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THEMA: Literatur-Nobelpreis für Orhan Pamuk
5 Antwort(en).
Marina
begann die Diskussion am 12.10.06 (21:52) :
Heute hat Orhan Pamuk den Nobelpreis für Literatur erhalten. Sicher ist es in diesem Fall vorwiegend ein politischer Preis, weil Pamuk sich sehr kritisch über den türkischen Genozid an den Armeniern ausgelassen hat und deshalb in der Türkei mit einem Verfahren wegen "Verunglimpfung des Türkentums" konfrontiert wurde, das Gott sei Dank zu einem guten Ende geführt hat. Ob er schriftstellerisch, literarisch wirklich so hervorragend oder herausragend ist, kann ich schlecht beurteilen, weil ich ein einziges Buch ("Das neue Leben") von ihm nur halb gelesen habe. Nur halb, weil es mir zugegebenermaßen nicht besonders gefallen hat, vielleicht hat es bei mir einfach keinen Nerv getroffen, ich fand es ein klein wenig zu mystisch angehaucht und esoterisch. Thomas Steinfeld, der renommierte Kritiker der Süddeutschen Zeitung (s. Link-Tipp unten), ist jedenfalls begeistert, vielleicht oder mit Sicherheit einige andere auch. Was das politische Signal betrifft, so bin ich auch sehr einverstanden mit diesem Preis, der in Anbetracht der EU-Verhandlungen zum Türkei-Beitritt sicher ein positives Signal sein kann und die Türkei im Mut zu Veränderungen bezüglich mehr Meinungsfreiheit und Toleranz gegenüber Kritikern bestärken könnte oder sollte. Was meinen andere dazu, hat noch jemand etwas von ihm gelesen?
Internet-Tipp: https://www.sueddeutsche.de/,trt3m2/kultur/artikel/522/88434/
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webmaster
antwortete am 13.10.06 (08:24):
... wer mehr von Orhan Pamuk lesen will, wird hier fündig:
Internet-Tipp: /seniorentreff/de/Orhan_Pamuk
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wanda
antwortete am 13.10.06 (09:14):
ich habe mich sehr gefreut - das Buch "Schnee" hat mich beeindruckt, ich fand es großartig.... und mutig dazu. Wahrscheinlich habe ich das hier auch empfohlen.
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Marina
antwortete am 13.10.06 (11:55):
Ja Wanda, vielleicht sollte ich mal "Schnee" lesen, es soll ja sehr gut sein. Möglicherweise gefällt es mir besser. Das, was ich gelesen habe, "Das neue Leben", fand ich anfangs lange toll und war ganz gespannt, weil der Einstieg so großartig war. Beim Weiterlesen wurde ich dann immer enttäuschter, weil es mir zu sehr in die Esoterik abglitt und mich deshalb irgendwann regelrecht nervte. Das ist aber ein rein subjektives Urteil, vielleicht habe ich es auch zum falschen Zeitpunkt gelesen. Manchmal gefallen mir Bücher zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht, weil ich nicht dafür aufnahmefähig bin, und nach Jahren plötzlich entdecke ich sie.
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Marina
antwortete am 13.10.06 (15:39):
Wenn wir schonmal bei türkischen Autoren sind, möchte ich eine Autorin empfehlen, die mir ganz besonders gut gefallen hat, das ist Emine Sevgi Özdamar. In ihrem Buch "Die Brücke vom goldenen Horn" beschreibt sie ihre Ankunft als Gastarbeiterin in Deutschland und berichtet von ihrer weiteren Entwicklung bis zur Schauspielerin und Autorin. Das Buch ist wunderbar geschrieben, sehr einfach und humorvoll, und es kann auch eine Brücke bilden zu anderen Kulturen, denn sie beschreibt das Leben in der Türkei mit liebenswerten und weniger liebenswerten Menschen. Dadurch wird einem klar, wie viele Gemeinsamkeiten alle Menschen auf der Welt haben, und dass das ganze Gerede von dem "Kampf der Kulturen" völliger herbeigeredeter und damit leider auch herbeiführter (als selbsterfüllende Prophezeiung) Blödsinn ist. Özdamar beschreibt die Menschen humorvoll und mit viel Liebe, das macht es sehr leicht, sie zu lesen, obendrein fand ich das Buch richtig spannend. Nobelpreisverdächtig ist sie im Gegensatz zu Pamuk nicht, eben wegen ihrer einfachen Sprache, aber trotzdem schreibt sie auf literarisch hohem Niveau.
Internet-Tipp: https://de.wikipedia.org/wiki/Emine_Sevgi_%C3%96zdamar
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Enigma
antwortete am 15.10.06 (09:16):
Hallo Marina und Wanda,
auch ich freue mich sehr über die Preisverleihung, die Pamuk in seinem Kampf gegen extrem rechte Kräfte in seinem Land und für Meinungsfreiheit den Rücken stärkt. Wie Wanda, habe ich auch “Schnee” gelesen und bin angetan von seiner Fantasie und seinem Humor, seinem Spürsinn, aber auch von den Sehnsüchten und der Melancholie, die ich da herauszulesen meine.
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