für einen vernünftigen Gedanken?
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radefeld
antwortete am 19.11.04 (19:55):
Zuerst eine Entschuldigung: Bei meinem letzten Beitrag hatte ich voreilig den "Senden-Buttom" gedrückt, sodass die Tippfehler noch nicht ausgebügelt waren. Aber nun zur Sache: Arbeitsplätze SCHAFFEN, das geht praktisch überhaupt nicht. Die Lösung läge in einer gerechteren VERTEILUNG der durch die technische Entwicklung laufend weiter schrumpfenden überhaupt noch notwendigen Arbeitsmenge. Aber darüber hatten wir uns ja schon einmal unterhalten. Einseitiges "Arbeitbeschaffen" mithilfe von Lohnverzicht UND Mehrarbeit verlagert nur die Arbeitslosigkeit in ferne, meist arme Länder. Diese An- und Einsicht ist (leider) für fast alle unbequem, weshalb sie nur punktuell zu vernünftigen Ergebnissen führt. Aber die lassen hoffen. Ich kenne z.B einige Schulen, die ihren Lehrern vorgeschlagen haben, wegen der sinkenden Schülerzahlen weniger Stunden zu geben, dafür natürlich Gehaltsabschläge hinzunehmen- aber dafür auch alle an der Schule zu bleiben. Die Lehrer nahmen das an- und fühlen sich sichtlich wohl dabei. Betrachten den Freizeitgewinn als wirklichen GEWINN, sehen die Gehaltseinbuse eher zweitrangig.
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