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THEMA: Lieblich sind die Juninächte
23 Antwort(en).
Henriette
begann die Diskussion am 13.06.05 (16:27) :
Lieblich sind die Juninächte, wenn des Abendrots Verglimmen und des Morgens frühe Lichter dämmernd ineinander schwimmen;
Wenn der Lenz in roten Rosen rasch verblutet und die kleinen Nachtigallen um den Toten ihre letzten Lieder weinen;
Wenn im Kelch der Lindenblüte unterm Blätterbaldachine schläft, gewiegt von lauen Lüften, die verirte müde Biene.
Träumerisch im Nest der Schwalbe zirpt die Brut und zwischert leise von dem großen blauen Himmel und der großen Südlandreise.
Und im Weizen schlägt die Wachtel, jedem Pflüger liebe Laute, liebe Laute all den Körnern, die er fromm der Flur vertraute.
Durch die frisch entsproßnen Ähren, haucht ein Säuseln und ein Singen, als ob holde Himmelsgeister segnend durch die Saaten gingen.
Friedrich Wilhem Weber aus Dreizehnlinden Ich habe dieses Gedicht aus dem Archiv geholt.Es fällt mir immer im Monat Juni ein.Leider sind die Nächte bzw.Abende etwas kühl,aber die Rosen blühen trotzdem.In der Natur draußen ist es herrlich.Ich erfreue mich jeden Tag daran.
henriette --------------------------------------------------------------------------------
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angelottchen
antwortete am 13.06.05 (20:25):
mit fiel dazu spontan das hier ein
Wenn die Igel in der Abendstunde still nach ihren Mäusen gehn, hing auch ich verzückt an deinem Munde, und es war um mich geschehn - Anna Luise - !
Dein Papa ist kühn und Geometer, er hat zwei Kanarienvögelein; auf den Sonnabend aber geht er gern zum Pilsner in'n Gesangverein - Anna-Lusie - !
Sagt' ich: "Wirst die meine du in Bälde?", blicktest Du voll süßer Träumerei auf das grüne Vandervelde, und du dachtest dir dein Teil dabei, Anna-Luise - !
Und du gabst dich mir im Unterholze einmal hin und einmal her, und du fragtest mich mit deutschem Stolze, ob ich auch im Krieg gewesen wär... Anna-Luise - ! Ach, ich habe dich ja so belogen! Hab gesagt, mir wär ein Kreuz von Eisen wert, als Gefreiter wär ich ausgezogen, und als Hauptmann wär ich heimgekehrt - Anna-Luise - !
Als wir standen bei der Eberesche, wo der Kronprinz einst gepflanzet hat, raschelte ganz leise deine Wäsche, und du strichst dir deine Röcke glatt, Anna-Luise - !
Möchtest nie wo andershin du strichen! Siehst du dort die ersten Sterne gehn? Habe Dank für alle unvergesserlichen Stunden und auf Wiedersehn! Anna-Luise - !
Denn der schönste Platz, der hier auf Erden mein, das ist Heidelberg in Wien am Rhein, Seemannslos. Keine, die wie du die Flöte bliese...! Lebe wohl! Leb wohl. Anna-Luise - !
Den Igelns dürfte es in D zur Zeit auch zu kalt sein?
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pilli
antwortete am 14.06.05 (00:33):
Nacht (1)
Mit Dämmerung und Amselschlag Kommt aus den Tälern her die Nacht. Die Schwalben ruhn, der lange Tag Hat auch die Schwalben müd gemacht.
Durchs Fenster mit verhaltenem Klang Geht meiner Geige müder Strich. Verstehst du, schöne Nacht, den Sang - Mein altes Lied, mein Lied an dich?
Ein kühles Rauschen kommt vom Wald, Daß mir das Herz erschauernd lacht, Und leis mit freundlicher gewalt Besiegt mich Schlummer, Traum und Nacht.
Nacht (2)
Ich habe meine Kerze ausgelöscht; Zum offenen Fenster strömt die Nacht herein, Umarmt mich sanft und läßt mich ihren Freund Und ihren Bruder sein.
Wir beide sind am selben Heimweh krank; Wir senden ahnungsvolle Träume aus Und reden flüsternd von der alten Zeit In unsres Vaters Haus. (Hermann Hesse)
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schorsch
antwortete am 14.06.05 (09:22):
@: "... mir fiel dazu spontan das hier ein
Wenn die Igel in der Abendstunde..."
angelottchen, ist das von dir?
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angelottchen
antwortete am 14.06.05 (09:25):
@schorsch: ich denke, es gehört zur allgmeimbildung, zu wissen, dass das tucholsky ist. wäre es von mir, ich hätte kaum analouise angesungen :-)
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marie2
antwortete am 14.06.05 (09:59):
Das hat die Sommernacht gethan Die Nacht ist keines Menschen Freund - Was flüsterst du von Treue? Der Mond verblaßt, der Morgen graut ... Am Bette sitzt die Reue. Die Reue ist ein häßlich Weib Und möcht' mich wohl verderben - Reiß mir das Herz nicht aus dem Leib, Ich will ja noch nicht sterben. Mein Blut ist heiß, dein Mund so süß ... O Gott, wie kannst du küssen! Das hat die Sommernacht gethan, Daß wir versinken müssen.
Anna Ritter
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Enigma
antwortete am 14.06.05 (17:22):
Städtische Sommernacht
Unten macht sich aller Abend grauer, und das ist schon Nacht, was da als lauer Lappen sich um die Laternen hängt. Aber höher, plötzlich ungenauer,
wird die leere leichte Feuermauer eines Hinterhauses in die Schauer einer Nacht hinaufgedrängt, welche Vollmond hat und nichts als Mond.
Und dann gleitet oben eine Weite weiter, welche heil ist und geschont, und die Fenster an der ganzen Seite werden weiß und unbewohnt.
Rainer Maria Rilke
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schorsch
antwortete am 14.06.05 (19:05):
Entschuldige meine Unwissenheit, liebe Angelottchen. Ich bin hoffentlich der einzige Ungebildete in diesem Kreise.....
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darklady
antwortete am 14.06.05 (23:25):
Ihr seid wirklich gut,was ihr alles für Gedichte kennt. Dazu viel mir spontan ein,dass meine beiden Kinder 18 und 16 , beide auf dem Gymnasium, noch nie ein Gedicht mit nach Hause gebracht haben, geschweige denn mal eins gelernt haben.Ein grosses Defizit,wie ich hier sehen kann.
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Enigma
antwortete am 15.06.05 (08:38):
J.F.v.Eichendorff: SEHNSUCHT
Es schienen so golden die Sterne, am Fenster ich einsam stand und hörte aus weriter Ferne ein Posthorn im stillen Land. Das Herz mir im Leibe entbrennte, Da hab ich mir heimlich gedacht: Ach, wer da mitreisen könnte In der prächtigen Sommernacht!
Zwei junge Gesellen gingen Vorüber am Bergeshang, Ich hörte im Wandern sie singen Die stille Gegend entlang: Von schwindelnden Felsenschlüften, Wo die Wälder rauschen so sacht, Von Quellen, die von den Klüften Sich stürzen in die Waldesnacht.
Sie sangen von Marmorbildern, Von Gärten, die überm Gestein In dämmernden Lauben verwildern, Palästen im Mondenschein, Wo die Mädchen am Fenster lauschen, Wann der Lauten Klang erwacht, Und die Brunnen verschlafen rauschen In der prächtigen Sommernacht.-
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wanda
antwortete am 15.06.05 (09:04):
hatte gerade Zeit zum Lesen - ein Genuss - vielen Dank Euch allen. LG Wanda
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angelottchen
antwortete am 15.06.05 (09:26):
eigentlich darf das hier nicht fehlen..
Erzählungen Joseph von Eichendorff:
Mondnacht Es war, als hätt der Himmel Die Erde still geküßt, Daß sie im Blütenschimmer Von ihm nun träumen müßt.
Die Luft ging durch die Felder, Die Ähren wogten sacht, Es rauschten leis die Wälder, So sternklar war die Nacht.
Und meine Seele spannte Weit ihre Flügel aus, Flog durch die stillen Lande, Als flöge sie nach Haus.
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Literaturfreund
antwortete am 15.06.05 (09:56):
WILHELM LEHMANN: S O N N E N W E N D E
In zarte Schlinge faßt den Fuß, Den staubigen, das Zittergras. Mir deucht die Wasserprimel blaß Von langen Tages langem Kuß.
Da schon die Rosenkrone fiel, Die Ulmennuß, der Ahornstiel, Nimmt sie ein Wind sich noch zum Spiel Auf ihren letzten Wegen. Mit Mottenleib und Fliegenrest Hält sie der Spinnenfaden fest. Die Hitze kocht den Spinnenstrick Im überhellen Mittagslicht So hell, daß mir das Auge bricht; Er schlingt sich auch um mein Genick, So will ich mich nicht regen.
Mein Haar, dem Wind ein Zeitvertreib, Mit Rosenkrone, Fliegenleib, Mit Ulmennuß und Ahornstiel Und mit dem Grashalm, schnell gemäht, Vom Spinnenfaden eingenäht, Kann ich mich nicht mehr regen - Mit allem, was dem Staub verfiel Und dem die Schönheit nichts genützt, Von nichts als vom Gedicht beschützt Auf allen meinen Wegen. * Ein Juni-Gedicht von Lehmann, geschrieben zum jahreszeitlichen Höchststand der Sonne, ohne mythischen Quatsch, am 17.6.1933; „vor einem Gewitter“, wie er, der Pädagoge und Beamte und Biolehrer und Naturschriftsteller(„Bukolisches Tagebuch“) aufzeichnete; der sich der politischen Bedeutung des Jahres 33 bewusst war. * Als Einleitungszeilen zum Gedicht hatte er zuerst ins Tagebuch notiert: „Mit grüner Schleife meinen Fuß fängt Taumelloch und Zittergras.“
Und: „Mit grüner Hand fängt meinen Fuß Den staubigen, das Zittergras.“ * Ja, was ist "natürlich" - lyrisch und biologisch schöner?
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Enigma
antwortete am 15.06.05 (10:11):
Sommernacht Der laute Tag ist fortgezogen, Es kommt die stille Nacht herauf, Und an dem weiten Himmelsbogen Da gehen tausend Sterne auf; Und wo sich Erd´und Himmel einen In einem lichten Nebelband, Beginnt der lichte Mond zu scheinen Mit mildem Licht ins dunkle Land. Da geht durch alle Welt ein Grüssen! Und schwindet hin von Land zu Land; Das ist ein leises Liebesküssen, Das Herz dem Herzen zugesandt, Das im Gebete aufwärts steiget, Wie gute Engel, leicht beschwingt, Das sich zum fernen Liebsten neiget Und süsse Schlummerlieder singt. Und wie es durch die Lande dringet, Da möchte alles Bote sein; Ein Vogel es dem andern singet, Und alle Bäume rauschen d´rein; Und durch den Himmel geht ein Winken, Und auf der Erde nah´und fern Die Ströme heben an zu blinken, und Stern verkündet es dem Stern. Oh Nacht, wo solche Geister wallen Im Mondenschein auf lauer Luft; Oh Nacht, wo solche Stimmen schallen Durch lauter reinen Blütenduft, Oh Sommernacht, so reich an Frieden, So reich an stiller Himmelsruh´; Wie weit zwei Herzen auch geschieden, Du führest sie einander zu. Robert Reinick
Internet-Tipp: https://www.litlinks.it/r/reinick_r.htm
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angelottchen
antwortete am 16.06.05 (09:30):
Gedicht 1035 Biene! Ich erwarte dich! Sagte ich gestern Zu jemand dir bekanntem, Daß du bald eintreffen dürftest –
Die Frösche kamen letzte Woche heim – Sind häuslich niedergelassen und an der Arbeit – Die Vögel größtenteils zurück – Der Klee warm und dicht –
Meinen Brief wirst du am Siebzehnten erhalten; antworte Oder, besser noch, sei bei mir – Deine Fliege.
(Emily Dickinson)
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Enigma
antwortete am 16.06.05 (11:51):
...jaaa, Emily Dickinson, die liebe ich sehr. Leider habe ich aber nur eines ohne Übersetzung. Und einen Hinweis auf eine Emily-Dickinson-Seite mit einer Menge von Gedichten, allerdings nicht übersetzt.
Emily Dickinson (1830–86) Part Two: Nature
THE MOON was but a chin of gold A night or two ago, And now she turns her perfect face Upon the world below. Her forehead is of amplest blond; Her cheek like beryl stone; Her eye unto the summer dew The likest I have known. Her lips of amber never part; But what must be the smile Upon her friend she could bestow Were such her silver will! And what a privilege to be But the remotest star! For certainly her way might pass Beside your twinkling door. Her bonnet is the firmament, The universe her shoe, The stars the trinkets at her belt, Her dimities of blue
Internet-Tipp: https://www.lars-klein.com/start/literatur/dickinson/DICKINSON.html
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Enigma
antwortete am 18.06.05 (07:03):
Hans Lohberger (1920-1979)
Zwei Linden Zwei Linden, die der Anger trennt, die scheint der Mond zusammen in einen Schatten licht. Da träumen sie und haben ein einzig Bild und Angesicht, ein Lied, ein Glück, ein Rauschen. So ist's die ganze lange Nacht, die Sterne kreisen still durchs Laub bis an den kühlen Morgen. Fremd stehen und wie tot sie dann den lauten Tag im heißen Staub, bis wieder hebt das Dunkel an. Da schlingen sie einander ein im Duft der Wiesenblumen, auf ihrem Bett von Mondenschein.
Internet-Tipp: https://www.deutsche-liebeslyrik.de/lohberger4.htm
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angelottchen
antwortete am 18.06.05 (09:30):
Die Nacht war so schwül, und mein Herz schlug bang, einer einsamen Nachtigall Lied nur klang aus der Linde duftenden Zweigen; es litt mich nicht länger im dämmrigen Raum: Ich warf das Gewand um und schritt wie im Traum hinaus in das nächtliche Schweigen.
Mich lockte der Sang mit schluchzendem Flehn - berückend spürt' ich herüberwehn den heißen Atem der Blüten - Es zog mir den Fuß und verspann mir den Sinn - und unter der Linde warf ich mich hin zu dunklem, verworrenem Brüten.
Im Wipfel leises Bienengesumm - unweit des Bächleins - sonst alles stumm, nur ein Hund schlug an in der Ferne ... Die Nachtigall schwieg und sang und schwieg, den Kelchen berauschender Duft entstieg, tiefschweigend zogen die Sterne.
(Chr.Morgenstern)
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angelottchen
antwortete am 18.06.05 (09:32):
und noch ein Morgenstern:
Zwiegesang Glühend zwischen dir und mir Juninächte brüten; gleiche Sterne dort und hier unsern Schlaf behüten.
Wähl das schönste Sternelein, will das gleiche tuen: morgen droben Stelldichein auf geheimen Schuhen.
Gibst du nur nichts anderm Raum, als mich dort zu finden, wird ein gleicher süßer Traum dich und mich verbinden.
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Enigma
antwortete am 19.06.05 (08:46):
Theodor Storm Die Nachtigall
Das macht, es hat die Nachtigall Die ganze Nacht gesungen; Da sind von ihrem süßen Schall, Da sind in Hall und Widerhall Die Rosen aufgesprungen.
Sie war doch sonst ein wildes Kind; Nun geht sie tief in Sinnen, Trägt in der Hand den Sommerhut Und duldet still der Sonne Glut Und weiß nicht, was beginnen.
Das macht, es hat die Nachtigall Die ganze Nacht gesungen; Da sind von ihrem süßen Schall, Da sind in Hall und Widerhall Die Rosen aufgesprungen.
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chris
antwortete am 21.06.05 (22:29):
Wer Schmetterlinge lachen hört
Wer Schmetterlinge lachen hört, der weiß, wie Wolken schmecken. Der wird im Mondschein, ungestört von Furcht, die Nacht entdecken.
Der wird zur Pflanze, wenn er will, zum Stier, zum Narr, zum Weisen. Und kann in einer Stunde durchs ganze Weltall reisen.
Der weiß, dass er nichts weiß, wie alle anderen auch nichts wissen. Nur weiß er, was die andern und auch er selbst noch lernen müssen.
Wer Schmetterlinge lachen hört, der weiß, wie Wolken schmecken. Der wird im Mondschein, ungestört von Furcht, die Nacht entdecken.
Wer mit sich selbst in Frieden lebt, der wird genauso sterben und ist selbst dann lebendiger als alle seine Erben.
-Novalis-
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Enigma
antwortete am 22.06.05 (08:08):
Anrede
Ich bin nur Flamme, Durst und Schrei und Brand. Durch meiner Seele enge Mulden schießt die Zeit Wie dunkles Wasser, heftig, rasch und unerkannt. Auf meinem Leibe brennt das Mal: Vergänglichkeit.
Du aber bist der Spiegel, über dessen Rund Die großen Bäche alles Lebens geh'n, Und hinter dessen quellend gold'nem Grund Die toten Dinge schimmernd aufersteh'n.
Mein Bestes glüht und lischt - ein irrer Stern, Der in den Abgrund blauer Sommernächte fällt- Doch deiner Tage Bild ist hoch und fern, Ewiges Zeichen, schützend um dein Schicksal hergestellt.
Ernst Stadler 1911
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Literaturfreund
antwortete am 23.06.05 (08:44):
Gustav Falke (1853-1916): König Sommer Nun fallen leise die Blüten ab, Und die jungen Früchte schwellen.
Lächelnd steigt der Frühling ins Grab Und tritt dem Sommer die Herrschaft ab, Dem starken, braunen Gesellen. König Sommer bereist sein Land Bis an die fernsten Grenzen, Die Ähren küssen ihm das Gewand, Er segnet sie alle mit reicher Hand, Wie stolz sie nun stehen und glänzen. Es ist eine Pracht unterm neuen Herrn, Ein sattes Genügen, Genießen, Und jedes fühlt sich im innersten Kern So reich und tüchtig. Der Tod ist so fern, Und des Lebens Quellen fließen. König Sommer auf rotem Roß Hält auf der Mittagsheide, Müdigkeit ihn überfloß, Er träumt von einem weißen Schloß Und einem König in weißem Kleide. * 11.1.1853 in Lübeck; + 8.2.1916 in Großborstel/Hamburg. Er verfasste Lyrik und Erzählungen, auch in niederdeutscher Sprache. Quelle: Gustav Falke als Lyriker, Verlag von Alfred Hansen Hamburg, 1904
URL: Gustav Falke
Internet-Tipp: /seniorentreff/de/UiK4HBV3K
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Literaturfreund
antwortete am 23.06.05 (08:49):
Ein fast verspätetes Bäumchen-Gedicht:
Gustav Falke: Das Birkenbäumchen
Ich weiß den Tag, es war wie heute, ein erste Maitag, weich und mild, und die erwachten Augen freute das übersonnte Morgenbild.
Der frohe Blick lief hin und wieder, wie sammelt er die Schätze bloß? So pflückt ein Kind im auf und nieder sich seine Blumen in den Schoß.
Da sah ich dicht am Wegesaume ein Birkenbäumchen einsam stehn, rührend im ersten Frühlingsflaume. Konnt' nicht daran vorübergehn.
In seinem Schatten stand ich lange, hielt seinen schlanken Stamm umfaßt und legte leise meine Wange an seinen kühlen Silberbast.
Ein Wind flog her, ganz sacht, und wühlte im zarten Laub wie Schmeichelhand. Ein Zittern lief herab, als fühlte das Bäumchen, daß es Liebe fand.
Und war vorher die Sehnsucht rege, hier war sie still, in sich erfüllt; es war, als hätte hier am Wege sich eine Seele mir enthüllt. * URL.: eine Birke (...zu schön, um wahr zu sein..?)
Internet-Tipp: /seniorentreff/de/C2oGZfsfR
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