Zur Seniorentreff Homepage
 Bücher suchen:





Neues ChatPartnersuche (Parship)FreundeLesenReisen LebensbereicheHilfe



Archivübersicht | Impressum

THEMA:   Gioconda Belli

 13 Antwort(en).

Literaturfreund begann die Diskussion am 27.10.05 (09:51) :

Ein Abend mit der Dichterin

Gioconda Belli… -
- Deutsch vorgetragen von der Kölnerin Viola Gabor -

* …in einer Recklinghäuser Kirche, in der durchaus die Sinnlichkeit dieser beiden folgenden Liebesgedichte, die als Zugabe in rasendem, dann erschöpftem Tempo geboten wurden, wobei Leidenschaft, auf für die Armen in Lateinamerika, mitbrummte…

Die „Grupo Sal“ spielte vor - mit und nach! Eine herrliche, witzige Garantie lateinamerikanischer Show- und Musik- und solidarischer Gefühlskunst

*
Die Belli ist noch länger in Deutschland:

Gioconda Belli
Tempi

I
Mein Stück Süße von der Mandarinenschnitte
mein Specht gefiederte Schlange
Kolibrie, der meine Blume schnäbelt meinen Honig trinkt
meinen Zucker schlürft mir die Erde berührt
Anturio die Höhle das Haus der Abenddämmerungen
der Donner der Meere Segelschiff
Legionen von Vögeln Möwe im Tiefflug süße Mispel
Palme die meinen Beinen Strände gebiert
hoher Kokosmast, bebender Obelisk meines Untergangs
Schaum meiner Haut Regen Quelle
Kaskade in meinen Bachbett Brunst meiner Umtriebe
Licht deiner Augen Briese auf meinen Brüsten
verspielter Hirsch in meinem Wald aus Geißblatt und Moos
Wächter meines Lachens Schutz des Pochens
Kastagnette Schelle Jubel meines Rosenhimmels
aus Frauenfleisch mein Mann du einziger Talisman
Zauber meiner wüstenhaften Blätter komm noch einmal
ruf mich drück mich an deinen Hafen der heiseren Wellen
Erfüll mich mit deiner weißen Zärtlichkeit ersticke meine Schreie

Laß mich aufgelöste Frau sein
*
(Forts. folgt)
URL.: Belli - mit Klimt, mit Text...!

Internet-Tipp: /seniorentreff/de/vjvVwhjW0


 Literaturfreund antwortete am 27.10.05 (09:53):

(Forts.:)
Gioconda Belli: Tempi
II

Glockengeräusche Sirenengesang
los laß ich die Zügel galoppiere Gelächter
setze die Mauern aus dem Spiel
Staudämme fallen in Stücke ich springe grün
die Hoffnung blau der Himmel sonare Horizonte
die sich in Winden auftun mich hindurchzulassen:
"Gebt frei den Weg der Frau, die nicht die Strudel der
Liebe fürchtet, noch die Orkane der Verachtung"
Gesiegt hat der alte Jahrgangswein der rote der weiße
es kamen es keimten die Trauben mit ihrer weichen Haust
die Rundungen deiner Figur du regnest auf mich
wäscht ab die Trauer erbaust wieder Leuchttürme Bibliotheken
alter Bücher mit wunderschönen Bildern
gibst mir den Grinsekater zurück Alice den Hasen
den verrückten Hut Schnewittchens Zwerge
den Marsch zwischen den Fingern den Hauch der Kindheit
du bist in dem Blick am Fenster aus dem der Baum entsteht,
der Kreisel, die kleinen Tassen, ich liebe dich, berühre dich
entdecke in dir den Hengst Kater Glühwürmchen Libelle
nackter Mann durchscheinend Trommel Trompete ich mach Musik
tanze stampfe entkleide mich umhülle dich du umhüllst mich
Küsse Küsse Küsse Küsse Küsse Küsse Küsse Küsse
Schweigen Schlaf.
*
URL: Gedichte der Belli, zum erotischen Miterleben…
*
Das Programm und die Termine der begleitenden „Grupo Sal“, die auch mit anderen Künstlern auftritt:

https://www.grupo-sal.de/index.html

Internet-Tipp: /seniorentreff/de/rZY3QeccS


 Literaturfreund antwortete am 27.10.05 (11:38):

Zu Frau Belli gibt es hier im ST schon mancherlei Gedichte

Siehe:

www./seniorentreff/de/diskussion/threads4/thread1027.php -
*

Oder im Gedichte Kapitel 36

www./seniorentreff/de/diskussion/threads4/thread1205.php -

Gedichte Kapitel 12
www./seniorentreff/de/diskussion/archiv4/a130.html -

Internet-Tipp: /seniorentreff/de/6rjBMGPk5


 Marina antwortete am 27.10.05 (18:26):

Ich habe sie auch schon bei einer Lesung erlebt, sie ist toll, sehr kraftvoll und poetisch. Vor vielen Jahren habe ich ihr Buch "Die bewohnte Frau" gelesen, das hat mir auch sehr gut gefallen. Sie hat sehr viel Phantasie und eine erotische Sprache, mit der sie alles so eindrücklich und suggestiv beschreibt, dass man sich ihr kaum entziehen kann.
Hier ein Link mit einer kleinen Leseprobe:

Internet-Tipp: https://www.die-leselust.de/buch/belli001.htm


 majanna antwortete am 27.10.05 (18:55):

Sie zeigt auf, dass auch Frauen fähig sind, erotische Sprache für das zu finden, was Mann und Frau verbindet.


Irgendwie bin ich an die Göttin Baubo, die lachende Schweinchengöttin erinnert, deren Lachen jeden Akt zur Freude geraten lässt.


 Enigma antwortete am 27.10.05 (19:55):

Wunderbar, Gioconda Belli...
Gerade wollte ich sagen, dass ich sie liebe, aber natürlich liebe ich nur das, was sie geschrieben hat.

@Literaturfreund
Erstmal natürlich vielen Dank für das Thema.
Aber nicht alle deiner angegebenen Links funktionieren, aus welchem Grund auch immer (wahrscheinlich aus irgendwelchen technischen Gründen).
Darum weiß ich auch nicht, ob das nachfolgende Gedicht schon hier eingestellt war.Ich poste es aber nochmal, kann ja nicht schaden :-).

Gioconda Belli
Bleibende Gärten

Das dicht verschlungene Gebüsch meiner Blüten
hast du bestellt, von Moschus trunken.
Kein Beet liegt brach in dieser Liebe
in der ich dich täglich herausfordere,
die frischeste Knospe zu finden.
Ich habe nie behauptet,
ein Garten mit fest umrissenen
Wegen zu werden.
Wie ein tropisch feuchter Garten
bin ich angelegt
mit nicht zu klassifizierenden Arten,
denn stets wollte ich
deine gärtnerischen Absichten
auf die Probe stellen,
wie du Gewächse bändigst
und Unkraut ausrottest.
Von vier Flanken habe ich dich
mit stürmischen
Kletterpflanzen überfallen
und mit nachtduftenden Orchideen
von tödlicher Schönheit.
Und wie Flügel aus Urwaldträumen
habe ich Blätter geöffnet in
den friedlichen Bäumen, die du um das Haus
herum gesetzt hast.
In deine Ziegenbockgemächer
habe ich afrikanische
Veilchen gebracht
und mit indianischem Jasmin
deine uneinnehmbaren Fenster umrahmt
- durch die der Duft nun dringt mit dem Klang
zerspringenden Glases.
Wie gut hast du, mein Geliebter,
mein Herzallerliebster, all meine
Prüfungen bestanden!
Niemals gefügig, wachse ich dennoch jetzt
auf dem Dach des Hauses
und umarme diese süße,
feurige Ausdehnung, die wir bewohnen.
Verteidige sie mit Dornenhecken.
Versehe sie mit Fontänen.
Damit auch die grausamste Jahreszeit
sie nicht verdorren lässt.

angelottchen hat es gut. Sie kann das sicher im Original lesen.

Und zur Grupo Sal.
Deren Musik finde ich auch toll.Sehr, sehr gefühlvoll (jedenfalls das, was ich von ihnen kenne), aber auch sehr, sehr schön.

@Marina
Das Buch kenne ich nicht. Macht mich auch sehr neugierig. Aber die Wünsche nach zu lesenden Büchern stapeln sich schon.

@majanna
Und warum sollten Frauen zu dieser erotischen Sprache nicht fähig sein? :-)
Ist es nicht eher so, dass viele Männer nicht dazu imstande sind?


 angelottchen antwortete am 27.10.05 (20:21):

Eine wunderbare Dichterin mit einer fulminanten, bilderreichen Sprache - die aber bedauerlicher Weise in der Übersetzung wie so oft an Dichte und Wortspielerei verliert. Ihr gebührt sicher der Platz neben Nicaraguas grösstem Dichter, Ruben Dario - aber das Land hat eine Vielzahl von Poeten, die zum Teil auch schon übersetzt wurden. Hier nochein gedicht von Gioconda Belli:

Niemand sucht aus
Gioconda Belli

Man sucht sich das Land seiner
Geburt nicht aus,
und liebt doch das Land, wo man
geboren wurde.
Man sucht sich die Zeit nicht aus,
in der man die Welt betritt,
aber muss Spuren in seiner Zeit
hinterlassen.

Seiner Verantwortung kann sich
niemand entziehen.
Niemand kann seine Augen
verschließen, nicht seine Ohren,
stumm werden und sich die
Hände abschneiden.

Es ist die Pflicht von allen zu lieben,
ein Leben zu leben,
ein Ziel zu erreichen.

Wir suchen den Zeitpunkt nicht aus,
zu dem wir die Welt betreten,
aber gestalten können wir diese Welt,
worin das Samenkorn wächst,
das wir in uns tragen.


Gioconda Belli ist die bekannteste Lyrikerin Nicaraguas. Sie wurde 1948 in Managua geboren und beteiligte sich ab 1975 an Guerilla-Aktionen der FSLN. Verhaftung und Flucht nach Costa Rica waren die Folge. Nach 1979 arbeitete sie in verschiedenen politischen und kulturellen Ämtern. Zur Zeit lebt sie mit ihrem Mann und den drei Kindern in Los Angeles.

Gedicht aus:»Wenn du mich lieben willst«, Gesammelte Gedichte, Peter Hammer Verlag, Wuppertal 1993

Hier ein Link zu noch mehr nicaraguensischen Poeten
https://staepa-berlin.de/frame.php?link=https://www.staepa-berlin.de/n_kultur/literatu.htm

oder auf Spanisch:

Internet-Tipp: https://www.dariana.com/


 Enigma antwortete am 28.10.05 (08:05):

Ich wollte auch, dass ich sie in der Originalsprache lesen könnte.
Aber das folgende gefällt mir auch in der Übersetzung: :-)


Gioconda Belli

In der Nacht stellt die Ehefrau klar


Nein.
Ich habe nicht die Beine Cindy Crawfords.
Ich verbrachte mein Leben nicht auf Laufstegen,
Modenschauen, sonnenbraun
unter den Lichtern der Fotografen.
Meine Beine sind breit noch bevor sie
in die Hüften münden
und trotz meiner zahlreichen Versuche
im Aerobic-Anzug auf dem Boden zu schwitzen
kann ich ihren Hang zum Ausufern nicht hindern,
wie Säulen, die saftige Stützen brauchen.

Nein
Ich habe nicht die Taille Cindy Crawfords.
Noch den perfekten Bauch, glatt und leicht konkav
mit dem herrlichen Nabel in der Mitte.
Einmal besaß ich so einen Bauch.
Einmal war ich stolz
auf diese Gegend meiner Anatomie.
Das war, bevor ich Camilo gebar,
bevor er beschloß, es eilig zu haben
und diese Welt mit den Füßen
zuerst zu betreten;
bevor der Kaiserschnitt
mir eine Narbe ließ.

Nein. Ich habe nicht die Arme Cindy Crawfords,
gebräunt, gedrechselt, jeder Muskel
durch die richtige Übung gestärkt,
fein austariert die Gewichte.
Meine schlanken Arme haben nicht mehr Muskeln
gebildet, als ich zum Anschlagen
dieser Tasten brauche,
meine Kinder zu tragen,
mir die Haare zu bürsten,
zu gestikulieren beim Reden
über die Zukunft,
die Freunde zu umarmen.

Nein.
Ich habe nicht die Brüste Cindy Crawfords,
hoch und rund, Körbchen B oder C.
Die meinen konnten nie glänzen im Dekolleté,
auch wenn meine Mutter mir versicherte -
eine Mutter eben -,
so auseinanderstehende Brüste seien
die griechischen Brüste
der Venus von Milo.

Ach, und das Gesicht Cindy Crawfords,
vom Gesicht ganz zu schweigen.
Dieser Schönheitsfleck im Munwinkel,
die Züge so geordnet, die großen Augen,
der Bogen der Brauen, die zarte Nase.
Mein Gesicht hab ich aus Gewöhnung gern:
die Elefantenaugen, die Nase
mit ihren offenen Flügeln,
der Mund ansehnlich,
alles in allem sinnlich.
Das Ganze wird annehmbar
mit Hilfe der Haare.
Auf diesem Gebiet bin ich Cindy Crawford
wohl überlegen.
Ich weiß nicht, ob das
ein Trost ist für mich.

Und endlich als schwerwiegenster Beweis:
Ich habe nicht den Hintern Cindy Crawfords,
klein, rund, jede Hälfte exquisit gezeichnet.
Der meine ist hartnäckig groß und breit,
heiliges Gefäß oder Tonkrug,
du kannst wählen.
Unmöglich, ihn zu verstecken,
und alles, was ich tun kann, ist,
mich seiner nicht zu schämen,
sondern ihn zu nutzen,
um bequem sitzend zu lesen
oder Schrifstellerin zu sein.

Aber sag einmal: Wie oft lag Cindy Crawford
dir zu Füßen?
Wie oft schenkte sie dir Zärtlichkeiten am Morgen,
Küsse in den Nacken, während du schliefst,
Kitzeln, Lachen, Fruchteis ans Bett,
ein spontanes Gedicht, einen Vorschlag
für ein Abenteuer, Zukunfsgesichte?
Von welchen Erfahrungen könnte dir
Cindy Crawford berichten,
die auch nur annähernd den meine glichen,
welche Revolutionen, Verschwörungen,
historische Ereignisse kann sie vorweisen?
Bescheidenheit beiseite:
Ist ihr so perfekter Körper
der Ungezügeltheit des meinen fähig,
feurig, zärtlich, Kenner von
Nächten ohne Morgen
und von Morgen ohne Nächte,
kluger Erforscher aller Regionen
deiner Geografie?

Denke gut darüber nach. Wäge ab,
was ich dir biete.
Leg die Zeitschrift weg
und komm ins Bett.


 majanna antwortete am 28.10.05 (17:17):

@ enigma:

Nun, diese geballte Methaphernsprache - zwischen Erotik und Sexualsymbolik angesiedelt - habe ich bisher nur in den Gedichten ( Gebeten) der deutschen Mystikerinnen gefunden.
Aber: sorry: ich dachte, wir reden hier ü b e r Texte.
Wenn ich aber eines nach dem anderen lesen soll/ will/ kann/ darf usw, verliere ich das Interesse und mir bleibt nur ein Film namens: Gedichte der Gioconda Belli.


Vielleicht gelingt es Literaturfreund mit seinem Interpretationsansatz, das zuwege zu bringen, was ich mir wünsche - eben Gespräch über Einzeltexte -. Dass Du dazu in der Lage und willens bin, darf ich eher annehmen, weil Du es in dem von mir angesprochenen Thread bewiesen hast.

freundliche Grüße

Marianne


 majanna antwortete am 28.10.05 (17:48):

ich korrigiere mich
Metaphernsprache


 Enigma antwortete am 28.10.05 (19:05):

hallo majanna,

ich hatte - z.B. - an Ulla Hahn gedacht.

Zu allem anderen möchte ich mich gerne wieder melden. Wahrscheinlich morgen! Ist das in Ordnung?

Gruß
von Enigma


 Enigma antwortete am 29.10.05 (09:21):

Hallo majanna,

meine Gründe kennst du ja aus dem anderen Thread!

Aber warum nicht mal etwas Neues ausprobieren?

Schön wäre natürlich etwas mehr Beteiligung, wenn es ein Projekt sein soll.

Freundliche Grüße
Enigma


 majanna antwortete am 04.11.05 (13:31):

Neues von Gioconda Belli


Bestseller-Autorin Gioconda Belli ("Bewohnte Frau", "Tochter des Vulkans", "Die Verteidigung des Glücks" kommt nach Österreich, um ihr neues Buch zu präsentieren.


Die in Nicaragua geborene Schriftstellerin wurde durch ihr politisches Engagement als Gegnerin der Diktatur in ihrem Heimatland bekannt.
Im neuen Roman verkörpert die 17-jährige Lucia für den Universitätsdozenten Manuel die unglückliche spanische Königin Johanna. Auf sein Drängen hin öffnet sie sich vorbehaltlos ihren neuen Empfindungen in dieser Doppelrolle.

Gioconda Belli ist eine der meistgelesenen Autorinnen Lateinamerikas, die hierzulande mit ihren Romanen "Bewohnte Frau", "Tochter des Vulkans" und ihrer Autobiografie "Die Verteidigung des Glücks" große Popularität gewonnen hat. In Nicaragua in großbürgerlichen Verhältnissen aufgewachsen, studierte Gioconda Belli in Spanien und den USA und schloß sich in jungen Jahren der sandinistischen Befreiungsbewegung an. Ihre Romane und Gedichtsammlungen thematisieren ein weibliches Selbstbewußtsein, daß sich gleichermaßen gegen Machismo und politische Unterdrückung wendet. In ihrem neuen Roman "El reino de su memoria" (Dt. "Das Manuskript der Verführung" schildert Belli die Begegnung der 17-jährigen, aus Lateinamerika stammenden, Lucia mit dem 20 Jahre älteren spanischen Geschichtsdozenten Manuel, der sich wie besessen in die Geschichte der spanischen Königin Johanna der Wahnsinnigen (1479-1555) vertieft hat.

Manuel führt Lucia nicht nur in die Liebe ein, sondern läßt sie während seinen Erzählungen über die unglückliche Königin, in deren Rolle schlüpfen. Lucia lebt auf dieses Weise die Gedanken- und Gefühlswelt Johannas nach, die aufgrund ihrer legitimen Machtansprüche auf den Thron, aber auch wegen ihrer hingebungsvollen und freizügigen Liebe als anstößig verurteilt und zur "Wahnsinnigen" erklärt wurde. Die deutsche Übersetzung wird vorgetragen von Viola Gabor.
-------------------------------------------------
Ich denke, das interessiert auch die Leser dieses Unterforums. Ist mal `ne schnelle Information über das neueste - sicher bald zu kaufende - Werk der Belli.


 Enigma antwortete am 24.12.05 (07:51):

Bitte

Kleide mich in Liebe
denn ich bin nackt,
bin unbewohnte Stadt,
benommen von Lärm
taub von Trillern,
trockenes Blatt im März.

Umhülle mich mit Freude,
ich wurde nicht geboren
um traurig zu sein,
die Traurigkeit ist mir zu weit
wie ein fremdes Kleid.

Ich will wieder brennen,
den salzigen Geschmack
der Tränen vergessen,
die Löcher in den Lilien,
die tote Taube auf dem Balkon.

Noch einmal mich wiegen
im wehenden Wind
schäumende Welle
Meer über den Klippen
meiner Kindheit
Sterne in den Händen
lachende Lampe auf dem Weg
zum Spiegel
in dem ich mich wieder schaue
heilen Leibes
beschützt
an die Hand genommen
vom Licht
von grüner Wiese und Vulkanen
das Haar voller Spatzen.
Schmetterlinge sprießen
aus meinen Fingern
Luft nistet in den Zähnen
und kehrt zurück zur Ordnung
des Universums bewohnt
von Zentauren.
Kleide mich in Liebe
denn ich bin nackt.

Gioconda Belli