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THEMA: Gedichte: Thema Meer und Wasser
19 Antwort(en).
Bima
begann die Diskussion am 29.11.05 (10:31) :
Hallo,
ich bin schon seit einiger Zeit passiver Leser des Forums und sehr begeistert von den vielen literarischen Anregungen. Jetzt bin ich auf der Suche nach Gedichten rund um das Thema Meer und Wasser. Danke im voraus für alle Antworten. Sabine
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Ursula
antwortete am 29.11.05 (11:36):
Hallo Sabine,
ich mache mal den Anfang (passend zum Schiller-Jahr) mit dem Gesang des Fischerknabens aus "Wilhelm Tell". Gruß, Ursula
Es lächelt der See, er ladet zum Bade, Der Knabe schlief ein am grünen Gestade, Da hört er ein Klingen, Wie Flöten so süss, Wie Stimmen der Engel Im Paradies.
Und wie er erwachet in seliger Lust, Da spülen die Wasser ihn um die Brust, Und es ruft aus den Tiefen: Lieb Knabe, bist mein! Ich locke den Schäfer, Ich zieh ihn herein.
(Friedrich Schiller - Wilhelm Tell, 1. Akt)
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Ursula
antwortete am 29.11.05 (11:41):
Und hier noch eine Persiflage auf Goethes Fischer v. Heinz Erhardt:
Das Meer ist angefüllt mit Wasser und unten ist's besonders tief. Am Strande dieses Meeres saß er, das heißt, er lag, weil er ja schlief.
Drum noch einmal: Am Meere saß er, das heißt, er lag, weil er ja schlief, und dieses Meer war voll von Wasser, und unten war's besonders tief.
Da plötzlich teilten sich die Fluten, und eine Jungfrau trat herfür. Auf einer Flöte tat sie tuten, das war kein schöner Zug von ihr.
Dem Fischer ging ihr Lied zu Herzen, obwohl sie falsche Töne pfoff. Man sah ihn in die Fluten sterzen, da ging er unter und versoff.
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schorsch
antwortete am 29.11.05 (14:19):
Kann ja auch satirisch sein, oder?
Urlaub auf Gran Canaria
Es lächelt die See, sie ladet zum Bade; ich schlief leider nicht am kühlen Gestade. Weil in jeder Nacht dieser Discolärm schlug auf den Magen und in die Därm. So wie es wimmelt von Tauben und Taubern, wimmelt es auch von millionen Urlaubern, die jede Nacht auf den Barhockern hocken und ihren Zähnen kein Wort mehr entlocken. Beim Klange des Duos "Los tres Papagayos" besaufen die Caballeros sich ganz heillos. Der Tag wird zur Nacht, die Nacht wird zum Tage; dabeisein ist alles, ist doch keine Frage. Am Tag wird aufgegeilt, am Strand bei den Blutten und nachts wieder abgegeilt, am Strand bei den Nutten. Doch jeder Urlaub geht mal wieder zu End`, denn flüüge mer wieder hei, wo mers ruiger hend. P.S. Vo morn a tüe mer denn wieder spare; mer wend jo s nächscht Johr ou wieder fahre!
Mai 1995 Schorsch
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Enigma
antwortete am 29.11.05 (16:24):
Ich mache auch mit.
NAZIM HIKMET, 24 September 1945
Das schönste Meer: es ist das noch unbefahrene... Das schönste Kind: es ist das noch nicht erwachsene. Unsere schönsten Tage: es sind die noch nicht gelebten. Das allerschönste Wort was ich Dir sagen wollte: es ist das noch nicht ausgesprochene Wort...
Übersetzung: Rana Talu
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Enigma
antwortete am 29.11.05 (16:30):
Und noch eines von ihm zu dem Thema: Nazim Hikmet Über dem Meer die bunte Wolke
Über dem Meer die bunte Wolke Darauf das silberne Schiff Darinnen der gelbe Fisch
In der Tiefe blauer Tang An der Küste ein nackter Mann Der steht da und überlegt
Soll ich die Wolke sein? Oder das Schiff? Oder der Fisch? Oder vielleicht der Tang?
Weder noch! Das Meer musst du sein, mein Sohn!
Mit seiner Wolke, Mit seinem Schiff, Mit seinem Fisch, Mit seinem Tang
Übersetzung: Rana Talu
Internet-Tipp: https://www.onlinekunst.de/januar/20_01_Hikmet_Nazim.htm
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Medea.
antwortete am 29.11.05 (16:44):
Heut bin ich über Runghold gefahren, die Stadt ging unter vor sechshundert Jahren. Noch schlagen die Wellen da wild und empört, wie damals, als sie die Marschen zertört. Die Maschine des Dampfers schütterte, stöhnte; aus den Wellen rief es unheimlich und höhnte: "Trutz, Blanke Hans!"
(1. Strophe von "Trutz, Blanke Hans" von Detlev von Liliencron)
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Enigma
antwortete am 29.11.05 (16:52):
Die Nacht auf der Insel Von Pablo Neruda
Die ganze Nacht hab ich geschlafen mit dir, nahe dem Meer, auf der Insel. Wild und lieblich warst du im Wechsel von Lust und Schlaf, im Wechsel von Feuer und Wasser.
Vielleicht vereinten sich spät, sehr spät unsere Träume, hoch droben oder tief drunten, in der Höhe wie Zeige, vom selben Wind bewegt, in der Tiefe wie rote Wurzeln, einander berührend.
Vielleicht trennte sich dein Traum von dem meinen und suchte mich auf dem dunklen Meer wie einstens, als es dich noch nicht gab, als ich ohne dich zu gewahren, dicht an dir vorüberfuhr, und deine Augen suchten, was ich nunmehr - Brot, Wein, Liebe und Zorn - mit vollen Händen dir gebe, denn du bist der Becher, wartend auf die Gaben meines Lebens.
Ich habe mit dir geschlafen die ganze Nacht, während die dunkle Erde sich drehte mit Lebenden und mit Toten und beim Erwachen, jählings inmitten der Dunkelheit umfasste mein Arm deine Hüfte. Weder die Nacht noch der Traum konnten uns beide trennen.
Ich habe mit dir geschlafen, und beim Erwachen gab dein Mund, eben dem Traum entkommen, mir den Geschmack von Erde, von Meerwasser, von Algen, vom Grund deines eigenen Lebens, und ich erhielt einen Kuss, benetzt von der Morgenröte, als käme er mir vom Meer, das uns hier umspült.
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Enigma
antwortete am 29.11.05 (17:07):
Mit schwarzen Segeln segelt mein Schiff
Mit schwarzen Segeln segelt mein Schiff Wohl über das wilde Meer; Du weißt wie sehr ich traurig bin Und kränkst mich doch so schwer.
Dein Herz ist treulos wie der Wind Und flattert hin und her; Mit schwarzen Segeln segelt mein Schiff Wohl über das wilde Meer.
Heinrich Heine
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Enigma
antwortete am 29.11.05 (17:10):
Das Schiff
Das eilende Schiff, es kommt durch die Wogen Wie Sturmwind geflogen.
Voll Jubel ertönt's vom Mast und vom Kiele: Wir nahen dem Ziele."
Der Fährmann am Steuer spricht traurig und leise: "Wir segeln im Kreise."
Marie von Ebner-Eschenbach
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Enigma
antwortete am 29.11.05 (17:15):
Dehmel, Richard (1863-1920) Rosensymbol
Ich warf eine Rose ins Meer, eine blühende Rose ins grüne Meer. Und weil die Sonne schien, Sonne schien, sprang das Licht hinterher, mit hundert zitternden Zehen hinterher. Als die erste Welle kam, wollte die Rose, meine Rose, ertrinken. Als die zweite sie sanft auf ihre Schultern nahm, mußte das Licht, das Licht ihr zu Füßen sinken. Da faßte die dritte sie am Saum, und das Licht sprang hoch, zitternd hoch, wie zur Wehr; aber hundert tanzende Blütenblätter wiegten sich rot, rot, rot um mich her, und es tanzte mein Boot, und mein Schatten auf dem Schaum, und das grüne Meer, das Meer
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marie2
antwortete am 30.11.05 (00:15):
Meer
Wenn man ans Meer kommt soll man zu schweigen beginnen bei den letzten Grashalmen soll man den Faden verlieren
und den Salzschaum und das scharfe Zischen des Windes einatmen und ausatmen und wieder einatmen
Wenn man den Sand sägen hört und das Schlurfen der kleinen Steine in langen Wellen soll man aufhören zu sollen und nichts mehr wollen nur Meer
Nur Meer
- Erich Fried -
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Enigma
antwortete am 30.11.05 (08:32):
Ds gefällt mir auch sehr gut, marie2.
James Krüss
Vom Himmel fällt der Regen und macht die Erde naß. Die Steine auf den Wegen, Die Blumen und das Gras. Die Sonne macht die Runde In altgewohntem Lauf Und saugt mit ihrem Munde Das Wasser wieder auf!
Das Wasser steigt zum Himmel Und wallt dort hin und her. Da gibt es ein Gewimmel Von Wolken grau und schwer.
Die Wolken werden nasser Und brechen auseinand‘, Und wieder fällt das Wasser Als Regen auf das Land.
Der Regen fällt ins Freie, Und wieder saugt das Licht, Die Wolke wächst aufs neue, Bis daß sie wieder bricht.
So geht des Wassers Weise: Es fällt, es steigt es sinkt In ewig gleichem Kreise, Und alles, alles trinkt!
Christian Morgenstern Das Wasser
Ohne Wort, ohne Wort rinnt das Wasser immer fort andernfalls, andernfalls spräch es doch nichts anders als:
Bier und Brot, lieb und Treu, - und das wäre auch nicht neu. Dieses zeigt, dieses zeigt, dass das Wasser besser schweigt.
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Medea.
antwortete am 30.11.05 (08:45):
Es waren zwei Königskinder, die hatten einander so lieb. Sie konnten zusammen nicht kommen: Das Wasser war viel zu tief.
Ach Liebster, kannst du nicht schwimmen? So schwimme doch her zu mir! Drei Kerzen will ich anzünden, die sollen leuchten dir.
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Medea.
antwortete am 30.11.05 (08:49):
Wasser ist zum Waschen da, falldarie und falldara, auch zum Zähneputzen, kann man es benutzen. Wasser braucht das liebe Vieh, falldara und falldarie und auch die Feuerwehr, benötigt Wasser sehr.
:-))
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seniorin
antwortete am 30.11.05 (09:19):
Hero und Leander
Die Sage von der unglücklichen Liebe des durch das Meer getrennten Paares ist zum erstenmal von einem hellenistischen Dichter dargestellt worden. In Rom diente die traurige Begebenheit Ovid als Hintergrund für zwei leidenschaftliche Briefe der beiden Liebenden. Erst gegen Ende des 5. Jahrhunderts wurde der Stoff von dem Poeten Musaios der Nachwelt überliefert.
Zwei von Natur und Schicksal füreinander bestimmte Liebende finden sich endlich nach einigen Fährnissen. Nach kurzem, heimlichem Glück und nachdem sie sich ein paar Tage nicht sehen können, erkennen sie, daß ein Leben ohne die ständige Liebe des anderen sinnlos ist. Ihre Liebe duldet keine Trennung. Leander stürzt sich trotz großer Gefahr für sein Leben ins Meer, um zu der Geliebten zu schwimmen, und ertrinkt. Hero folgt ihm in den Tod.
Quelle: https://www.deutsche-liebeslyrik.de/anderes/hero.htm
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schorsch
antwortete am 30.11.05 (10:27):
Warum so frag ich euch, ist so salzig das Meer? Sinds Millionen Tränen vom weinenden Heer der Kinder und Frauen ohne Vater, ohne Mann? Geb` mir doch Antwort wer antworten kann....
Nov. 05, Schorsch
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Joan
antwortete am 01.12.05 (23:42):
DAS MEER
STÜRME Wachsen------- auf Wogenkämmen SCHLEUDERN ----die weisse tobende GISCHT ------- donnernd zum Strand WOLKEN-------- zerfetzte Fernen BRENNEN--------letzte atmende SPUR VERLISCHT------weglos im Sand
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Enigma
antwortete am 02.12.05 (07:42):
Wasser und Feuer So warf ich dich denn in den Turm und sprach ein Wort zu den Eiben,
draus sprang eine Flamme, die maß dir ein Kleid an, dein Brautkleid:
Hell ist die Nacht, hell ist die Nacht, die uns Herzen erfand hell ist die Nacht!
Sie leuchtet weit übers Meer, sie weckt die Monde im Sund und hebt sie auf gischtende Tische, sie wäscht sie mir rein von der Zeit: Totes Silber, leb auf, sei Schüssel und Napf wie die Muschel!
Der Tisch wogt stundauf und stundab, der Wind füllt die Becher, das Meer wälzt die Speise heran: das schweifende Aug, das gewitternde Ohr, den Fisch und die Schlange –
Der Tisch wogt nachtaus und nachtein, und über mir fluten die Fahnen der Völker, und neben mir rudern die Menschen die Särge an Land, und unter mir himmelts und sternts wie daheim um Johanni!
Und ich blick hinüber zu dir, Feuerumsonnte: Denk an die Zeit, da die Nacht mit uns auf den Berg stieg, denk an die Zeit, denk, daß ich war, was ich bin: ein Meister der Kerker und Türme,
ein Hauch in den Eiben, ein Zecher im Meer, ein Wort, zu dem du herabbrennst. Paul Celan
Internet-Tipp: https://www.lyrikline.org/de/ShowPoem.aspx?authorId=pc00&poemId=68
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polykrit
antwortete am 23.01.06 (01:30):
Spät, aber vielleicht nicht zu spät, möchte ich mein kleines Werk über das Faszinosum "Wasser" hier mit anfügen:
LIQUIDES FASZINOSUM
Den Ozean, wie jedes Meer, bevölkert reger Schiffsverkehr. Ob dort ein wilder Sturm nun braust, der seine Oberfläche kraust und Schiffe in Gefahren bringt, stets bleibt der Mensch vom Nichts umringt.
Was ihn, der sonst an Land gastiert, dabei natürlich fasziniert ist das Verlorenheitsgefühl, hervorgerufen durch das Spiel der Übergänge wie im Traum von relativer Zeit und Raum. Jedoch, wenn wir uns davor hüten, den unbewussten Wassermythen, im Kortex freien Raum zu geben, so werden diese danach streben, sich Bahn zu brechen mit der Zeit. Bist du gewappnet und bereit?
Das Wasser hat weit mehr Niveau als du erkennst im H2O. Dort wird‘s nur darauf reduziert, dass es mal fließt und mal gefriert und durch der Sonne steten Kampf als Wolke auftritt, sprich als Dampf.
Nur wenn wir spüren, was es heißt, spricht jemand schlicht vom Wassergeist, der alles Wissen dieser Welt wie immer auch gespeichert hält, erfahren wir von seinem Wert, ansonsten ist es umgekehrt!
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