Archivübersicht |
Impressum
THEMA: Tiergedichte...
156 Antwort(en).
Literaturfreund
begann die Diskussion am 06.06.05 (10:40) :
Im Bereich "Allgemeine Themen" waren schöne neue Tiere zu sehen...
Wer kennt noch lustige Tiergedichte, mit Neuschöpfungen...?
Georg Kreisler: Mondlandschaft
Wache Molche suchen leise nach dem Netz der Müdigkeit. Weiche Dolche fluchen weise. Eine Birke steht allein in ihrem Leid.
Kuttenmönche ohne Schatten schleppen Feigen durch den Schnee. Die ihn mit Zitrone hatten, wiederkäuen ihren gestrigen Tee.
Eine Kuh und eine Hexe warten, bis der Acker stirbt. Krähen machen weiße Kleckse. Hört ihr, wie die mürbe Semmel zirpt? * Bilderchen...
Internet-Tipp: /seniorentreff/de/Bb5envz8B
|
schorsch
antwortete am 06.06.05 (16:10):
Kleine Tiergeschichte
Versammlung war im Land der Tiere. Es kamen Pferde, Esel, Stiere. Und es kamen auch zu Tische Vögel, Echsen und die Fische.
Sie kamen alleine und in Scharen, bis sie all` versammelt waren. Warteten gespannt - nicht wenig - auf den Löwen, ihren König.
Endlich hörte man ihn brummen und das niedrig Volk verstummen. König Leo sass ganz oben. (Sie begannen ihn zu loben).
Einige krochen in die Ecken. Andere wollten Speichel lecken. Und der König auf dem Thron genoss die Parade voller Hohn.
Die allergrössten Hinternkriecher benahmen sich - na ja - wie Viecher, unterdrückten ihren Geist, warn angesehn und wurden feist.
Und die Moral von der Geschicht? Sag` Leo ja die Wahrheit nicht. Denn wer will seine Klugheit zeigen, der tut am besten dies mit - Schweigen!
1991, Schorsch alias Georg von Signau
|
Literaturfreund
antwortete am 06.06.05 (17:15):
Ja - vom "Leo" - das klingt immer stark. Hier aber nur was vom schweigsamen, ganz gewöhnlichen Stockfisch:
Fritz Fahle: Stockfisch
Im Grunde Vom Sunde Schwimmt ein Kabeljau Mit seiner Frau. Sie entdecken ein Kabel. Machen nicht Nabelschau Sondern Kabelschau, Und der Kabeljau schlau Erzählt eine Fabel Von diesem Kabel Der Kabeljau-Frau In Form der Parabel. Doch sie sagt nur: »Jau!«. *
Zur URL.: Das fettarme Fleisch des Kabeljau lässt sich hervorragend trocknen und in diesem Zustand lange Zeit lagern. Stockfisch wird der an der Luft getrocknete Dorsch oder Kabeljau genannt. Die Bezeichnung rührt daher, dass dieser Fisch gemeinhin auf Gestellen, beziehungsweise Stöcken getrocknet wurde.
Internet-Tipp: /seniorentreff/de/DUQRcvOtk
|
Literaturfreund
antwortete am 06.06.05 (17:22):
Bruno Horst Bull: Seltsame Tiere
Ein Katzer, eine Katerin, die sahen einen Euler, der speiste einen Maulewurf' in einem stillen Weiler.
Der Zieger sprach zur Hammelin: »Ich sah die Hengstin schön mit ihrem Stuter heute früh im Wald spazieren gehn!«
Die Stierin und die Eberin, die trafen einen Sauer, und sagten ihm: »Geh in den Stall, sonst holen wir den Bauer!«
Die Hahnin flog aufs Schuppendach und krähte nach dem Henner. – Ich glaube, diese Tiere sind für Schlaue nur und Kenner. * URL.: Der Bull-Text ist auch auf dieser Seite mit schönen Kindergedichten zu finden:
Internet-Tipp: /seniorentreff/de/FjlgNnSJY
|
pilli
antwortete am 07.06.05 (09:17):
Der heroische Pudel Ein schwarzer Pudel, dessen Haar des Abends noch wie Kohle war, betrübte sich so höllenheiß, weil seine Dame Flügel spielte, trotzdem er heulte: dass (o Preis dem Schmerz, der solchen Sieg erzielte!) er beim Gekräh der Morgenhähne aufstand als wie ein hoher Greis - mit einer silberweißen Mähne. (Christian Morgenstern)
:-)
|
pilli
antwortete am 07.06.05 (09:19):
Der weise Schuhu Der Schuhu hörte stets mit Ruh, wenn zwei sich disputierten, zu. - Mal stritten sich der Storch und Rabe, Was Gott der Herr zuerst erschaffen habe, Ob erst den Vogel oder erst das Ei. „Den Vogel!" - schrie der Storch - „Das ist doch klar wie Brei!" Der Rabe krächzt: „Das Ei, wobei ich bleibe; wer's nicht begreift, hat kein Gehirn im Leibe!"
Da fingen an zu quaken Zwei Frösch in grünen Jacken. Der eine quakt: „Der Storch hat recht!" Der zweite quakt: „Der Rab hat recht!"
„Was?" - schrien die beiden Disputaxe - „was ist denn das für ein Gequakse??" - Der Streit erlosch. - Ein jeder nimmt sich einen Frosch, Der schmeckt ihm garnicht schlecht.
Ja - denkt der Schuhu - so bin ich! Der Weise schweigt und räuspert sich! (Wilhelm Busch)
:-)
|
pilli
antwortete am 07.06.05 (09:34):
Die Made
Hinter eines Baumes Rinde Wohnt die Made mit dem Kinde.
Sie ist Witwe, denn der Gatte, den sie hatte, fiel vom Blatte. Diente so auf diese Weise einer Ameise als Speise.
Eines Morgens sprach die Made: "Liebes Kind, ich sehe gerade drüben gibt es frischen Kohl, den ich hol. So leb denn wohl! Halt noch eins! Denk, was geschah, geh nicht aus, denk an Papa!"
Also sprach sie und entwich.- Made junior aber schlich hintendrein; und das war schlecht! Denn schon kam ein bunter Specht und verschlang die kleine fade Made ohne Gnade. Schade!
Hinter eines Baumes Rinde ruft die Made nach dem Kinde... (Heinz Erhardt)
:-)
|
pilli
antwortete am 07.06.05 (09:37):
Der Spatz
Es war einmal ein grauer Spatz, der saß ganz oben auf dem Dache, und unten hielt die Mietzekatz' schon seit geraumer Weile Wache. Da sagte sich das Spätzlein keck: "Mich kann das Biest nicht überlisten!" Bums, kam ein Habicht um die Eck', und holte sich den Optimisten. So kann es allen denen gehn, die glauben, nur sie wär'n die Schlauen. Man darf nicht nur nach unten sehn, man muß auch mal nach oben schauen! (Heinz Erhardt)
:-)
|
angelottchen
antwortete am 07.06.05 (10:33):
Wachtel Weltmacht?
Schaut euch nur die Wachtel an! Trippelt aus dem dunklen Tann; tut grad so, als sei sie wer. Wachtel Wachtel täuscht sich sehr.
Wär sie hunderttausend Russen, hätt den Vatikan zerschussen und vom Papst befreit - ja dann: Wachtel Wachtel Dschingis-Khan!
Doch die Wachtel ist nur friedlich, rundlich und unendlich niedlich; sie erweckt nur Sympathie. Wachtel Weltmacht wird sie nie!
(F. W. Bernstein)
|
angelottchen
antwortete am 07.06.05 (10:42):
Mann, dein Pferd ist nichts wert. Hier: das Bein ist zu klein. Dort: das Ohr steht nicht vor. Da: der Gaul hat kein Maul. Schau: der Schwanz fehlt ihm ganz. Und es trabt nicht so recht, denn das Pferd ist ein - Specht! Du viel dumm, ich viel klug. Hugh! (Robert "Winnetou" Gernhardt)
|
angelottchen
antwortete am 07.06.05 (10:53):
und noch ein Gernhardt ...
Animalerotica (Robert Gernhardt) Der NASENBÄR sprach zu der Bärin: Ich will dich jetzt was Schönes lehren! Worauf er ihr ins Weiche griff und dazu "La Paloma" pfiff.
Die DÄCHSIN sprach zum Dachsen. "Mann, bist du gut gewachsen!" Der Dachs, der lächelte verhalten, denn er hielt nichts von seiner Alten.
Der BÄR schaut seinen Ziesemann nie ohne stille Demut an.
Der MOPS hat seinen Zeugungstrileb, ganz schrecklich gern und furchtbar lieb.
Das Vorspiel nahm den HENGST so mit, daß er geschwächt zu Boden glitt.
Der WAL vollzieht den Liebesakt zumeist im Wasser. Und stets nackt.
Im Kurbordell von Königstein ist jeden Samstag Tanz. Dort treten sieben MÄUSCHEN ohn' Unterlaß und Päuschen der Katze auf den Schwaha der Katze auf den Schwanz.
|
schorsch
antwortete am 07.06.05 (11:04):
Balzzeit
Ein Füchslein ranzt im lichten Tann; ein Eichhorn wirbt ganz munter; ein stolzer Hirsch zeigt was er kann; die Maus treibt`s noch viel bunter. Ein Jüngling zeigt sich seiner Braut von seiner stärksten Seite. Und ich? Ich wehr` mich meiner Haut und suche schnell das Weite
März 1995, Schorsch alias Georg von Signau
|
Literaturfreund
antwortete am 07.06.05 (11:15):
Günter Nehm:
Steht ein Schellfisch vor der Tür aufrecht auf des Schwanzes Flossen, reckt und streckt sich nach Gebühr, hat sein Pulver bald verschossen.
Ach, er leidet große Pein, weil die Kräfte langsam weichen. Dieser Schellfisch ist zu klein, um die Schelle zu erreichen. * URL.- über den Autor: Auch für eine PDF-Datei mit weiteren Texten.
Internet-Tipp: https://www.bou.de/393232921X.html
|
Literaturfreund
antwortete am 07.06.05 (11:17):
Günter Nehm:
Vor der Türe steht ein Pferd, ganz in weiß, es ist ein Schimmel, drückt verhärmt und abgezehrt mit den Hufen auf die Bammel.
Als ich öffne, sagt es zag: „Meine Kehle brennt wie Feuer. Sie verzeihen, wenn ich frag: Warum ist das Bier so teuer?"
Darauf sage ich sehr schlau: „Das liegt sicher an den Preisen, doch exakt und ganz genau läßt sich so was nicht beweisen."
„Dachte ich mir's", spricht der Gaul, „wer kann diesem Trend entrinnen?" Er verzieht erbost das Maul und zieht durstgeplagt von hinnen.
* URL. - führt zu einem Aufsatz von Robert Gernhardt über Günter Nehm (in der NZZ):
Internet-Tipp: /seniorentreff/de/eHE5xmxQ0
|
Enigma
antwortete am 07.06.05 (13:22):
Theodor Storm Die Nachtigall
Das macht, es hat die Nachtigall Die ganze Nacht gesungen; Da sind von ihrem süßen Schall, Da sind in Hall und Widerhall Die Rosen aufgesprungen.
Sie war doch sonst ein wildes Kind; Nun geht sie tief in Sinnen, trägt in der Hand den Sommerhut Und duldet still der Sonne Glut Und weiß nicht, was beginnen.
Das macht, es hat die Nachtigall Die ganze Nacht gesungen; Da sind von ihrem süßen Schall, Da sind in Hall und Widerhall Die Rosen aufgesprungen.
|
Ursula
antwortete am 07.06.05 (14:08):
Bewaffneter Friede
Ganz unverhofft, an einem Hügel, Sind sich begegnet Fuchs und Igel. Halt, rief der Fuchs, du Bösewicht! Kennst du des Königs Ordre nicht? Ist nicht der Friede längst verkündigt, und weißt du nicht, daß jeder sündigt, Der immer noch gerüstet geht? Im Namen seiner Majestät Geh her und übergib dein Fell. Der Igel sprach: Nur nicht so schnell. Laß dir erst deine Zähne brechen, Dann wollen wir uns weiter sprechen! Und allsogleich macht er sich rund, Schließt seinen dichten Stachelbund und trotzt getrost der ganzen Welt, Bewaffnet, doch als Friedensheld.
Wilhelm Busch
|
Enigma
antwortete am 08.06.05 (08:03):
Schwarze Katze
Ein Gespenst ist noch wie eine Stelle, dran dein Blick mit einem Klange stößt; aber da, an diesem schwarzen Felle wird dein stärkstes Schauen aufgelöst:
wie ein Tobender, wenn er in vollster Raserei ins Schwarze stampft, jählings am benehmenden Gepolster einer Zelle aufhört und verdampft.
Alle Blicke, die sie jemals trafen, scheint sie also an sich zu verhehlen, um darüber drohend und verdrossen zuzuschauern und damit zu schlafen. Doch auf einmal kehrt sie, wie geweckt, ihr Gesicht und mitten in das deine: und da triffst du deinen Blick im geelen Amber ihrer runden Augensteine unerwartet wieder: eingeschlossen wie ein ausgestorbenes Insekt. Rainer Maria Rilke
|
Enigma
antwortete am 08.06.05 (08:10):
... oh, sorry, da habe ich wohl nicht gründlich gelesen. Es sollen ja möglichst lustige Gedichte sein.....
Na, dann noch eines:
Gedicht über den Maulwurf
Der Maulwurf ist nicht blind, gegeben hat ihm nur ein kleines Auge, wie ers brauchet, die Natur; mit welchem er wird sehn so weit er es bedarf im unterirdischen Palast, den er entwarf; und Staub ins Auge wird ihm desto minder fallen, wenn wühlend er emporwirft die gewölbten Hallen.
Den Regenwurm, den er mit anderen Sinnen sucht, braucht er nicht zu erspähn, nicht schnell ist dessen Flucht. Und wird in warmer Nacht er aus dem Boden steigen, auch seinem Augenstern wird sich der Himmel zeigen, und ohne daß ers weiß, nimmt er mit sich hernieder auch einen Strahl und wühlt im Dunkeln wieder.
Friedrich Rückert (1788-1866)
|
Literaturfreund
antwortete am 08.06.05 (09:24):
Dank fürs Mitmachen: Tierisch-prosaisch soll es hier weitergehen:
Vom Recklinghäuser Humoristen Günter N e h m:
- Aus der Serie "R. Prosa als Wortschöpfer" -
Meister PROSA hat ein neues Wort geschaffen, dieses lautet Eskimonolog, hierfür musste, wenn der Schein nicht trog, er den ganzen Grips zusammenraffen.
Eine Wortverschmelzung zu gestalten, war der Grund, der ihn hierzu bewog. In dem neuen Worte sind enthalten: Eskimo, Kimono, Monolog.
Im Besitze dieses edlen Hortes sucht er nunmehr nach dem Sinn des Wortes. **
URL.: Vielleicht haust das Wort Eskimonolog in diesem Iglu und sucht Kontakt zur Außenwelt:
Internet-Tipp: https://www.flagdept.com/27612%20Eskimo%20Joe.jpg
|
Literaturfreund
antwortete am 08.06.05 (09:31):
Wie ein "kleines Fischlein" die Theorien durcheinander bringen kann. - Nehm als Wortschöpfer weiß von solchen Übe(l)raschungen:
Günter Nehm: Relativitätstheorie
Ein kleines Fischlein schwamm verwegen in einem Bach dem Strom entgegen. Doch kam es durch der Strömung Schnelle überhaupt nicht von der Stelle.
Ich schwimme, sprach der wackre Streiter, so schnell und komme doch nicht weiter; der Vorgang ist, ich sag es ehrlich mir physikalisch unerklärlich.
Ein Stein, der auf des Baches Grund dem Fischlein zusah, tat ihm kund: Denk doch mal nach, nur ruhig Blut, im Leben ist nichts absolut.
Der Schwerkraft folgt des Baches Lauf, doch du willst unbedingt bergauf; die Strömung spielt dir diesen Streich, denn die Geschwindigkeit ist gleich.
Und darum geht die Sache schief. Dein Fortschritt ist nur relativ. Ein-Stein hat hiermit, wohl begründet, 'ne neue Theorie verkündet. * URL.: Einstein konrolliert gerade die Nehmsche poetische Realitäts-Relativitätstheorie: R x x...
Internet-Tipp: /seniorentreff/de/D4PTXzeLT
|
Enigma
antwortete am 08.06.05 (09:50):
...und auch die Mitternachtsmaus ist aktiv, um Mitternacht eben...
Die Mitternachtsmaus
Wenn's mitternächtigt und nicht Mond noch Stern das Himmelshaus bewohnt, läuft zwölfmal durch das Himmelshaus die Mitternachtsmaus.
Sie pfeift auf ihrem kleinen Maul, -- lm Traume brüllt der Höllengaul . . . Doch ruhig läuft ihr Pensum aus die Mitternachtsmaus.
Ihr Herr, der große weiße Geist, ist nämlich solche Nacht verreist. Wohl ihm! Es hütet ihm sein Haus die Mitternachtsmaus.
Christian Morgenstern
|
mmargarete01
antwortete am 08.06.05 (14:24):
Fiffi
Fiffi trottet auf der Weide, der Floh ruft , ein Taxi kommt ohne Leine. Frauchen holt den Fiffi ein, sie sagt, du bist ja ohne Lein. Fiffi mit seinen treuen Blick, denkt nur an den Floh der ihn biss. Fiffi setzt sich gemütlich hin, kratzt sein Fell bis es blutig ist. Frauchens Gesicht wird immer länger, Fiffi stöhnt und kratzt sich schneller, der Floh rief , ein anderes Taxi muss her, der Jodelnde mag ich nimmer mehr.
Margret Nottebrock
|
Literaturfreund
antwortete am 09.06.05 (07:26):
Ein anagrammatisch ultimatives Gedicht vom Grautier...:
TUM NEHORF RID TBIG REFAH TUG SREDNOSEB EIN SE TSAH LESEW NOV TKERID TSIB UD O LESE RETLA REMMU DUD O
NEBELLESE :MHEN RETNÜG
* Wer schreibt es in "Reine"...? * URL.: ein Bildchen dazu:
Internet-Tipp: https://www.lokfuehrer-hamburg.de/esel.jpg
|
Enigma
antwortete am 09.06.05 (07:34):
Elegie auf einen Mops
Das mahnend schöne Bild, das ich mit ihm verloren, so weit mein Auge reicht, ersetzt kein andres nicht. Belehrender war nie ein Sonderling geboren, und keiner trug, bei kürzern Ohren, ein philosophischer Gesicht.
Zwar sah ich manche Stirn von Königsberg bis Leiden mit diesem mystischen gelehrten Überzug: Doch sah ich keine je, die Runzeln so bescheiden, von allen Wesen zu beneiden, als meines Mopses Stirne trug.
Er warf den hohen Ernst der kritischen Gebärde nie auf ein Mitgeschöpf, nie außer sich herum. Der Schnarcher suchte nie, so weit ihn Gottes Erde auch trug, dass er bewundert werde, ein größres Auditorium.
Nur still erbaut' er mich. Von seinem gelben Felle blickt' ich gestärkter auf in die beblümte Flur: Mein krankes Auge stieg von seiner Lagerstelle gemach vom Dunkeln in das Helle bis zu dem Lichtquell der Natur.
Wenn er sich schüttelte, las ich in seinen Blicken den herrlichen Beweis vortrefflich kommentiert, den einst, vom Übergang des Schmerzes zum Entzücken, aus gleicher Notdurft sich zu jücken, der weise Sokrates geführt.
Kein unbequemer Freund, kein Trunkenbold, kein Fresser, in richtiger Mensur, nicht stolz, nicht zu gemein, schlief er sein Leben durch, und wahrlich, desto besser! er schläferte, wie ein Professer, auch seinen klügern Nachbar ein.
Wie hast du, guter Mops, nicht meiner Stirne Falten, sah ich dem Grillenspiel der deinen zu, gegleicht! Gewarnter nun durch dich, frühzeitig zu veralten, sei immer dir mein Dank erhalten! Auch dir sei Gottes Erde leicht!
Moritz August von Thümmel (1738-1817)
|
Literaturfreund
antwortete am 09.06.05 (07:40):
Ich erinnere auch gerne an Gert Sattlers Gedichte; s. hier im STreff...: (www./seniorentreff/de/autoren/Gert_Sattler/gedichte.htm)
Sattler: Pandabär
Den Pandabären gibt es schon seit abertausend Jahren, er lebte einst in freier Bahn im Bambuswald von Szetschuan in kerngesunden Scharen.
Der Bambus stirbt, es stirbt der Wald, die grünen Sprossen sterben, sie faulen und sie fallen ab, für Pandas wird das Futter knapp, wenn Blatt um Blatt verderben.
Es fängt der Mensch die Tiere ein, um ihnen Kraft zu geben; doch Eisenstäbe drücken schwer, der Pandabär, der zeugt nicht mehr, er will in Freiheit leben.
Die Pandabären sterben aus, sie wollen’s gar nicht schaffen, wer lebt schon gern in einem Zoo trotz Bambussprossen Heu, und Stroh’ mit Eseln, Gnus und Affen?! *
URL.: Ein Panda, der sich allein wohl fühlt.
Internet-Tipp: /seniorentreff/de/SYVcG8WeM
|
Enigma
antwortete am 09.06.05 (07:47):
Den "Esel"? habe ich noch nicht entschlüsselt. Muss aber jetzt weg, daher nur ein anderes:
Der Esel Es stand vor eines Hauses Tor Ein Esel mit gespitztem Ohr, Der käute sich sein Bündel Heu Gedankenvoll und still entzwei.
Nun kommen da und bleiben stehn Der naseweisen Buben zween, Die auch sogleich, indem sie lachen, Verhaßte Redensarten machen, Womit man denn bezwecken wollte, Daß sich der Esel ärgern sollte.
Doch dieser hocherfahrne Greis Beschrieb nur einen halben Kreis, Verhielt sich stumm und zeigte itzt Die Seite, wo der Wedel sitzt. (Wilhelm Busch)
|
Literaturfreund
antwortete am 09.06.05 (07:48):
Auch die Microtierchen wollen beachtet sein...
Günter Nehm: Von Viren und Bazollen
Immer wenn der Winter naht und das Jahr zu Ende gaht, wenn die ersten Flocken fallen und nicht liegen bleiben wallen, wenn wir uns mit nassen Füßen quälen durch vermatschte Strüßen, wenn fast alle Nasen tropfen, ist er da, der große Schnopfen.
Wenn aus roten Nasenknollen sich die Viren und Bazollen, um uns alle zu vergraulen, in der frischen Luft vertaulen, stets bereit, uns anzugreifen, folgt das große Naseschneifen.
Warnend sag ich schon sehr früh: „Schnupfen, laß mich bloß in Rüh!“
* (G. Nehm: Laura & Leopold liebten sich lüstern. Unmögliche Gedichte. Essen 1996: Verlag Gerhard Winter. S. 92)
* URL.: das Thema, etwas politischer...
Internet-Tipp: /seniorentreff/de/16eYzOHwE
|
Literaturfreund
antwortete am 09.06.05 (08:02):
Dieses Gedicht vom "Schwein M." setze ich hierher, obwohl es sehr gut passt zu Scheibners Text unter "Kurzprosa", den Enigma einsandte:
Bertolt Brecht: Historie vom verliebten Schwein Malchus
Hört die Mär vom guten Schwein Und von seiner Liebe! Ach, es wollt geliebet sein und bekam nur Hiebe.
Weil's dem Schwein noch nie so war (Erste, grüne Liebe!) Liebte es mit Haut und Haar. Und bekam nur Hiebe.
Denn die Sonne selber war Diese große Liebe. Wie, wenn sie's mit Haut und Haar Zur Verzweiflung triebe?
Einmal nun im Sonnenschein Kriegt es keine Hiebe Und es schrie das gute Schwein: Ist das nun nicht Liebe!?
Und das sehr beglückte Schwein Es beschloß zu handeln Und im ewigen Sonnenschein Nun hinfort zu wandeln.
Und indem es Schweine fing Daß sie sich verbeugten Wenn das schwein vorüberging Ehrfurcht ihm bezeugten
Hoffte das begabte Schwein Ihr zu imponieren Und im guten Sonnenschein Ständig zu spazieren.
Doch die Sonne sieht wohl nicht Jedes Schwein auf Erden Und sie wandt ihr Augenlicht Ließ es dunkel werden.
Dunkel um das arme Schwein Außen und auch innen. Doch da fiel ihm etwas ein Um sie zu gewinnen.
Und mit einem anderen Schwein Übte es zusammen Mit dem Rüssel Gift zu spein Mit den Augen Flammen.
Und ein altes schwarzes Schwein Zwang es (nur durch Reden) Ihm und seinen Schweinerein Algier abzutreten.
Und als nun die Sonne kam Tat es voll Erregung Halberstickt von edler Scham Eine Fußbewegung
In der alles lag, was je- mals ein Schwein empfunden (Liebe läßt vergessene Weh Und gesalzene Wunden!)
Und so legt nun diese Sau Auf' ner kleinen Wiesen Tieferschüttert seiner Frau Afrika zu Füßen.
Und diktiert zur selben Stund Daß es einfach alle Die ihm diesen Seelenbund Stören, niederknalle.
Und an dunklen Tagen, wenn Sie ihm brach die Treue Lief es finster weg vom Trog Watschelte ins Freie.
Und man sah dort, wie das Vieh Das erschreckend blaß war Wütend in die Wolken spie Bis es selber naß war.
Ja, in einer trüben Früh In der Brunnenkresse Drohte er ihr, daß es sie Einstmals doch noch fresse.
Da sie alles fressen, meint- es dies wohl ehrlich; Aber wo die Sonne scheint Fressen Schweine schwerlich.
Aber jedes Schwein ist schlau Weiß, die Sonn im Himmelsblau Ist stets nur die liebe Frau Von der jeweils größten Sau. * (Malchus geht zurück auf Johannes 18; 10.) Aus: Bertolt Brecht: Gesammelte Werke, Bd. 11, Gedichte. - Dort sind die Strophen durchnummeriert von 1-20)
|
marie2
antwortete am 09.06.05 (10:51):
Der Sperling und die Schulhofkinder
Ein Sperling, der von ungefähr zu einem Schulhof kam, erstaunte über das, was er auf diesem Hof vernahm.
Ein Mädchen sprach zu Meiers Franz: "Du alter Esel du!" Da sprach der Franz: "Du dumme Gans bist eine blöde Kuh!"
Der Walter sprach zum dicken Klaus: "Mach Platz, du fetter Ochs!" Da rief der Klaus: "Du fade Laus, paß auf, dass ich nicht box!"
Zum Peter sprach Beate nun: "Du Affe, geh hier weg!" Da rief der Peter: "Dummes Huhn, ich weiche nicht vom Fleck!"
Der Sperling meint, er hör nicht recht. Es tönte allenthalb: "Du Schaf! Du Floh! Du blöder Hecht! Du Hund! Du Schwein! Du Kalb!"
Der kleine Sperling staunte sehr. Er sprach: "Es schien mir so, als ob ich auf dem Schulhof wär; doch bin ich wohl im Zoo!"
JAMES KRUESS
|
Literaturfreund
antwortete am 09.06.05 (15:18):
Günter Nehm: Reimworte rückwärts
Was macht am Ufer der REBIB? Er süppelt LESUF NEGILLIB. Der feinen, zarten ELLEBIL schmeckt ganz allein EDANOMIL. Es trinkt der alte UBARAM voll Wonne den RETTIBNEGAM. Dagegen schätzt der NIUGNIP am allermeisten RENESLIP. *
URL.: Wer weiß, warum dieses Bildchen zu diesem Gedicht passt? Nicht wg. Rückwärtslesens.
Internet-Tipp: /seniorentreff/de/XDX1NmGwi
|
pilli
antwortete am 09.06.05 (23:03):
omi und opi gelingt im nu
malen nach zahlen mit marabu!
:-)))
Internet-Tipp: https://www.marabu-kreativ.de/
|
Literaturfreund
antwortete am 10.06.05 (07:37):
Na, also - ja, weiter - mit Nehm! Der ist lustig, nicht nur bequem. Hier zeigt ein Gedicht - fast "andersensch" - eine unangenehme Sorte Mitmensch. Da bringt's auch der gereimte Schluss dass einer ein "Rindvieh" sein muss - ob aber der so Genannte, uns alltäglich plärrend Bekannte, der andere statt seiner so beschimpfen muss?
*
Günter Nehm: Der Schulterklopfer
Immer kommt er plump vertraulich, hält sich selbst für ganz famos, seine Rede für erbaulich und auch dich für tadellos,.
Und er klopft dir auf die Jacke, zieht dich ganz in seinen Bann, dann folgt eine Wortattacke, die man gar nicht bremsen kann.
Schwer nur ist er zu ertragen, weil er niemals es vergißt, dir als erstes mal zu sagen, was für 'n feiner Kerl du bist.
Danach spuckt er Gift und Galle über Gott und alle Welt und die andren, die er alle für die größten Ochsen hält.
Schließlich ist er dann am Ende, dir wird schon die Zeit recht knapp, endlos schüttelt er die Hände, und dann haut er endlich ab.
Bald erzählt der Schulterklopfer, der dir so gewogen ist, irgend einem andren Opfer, was du für ein Rindvieh bist. * URL.: ein Stückchen Werbung, schon veraltet...
Internet-Tipp: https://www.bou.de/nehmrehm.jpg
|
Enigma
antwortete am 10.06.05 (08:02):
An Laurens Eichhörnchen
O, Tierchen, das mit Munterkeit Vor meines Mädchens Fenster springet Und dem sie selbst voll Sorgsamkeit Im weißen Händchen Futter bringet,
Das Sprünge macht wie Pantalon Durch seine Späße sie vergnüget Und seiner Drolligkeit zum Lohn Von ihr geliebt im Schoße lieget,
Das an ihr hängt, dem Busen nah, Und ihre Rosenwangen lecket Und das oft viele Reize sah, Die meinem Späherblick verstecket.
Sonst bin ich wohl vom Neide frei, Doch hier da muß ich dich beneiden, Sie koset dich und liebt dich treu, Bei mir verhöhnt sie meine Leiden.
O lächelte mir doch das Glück, Ließ einen Tag mich in dich fahren, Denn mich begnügte nicht ein Blick, Sie würde Ledas Los erfahren.
Eichhörnchen-Gedicht von Novalis Friedrich von Hardenberg (1772-1801
|
lobelia
antwortete am 10.06.05 (12:54):
Herrlich! das läßt mich die Kälte vergessen! Ich suche seit einiger Zeit ein Gedicht! Wer kann mir helfen??? Ich erinnere nur wenig! Ich will euch was erzählen und will auch nicht lügen! Ich sah gebratene Ochsen fliegen! Wie es genau weiter geht weiß ich nicht vielleicht??? den Rücken zur Erde, die Beine zum Himmel gestreckt???
|
pilli
antwortete am 10.06.05 (13:07):
dir kann geholfen werden :-)
...
"Lügenmärchen" Ich will euch erzählen und will auch nicht lügen: ich sah zwei gebratene Ochsen fliegen, sie flogen gar ferne - sie hatten den Rücken gen Himmel gekehrt, die Füße wohl gegen die Sterne.
Ein Amboss und ein Mühlstein die schwammen bei Köln wohl über den Rhein, sie schwammen gar leise - ein Frosch verschlang alle beid’ zu Pfingsten wohl auf dem Eise.
Es wollten vier einen Hasen fangen, sie kamen auf Stelzen und Krücken gegangen, der erste konnte nicht sehen, der zweite war stumm, der dritte war taub, der vierte konnte nicht gehen.
Nun denke sich einer, wie dieses geschah: Als nun der Blinde den Hasen sah auf grüner Wiese grasen, da rief’s der Stumme dem Tauben zu, und der Lahme erhaschte den Hasen.
Es fuhr ein Schiff auf trockenem Land es hatte die Segel gen Wind gespann und segelt’ im vollen Laufen - da steiß es an einen hohen Berg, da tät das Schiff ersaufen.
In Straßburg stand ein hoher Turm, der trotzete Regen, Wind und Sturm und stand fest über die Maßen, den hat der Kuhhirt mit einem Horn eines Morgens umgeblasen.
Ein altes Weib auf dem Rücken lag, sein Maul wohl hundert Klaftern weit auftat, ’s ist wahr und nicht erlogen, drin hat der Storch fünfhundert Jahr seine Jungen groß gezogen.
So will ich hiemit mein Liedlein beschließen, und sollt’s auch die werte Gesellschaft verdrießen, will trinken und nicht mehr lügen: bei mir zu Land sind die Mücken so groß, als hier die größesten Ziegen. (Ernst Moritz Arndt )
...
:-)
|
Literaturfreund
antwortete am 10.06.05 (19:00):
Ein Tier-Gedicht von einem jungen Menschen, zufällig gefunden im Netz:
winni: Die Raben-Mutter
Auf den Bäumen im Park da plärren die Raben, sie krächzen und schrei'n weil sie keine Mama mehr haben!
Sie bedenken auch hin und her ihre Lage - und verbringen im dummen Geschwätz ihre Tage!
So traurig es ist, doch wie konnte das sein - jedes Tier hat 'ne Mutter, sogar jedes Schwein?
Und dann schrie 'ne Elster, ihr seid vogelfrei - ihr habt keine Mama, ihr kommt aus dem Ei! * URL. zu einem Gedichtforum, vornehmlich von jungen Leuten bedient.
Internet-Tipp: https://www.gedichteforen.de/thread.php?threadid=6860
|
Literaturfreund
antwortete am 10.06.05 (19:06):
Ein weiteres Gedicht von "winni" (übrigens: männl.; 1936 geboren)
winni: Eine Mücke ...
Eine Mücke lief mit Krücke über ein Kartoffelfeld, allerdings war sie schon flügge, kannte fast die halbe Welt!
Die Kartoffel in der Erde konnte es ja nicht verstehn - seit wann gibt es Mücken-Krücken, die hat sie noch nie gesehn!
Und sie wetzte ihre Augen, blickte wichtig übern Acker, wollte es partout nicht glauben, doch die Mücke hielt sich wacker!
Mücken sind sehr raffiniert, denn sie haben es auch schwer, sind die Flügel frisch lackiert, müssen halt die Krücken her!
* Ein schöne, humorvolle Interpretation findet sich dazu, von "hector2": URL. (s. unten auf der Seite):
Internet-Tipp: https://www.gedichteforen.de/thread.php?threadid=3665
|
lobelia
antwortete am 10.06.05 (23:42):
Danke Pilli. ich wusste nicht mehr, dass dieses Gedicht von Moritz v. Arndt ist.Ich hoffe meinem Enkel macht es soviel Spaß wie mir damals, mal sehen! Wir haben uns darüber kaputt gelacht. Danke
|
Enigma
antwortete am 11.06.05 (08:53):
Ohne Rückgrat
Würmer können sich teilen Dann hierhin und dorthin eilen Sind vorne und hinten gleich Außen und innen weich Haben keinen Rücken Müssen sich nie bücken
Fred Lang
Tausendfüßlers Alptraum
Tausend Füße gehen weit Vielleicht in alle Ewigkeit Tausend Füße, tausend Beine laufen fast schon von alleine
Tausend mal tausendmal Tausend mal vieltausendmal Sovielmal Mal für Mal Wievielmal allemal
Immer im Takt bleiben Nicht aneinander reiben Niemals holpern Keinesfalls stolpern
Fred Lang
Internet-Tipp: https://www.onlinekunst.de/tiere/gedichte/regenwurm.html
|
Lissi
antwortete am 11.06.05 (16:34):
Wenn du den Tag beginnen kannst, ohne gereizt zu sein, wenn du immer fröhlich bist und Wehwehchen und Schmerzen irgnorieren kannst wenn du dich nicht beschwerst oder Leute mit deinen Problemen langweilst, wenn du jeden Tag dasselbe essen kannst und dafür noch dankbar bist, wenn du Verständnis dafür hast, daß die Menschen die du liebst,zu beschäftigt sind, um Zeit mit dir zu veerbringen, wenn du darüber hinwegsehen kannst, daß die, die du liebst, manchmal ohne Grund ihre Aggressionen an dir auslassen, wenn du einen reichen Freund nicht besser als einen armen behandelst, wenn du der Welt ohne Lüge und Täuschung gegenüberstehhen kannst, wenn du wahrlich sagen kannst, daß es in deinem Herzen keine Vorurteile gegen die verschiedenen Rassen, Farben, Religionen, Weltanschauungen und politischen Meinungen gibt, wenn du bedingungslos lieben kannst, ohne Druck auszuüben oder Erwartungen zu haben, dann, mein Freund, bist du fast so gut die DEIN HUND.(anonym)
|
Literaturfreund
antwortete am 12.06.05 (10:59):
Verkehrte Welt - heute, bewältigt von einem Sprachkünstler:
Günter Nehm: Verkehrte Welt
Das Leben, wer will das bestreiten, ist voller Gegensätzlichkeiten, ein Wechsel zwischen Hoch und Tief; Dem Graden geht so manches schief, der Kluge stellt sich furchtbar dumm, der Stolze macht den Buckel krumm, die Dunkelmänner sind meist helle, sehr alt ist mancher Junggeselle, ein Leichtmatrose hat es schwer, der Volle hat die Taschen leer, der Langhaar geht an kurzer Leine, es macht der Kurze lange Beine, die süßen Mädchen werden sauer, die Freudenmädchen zeigen Trauer, es spielt die Laute ziemlich leise, so mancher Star hat eine Meise, der Müde ist auf einmal wach, die stärksten Männer werden schwach, der Kleine ist groß rausgekommen, der Gute hat sich schlecht benommen, der Schmale hat ganz breit gelacht, der Dicke hat sich dünn gemacht, der Große hat klein beigegeben, der Milde will 'nen Scharfen heben, die Saubermänner werden dreckig die Makellosen etwas fleckig, sehr locker ist's auf manchen Festen, tief schwarz sind oftmals weiße Westen, ein Tagedieb wird in der Nacht bei heißen Rhythmen kalt gemacht, zu Ostern zeigt man einen Western, schon morgen ist das Heute gestern, der Faulste hat das meiste Geld -
verkehrt ist oft die ganze Welt!
* URL.: Auch eine verkehrte Welt?
Internet-Tipp: /seniorentreff/de/ZLqi8V8NZ
|
Literaturfreund
antwortete am 12.06.05 (11:04):
Günter Nehm: Ehrgeiz
Ein Hühnchen hat sich vorgestellt, ich leg das größte Ei der Welt, wenn ich es zwecks vermehrter Masse genügend lange wachsen lasse.
Es hielt das nächste Ei zurück, doch damit hatte es kein Glück, denn leider platzte die ovale so wohlgeformte Eierschale.
Wer Großes leisten will im Leben, der muß das mit dem Kopf erstreben. Man findet kaum den Weg des Heils durch den Gebrauch des Hinterteils. * (G. Nehm: Pfusch und fauler Zauber. Gedichte. 1987. S.79) * URL.: Ob Huhn, ob Hahn - wer wagt, der kann! Oder: Eines dummen Huhnes Logik - bzw. Frechheit?
Internet-Tipp: /seniorentreff/de/T2nwFfyKO
|
Literaturfreund
antwortete am 13.06.05 (06:35):
Lino Wirag Das Ja-Tier
Das Ja-Tier sagte immer: "Ja!", Fand einfach alles wunderbar. Frug man's, ob's auch verneinen kann, Dann fing das Tier zu weinen an. Es fand ein Nein-Tier zwecks Vermehrung. Und so kam's schließlich zur Bekehrung: Die Kinder hießen: "Jein", "Mal-sehn", "Vielleicht", "Mal schaun" und "Könnte-gehn". * Der Autor veröffentlicht viel Satiren, z.B. diese “Ein Streifzug durch die Dämliche Literatur“, s. URL.:
Internet-Tipp: /seniorentreff/de/20n2dFm9O
|
schorsch
antwortete am 13.06.05 (09:28):
Sind genug der Letzteren dann entstanden, sind genug Politiker auch vorhanden....!
|
Literaturfreund
antwortete am 14.06.05 (12:48):
Morgensterns "deutscher" W e r w o l f - ein unübersetzbares Gedicht...? - Vergleicht mal:
THE WEREWOLF - translatend by Alexander Gross -
A Werewolf, troubled by his name, Left wife and brood one night and came To a hidden graveyard to enlist The aid of a long-dead philologist.
"Oh sage, wake up, please don't berate me," He howled sadly, "Just conjugate me." The seer arose a bit unsteady Yawned twice, wheezed once, and then was ready.
"Well, `Werewolf' is your plural past, While `Waswolf' is singularly cast: There's `Amwolf' too, the present tense, And `Iswolf,' `Arewolf' in this same sense."
"I know that--I'm no mental cripple-- The future form and participle Are what I crave," the beast replied. The scholar paused--again he tried:
"A `Will-be-wolf?' It's just too long: `Shall-be-wolf?' `Has-been-wolf?' Utterly wrong! Such words are wounds beyond all suture-- I'm sorry, but you have no future."
The Werewolf knew better--his sons still slept At home, and homewards now he crept, Happy, humble, without apology For such folly of philology. *
URL - dort gibt's noch anderes, Unübersetzbares.
Internet-Tipp: /seniorentreff/de/2087UpsK7
|
Literaturfreund
antwortete am 14.06.05 (12:54):
Heinrich S e i d e l: DER STORCH
Der Storch kommt aus Egypterland, Weil Frühlingslüfte riefen. Er steht auf seinem alten Stand Und klappert Hieroglyphen.
Da nun Poeten überall Der Vogelsprache kundig, So auch den ganzen Klapperschwall Des braven Storchs verstund ich.
Da er zurück von Pyramid', Von Nil und Krokodil kam, So war's ein gar vergnüglich Lied Vom wunderschönen Nilschlamm.
Ein jeder Storch am Nilschlamm hängt Und klapprig ihm zu Muth wird, Wenn er an seinen Nilschlamm denkt, Und wie's dem Storch da gut wird!
Da krabbelt's hin, da krabbelt's her, Und allerwegen hüpft es! - Man geht umher und schmauset sehr, So glatt hernieder schlüpft es.
Auch weiß der Störche Tradition Aus grauer Zeit zu sagen: Die wundervolle Märe von Egyptens sieben Plagen.
Die Frösche millionenweis'! Das war ein Morden schmausend! - O Zeit, du aller Zeiten Preis, Du schwandest manch Jahrtausend!
Doch ward erzählt von Ahn zu Ahn Die Sage so vorzüglich - Jetzt denkt auch dieser Storch daran Und klappert so vergnüglich. * URL.: ganz viele Heinrich-Seidel-Texte - zum Beispiel für Enigma...
Internet-Tipp: https://gutenberg.spiegel.de/seidelh/glockneu/0htmldir.htm
|
Enigma
antwortete am 14.06.05 (17:02):
Danke für den Seidel-Tipp. Bei dem herrlichen Wetter heute habe ich mal die Tiere lieber in der freien Natur genossen...
Der See hat eine Haut bekommen, so dass man fast drauf gehen kann, und kommt ein großer Fisch geschwommen, so stößt er mit der Nase an.
Christian Morgenstern (1871-1914)
|
Enigma
antwortete am 28.06.05 (17:25):
Die Ballade vom lyrischen Wolf (Carl Spitteler)
Frühlingslüfte lispelten im Haine, Und ein Wolf im Silbermondenscheine, Aufgeregt von lyrischen Gefühlen, Strich, in seinem Innersten zu wühlen, Melancholisch durch Gebirg und Strauch, Liebe spürt er, etwas Weltschmerz auch. Davor mög uns Gott der Herr bewahren: Nachtigallenseufzer ließ er fahren. Eine Rose hielt er in den Knöcheln, Schwanenlieder in den Kelch zu röcheln, Und mit honiglächelndem Gemäul Flötet er ein schmachtendes Geheul. Orpheus hörte diese Serenade. »Herr Kollega«, bat er ängstlich, »Gnade! Nutzlos quälst und quetschest du die Kehle, Denn die Bosheit bellt dir aus der Seele. Und mit einem Herzen voll von Haß Bleibe, Bestie, ferne dem Parnaß. Zwar auf Tugend mag die Kunst verzichten, Liederliche sieht man Lieder dichten, Aber Drachen mit Musik im Rachen - Liebster, das sind hoffnungslose Sachen. Aller schönen Künste weit und breit Grundbedingung ist Gutherzigkeit.«
Internet-Tipp: https://www.berliner-lesezeichen.de/lesezei/Blz00_10/text9.htm
|
angelottchen
antwortete am 28.06.05 (17:38):
wie spassig - auf der Rückfahrt von Freunden, deren Tochter hier in der Sierra Morena ein Wolfs-Projekt betreut, fiel mir auch ein Wolfsgedicht wieder ein .. nämlich das hier:
Der Werwolf Ein Werwolf eines Nachts entwich von Weib und Kind und sich begab an eines Dorfschullehrers Grab und bat ihn: Bitte, beuge mich!
Der Dorfschulmeister stieg hinauf auf seines Blechschilds Messingknauf und sprach zum Wolf, der seine Pfoten geduldig kreuzte vor dem Toten:
"Der Werwolf" - sprach der gute Mann, "des Weswolfs, Genitiv sodann, dem Wemwolf, Dativ, wie man's nennt, den Wenwolf, - damit hat's ein End."
Dem Werwolf schmeichelten die Fälle, er rollte seine Augenbälle. Indessen, bat er, füge doch zur Einzahl auch die Mehrzahl noch!
Der Dorfschulmeister aber mußte gestehn, daß er von ihr nichts wußte. Zwar Wölfe gäb's in großer Schar, doch "Wer" gäb's nur im Singular.
Der Wolf erhob sich tränenblind - er hatte ja doch Weib und Kind!! Doch da er kein Gelehrter eben, so schied er dankend und ergeben.
(Christian Morgenstern)
|
Enigma
antwortete am 28.06.05 (17:47):
hi angelottchen,
hast du etwa auch an einen Frosch gedacht? :-)))
Der kluge Prophet (Fred Endrikat)
Ein Fröschlein sitzt im Schilf und Rohr und lugt zum Himmelszelt empor, wie es dort mit dem Wetter steht. Der Frosch ist, laut Beruf, Prophet. Bei Regen oder Sonnenschein ist es sehr leicht, zu prophezein, doch ist das Wetter ungewiss, traut selbst ein Frosch der Sache miss. Auf alle Fälle sagt er sich: Das Wetter ist »veränderlich«. Das macht nicht klüger und nicht dümmer, der gold'ne Mittelweg stimmt immer.
|
Enigma
antwortete am 29.06.05 (07:35):
Aus: Das große Katzen-Lesebuch Schöffling & Co. Verlag
Tinos Morgentoilette
Der Kater leckt sich seine Pfote Erst seine weiße. Dann die rote Darauf das linke Hinterbein Das vierte Bein, das lässt er sein.
Er wäscht die Ohren ziemlich gründlich Denn Katerohren sind empfindlich Dann putzt er lange seinen Bauch Und seinen Rücken putzt er auch.
Zur Habhaftmachung seines Schwanzes Bedarf es eins kleinen Tanzes Erst links- dann rechtsherum im Kreis Der Schwanz ist rot. Die Spitze weiß.
Nach heftiger Wäsche weiß wie Daunen Und auch so weich, man kann nur staunen Nun, voller Unschuld wie ein Schäfchen Rollt er sich ein und hält ein Schläfchen.
Zwei Stunden später wäscht er sein Vergessenes rechtes Hinterbein.
Eva Demski
|
Literaturfreund
antwortete am 29.06.05 (18:31):
Wer kann schon für die vielen Tierchen einen Löwenbändiger bieten..? - Odeman z.B.!
Robert T. Odeman: Der Löwenbändiger
Mit zwanzig Löwen springt er um und steckt in ihren Rachen den Kopf, so daß das Publikum hört schon die Wirbel krachen. Allabendlich tritt Theobald kaltlächelnd in den Zwinger, und wenn er mit der Peitsche knallt, dann kuschen gleich die Dinger. Ja, ja, das ist schon ein Dompteur! Es gruselt alle Frauen. Wo wäre noch ein Mann wie er? Da kann man lange schauen.
Er trägt Husarenuniform, blutrot mit goldnen Schnüren. Nein, dieser Mann ist ganz enorm, dem kann nichts imponieren. Und alle Frauen, die ihn sahn, verschmachten auf den Kissen. Für sie gibt's nur noch diesen Mann, er hat sie hingerissen. Doch wenn verklungen der Applaus, streift jener an den Zäunen, denn Theobald mag nicht nach Haus, fängt herzhaft an zu weinen.
Ein ganzer Urwald läßt ihn kalt voll Löwen, Tigern, Schlangen, jedoch die Todesangst umkrallt ihn täglich neu mit Zangen, wenn er die Schritte heimwärts lenkt zum Herd, zu seiner Bleibe, denn leider hat ihn Gott beschenkt mit einem bösen Weibe. Zum Himmel steigt sein Stoßgebet, wenn er im Ehehafen: „Ach, lieber Gott, laß mich, wenn's geht, bei meinen Löwen schlafen ...!"
|
Literaturfreund
antwortete am 29.06.05 (18:35):
Und was ganz Süßes - vom Robert T.:
Robert T. Odeman: Pinguine
Sie könnten alle Schulze heißen, und ihr Zivil ist Uniform, vielleicht aus Kottbus oder Meißen, wie Spießer allerreinster Norm.
Sie gehen aus wie Studienräte, die vor der Pensionierung stehn. Man glaubt des Gehrocks blanke Nähte auf wohlbeleibten Herrn zu sehn.
Des Plattfuß' Kollektiverscheinung verursacht ihren Watschelgang. Sie sind ersichtlich einer Meinung und ziehen nur an einem Strang.
Sie blinzeln dösend in die Sonne, dann ordnen sie ihr Chemisett. Man denkt, sieht man sie per Kolonne, daß Stammtischherrn man vor sich hätt’.
Sie kennen keine Leidenschaften, sie sind dem Phlegma zugetan, das bleibt wie Pech an ihnen haften, nichts bringt sie aus der gleichen Bahn.
Doch soll man es für möglich halten, daß ungeheures Temperament in ihnen auch sich kann entfalten, sind sie im feuchten Element?
Da flitzen sie gleich Motorbooten. Jetzt wird der Gehrock zum Trikot. Die Schulzes werden Hydrioten vom Schnabel bis hinab zum Po.
Voll Staunen sehen wir die Schwimmer, die auf dem Lande schwer wie Blei. Ja, so geht's uns im Leben immer: Es kann so mancher mancherlei.
Wir, die wir unser Urteil bilden, vertrauen gern dem Augenschein. Drum kann ein Schulze in Gefilden, die wir nicht kennen, Meister sein. *
URL.: Da muss der Schwimmer-Mensch noch lange üben, wenn er es dem Pinguin gleich tun will.
Internet-Tipp: /seniorentreff/de/p4KyCBef5
|
Literaturfreund
antwortete am 30.06.05 (10:36):
Paul Maar: Tierische Freundschaften
Der Kater liebt die Katze sehr, sie ist ja seine Frau. Die Katze mag den Kater auch und lockt ihn mit: »Miau!«
Der Hundemann bellt: »Wuff, wuff, wuff!«, die Hundefrau sagt: »Wau!« Vielleicht ist es auch umgekehrt, das weiß man nie genau.
Der Frosch, der guckt die Fröschin an und zeigt, dass er sie mag. Erst bläht er sich ganz mächtig auf und dann, dann sagt er »Quaaak!«
Der Buchfink mag die Fledermaus und flüstert ihr ins Ohr: »Häng dich doch bitte neben mich, dann les ich dir was vor!«
Wenn Igel und Frau Igelin vergnügt zusammensitzen, dann kitzelt sie ihn ganz, ganz sacht mit ihren Stachelspitzen.
Die Grille zirpt und will damit den Heuschreck zu sich locken. Doch weil der Heuschreck schreckhaft ist, ist er nur ganz erschrocken.
Faultiermann und Faultierfrau, die sich im Urwald trafen, die blinzelten sich träge an, dann sind sie eingeschlafen. * Aus: Tierische Freundschaften. Bilder von Reinhard Michl. Oetinger, Hamburg 2001 * Paul Maars bekanntestes Tierchen:
Internet-Tipp: https://www.makista.de/kuenstler/bilder/maar_1.jpg
|
Literaturfreund
antwortete am 30.06.05 (18:11):
Der Esel, auch der Palmsonntagsesel. Wie sieht hierzu wohl eine Übersetzung aus? * THE DONKEY Gilbert Keith Chesterton
When fishes flew and forests walked And figs grew upon thorn, Some moment when the moon was blood Then surely I was born;
With monstrous head and sickening cry And ears like errant wings, The devil's walking parody On all four-footed things.
The tattered outlaw of the earth, Of ancient crooked will; Starve, scourge, deride me: I am dumb, I keep my secret still.
Fools! For I also had my hour; One far fierce hour and sweet: There was a shout about my ears, And palms before my feet. * (URL.:
Internet-Tipp: /seniorentreff/de/0hg5Pysec
|
Enigma
antwortete am 01.07.05 (08:03):
Eine automatische Übersetzung, toll wie immer. :-)))
Als Fische Flogen Als Fische flogen und Wälder gingen Und figs wuchsen nach Dorn Irgendein Moment, als der Mond Blut war Dann sicher war ich geboren. Mit ungeheuerem Kopf und sickening Schrei Und Ohren mögen errant Flügel Der Gehenparody des Teufels Auf allen four-footed Sachen. Tattered ächten von der Masse. Vom alten gekrümmten Willen; Verhungern Sie, scourge, deride ich: Ich bin dumb Ich halte mein Geheimnis noch. Dummköpfe! Für hatte mich auch meine Stunde; Eine weit fierce Stunde und Bonbon: Es gab einen Shout über meine Ohren, Und Palmen vor meinen Füßen. - G.K.Chesterton, 1894 - 1936
Dann doch lieber ein anderes „Esel-Gedicht“:
DIE WAHLESEL
Die Freiheit hat man satt am End, Und die Republik der Tiere Begehrte, daß ein einziger Regent Sie absolut regiere.
Jedwede Tiergattung versammelte sich, Wahlzettel wurden geschrieben; Parteisucht wütete fürchterlich, Intrigen wurden getrieben.
Das Komitee der Esel ward Von Alt-Langohren regieret; Sie hatten die Köpfe, mit einer Kokard, Die schwarz-rot-gold, verzieret.
Es gab eine kleine Pferdepartei, Doch wagte sie nicht zu stimmen; Sie hatte Angst vor dem Geschrei Der Alt-Langohren, der grimmen.
Als einer jedoch die Kandidatur Des Rosses empfahl, mit Zeter Ein Alt-Langohr in die Rede ihm fuhr, Und schrie Du bist ein Verräter!
Du bist ein Verräter, es fließt in dir Kein Tropfen vom Eselsblute; Du bist kein Esel, ich glaube schier, Dich warf eine wälsche Stute.
Du stammst vom Zebra vielleicht, die Haut Sie ist gestreift zebräisch; Auch deiner Stimme näselnder Laut Klingt ziemlich ägyptisch-hebräisch.
Und wärst du kein Fremdling, so bist du doch nur Verstandesesel, ein kalter; Du kennst nicht die Tiefen der Eselsnatur, Dir klingt nicht ihr mystischer Psalter.
Ich aber versenkte die Seele ganz In jenes süße Gedösel; Ich bin ein Esel, in meinem Schwanz Ist jedes Haar ein Esel.
Ich bin kein Römling, ich bin kein Sklav; Ein deutscher Esel bin ich, Gleich meinen Vätern. Sie waren so brav, So pflanzenwüchsig, so sinnig.
Sie spielten nicht mit Galanterei Frivole Lasterspiele; Sie trabten täglich, frisch-fromm-fröhlich-frei, Mit ihren Säcken zur Mühle.
Die Väter sind nicht tot! Im Grab Nur ihre Häute liegen, Die sterblichen Hüllen. Vom Himmel herab Schaun sie auf uns mit Vergnügen.
Verklärte Esel im Glorialicht! Wir wollen euch immer gleichen Und niemals von dem Pfad der Pflicht Nur einen Fingerbreit weichen.
O welche Wonne, ein Esel zu sein! Ein Enkel von solchen Langohren! Ich möchte es von allen Dächern schrein Ich bin als ein Esel geboren.
Der große Esel, der mich erzeugt, Er war von deutschem Stamme; Mit deutscher Eselsmilch gesäugt Hat mich die Mutter, die Mamme.
Ich bin ein Esel und will getreu, Wie meine Väter, die Alten, An der alten, lieben Eselei, Am Eseltume halten.
Und weil ich ein Esel, so rate ich euch, Den Esel zum König zu wählen; Wir stiften das große Eselreich, Wo nur die Esel befehlen.
Wir alle sind Esel! I-A! I-A! Wir sind keine Pferdeknechte. Fort mit den Rossen! Es lebe, hurrah! Der König vom Eselsgeschlechte!
So sprach der Patriot. Im Saal Die Esel Beifall rufen. Sie waren alle national, Und stampften mit den Hufen.
Sie haben des Redners Haupt geschmückt Mit einem Eichenkranze. Er dankte stumm, und hochbeglückt Wedelt’ er mit dem Schwanze. ( Heinrich Heine )
|
mmargarete01
antwortete am 01.07.05 (14:23):
Mein Kätzchen hat Charakter
Mein Kätzchen hat Charakter Komm, kleines Kätzchen, ich streichele dich. Sie drückt ihr Köpfchen fest an mich. Ein lautes Schnurren ist zu hören, sie liebt das Kraulen hinter den Ohren. Mein Kätzchen hört, wenn´s Futter gibt, dressieren kann man eine Katze nicht. Freiheit liebt sie so wie ich. Was ihr missfällt, zeigt sie ihre Krallen. Ja mein Kätzchen hat Charakter. Alle Tiere sieht man im Zirkus, nur keine Kätzchen. Die spielen nicht den Pfiffikus. Mein Kätzchen hat Charakter, sie macht nur, was sie will.
Margret Nottebrock
|
mmargarete01
antwortete am 01.07.05 (14:24):
Fiffi
Fiffi trottet auf der Weide, der Floh ruft , ein Taxi kommt ohne Leine. Frauchen holt den Fiffi ein, sie sagt, du bist ja ohne Lein. Fiffi mit seinen treuen Blick, denkt nur an den Floh der ihn biss. Fiffi setzt sich gemütlich hin, kratzt sein Fell bis es blutig ist. Frauchens Gesicht wird immer länger, Fiffi stöhnt und kratzt sich schneller, der Floh rief , ein anderes Taxi muss her, der Jodelnde mag ich nimmer mehr.
Margret Nottebrock
|
Literaturfreund
antwortete am 01.07.05 (15:55):
Zu Chestertons "Donkey" gehört natürlich, als Übersetzung, Lehmanns Gedicht:
Wilhelm Lehmann: Der Esel - nach G.K. Chesterton -
Als Feigen trug der Dornenknick, Es flog der Fisch, es schritt der Hag – Blutrot der Mond, den Augenblick Begann ich meinen Lebenstag.
Mit Monsterkopf und Wackelohr, Wenn meine Stimme gellt, Wie Parodie komm ich mir vor, Vierfüßer, eurer Welt.
Ein Wille wollte, alt und krumm; Man striemte mich, man femte mich. So prügelt, höhnt nur: ich bin stumm, Und mein Geheimnis wahre ich.
Ihr Narren! Weiß den Tag ich doch, Die große, süße Stunde noch, Die Palmen streute meinem Huf Und in mein Ohr den Jubelruf. * (W.L.: Gedichte. S. 159) * URL.: Dieser Palmsonntagsesel ist also von Chesterton gemeint. - Chestertons Werk wird z. Zt. neu übersetzt und wieder entdeckt.
Internet-Tipp: /seniorentreff/de/gOY5Dn6Ya
|
Literaturfreund
antwortete am 01.07.05 (19:23):
Also, noch was von Eseln, übrigens ein erstaunlich oft bedichtetes Tier:
Johann Bernhard Wiemann (Übersetzung:)
Wilhelm Busch, De Buur un de Müller
De Lücht is köhl, stiev weiht de Wind. De Buur treckt to de Möhlen swind. “Süh!“ denkt de Buur, “daar tüddert ´k gau Mien Esel an mit disse Tau.“ De övel Müller sümt neet lang Un brengt sien Möhlen futt in Gang. De -Blixem!- treckt mit sük dat Deert! De Müller lacht, de Buur ´s verfehrt. De grippt na d´ Steert van d´ Esel fix, De Hülpversök man helpt ganz nix. Kiek hier! De Haaren hollen neet. De Blödert fallt! Wat een Verdreet. De Müller abers mit Vergnögen Sücht dör de Lücht de Esel flegen. De Buur indeß kriggt daarto een Slag van een Flögel an sien Been. Tolesd steiht woll de Möhlen still, För d´ Esel as verloren Spill. De Buur nu süchst du leep in Fahrt. He ´t dode Deert na Huus henkarrt. Nett anraakt is he so bi Huus, Kummt an sien Frau in hoge Ruus. Un mit een Bessem, groot un lang, maakt se de Buur abarmlik bang. De Slagen van sien fuchterg Wiev Holt he mit d´ Saag sük of van ´t Liev. Un so, in d´ Stee van utdeelt Slaag, ritt hör in d´ Nös een Tack van d´ Saag. De Nös nu blödd, de Buiur weggeiht, Sük um sien blödend Frau neet meiht. He geiht weer up de Möhlen to Un sett de Saag daar an man so. Knack! breckt de Möhlen na ´n Sett. Daar hett de Müller nu sien Fett. De oolke Müller do kruppt ut Dat Möhlenluukje fünsk herut. *
Der Bauer und der Windmüller...
Internet-Tipp: /seniorentreff/de/u0Q8PhalX
|
Enigma
antwortete am 03.07.05 (18:03):
Und der Hase hat es auch nicht leicht....
Politisch
Mit wem soll sich verbünden der Hase! Der Fuchs schleicht ihm nach im Grase, Von oben rauschen des Geiers Schwingen, Der Bauer im Kohlfeld legt ihm Schlingen, Und macht er sich endlich auf die Füße, Treffen ihn des Jägers Schüsse.
Franz Grillparzer (1791-1872)
|
Enigma
antwortete am 04.07.05 (07:04):
Christian Morgenstern Der Leu
Auf einem Wandkalenderblatt ein Leu sich abgebildet hat.
Er blickt dich an, bewegt und still, den ganzen 17. April.
Wodurch er zu erinnern liebt, dass es ihn immerhin noch gibt.
|
Ursula
antwortete am 04.07.05 (14:08):
Der Hecht
Ein Hecht, vom heiligen Antón bekehrt, beschloß, samt Frau und Sohn, am vegetarischen Gedanken moralisch sich emporzuranken.
Er aß seit jenem nur noch dies: Seegras, Seerose und Seegrieß. Doch Grieß, Gras, Rose floß, o Graus, entsetzlich wieder hinten aus.
Der ganze Teich ward angesteckt. Fünfhundert Fische sind verreckt. Doch Sankt Antón, gerufen eilig, sprach nichts als: "Heilig! heilig! heilig!"
(Christian Morgenstern)
|
Ursula
antwortete am 04.07.05 (14:51):
Der Ichthyosaurus
Es rauscht in den Schachtelhalmen, verdächtig leuchtet das Meer, da schwimmt mit Tränen im Auge ein Ichthyosaurus daher.
Ihn jammert der Zeiten Verderbnis, denn ein sehr bedenklicher Ton war neuerlich eingerissen in der Liasformation.
"Der Plesiosaurus, der alte, er jubelt in Saus und Braus, der Pterodaktylus selber flog neulich betrunken nach Haus.
Der Iguanodon, der Lümmel, wird frecher zu jeglicher Frist, schon hat er am hellen Tage die Ichthyosaura geküßt.
Mir ahnt eine Weltkatastrophe, so kann es länger nicht gehn; was soll aus dem Lias noch werden, wenn solche Dinge geschehn?"
So klagte der Ichthyosaurus, da ward es ihm kreidig zu Mut, sein letzter Seufzer verhallte im Qualmen und Zischen der Flut.
Es starb zu derselbigen Stunde die ganze Saurierei, sie kamen zu tief in die Kreide, da war es natürlich vorbei.
Und der uns hat gesungen dies petrefaktische Lied, der fand's als fossiles Albumblatt auf einem Koprolith.
(Josef Viktor von Scheffel)
|
Enigma
antwortete am 05.07.05 (10:31):
Das ästhetische Wiesel
Ein Wiesel saß auf einem Kiesel inmitten Bachgeriesel. Wisst ihr weshalb? Das Mondkalb verriet es mir im Stillen: Das raffinierte Tier tat's um des Reimes willen.
(Christian Morgenstern)
|
mmargarete01
antwortete am 05.07.05 (23:03):
Der Hase
Ein Hase hoppelt hoch, mal runter. Er sieht aus als wäre er sehr munter. Doch kommt ein Jägersmann daher, dann hoppelt er nimmermehr. Er liegt als Braten auf dem Tisch. Aus meiner Mutters Sicht wie ein Gedicht.
Margret Nottebrock
|
Enigma
antwortete am 06.07.05 (08:58):
Das Huhn
In der Bahnhofshalle, nicht für es gebaut, geht ein Huhn hin und her ... Wo, wo ist der Herr Stationsvorsteher? Wird dem Huhn man nichts tun? Hoffen wir es! Sagen wir es laut: dass ihm unsere Sympathie gehört, selbst an dieser Stätte, wo es - "stört"! (Christian Morgenstern)
|
Literaturfreund
antwortete am 06.07.05 (09:09):
Noch was von den "Eseln", den Lasttieren, die deshalb in der Aufklärung als Opfer im Tierreich dargestellt wurden.
Wilhelm Ludwig Gleim: Das Pferd. Der Esel
Einst trug auf seinem schmalen Rücken Ein Esel seine schwere Last, Die fähig war, ihn tot zu drücken. Ein ledig Pferd ging neben ihm. »Du hast Auf deinem Rücken nichts«, sprach (das geplagte Tier, »Hilf, liebes Pferdchen, hilf! Ich bitte dich, hilf mir!« -
»Was helfen!« sagt der grobe Gaul, »Du bist der rechte Gast, du bist ein wenig faul; Trag zu! - -« »Ich sterbe, liebes Pferd, - - Die Last erdrückt mich, rette mich! Die Hälfte wär ein Spiel für dich!« »Ich kann nickt!« sprach das Pferd.
Kurz, unter dem zu schweren Sack Erlag der Esel, Sack und Pack Schmiß man sogleich dem Rappen auf, Des Esels Haut noch oben drauf. *
Gotthold Ephraim Lessing Der Esel und der Wolf
Ein Esel begegnete einem hungrigen Wolfe. »Habe Mitleiden mit mir«, sagte der zitternde Esel, »ich bin ein armes krankes Tier; sieh nur, was für einen Dorn ich: mir in den Fuß getreten habe!« - »Wahrhaftig, du dauerst mich«, versetzte der Wolf. »Und ich finde mich in meinem Gewissen verbunden, dich von diesen Schmerzen zu befreien.« - Kaum war das Wort gesagt, so ward der Esel zerrissen.
* URL.: Eselei - von Menschen:
Internet-Tipp: /seniorentreff/de/Xuio1e53O
|
Enigma
antwortete am 09.07.05 (09:39):
aus: Josef Guggenmoos: Was denkt die Maus am Donnerstag?, dtv '71 Josef Guggenmoos: Der Kartoffelkäfer
Der Kartoffelkäfer, der surrt im Frühling fröhlich her. Denn hier wächst, so weit man schaut, Kartoffelkraut, Kartoffelkraut. An einem frischen Blatte dann fängt er gleich zu knabbern an. Doch statt nur daran zu nippen, frißt er's kahl bis auf die Rippen. Und nun geht's erst richtig los. Der Käfer bleibt nicht kinderlos. Kinder kommen, Kinder wie Sand am Meer. Jetzt fressen sie. Jetzt fressen sie, wohin man schaut, Kartoffelkraut, Kartoffelkraut. Die Stauden, erst so herrlich grün, sie werden kahl, sie schwinden hin. Der Bauer schreit: "Was muß ich sehn? Gleich wird's euch an den Kragen gehn! Wenn ihr so weitermacht, wie sollen im Boden wachsen dicke Knollen?"
|
Marina
antwortete am 09.07.05 (12:25):
Matthias Claudius Fuchs und Pferd
Einst wurden Fuchs und Pferd, warum, das weiß ich nicht, auch hat es mich verdrossen, denn mir sind beide Tiere wert, in einen Käficht eingeschlossen. Das Pferd fing weidlich an zu treten für Ungeduld und trat den armen Rein'ke Fuchs, der nichts an Füßen hat. "Das nun hätt' ich mir wohl verbeten, tret' Er mich nicht, Herr Pferd! ich will Ihn auch nicht treten."
|
angelottchen
antwortete am 10.07.05 (08:39):
Das Auge der Schlange ======================= Kennst Du die Sage wohl von jener Schlange, Der sichrer Tod im Blick des Auges liegt! Der Vogel, der sie ansieht, wirr und bange, Fällt starr vom Zweig, auf dem er sich gewiegt.
Das Häschen, das geduckt im Grase lauschet, Von ihrem Anschaun wundersam umstrickt, Wird willenlos und zauberhaft berauschet, Und stirbt, sobald ihr Aug' es angeblickt.
Sie aber glänzt in bunten Farbenringen, Und achtet nicht der Beute, die sie hält, Die Macht nur ist's, der Sieg und das Gelingen, Es ist das grause Spiel, das ihr gefällt. –
So bist auch Du! Dein Bild ist's, das ich male, Der dunkeln Sterne unglücksel'ge Pracht; Mit ihrem Glanz, mit ihrem Zauberstrahle, Mit ihrem Reiz, mit ihrer Todesmacht! –
Doch nein! verzeih' – wie glichst Du diesem Bilde! Wie tödtlich auch das dunkle Auge blickt, Ist nicht sein Licht tiefsinnig, hold und milde? Ist's seine Schuld, daß es mit Tod umstrickt? –
Spricht es nicht mitleidsvoll: geht, bleibet ferne, Ihr dauert mich und Euer Mißgeschick; Ihr kennt sie nicht, die unheilvollen Sterne, Sie tödten, wenn Ihr naht, drum weicht zurück! –
Und wenn ein tief verhängnißvoll Gelüsten Sie dennoch treibt, wie wär' es Deine Schuld? Du machtest gern der Armen Leben fristen, Denn Du bist sanft und süß, und voller Huld!
Laß sie gewähren! Selig, wem zu sterben Im Himmel Deines Blicks ein Gott beschert! – Den süßen Tod, wer möcht' ihn nicht erwerben; Doch wer ist wohl ihn zu erwerben werth? J.Ch, Freiherr von Zedlitz (1859)
|
angelottchen
antwortete am 10.07.05 (08:50):
Tödliches Vertrauen
Endlose Stille bei dunkler Nacht, die Stute über ihre Herde wacht. Glasklare Augen schauen ruhig in die Weite, beruhigende Wärme des Menschen an ihrer Seite. Zuerst beunruhigten sie die Schritte im Gras, Anspannung aller Muskeln, die sie am Körper besaß. Warnendes Schnauben für ihre Herde, furchtsames Wiehern der ihr anvertrauten Pferde. Als Wächter blieb sie bis zum Schluß stehen und sah die Mähnen der angstvoll galoppierenden Pferde wehen. Sie hatte die Gefahr früh genug erkannt und wäre bei einem Wolf wohl auch weggerannt. Doch die Silhouette eines Menschen im letzten Licht fiel bei ihrer Entscheidung ins Gewicht, gebannt auf ihrem Fleck zu verharren und neugierig auf den Menschen zu starren. Freundlich wiehernd begrüßt sie den Unbekannten, sich nicht bewußt, dass die anderen Pferde um ihr Leben rannten. Stöbert gierig nach einem Apfel in den Taschen, lässt sich hoffnungslos von ihm überraschen. Leuchten der Klinge im Mondlicht - hier spricht die Gewalt, kein Gericht. Schmerzverzerrte ungläubige Augen, Instinkte der Natur zu nichts mehr taugen. Zustechen der Klinge immer wieder, Zusammenbrechen der alten Glieder. Den Kopf hebt sie mit letzter Kraft, aus tiefen Wunden strömt der Lebenssaft. Instinkte der Natur waren erwacht, nicht das Raubtier Mensch bedacht. Letztes Schnauben als Warnung für ihre Herde, im Mondlicht wild galoppierende Pferde. Die Sonne geht strahlend auf am nächsten Tag, keiner diese schreckliche Tat zu verstehen mag. Stumm steht die Herde bei ihrem Artgenossen, ein Pferd hat noch nie eine Träne vergossen. Zitternd leidend in endloser Qual, das Pferd hatte hier keine andere Wahl. Vertrauen und bedingungslose Treue, der Täter Mensch kennt keine Reue.
|
Literaturfreund
antwortete am 10.07.05 (09:19):
Nachtrag zu dem Gedicht zuvor:
Auf der Suche nach dem(r) Verfasser(in) des von angelottchen eingesandten Pferde-Gedichtes fand ich diese Seite mit vielen, schönen Pferde-Gedichten...:
Internet-Tipp: https://www.welt-der-pferde.de/poesie.htm
|
Literaturfreund
antwortete am 10.07.05 (09:45):
Nicht zu vergessen, die Esel-Gedichte:
Matthias Claudius: Der Esel
Hab nichts mich dran zu freuen, Bin dumm und ungestalt, Ohn' Mut und ohn' Gewalt: Mein spotten, und mich scheuen Die Menschen, jung und alt: Bin weder warm noch kalt; Hab' nichts, mich dran zu freuen, Bin dumm und ungestallt; Muß Stroh und Disteln käuen; Werd' unter Säcken alt – Ah, die Natur schuf mich im Grimme! Sie gab mir nichts, als eine schöne Stimme.
*
Wohl die meisten Claudius-Gedichte h i e r:
Internet-Tipp: https://www.litlinks.it/c/claudius_m.htm
|
Literaturfreund
antwortete am 10.07.05 (09:50):
Karl Stauffer-Bern: Der Tod und der Esel
Tod: Du bist der Esel, drum kriegtest du Schläge Auf deinem unseligen Lebenswege. Sie hieben dich vorn, sie brannten dich hinten, Sie taten dich, wie sie konnten, schinden, Und das will was heißen, ich kenne sie; Sie nennen sich Menschen, sind ärger als Vieh. Hast ihnen die schweren Lasten getragen, Drum täten sie dich schinden und plagen. Darfst dich nicht wundern über das Pack;
Es schlägt den Esel und meint den Sack, Oder umgekehrt, wie's grad in den Kram Einem jeden dient. - Du gehst ja lahm Auf allen Vieren; komm mit mein Tier, Für dich ist das Leben kein Pläsir. -
Da fällt er um, da ist er tot Und ist befreit von Last und Not. * Kennt jemand den "Stauffer-Bern"? Aus alten Lesebuchzeiten?
|
angelottchen
antwortete am 10.07.05 (09:54):
Hallo Literaturfreund - den Verfasser konnte ich leider nirgendwo ausfindig machen, ich habe das Gedicht auch aus einem der vielen, zum Teil sehr schönen, Pferdeseiten entnommen. Danke für den Link.
|
Enigma
antwortete am 10.07.05 (10:36):
Guten Morgen, hier war ja schon richtig was los... :-))
aus: Hans Scheibner: Spott ist allmächtig - Lästerlyrik; Rowohlt, Reinbek, '77 Hans Scheibner: Vom bösen Treiben des Kaninchens Archimedes
Das Kaninchen Archimedes war so frech und asozial und jedes Taktes bar, daß es auf Gräbern saß und die Blätter frischer Tulpen fraß. Schon sehr früh kam es dahinter, daß der Friedhof auch im Winter üppiger als manche Frühlingswiese Blümchen bietet und Gemüse. Neben "Onkel Julius" und "Dein Sohn, als letzter Gruß" saß und fraß es zwischen Schleifen, ohne etwas zu begreifen. Und so wurde Archimedes trotz des mahnenden Geredes älterer Kaninchenböcke stärkster Bock in seiner Hecke. Daraus folgt? Nichts. Doch es soll gern, wer das braucht, sich was draus folgern.
|
Enigma
antwortete am 11.07.05 (09:46):
Dian Fossey, Anwältin der sanften Riesen
du bist die anwältin der sanften riesen, mit ungeheurer kraft und großen dunklen augen, mit einem klugen blick, der bis ins mark dringt und uns fragt: "mensch - was tust du uns an?"
doch wer hört schon diese frage? wer nimmt sie wahr und sieht sie an als wahr?
man hat dich ermordet mit der kälte des geldes und der gier, doch bleiben wirst du DIE anwältin der sanften riesen! deine bedeutungslosen mörder versinken in das NICHTS des ewigen vergessens. du aber lebst in jedem atemzug deiner schützlinge und der menschen, die dich lieben!
lass dich umarmen, du unvergessene nwältin der sanften riesen!
Internet-Tipp: https://www.onlinekunst.de/januar/16_01_Fossey_Dian.htm
|
angelottchen
antwortete am 11.07.05 (13:24):
Der kluge Hund (Georg Bötticher)
Im Worzner Ratsgeller treiwen de Herrn Ihren Spaß mit'n Gastwertsbudel gern: Där gann abordiern und Schildwach stehn Un uff zwee Beenen dorch's Zimmer gehn, Holt jeden d'n Hut un de Gummischuh Un macht'n de Diete uff un zu – »Nee«, sagt d'r eene, »alle bonnehr! Dän Gerlichen is ooch nischt ze schwer.« »Där«, meent ä zweeter, »där teischt sich nie – 's is wärklich ä hellisch kluges Vieh!« »Ja«, ruft ä dritter, »dän macht nischt ärre: Där Hund is gescheiter wie sei Härre!« Da spricht d'r Bergermeester d'r Stadt: »So änn Hund – haw ich ooch emal gehatt!«
|
Marina
antwortete am 11.07.05 (23:32):
Kim denkt
Wenn die Mäuse so groß wie Hunde wären, dann müßten die Katzen so groß wie Tiger sein. Und die Tiger wären dann so groß wie Elefanten. Aber die Elefanten wären so groß wie Walfische, und die Walfische so groß wie Ozeandampfer. Und überhaupt müßte dann alles viel größer sein, die ganze Welt, und die Häuser, die Bäume und die Menschen, und Papa und Mama und ich auch natürlich. Alles müßte dann viel größer sein, damit alles zusammenpaßt. Aber wenn alles viel größer wäre, dann würde man das ja gar nicht merken. ? Vielleicht sind die Mäuse wirklich so groß wie Hunde? © Martin Auer
Entstanden: 1984
Aus: Was niemand wissen kann. Seltsame Verse und sonderbare Geschichten
Beltz & Gelberg, Weinheim 1986
|
Enigma
antwortete am 12.07.05 (08:37):
Spatz und Katze
"Wo wirst du denn den Winter bleiben?" Sprach zum Spätzchen das Kätzchen. "Hier und dorten, allerorten", Sprach gleich wieder das Spätzchen.
"Wo wirst du denn zu Mittag essen?" Sprach zum Spätzchen das Kätzchen. "Auf den Tennen mit den Hennen", Sprach gleich wieder das Spätzchen.
"Wo wirst du denn die Nachtruh' halten?" Sprach zum Spätzchen das Kätzchen. "Lass dein Fragen, will's nicht sagen", Sprach gleich wieder das Spätzchen.
"Ei, sag mir's doch, du liebes Spätzchen!" Sprach zum Spätzchen das Kätzchen. "Willst mich holen - Gott befohlen!" Fort flog eilig das Spätzchen.
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
|
schorsch
antwortete am 12.07.05 (14:55):
"He", sprach die Katze zu dem Hund, "was kaust du da in deinem Mund?" Der Hund, der schwer da kauend auf die Katze sah, die miauend ihm diese eine Frage stellte, sagte nichts - er bellte. Doch durch das Bellen flog das Ding, das halb zerkaut im Munde hing, gleich vor der schlauen Katze Füsse. "Schnapp-schnapp, hab Dank, ich grüsse!"
Juli 2005, Schorsch, alias Georg von Signau
|
Marina
antwortete am 12.07.05 (17:17):
Herrlich, Schorsch. Die Katze hat wohl vom Fuchs gelernt?
|
Enigma
antwortete am 13.07.05 (07:25):
aus: Hans Scheibner: Spott ist allmächtig - Lästerlyrik; Rowohlt, Reinbek, '77
Hans Scheibner: Was die Katze predigt
Selig sind die Sanftmütigen, versuchte die Katze die Maus zu begütigen, wobei sie nur ein bißchen biß. Und überhaupt: das Ärgernis auf dieser Welt ist das Laute und Grobe. Gestattest du, erst mal ein Ohr- zur Probe. Das was? Das Totbeißen nicht vergessen? Entschuldige, ich kann halt nicht schneller fressen. Übrigens: Danke. Für heut wirst du reichen. Und liebet die Hunde wie Euresgleichen.
|
schorsch
antwortete am 13.07.05 (07:47):
Marina, ob dus nun glaubst ode nicht: Frei lebende Katzen schliessen oft Freundschaft mit Füchsen. Das habe ich an einem Sonntagmorgen selber beobachten können, als ich mit meiner Kamera auf Pirsch war.
|
Marina
antwortete am 13.07.05 (23:59):
Das Z gehört zum Alphabet]
Das Z gehört zum Alphabet, auch wenn es ganz am Ende steht. Am Ende steht es auch bei Herz, bei Holz, bei Pilz, bei Netz, bei Schmerz. Doch manchmal, wie bei Zwerg und Zorn, da steht das Z im Wort ganz vorn. Im Zahnweh und im Zwiebelkuchen muss man das Z nicht lange suchen. Dagegen wird es kaum entdeckt, wenn es sich gut im Wort versteckt. So bei den fünfzehn schwarzen Katzen und ihren dreißig schwarzen Tatzen.
Ganz stolz erzählt das Zirkuszelt, dass es sogar zwei Z enthält. Erstaunt fragt da der Grizzly-Bär, ob dies denn was Besondres wär.
© Paul Maar Aus: Lese-Ecke. Sprachbuch Verlag Volk & Wissen
|
Enigma
antwortete am 14.07.05 (08:24):
Katzengedicht Die Sphinx
In einer Zimmerecke wacht, schon länger, als ich denken kann,
Die schöne Sphinx und schweigt mich an im Wechselspiel von Tag und Nacht.
Ganz ungerührt und unbewegt verharrt die finstere Gestalt.
Der Silbermond, der lässt sie kalt, selbst Sonnenschein sie nicht erregt.
Der Himmel rötet sich und bleicht, die Flut des Mondlichts steigt und sinkt.
Der Dämmerung es nicht gelingt und auch der Nacht nicht, dass sie weicht.
Die Zeit verrinnt, Nacht folgt auf Nacht, und immer noch die Katze träumt;
Mit sanften Augen , goldgesäumt, hält sie auf ihrem Teppich Wacht.
Sie ruht , ihr Katzenauge starr, und zu den spitzen Ohren drängt
Das Nackenhaar, mit gelb gesprengt; das braune Fell ist seidenzart....
Mein träger Liebling, komm heran, und leg' den Kopf mir in den Schoß,
Damit ich dir den Nacken kos' und deinen Samtleib streicheln kann...
(Oscar Wilde)
|
Enigma
antwortete am 15.07.05 (09:53):
Friedrich Schnack (1888-1917) Einhorn
Das Einhorn geht im Garten auf die Weide: Siehst du es nicht? Sein Fell ist reine Seide, Sein Horn ein Stoß von Licht.
Am Morgen in der Amselstunde Kam es vom Wald herein Und trug durch meine Rosenrunde Einen Strahl von Elfenbein.
Vor dem Dickicht meiner Büsche Seh ich einen Lichtgeist stehen, Seines Kleides Hauch und Rüsche, In den Gartenlüften wehn.
Er ist meines Einhorns Hirte, Er behütet Huf und Horn. Und es schnaubt das Schöngeschirrte Hinter blauem Rittersporn.
|
Enigma
antwortete am 17.07.05 (18:07):
Lessing, Gotthold Ephraim (1729-1781) Die Biene Als Amor in den goldnen Zeiten Verliebt in Schäferlustbarkeiten Auf bunten Blumenfeldern lief, Da stach den kleinsten von den Göttern Ein Bienchen, das in Rosenblättern, wo es sonst Honig holte, schlief. Durch diesen Stich ward Amor klüger, der unerschöpfliche Betrüger Sann einer neuen Kriegslist nach: Er lauscht in Rosen und Violen; Und kam ein Mädchen sie zu holen, Flog er als Bien heraus, und stach.
|
Enigma
antwortete am 18.07.05 (17:12):
Die Republik der Spinnen
Dem Spinnenvolke fiel es ein, In Zukunft sicherer zu seyn, Und nicht Jedwedem zu vergönnen, In ihrem Schloß herum zu rennen, Sie wohnten eben dazumal In einem großen wüsten Saal, Durch dessen offne Fensterbogen Stets Mücke, Schwalb' und Sperling flogen. Wir wollen (murreten die Spinnen) Den Vortheil euch wohl abgewinnen; Und zogen in die Läng' und Quer' Viel Fäden vor den Fenstern her. Doch Schwalb' und Sperling kamen bald Und fuhren dreist und mit Gewalt Durch diese leichten Spinnenweben, Und nur die Mücken blieben kleben. Ganz so, wie diese Spinnennetze, Sind oft im Staate die Gesetze. Kein Mächt'ger wird darin gefangen, Nur bloß der Schwache bleibt d'rin hangen. Justus Friedrich Wilhelm Zachariä (1726-1777)
|
Marina
antwortete am 18.07.05 (23:40):
Katz und Maus
Die Katze spricht: Ich bin nicht so, wie alle Welt vermutet. Ich töte Mäuse, ja, jedoch mit einem Herz, das blutet. Mit einem Herz, das zuckt und schreckt, mit einem Herz, das leidet – Mit meinem Herz? Nein, dem der Maus! Denn wenn uns etwas scheidet, die Maus und mich, dann ist es das: Ich bin der Fresser, sie ist Fraß.
Robert Gernhardt
|
Enigma
antwortete am 19.07.05 (08:16):
Das Mondschaf
Das Mondschaf steht auf weiter Flur. Es harrt und harrt der großen Schur. Das Mondschaf. Das Mondschaf rupft sich einen Halm und geht dann heim auf seine Alm. Das Mondschaf. Das Mondschaf spricht zu sich im Traum: "Ich bin des Weltalls dunkler Raum." Das Mondschaf. Das Mondschaf liegt am Morgen tot. Sein Leib ist weiß, die Sonn ist rot. Das Mondschaf. Christian Morgenstern (1871-1914)
|
Marina
antwortete am 20.07.05 (23:01):
Die Made
Hinter eines Baumes Rinde wohnt die Made mit dem Kinde. Sie ist Witwe, denn der Gatte, den sie hatte, fiel vom Blatte. Diente so auf diese Weise einer Ameise als Speise.
Eines Morgens sprach die Made: "Liebes Kind, ich sehe grade, drüben gibt es frischen Kohl, den ich hol. So leb denn wohl ! Halt, noch eins ! Denk, was geschah, geh nicht aus, denk an Papa !" Also sprach sie und entwich.- Made junior aber schlich hinterdrein; und das war schlecht ! Denn schon kam ein bunter Specht und verschlang die kleine fade Made ohne Gnade. Schade !
Hinter eines Baumes Rinde ruft die Made nach dem Kinde . . .
Heinz Erhardt
|
Ursula
antwortete am 25.07.05 (12:53):
Die Maus
Es wollte eine kleine Maus — im Keller wohnhaft — hoch hinaus; und eines nachts, auf leisen Hufen, erklomm sie achtundneunzig Stufen und landete mit Weh und Ach ganz oben, dicht unter dem Dach. Dort wartete bereits auf sie die Katze, namens Doremi. —
Kaum, daß das Mäuslein nicht mehr lebte, geschah's, daß eine Fledermaus ein paarmal um die Katze schwebte, zur Luke flog und dann hinaus.
Da faltete die Katz', die dreiste, die Pfoten und sprach: »Ei, wie süß! Da fliegt die Maus, die ich verspeiste, als Engelein ins Paradies!«
(Heinz Erhardt)
|
Marina
antwortete am 25.07.05 (17:40):
Einladung
Das Trampeltier ist oft allein, es hat so große Füße. Man lädt es nie zum Kaffee ein, wenn du es triffst, bei dir daheim, bestell ihm schöne Grüße.
Sag ihm, ich würde mich sehr freu`n, ich back auch einen Kuchen, ich will es sehen, so um neun. Ich will auch keine Mühe scheun, es soll mich doch besuchen!
Der Spinner und die dumme Kuh die Gans, die doofe Ziege, die lahme Ente noch dazu, und wenn du Lust hast, komm auch du, damit ich Gäste kriege.
Wir können viel zusammen tun, wir können träumen, lachen, wir können ohne auszuruhn wie Hunde belln, wie Kühe muhn die schönsten Sachen machen.
Für jede Träne einen Kuß. Niemand wird ausgelacht. Der Schornsteinfeger bringt uns Ruß, und nachts um zwölf ist noch nicht Schluß. Das wird ‘ne tolle Nacht.
© 1999 Carl Hanser Verlag München Wien Aus: Es lebte ein Kind auf den Bäumen Carl Hanser Verlag, München, Wien 1999
|
Ursula
antwortete am 28.07.05 (13:06):
Psychologie
Der Hummer liebte die Languste, Was aber unerwidert blieb, die Liebe sank ins Unbewusste Und wurde dort zum Todestrieb.
Ein Psychologe untersuchte Den Fall und fand ihn gar nicht klar, Der Hummer lief davon und fluchte, Er fand zu hoch das Honorar.
Der Psychologe nun verübelte Ihm dies Verhalten, wenn auch stumm, Doch sein gescheites Köpfchen grübelte Noch länger an dem Fall herum.
Auch ohne Arzt genas der Hummer Und fand ein andres Liebesglück, Der Arzt führt aber seinen Kummer Auf einen Geldkomplex zurück.
(Hermann Hesse)
|
holger78
antwortete am 03.08.05 (17:03):
Singt die Nachtigall am Morgen, hat síe wohl nimmer Sorgen. Doch kam einmal indes die Katze, macht es ritze-ratze mit der Tazte. So fiel die Nachtigall zu Boden, wie in so vielen Episoden. Ein schöner ist das nicht, ist es doch der Natures Pflicht. Lassen wirdem Spiel freien Lauf, und wir uns nen neuen Vogel kauf
|
Enigma
antwortete am 04.08.05 (07:52):
Der kleine Regenwurm
Bei Regenwetter und bei Sturm, da wollt ein kleiner Regenwurm die Straße überqueren ; er ließ sich nicht belehren.
Die Mutti sagte, bleibe hier! Jedoch das kleine dumme Tier gab nichts auf diese Stimme; und das war grad das Schlimme.
Die Straße ist ein Tummelplatz zur Not vielleicht noch für den Spatz, denn solch ein Spatz kann fliegen und ist nicht leicht zu kriegen.
Der kleine Wurm ist schlechter dran, weil doch ein Wurm nicht fliegen kann; war noch so jung an Jahren - er wurde überfahren.
Kurt Hängekorb
Internet-Tipp: https://www.kinderreimeseite.de
|
Marina
antwortete am 04.08.05 (19:05):
Die Fledermaus
Die Fledermaus stößt Schreie aus ein unentwegtes Who-is Who? sie ist ja keine Blindekuh, die Fledermaus. Das ist, wie man es wendet, in jeder Hinsicht wunderbar: Empfangen wie gesendet: R A D A R
Peter Rühmkorf
|
Enigma
antwortete am 07.08.05 (11:54):
Der Falter Eugen Roth (1895-1976) Nacht stand bis ans Fenster dicht. In den kleinen Kreis von Licht, Den ich eng um mich gezogen, Kam ein Falter wild geflogen. Schwirrte poltertaumlig flatternd, Rauschte im Papierschirm knatternd, Schrecklich in sein Schicksal rennend, Sich zerstürzend, sich verbrennend. Griff ich plump ihn, menschenhändig, Schlug er wie ein Herz lebendig, Angstvoll in Verzweiflung wütend Hilflos war ich, ihn behütend. Dreimal warf ich ihn im harten Schwunge in den schwarzen Garten. Doch er sah im Glanz sein Glück, Dreimal schwirrte er zurück, Bis er tappend, blind durchs Zimmer Torkelte, um still zu enden... Aber mir an meinen Händen Blieb des feinsten Goldes Schimmer.
|
Marina
antwortete am 07.08.05 (18:09):
Friedrich Hebbel
Aus der Kindheit
"Ja, das Kätzchen hat gestohlen, und das Kätzchen wird ertränkt. Nachbars Peter sollst du holen, daß er es im Teich versenkt!"
Nachbars Peter hat's vernommen, ungerufen kommt er schon: "Ist die Diebin zu bekommen, gebe ich ihr gern den Lohn!"
"Mutter, nein, er will sie quälen. Gestern warf er schon nach ihr, bleibt nichts andres mehr zu wählen, so ertränk' ich selbst das Tier."
Sieh, das Kätzchen kommt gesprungen, wie es glänzt im Morgenstrahl! Lustig hüpft's dem kleinen Jungen auf den Arm zu seiner Qual.
"Mutter, laß das Kätzchen leben, jedesmal, wenn's dich bestiehlt, sollst du mir kein Frühstück geben, sieh nur, wie es artig spielt!"
"Nein, der Vater hat's geboten, hundertmal ist ihr verziehn!" "Hat sie doch vier weiße Pfoten!" "Einerlei! Ihr Tag erschien!"
"Nachbarin, ich folg' ihm leise, ob er es auch wirklich tut!" Peter spricht es häm'scherweise, und der Knabe hört's mit Wut.
Unterwegs auf manchem Platze bietet er sein Liebchen aus; aber keiner will die Katze, jeder hat sie längst im Haus.
Ach, da ist er schon am Teiche und sein Blick, sein scheuer, schweift, ob ihn Peter noch umschleiche - ja, er steht von fern und pfeift.
Nun, wir müssen alle sterben, Großmama ging dir vorauf, und du wirst den Himmel erben, kratze nur, sie macht dir auf!
Jetzt, um sie recht tief zu betten, wirft er sie mit aller Macht, doch zugleich, um sie zu retten, springt er nach, als er's vollbracht.
Eilte Peter nicht, der lange, gleich im Augenblick herzu, fände er, es ist mir bange, hier im Teich die ew'ge Ruh.
In das Haus zurückgetragen, hört er auf die Mutter nicht, schweigt auf alle ihre Fragen, schließt die Augen trotzig - dicht.
Von dem Zucker, den sie brachte, nimmt er zwar zerstreut ein Stück; doch den Tee, den sie ihm machte, weist er ungestüm zurück.
Welch ein Ton! Er dreht sich stutzend, und auf einer Fensterbank, spinnend und sich emsig putzend, sitzt sein Kätzchen blink und blank.
"Lebt sie, Mutter?" "Dem Verderben warst du näher, Kind, als sie!" "Und sie soll auch nicht mehr sterben?" "Trinke nur, so soll sie's nie!"
Friedrich Hebbel
|
Enigma
antwortete am 08.08.05 (08:43):
Na also, Marina, Ende gut, alles gut..... Kätzchen lebt...:-)
Die Lämmerwolke
Es blökt eine Lämmerwolke am blauen Firmament, sie blökt nach ihrem Volke, das sich von ihr getrennt. Zu Bomst das Luftschiff "Gunther" vernimmt's und fährt empor und bringt die Gute herunter, die, ach, so viel verlor. Bei Bomst wohl auf der Weide, da schwebt sie nun voll Dank, drei Jungfraun in weißem Kleide, die bringen ihr Speis und Trank. Doch als der Morgen gekommen, der nächste Morgen bei Bomst, da war sie nach Schrimm verschwommen, wohin du von Bomst aus kommst ... Christian Morgenstern (1871 - 1914)
|
Marina
antwortete am 08.08.05 (16:15):
Der Bücherwurm
Tierschutz gilt ganz unbestritten Auch für jene Gruseltiere, Spinnen, Schlangen und Vampire, Die vom Menschen ungelitten.
Eine Spezies speziell, Wohnhaft in den Buchregalen, Schafft dem Bibliophilen Qualen, Denn sie nährt sich generell
Von des Menschen Bildungsgütern: Bohrt sich tief durch Goetheworte, Frißt auch Formeln jeder Sorte Und nicht nur bei Ladenhütern.
Tierschutz ist da zugegeben Schwerer als bei Katz und Hund. Dennoch gilt aus gutem Grund: Auch der Bücherwurm soll leben!
Machen wir's im Kompromiß: Ich liebe diesen Wurm, gewiß, Doch soll er dies Buch verschonen Und in andern Büchern wohnen.
Rainer Werle
Internet-Tipp: https://www.werle.com/homepage/wasserbg/index.htm
|
philosoph
antwortete am 09.08.05 (14:52):
Mann ist das ne wurst, knackig wie wiener, zart wie bockwürst', alt wie wir Senioren und lecker wie Nachtigallenfleisch...
theodor fontane alias opa
|
Marina
antwortete am 09.08.05 (18:02):
SOS Karl!
|
Enigma
antwortete am 09.08.05 (19:34):
Ein Tiergedicht
Es war einmal eine Kellerassel Die geriet in ein Schlamassel. Der Keller, in dem sie asselte Brach eines schönen Tages ein Sodass das ganze Haus aus Stein Ihr auf das Köpfchen prasselte. Sie soll religiös geworden sein.
(Bert Brecht)
|
Karl
antwortete am 09.08.05 (21:39):
Oh je, marina, es sind Ferien und es regnet, da werden pubertäre Kräfte freigesetzt. Ich habe die Hanswürste und ihre Produkte gelöscht.
|
Enigma
antwortete am 10.08.05 (08:35):
Danke, Karl!
Johann Wilhelm Ludwig Gleim Der Löwe und der Fuchs
"Herr Löwe", sprach ein Fuchs, "ich muß Dir's nun gestehen, mein Verdruß Hat sonst kein Ende:
Der Esel spricht von dir nicht gut; Er sagt: was ich an dir zu loben fände, Das wiss' er nicht; dein Heldenmuth Sey zweifelhaft; du gäbst ihm keine Proben Von Großmuth und Gerechtigkeit; Du würgetest die Unschuld, suchest Streit; Er könne dich nicht loben!"
Ein Weilchen schwieg der Löwe still, Dann sprach er: "Fuchs! er spreche, was er will; Denn, was von mir ein Esel spricht, Das acht' ich nicht!"
Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719-1803)
|
Enigma
antwortete am 11.08.05 (07:28):
Gottlieb Konrad Pfeffel Der Fischer, der Aal und die Schlange
In einem Garne trug ein Fischer einen Aal Nach Rom zu Markt und stieß auf seinem Gange, Es war in einem engen Tal, Auf eine fürchterliche Schlange; Sie lag und wärmte sich im Sonnenstrahl. Dem Fischer ward von Herzen bange; Er sah umsonst sich um, der Pfad war allzu schmal. Nichts als ein kühner Sprung kann seine Tage fristen. Er tat ihn und entrann. Der Aal nahm alles wahr Und sprach zum Fischer: wie, Barbar! Die Natter läßt du sich stolz im Grase brüsten? Sie, deren Gift so oft dem Menschen tödlich war? Und mich verfolgt dein Netz? mich weihest du dem Tode? Mich, der dir nie das kleinste Leid getan? Ganz recht, versetzt der Mensch, dies ist bei uns die Mode: Der Unschuld stellt man nach, das Laster fürchtet man.
Gottlieb Konrad Pfeffel (1736-1809)
|
Marina
antwortete am 11.08.05 (23:49):
Die Ballade vom Fisch
Der Fisch streicht durch die Wellen Im nassen Element. Kein Dichter kann erhellen, Was ihm im Herzen brennt.
Er hastet durch die Wogen. Es ist schon tiefe Nacht. Sein Weib hat ihn betrogen, Sein Kind hat ihn verlacht.
Von Schmerz wird er getrieben. Der Gram wirft ihn an Land. Man fand ihn früh um sieben Im heißen Sand am Strand.
F. W. Bernstein
|
Enigma
antwortete am 12.08.05 (08:19):
Franz Grillparzer Orientalischer Kongreß
Der Esel und der Wolf im Streit, Sie greifen zum Gewehr, Da treten als Vermittler ein Die Nachbarn rings umher: Der Stockfisch und das Murmeltier, Der Marder und der Fuchs, Dem Langohr fern und nah verwandt, Sie bieten Hilfe flugs. Doch dreinzuschlagen, eh es not, Wär' eben auch zu toll; Man zieht dem Esel ab die Haut Und schreibt ein Protokoll.
Franz Grillparzer (1791-1872)
|
Marina
antwortete am 12.08.05 (21:51):
Es gibt Tage
Es gibt Tage, da wünscht' ich, ich wär' mein Hund, Ich läg' faul auf meinem Kissen und säh' mir mitleidig zu, Wie mich wilde Hektik packt zur Morgenstund', Und verdrossen von dem Schauspiel, legt' ich mich zurück zur Ruh'. Denn ich hätte zwei Intressen: Erstens Schlafen, zweitens Fressen. Und was sonst schöngeistige Dinge angeht, Wäre ausschließlich Verdauung Der Kern meiner Weltanschauung, Und der Knochen um den diese Welt sich dreht, Wär' allein meiner Meditationen Grund: Es gibt Tage, da wünscht' ich, ich wär' mein Hund.
Es gibt Tage, da wünscht' ich, ich wär' mein Hund, Und ich hätte seine keilförmige Nase, dann erschien' Mir die Umwelt vor ganz neuem Hintergrund, Und ich ordnete sie ein in ganz and're Kategorien: Die, die aufrecht geh'n, die kriechen, Die, die wohl, die übel riechen, Und den Typen, die mir stinken, könnt' ich dann Hose oder Rock zerreißen Und sie in den Hintern beißen, Was ich heut' nur in extremen Fällen kann, Denn ich kenn' meinen zahnärztlichen Befund: Es gibt Tage, da wünscht' ich, ich wär' mein Hund.
Es gibt Tage, da wünscht' ich, ich wär' mein Hund, Und dann kümmerte mich kein Besuch, kein Klatsch, keine Äffär'n, Redete mir nicht mehr Fusseln an den Mund, Um irgendwelchen Strohköpfen irgendetwas zu erklär'n; Denn anstatt zu diskutieren, Legte ich mich stumm auf ihren Schoß, Und sie kraulten mir zwangsläufig den Bauch. Und sollt's an der Haustür schellen, Würd' ich hingeh'n, würde bellen, Froh', daß ich niemanden reinzulassen brauch', Und ich sagte: "Tut mir leid, aber zur Stund' Ist der Boß nicht da, und ich bin nur der Hund."
Es gibt Tage, da wünscht' ich, ich wär' mein Hund, Denn mir scheint, dass ich als er beträchtliche Vorteile hätt', Denn ich lebte, wie ich leb', weiter im Grund, Äße zwar unter dem Tisch, doch schlief' ich noch in meinem Bett, Sparte aber ungeheuer, Zahlte nur noch Hundsteuer, Nur in einem bin ich als Mensch besser dran, Darum mag er mich beneiden, Denn ich bin der von uns beiden, Der die Kühlschranktür allein aufmachen kann. Un das sind Momente, die genieße ich, Denn ich weiß, dann wünscht' mein Hund , er wäre ich.
Reinhard Mey
|
Enigma
antwortete am 14.08.05 (17:55):
Gustav Falke Drei bunte Kühe in guter Ruh
Drei bunte Kühe in guter Ruh und des Nachbarn Hanne dazu, traf ich heute in der Früh, Junghanne und ihre bunten Küh.
Das gab einen guten, glücklichen Tag. die Sonne auf allen Wiesen lag, die ganze Welt war so bunt und blank! Der Hanne und ihren Kühen Dank!
Was glaubt ihr, trifft man in der Früh, statt der drei bunten drei schwarze Küh und statt der Hanne die alte Gret? Der ganze Tag ist verwünscht und verweht!
Gustav Falke (1853-1916)
|
Marina
antwortete am 14.08.05 (20:39):
Sie war ein Blümlein
Sie war ein Blümlein hübsch und fein, Hell aufgeblüht im Sonnenschein. Er war ein junger Schmetterling, Der selig an der Blume hing.
Oft kam ein Bienlein mit Gebrumm Und nascht und säuselt da herum. Oft kroch ein Käfer kribbelkrab Am hübschen Blümlein auf und ab.
Ach Gott, wie das dem Schmetterling So schmerzlich durch die Seele ging.
Doch was am meisten ihn entsetzt, Das Allerschlimmste kam zuletzt. Ein alter Esel fraß die ganze Von ihm so heißgeliebte Pflanze.
Wilhelm Busch
|
Enigma
antwortete am 15.08.05 (08:40):
Christian Morgenstern Der Hecht
Ein Hecht, vom heiligen Anton bekehrt, beschloß, samt Frau und Sohn, am vegetarischen Gedanken moralisch sich emporzuranken.
Er aß seit jenem nur noch dies: Seegras, Seerose und Seegrieß. Doch Grieß, Gras, Rose floß, o Graus entsetzlich wieder hinten raus.
Der ganze Teich ward angesteckt Fünfhundert Fische sind verreckt, Doch Sankt Anton, gerufen eilig, Sprach nichts als ?Heilig! heilig! heilig!"
Christian Morgenstern (1871 - 1914)
|
Marina
antwortete am 15.08.05 (10:51):
Passt ja gut zum Weltjugendtag. :-))
Das ästhetische Wiesel
Ein Wiesel saß auf einem Kiesel inmitten Bachgeriesel. Wißt ihr weshalb? Das Mondkalb verriet es mir im Stillen: Das raffinier- te Tier tats um des Reimes willen. Christian Morgenstern (1871 - 1914)
|
Enigma
antwortete am 16.08.05 (10:08):
Franz Grillparzer Diplomatischer Rat
Ein Marder fraß die Hühner gern, Doch wußt' er nicht, wie sie erhaschen; Er fragt den Fuchs, 'nen alten Herrn, Dem Steifheit schon verbot das Naschen. Der sagt ihm: "Freund, der Rat ist alt, Was hilft zu zögern, - brauch Gewalt!" Der Marder stürmt in vollem Lauf, Die Hühner aber flattern auf, Die eine gackernd, kreischend jene, Gerade in des Fuchses Zähne, Der gegenüber lauernd lag Und mühlos hielt den Erntetag.
Wenn du nach Hühnern lüstern bist, Frag keinen, der sie selbst gern frißt.
Franz Grillparzer (1791-1872)
|
Marina
antwortete am 17.08.05 (17:36):
Am fliessenden Wasser
Ein Fischlein steht am kühlen Grund, Durchsichtig fliessen die Wogen, Und senkrecht ob ihm hat sein Rund Ein schwebender Falk gezogen.
Der ist so lerchenklein zu sehn Zuhöchst im Himmelsdome; Er sieht das Fischlein ruhig stehn, Glänzend im tiefen Strome!
Und dieses auch hinwieder sieht Ins Blaue durch seine Welle. Ich glaube gar, das Sehnen zieht Eins an des andern Stelle!
Gottfried Keller (1819-1890)
|
Enigma
antwortete am 18.08.05 (09:22):
Aloys Blumauer Die Verwandlung
Nach dem Französischen.
Es wundert dich, daß ein so garstig Ding, Als eine Raupe ist, zum schönsten Schmetterling In wenig Wochen wird: - mich wundert's nicht; Denn wiss', auch manche Schöne kriecht Als Raupe Morgens aus dem Bette, Und kömmt als Schmetterling von der Toilette.
Aloys Blumauer (1755-1798)
|
Marina
antwortete am 18.08.05 (23:03):
Ich will ausziehen
Wo ich wohne Als ich das Fenster öffnete, schwammen Fische ins Zimmer, Heringe. Es schien eben ein Schwarm vorüberzuziehen. Auch zwischen den Birnbäumen spielten sie. Die meisten aber hielten sich noch im Wald, über den Schonungen und den Kiesgruben.
Sie sind lästig. Lästiger aber sind noch die Matrosen (auch höhere Ränge, Steuerleute, Kapitäne), die vielfach ans offene Fenster kommen und um Feuer bitten für ihren schlechten Tabak.
Günter Eich
|
Enigma
antwortete am 20.08.05 (11:59):
Ernst Moritz Arndt Lügenmärchen
Ich will euch erzählen und will auch nicht lügen: ich sah zwei gebratene Ochsen fliegen, sie flogen gar ferne - sie hatten den Rücken gen Himmel gekehrt, die Füße wohl gegen die Sterne.
Ein Amboss und ein Mühlstein die schwammen bei Köln wohl über den Rhein, sie schwammen gar leise - ein Frosch verschlang alle beid? zu Pfingsten wohl auf dem Eise.
Es wollten vier einen Hasen fangen, sie kamen auf Stelzen und Krücken gegangen, der erste konnte nicht sehen, der zweite war stumm, der dritte war taub, der vierte konnte nicht gehen.
Nun denke sich einer, wie dieses geschah: Als nun der Blinde den Hasen sah auf grüner Wiese grasen, da rief?s der Stumme dem Tauben zu, und der Lahme erhaschte den Hasen.
Es fuhr ein Schiff auf trockenem Land es hatte die Segel gen Wind gespann und segelt? im vollen Laufen - da steiß es an einen hohen Berg, da tät das Schiff ersaufen.
In Straßburg stand ein hoher Turm, der trotzete Regen, Wind und Sturm und stand fest über die Maßen, den hat der Kuhhirt mit einem Horn eines Morgens umgeblasen.
Ein altes Weib auf dem Rücken lag, sein Maul wohl hundert Klaftern weit auftat, ?s ist wahr und nicht erlogen, drin hat der Storch fünfhundert Jahr seine Jungen groß gezogen.
So will ich hiemit mein Liedlein beschließen, und sollt?s auch die werte Gesellschaft verdrießen, will trinken und nicht mehr lügen: bei mir zu Land sind die Mücken so groß, als hier die größesten Ziegen.
Ernst Moritz Arndt (1769-1860)
|
Marina
antwortete am 21.08.05 (23:47):
Christian Morgenstern Der Werwolf
Ein Werwolf eines Nachts entwich von Weib und Kind und sich begab an eines Dorfschullehrers Grab und bat ihn: Bitte, beuge mich!
Der Dorfschulmeister stieg hinauf auf seines Blechschilds Messingknauf und sprach zum Wolf, der seine Pfoten geduldig kreuzte vor dem Toten:
»Der Werwolf« -- sprach der gute Mann, »des Weswolfs«, Genitiv sodann, »dem Wemwolf«, Dativ, wie man's nennt, »den Wenwolf«, -- »damit hat's ein End«.
Dem Werwolf schmeichelten die Fälle, er rollte seine Augenbälle. Indessen, bat er, füge doch zur Einzahl auch die Mehrzahl noch!
Der Dorfschulmeister aber mußte gestehn, daß er von ihr nichts wußte. Zwar Wölfe gäb's in großer Schar, doch »Wer« gäb's nur im Singular.
Der Wolf erhob sich tränenblind -- er hatte ja doch Weib und Kind!! Doch da er kein Gelehrter eben, so schied er dankend und ergeben.
|
Literaturfreund
antwortete am 22.08.05 (06:22):
Wer weiß, wie oft trabt schon der Wer-wes-wie-oft-Wolf durch die Kapitel des ST...? * Ein kleine Auswahl:
"Der Werwolf" - sprach der gute Mann, "des Weswolfs, Genitiv sodann, ... www./seniorentreff/de/diskussion/archiv4/a498.html - Ähnliche Seiten
Wernissage »Der Werwolf« -- sprach der gute Mann, »des Weswolfs«, Genitiv sodann, »dem Wemwolf«, Dativ, wie man's nennt, »den Wenwolf«, -- »damit hat's ein End«. ... www./seniorentreff/de/diskussion/archiv4/a664.html - Ähnliche Seiten
Gedichte Kapitel 22 /seniorentreff/de/diskussion/archiv4/a233.html archiviert. ... geht mit ihm den werwolf suchen. [Hans Carl Artmann 1921-2000] . ... www./seniorentreff/de/diskussion/archiv4/a248.html - Ähnliche Seiten
Thema im Gedicht: SPRACHE "Der Werwolf", sprach der gute Mann, "des Weswolfs, Genitiv sodann, ... den Wenwolf, - damit hats ein End." Dem Werwolf schmeichelten die Fälle, ... www./seniorentreff/de/diskussion/archiv4/a560.html - Ähnliche Seiten * Neue Bildchen findet man immer noch:
Internet-Tipp: https://www.amarok-greywolf.de/werwolf-mit-axt.jpg
|
Literaturfreund
antwortete am 22.08.05 (06:30):
Morgensterns "Droschkengaul" sieht man seltener:
Christian Mogenstern: Der Droschkengaul
"Ich bin zwar nur ein Droschkengaul, - doch philosophisch regsam; der Fress-Sack hängt mir kaum ums Maul, so werd ich überlegsam. Ich schwenk ihn her, ich schwenk ihn hin, und bei dem trauten Schwenken geht mir so manches durch den Sinn, woran nur Weise denken.
Ich bin zwar nur ein Droschkengaul, - doch sann ich oft voll Sorgen, wie ich den Hafer brächt' ins Maul, der tief im Grund verborgen. Ich schwenkte hoch, ich schwenkte tief, bis mir die Ohren klangen. Was dort in Nacht verschleiert schlief, ich könnt' es nicht erlangen.
Ich bin zwar nur ein Droschkengaul, - doch mag ich Trost nicht missen und sage mir: So steht es faul mit allem Erdenwissen; es frisst im Weisheitsfuttersack wohl jeglich Maul ein Weilchen, doch nie erreicht's - oh Schabernack - die letzten Bodenteilchen." * Eine schöne Morgenstern-Seite, mit vielen Anordnungen und Suchmöglichkeiten:
Internet-Tipp: /seniorentreff/de/COwC9mhdY
|
Marina
antwortete am 22.08.05 (12:42):
Zwei Fragen: 1.) Muss ich jetzt jedesmal, wenn ich ein Gedicht poste, im Archiv nachsehen, ob es schon einmal gepostet wurde? 2.)Muss ich außerdem erst bei der entsprechenden Website, aus der ich es nehme, anfragen, ob es erlaubt ist (Bezug nehmend auf den Thread "Update der Forenregeln")?
|
Enigma
antwortete am 25.08.05 (08:27):
Hallo Marina, inzwischen ist uns wohl alles klar, denke ich... :-)
Das nachfolgende Gedicht fällt jedenfalls nicht unter den Urheberschutz:
Hermann von Lingg Das Krokodil
Im heil'gen Teich zu Singapur, Da liegt ein altes Krokodil Von äußerst grämlicher Natur Und kaut an einem Lotosstiel. Es ist ganz alt und völlig blind, Und wenn es einmal friert des Nachts, So weint es wie ein kleines Kind, Doch wenn ein schöner Tag ist, lacht's.
:-))
|
Marina
antwortete am 26.08.05 (18:50):
Hallo Enigma, klar ist für mich zwar noch nicht alles, da ja der Verursacher unserer Probleme die Antwort verweigert, aber ich habe mich entschlossen, es mich nicht weiter anfechten zu lassen. :-)
So geht's
»Du grosser Sumser, sum, sum, sum, Du summst und brummst wie toll herum, Und immer, immer um das Licht - Siehst du die glühe Flamme nicht, Den heissen roten Schein?«
»Wohl seh ich sie, und sum, sum, sum Muss ich doch immerzu herum - Weil sie so rot ist und so glüh Und ach, so schön! drum lieb ich sie, Muss immer bei ihr sein!«
Und sehnend geht es sum, sum, sum Und immer um das Licht herum, Er streift's mit heissem Kuss Dann mit versengtem Flügelpaar Sinkt taumelnd hin der kleine Narr, Summt seinen letzten Gruss.
So wehe klagt er: sum - sum - sum - Dann liegt der Sumser tot und stumm ...
Es musste so geschehn! ... Er starb den allerschönsten Tod In seiner Flamme heiss und rot - Wie war sie doch so schön! Thekla Lingen (1866-1931)
Wer Lust und zu viel Zeit hat, kann nachsehen, ob dieses Gedicht schonmal in der Vergangenheit gepostet wurde, ich hatte keine Lust dazu, mir war die Zeit zu schade. :-)
|
Enigma
antwortete am 28.08.05 (18:40):
Christian Fürchtegott Gellert Der Fuchs und die Elster
Zur Elster sprach der Fuchs: „O! wenn ich fragen mag, Was sprichst du doch den ganzen Tag? Du sprichst wohl von besondern Dingen?“ „Die Wahrheit“, rief sie, „breit' ich aus. Was keines weiß herauszubringen, Bring' ich durch meinen Fleiß heraus, Vom Adler bis zur Fledermaus.“ „Dürft' ich“, versetzt der Fuchs, „mit Bitten dich beschweren, So wünscht' ich mir, etwas von deiner Kunst zu hören.“ So, wie ein weiser Arzt, der auf der Bühne steht Und seine Künste rühmt, bald vor, bald rückwärts geht, Sein seidnes Schnupftuch nimmt, sich räuspert und dann spricht: So lief die Elster auch den Ast bald auf, bald nieder Und strich an einen Zweig den Schnabel hin und wider Und macht ein sehr gelehrt Gesicht. Drauf fängt sie ernsthaft an und spricht: „Ich diene gern mit meinen Gaben, Denn ich behalte nichts für mich. Nicht wahr, Sie denken doch, daß Sie vier Füße haben? Allein, Herr Fuchs, Sie irren sich. Nur zugehört! Sie werden's finden, Denn ich beweis' es gleich mit Gründen. Ihr Fuß bewegt sich, wenn er geht, Und er bewegt sich nicht, so lang er stille steht; Doch merken Sie, was ich itzt sagen werde, Denn dieses ist es noch nicht ganz. So oft Ihr Fuß nur geht, so geht er auf der Erde. Betrachten Sie nun Ihren Schwanz. Sie sehen, wenn Ihr Fuß sich reget, Daß auch Ihr Schwanz sich mit beweget; Itzt ist Ihr Fuß bald hier, bald dort, Und so geht auch Ihr Schwanz mit auf der Erde fort, So oft Sie nach den Hühnern reisen. Daraus zieh' ich nunmehr den Schluß, Ihr Schwanz, das sei Ihr fünfter Fuß: Und dies, Herr Fuchs, war zu beweisen.“ Ja, dieses hat uns noch gefehlt; Wie freu' ich mich, daß es bei Tieren Auch große Geister giebt, die alles demonstrieren! Mir hat's der Fuchs für ganz gewiß erzählt. Je minder sie verstehn, sprach dieses schlaue Vieh, Um desto mehr beweisen sie.
|
Marina
antwortete am 31.08.05 (17:06):
Der Löwe und die Maus
Bei eines Löwen grauser Mörderpfote Kroch eine Maus, nicht ahnend die Gefahr, Ans Tageslicht, bedeckt mit Schlamm und Kothe. Erstaunt, daß eine Maus die Erde nur gebar, Fragt sie der Löw': "Sollt' ich zum Mittagsmahl dich speisen? Nein, armes Tier! Zu mager und zu klein Bist du; kaum würdest du dem Magen fühlbar sein. Das Leben schenk ich dir. Frei magst du weiter reisen! Die Katze nur führt mit den Mäusen Krieg; Zu niedrig ist dem Löwen so ein Sieg." Die Maus geht weg, von Dankbarkeit durchdrungen. Verloren, wie ein weises Sprüchwort spricht, Ist oft schon hier die kleinste Wohltat nicht. Sie zu erwiedern war auch uns'rer Maus gelungen. "Was sagst du, Dichter?" fällt mir hier ein Leser ein; "Kann eine Maus wohl auch dem Löwen nützlich sein? Was unwahrscheinlich ist, sind doch nicht immer Lügen; Der Wahrheit Lichtglanz strahlt oft aus der Fabel Zügen; Beweis davon soll dieser Vorfall sein. Der Löw' verirrte sich in einen düstern Hain, Und plötzlich war er in ein Garn, mit Laub bedeckt, gefallen. Von seinem Klaggebrüll ließ er die Flur erschallen; Die Maus war in der Näh und eilt auf das Geschrei, Der Wohltat eingedenk, gleich zu dem Netz herbei. Gefangen sieht sie da der Tiere König liegen; Den Waldbewohnern macht sein tiefer Fall Vergnügen. Was tat die kleine Maus? Sie fängt mit scharfem Zahn Die Stricke wacker zu benagen an. Ein Knoten reißt entzwei; der Löw' mit Kopf und Pfote Dringt durch, entflieht dem Tod, der in der Näh ihm drohte. Verachte Niemand, er sei noch so schwach und klein; Im Notfall kann er einst als Freund dir nützlich sein.
(Unbekannt)
|
Literaturfreund
antwortete am 31.08.05 (23:09):
Vom Fuchs: Nein, so würde Goethe heute die Rollenverteilung des Königlichen und der Wallfahrer nicht mehr hexametrisch erklären: Dass Reineke dem Richterspruch des Löwen entkam, wegen seiner Lügnerei und seinem Versprechen, eine Wallfahrt nach Rom und Jerusalem zu machen – da holte er sich für den Rücksack das Fell des Hasen und als Schuhe die Klauen des Bären; und dem Widder wird alles angehängt als dem schofeligen Mörder – alles gut ausgefuchst. Die gesellschaftlichen und religiösen Macht- und Trug-Verhältnisse sind intelligenter, marktwirtschaftlicher geworden – und undurchschaubarer, aber grotesk und komischer. * Goethe: Reinke der Fuchs: Sechster Gesang
So gelangte Reineke wieder zur Gnade des Königs. Und es trat der König hervor auf erhabene Stätte, Sprach vom Steine herab und hieß die sämtlichen Tiere Stille schweigen; sie sollten ins Gras nach Stand und Geburt sich Niederlassen. Und Reineke stand an der Königin Seite; Aber der König begann mit großem Bedachte zu sprechen:
Schweiget und höret mich an, zusammen Vögel und Tiere, Arm' und Reiche, höret mich an, ihr Großen und Kleinen, Meine Baronen und meine Genossen des Hofes und Hauses! Reineke steht hier in meiner Gewalt; man dachte vor kurzem, Ihn zu hängen, doch hat er bei Hofe so manches Geheimnis Dargetan, daß ich ihm glaube und wohlbedächtlich die Huld ihm Wieder schenke. So hat auch die Königin, meine Gemahlin, Sehr gebeten für ihn, so daß ich ihm günstig geworden, Mich ihm völlig versöhnet und Leib und Leben und Güter Frei ihm gegeben. Es schützt ihn fortan und schirmt ihn mein Friede; Nun sei allen zusammen bei Leibesleben geboten: Reineken sollt ihr überall ehren mit Weib und mit Kindern, Wo sie euch immer bei Tag oder Nacht künftig begegnen. Ferner hör ich von Reinekens Dingen nicht weitere Klage; Hat er Übels getan, so ist es vorüber; er wird sich Bessern und tut es gewiß. Denn morgen wird er beizeiten Stab und Ränzel ergreifen, als frommer Pilger nach Rom gehn Und von dannen über das Meer; auch kommt er nicht wieder, Bis er vollkommenen Ablaß der sündigen Taten erlangt hat. (...) Und dann geht's den anderen Tieren doch ans Fell: Dem Bären werden die Klauen gestuzt - für Reinekes Schuhzeug... Das Lamm muss sein Fell für einen Wanderranzen hergeben. ...
Internet-Tipp: /seniorentreff/de/pagRnOkcx
|
Enigma
antwortete am 02.09.05 (16:15):
Friedrich Güll Häslein
Unterm Tannenbaum im Gras Gravitätisch sitzt der Has, Wichst den Bart und spitzt das Ohr, Duckt sich nieder, guckt hervor, Zupft Und leckt sich, Rupft Und reckt sich. Endlich macht er einen Sprung: "Hei, was bin ich für ein Jung'! Schneller noch als Hirsch und Reh Spring ich auf und ab die Höh'. Wer ist's, der mich fangen kann? Tausend Hund' und hundert Mann, Gleich will ich's mit ihnen wagen, Soll mich keiner doch erjagen. Und der Graf auf seinem Schloß Hat im ganzen Stall kein Roß Und auch keinen Reitersknecht, Der mir nachgaloppen möcht'!" "Häslein, nimm dich doch in acht, Hund und Jäger schleichen sacht; Eh du's denkst, da zuckt es rot, Und die Kugel schießt dich tot!" Aber's Häslein hat sich jetzt Wie ein Männlein hingesetzt; Schaut nicht auf und schaut nicht um. – "Bst, wer kommt so still und stumm Dort durch Busch und Dorn und Korn Mit dem Stutz und Pulverhorn? Hu, der Jäger ist es schon! Häslein, Häslein, spring davon!" ´s ist zu spät, es blitzt und pufft Und der Rauch steigt in die Luft Und das Häslein liegt, o weh! Totgeschossen in dem Klee.
|
Marina
antwortete am 05.09.05 (23:14):
Fred Endrikat Die Wühlmaus
Die Wühlmaus nagt von einer Wurzel das W hinfort; bis an die -urzel sie nagt dann an der hintern Stell' auch von der -urzel noch das l. Die Wühlmaus nagt und nagt, o weh, auch von der -urze- noch das e. Sie nagt die Wurzel klein und kurz, bis aus der -urze- wird ein -urz-- Die Wühlmaus ohne Rast und Ruh nagt von dem -urz-- auch noch das u. Der Rest ist schwer zu reimen jetzt, es bleibt zurück nur noch ein --rz--. Nun steht dies --rz-- im Wald allein Die Wühlmäuse sind so gemein !
|
Marina
antwortete am 20.09.05 (22:34):
Günter Strobach Verschieden aber zufrieden
Der Leopard hat Flecken, Der Papagei ist dreist, Das Nashorn, das hat Zecken, Das Nilpferd, das ist feist.
Der Hai hat scharfe Zähne, Und Krallen hat der Bär, Der Elch hat eine Mähne, Der Wal ist träg und schwer.
Die Gans hat weiße Federn, Die Ziege einen Bart, Die Haut vom Pferd ist ledern, Der Schwanz vom Schwein apart.
Sie alle sind verschieden, Am Kopf, am Schwanz, am Bauch, Und doch mit sich zufrieden! Ich hoff, du bist es auch.
|
Enigma
antwortete am 21.09.05 (09:53):
Friedrich Güll Vom Mäuslein
Die Köchin spricht zum Koch: "Fang mir das Mäuslein doch!" Es ist nichts sicher in Küch und Keller, nicht in der Schüssel, nicht auf dem Teller. Wo's was riecht, da ist es gleich, wo's was kriegt, da frißt es gleich; wo ein Braten dampft, kommt das Mäuslein und mampft. Unter der Bank in den Küchenschrank hat es gebissen ein Loch. Koch, fang mir das Mäuslein doch, und jag es wieder aus dem Haus, in das freie Feld hinaus. Da macht der Koch ein Gesicht, und spricht: "Mäuslein, Mäuslein, bleib in deinem Häuslein! Nimm dich in acht heut nacht; mach kein Geräusch und stiehl nicht mehr das Fleisch: Sonst wirst du gefangen und aufgehangen." Der Koch aber deckt zu alle Schüsseln und stellt die Falle hinten im Eck und tut hinein den Speck. Sperrt die Küche zu, geht und legt sich zur Ruh. Das Mäuslein aber ist ruhig, und wispert leis: das tu ich! Aber es hat nicht lang gedauert, so kommt schon das Mäuslein und lauert. Und sagt: wie riecht der Speck so gut, wer weiß, ob's doch was tut? Nur ein wenig möcht ich beißen, nur ein wenig möcht ich speisen. Einmal ist keinmal! So spricht fein Mäuslein und schleicht, bis es die Falle erreicht. Duckt sich und buckt sich, schmiegt sich und biegt sich ins Eck, und ergötzt sich am Speck. Reißt, beißt und speist. Platsch, tut's einen Knall und - - - zu ist die Fall! Das Mäuslein zittert vor Schrecken und möcht sich verstecken. Aber, so es will hinaus, ist zugesperrt das Haus. Es pfeift und zappelt, es kneift und krabbelt. Überall ist ein Gitter, und das ist bitter. Überall ist ein Draht, und das ist schad. Leider, leider kann's Mäuslein nimmer weiter; wär's nur gewesen gescheiter! Unterdessen wird es Morgen, da kommt die Köchin und will besorgen den Kaffee und den Tee. Da sieht sie denn, was vorgegangen, und wie das Mäuslein ist gefangen. Ganz leis sacht schleicht sie hin und lacht: haben wir endlich doch erhascht das Mäuslein, das immer von allem genascht. Siehst du: Einmal ist nicht keinmal. Wärst du geblieben in deinem Loch, gefangen hätte dich nicht der Koch!
|
Ursula
antwortete am 25.09.05 (12:09):
Vom Fuchs und dem Eichelhäher
"Nur die Nähe bringt uns näher", sprach der Fuchs zum Eichelhäher. "Nichts kann edle Herzen trennen, die sich aus der Nähe kennen!" Und hat ihn beim Schopf genommen – Näher kann man sich nicht kommen
(Robert Gernhardt)
|
Marina
antwortete am 25.09.05 (23:04):
Reinhard Mey Es gibt Tage
Es gibt Tage, da wünscht' ich, ich wär' mein Hund, Ich läg' faul auf meinem Kissen und säh' mir mitleidig zu, Wie mich wilde Hektik packt zur Morgenstund', Und verdrossen von dem Schauspiel, legt' ich mich zurück zur Ruh'. Denn ich hätte zwei Intressen:Erstens Schlafen, zweitens Fressen. Und was sonst schöngeistige Dinge angeht, Wäre ausschließlich Verdauung Der Kern meiner Weltanschauung, Und der Knochen um den diese Welt sich dreht,Wär' allein meiner Meditationen Grund: Es gibt Tage, da wünscht' ich, ich wär' mein Hund.
Es gibt Tage, da wünscht' ich, ich wär' mein Hund, Und ich hätte seine keilförmige Nase, dann erschien' Mir die Umwelt vor ganz neuem Hintergrund, Und ich ordnete sie ein in ganz and're Kategorien: Die, die aufrecht geh'n, die kriechen, Die, die wohl, die übel riechen, Und den Typen, die mir stinken, könnt' ich dann Hose oder Rock zerreißen Und sie in den Hintern beißen, Was ich heut' nur in extremen Fällen kann, Denn ich kenn' meinen zahnärztlichen Befund: Es gibt Tage, da wünscht' ich, ich wär' mein Hund.
Es gibt Tage, da wünscht' ich, ich wär' mein Hund, Und dann kümmerte mich kein Besuch, kein Klatsch, keine Äffär'n, Redete mir nicht mehr Fusseln an den Mund, Um irgendwelchen Strohköpfen irgendetwas zu erklär'n; Denn anstatt zu diskutieren, Legte ich mich stumm auf ihren Schoß, Und sie kraulten mir zwangsläufig den Bauch. Und sollt's an der Haustür schellen,Würd' ich hingeh'n, würde bellen, Froh', daß ich niemanden reinzulassen brauch', Und ich sagte: "Tut mir leid, aber zur Stund' Ist der Boß nicht da, und ich bin nur der Hund.
"Es gibt Tage, da wünscht' ich, ich wär' mein Hund, Denn mir scheint, dass ich als er beträchtliche Vorteile hätt', Denn ich lebte, wie ich leb', weiter im Grund, Äße zwar unter dem Tisch, doch schlief' ich noch in meinem Bett,Sparte aber ungeheuer, Zahlte nur noch Hundsteuer, Nur in einem bin ich als Mensch besser dran, Darum mag er mich beneiden, Denn ich bin der von uns beiden, Der die Kühlschranktür allein aufmachen kann. Un das sind Momente, die genieße ich, Denn ich weiß, dann wünscht' mein Hund , er wäre ich.
|
Enigma
antwortete am 26.09.05 (14:24):
:-))) Manchmal möchte ich mich auch radikal verwandeln, Marina...
Christian Friedrich Daniel Schubart Der gnädige Löwe
Der Tiere schrecklichsten Despoten Kam unter Knochenhügeln hingewürgter Toten ein Trieb zur Großmut plötzlich an. Komm, sprach der gnädige Tyrann Zu allen Tieren, die in Scharen Vor seiner Majestät voll Angst versammelt waren. Komm her, beglückter Untertan, Nimm dieses Beispiel hier von meiner Gnade an! Seht, diese Knochen schenk' ich euch!- Dir, rief der Tiere sklavisch Reich, Ist kein Monarch an Gnade gleich!- Und nur ein Fuchs, der nie den Ränken Der Schüler Machiavels geglaubt; Sprach in den Bart: Hm, was man uns geraubt, Und bis aufs Bein verzehrt, ist leichtlich zu verschenken.
Christian Friedrich Daniel Schubart
Da kommen mir aber Parallelen nicht nur aus dem Tierreich in den Sinn... (1739-1791)
|
Enigma
antwortete am 03.10.05 (11:08):
Trauercarmen in memoriam unserer plötzlich heimgegangenen Katze Klabund
Unsere alte Katze ist verschieden, War so sanft und gut. Ach, sie war des Hauses Trost und Frieden, Und nun liegt sie da in ihrem Blut. In Gestalt des Lifts kam er geschlichen, Lautlos, tückisch, flink: der Tod, Bis sie unter seiner Eisenfaust verblichen, Und das ganze Treppenhaus war rot. Nimmer wirst du mehr im Schoß der Herrin schnurren oder schnarren, Und der Herr, er krault dich nicht von Zeit zu Zeit. Unterm Schnee wird man dir eine Grabstatt scharren Nur zwei Schuhe breit. Aber einst wird die Posaun ertönen, Wenn der Katzengott zur Auferstehung bläst. Und du wandelst dann mit vielen schönen Katern zum erkornen Fest. Wie behaglich wirst du in das Himmelsbett, des Himmels Bett dich schmiegen. Mäuse gibt es ohne Zahl und keinen Hund. Jeden Tag wirst du ein andres Junges kriegen, Weiß und schwarz und scheckig oder bunt. Aber unsre Tränen tropfen, und wir raufen Uns die Haare sonder Ruh. Zwar man könnte eine andre Katze kaufen, Aber das wärst doch nicht du. Was auch Darwin oder Haeckel sage: Eine Seele hattest du gewiß. Und so rinnt denn unsre Totenklage In die uferlose, in die Finsternis.
|
Marina
antwortete am 03.10.05 (22:26):
K. W. Ramler Der Fuchs und die Trauben
Ein Fuchs, der auf die Beute ging, fand einen Weinstock, der voll schwerer Trauben an einer hohen Mauer hing. Sie schienen ihm ein köstlich Ding, allein beschwerlich abzuklauben. Er schlich umher, den nächsten Zugang auszuspäh'n. Umsonst! Kein Sprung war abzuseh'n. Sich selbst nicht vor dem Trupp der Vögel zu beschämen, der auf den Bäumen saß, kehrt er sich um und spricht und zieht dabei verächtlich das Gesicht: »Was soll ich mir viel Mühe geben? Sie sind ja herb und taugen nicht.«
|
Enigma
antwortete am 04.10.05 (12:22):
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Die wilden Gänse
Ihr wilden Gänse habt es gut, Ihr ziehet frei und wohlgemut Von einem Strand zum andern Strand Durchs ganze liebe deutsche Land.
Uns zahmen Menschen geht's nicht so: Wir reisten gern auch frei und froh Ununtersucht und unbekannt Durchs ganze liebe deutsche Land.
Kaum sind wir aber fort von Haus, So muß auch schon der Paß heraus. Wir werden niemals sorgenfrei Vor lauter Maut und Polizei.
0 daß doch einer es erdenkt, Wie man den Luftball sicher lenkt! Hier hört nicht auf die Hudelei - Nur in den Lüften sind wir frei.
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)
|
Marina
antwortete am 04.10.05 (22:14):
Singende Schlangen
Ich war schon wo, Da ging es wüste zu; Ich hatte weder Hemd noch Schuh, Nur grüne Schlangen In beiden Händen. Ich konnte mich nicht drehen Und nicht wenden. Doch viele Beutelsterne Drehten sich um meine Arme Und sahen aus Wie schlaffe Luftballons. Die Schlangen aber sangen. Paul Scheerbarth (1863-1915)
|
Enigma
antwortete am 08.10.05 (08:00):
Wilhelm Busch Die Schnecken
Rötlich dämmert es im Westen, Und der laute Tag verklingt, Nur daß auf den höchsten Ästen Lieblich noch die Drossel singt. Jetzt in dichtbelaubten Hecken, Wo es still verborgen blieb, Rüstet sich das Volk der Schnecken Für den nächtlichen Betrieb. Tastend streckt sich ihr Gehörne. Schwach nur ist das Augenlicht. Dennoch schon aus weiter Ferne Wittern sie ihr Leibgericht. Schleimig, säumig, aber stete, Immer auf dem nächsten Pfad, Finden sie die Gartenbeete Mit dem schönsten Kopfsalat. Hier vereint zu ernsten Dingen, Bis zum Morgensonnenschein, Nagen sie geheim und dringen Tief ins grüne Herz hinein. Darum braucht die Köchin Jettchen Dieses Kraut nie ohne Arg. Sorgsam prüft sie jedes Blättchen, Ob sich nichts darin verbarg. Sie hat Furcht, den Zorn zu wecken Ihres lieben gnädgen Herrn. Kopfsalat, vermischt mit Schnecken, Mag der alte Kerl nicht gern.
|
angelottchen
antwortete am 08.10.05 (11:58):
ich sehe grad, es fehlt noch mindestens ein Gedicht - nämlich das hier :-)
Der Werwolf Ein Werwolf eines Nachts entwich von Weib und Kind und sich begab an eines Dorfschullehrers Grab und bat ihn: Bitte, beuge mich! Der Dorfschulmeister stieg hinauf auf seines Blechschilds Messingknauf und sprach zum Wolf, der seine Pfoten geduldig kreuzte vor dem Toten: "Der Werwolf" - sprach der gute Mann, "des Weswolfs, Genitiv sodann, dem Wemwolf, Dativ, wie man's nennt, den Wenwolf, - damit hat's ein End." Dem Werwolf schmeichelten die Fälle, er rollte seine Augenbälle. Indessen, bat er, füge doch zur Einzahl auch die Mehrzahl noch! Der Dorfschulmeister aber musste gestehn, dass er von ihr nichts wusste, Zwar Wölfe gäb's in grosser Schar, doch "Wer" gäb's nur im Sigular. Der Wolf erhob sich tränenblind - er hatte ja doch Weib und Kind!! Doch da er kein Gelehrter eben, so schied er dankend und ergeben. Christian Morgenstern
|
Marina
antwortete am 08.10.05 (14:09):
angelottchen, gefährlich ist's den Leu zu wecken. Willst du "Literaturfreund" jetzt endgültig zur Verzweiflung treiben?
Sie mal unter:
Marina antwortete am 21.08.05 (23:47) Literaturfreund antwortete am 22.08.05 (06:22)
:-)
|
angelottchen
antwortete am 08.10.05 (14:24):
ich weiss, ich weiss :-) das muss er aushalten ..höhö
|
angelottchen
antwortete am 08.10.05 (14:30):
vielleicht versöhnt ihn das hier wieder:
Nichts ist unmöglich
Zwei gut gebaute Regenwürmer in sportlich-eleganten Dressen bestreiten heut als Mittelstürmer ein Fußballspiel im Großraum Essen.
In einem Saal nicht weit daneben hat gestern eine junge Mücke ein klassisches Konzert gegeben – sie spielte wilde Cello-Stücke.
Und in dem Zelt am Uferstreifen tanzt eine Kuh auf einem Seile, jongliert gewandt mit sieben Reifen und steht am Kopfe eine Weile.
Ein Nilpferd, das all dies erlebte, gesteht sich ein - nach langem Grübeln - dass das, wonach es bislang strebte, nur Inhalt war von Futterkübeln.
Man muss sich große Ziele setzen! Das Nilpferd, bislang zu gediegen, will sich nicht länger unterschätzen - und den Atlantik überfliegen!
© by Verlag Rolf Stemmle
auf seiner Seite gibt es noch mehr schönje Tiergedichte :-)
Internet-Tipp: https://www.rolf-stemmle.de/Literatur/Lyrik-Leseprobe.htm
|
Marina
antwortete am 11.10.05 (18:49):
Fritz Eckenga Der Mottenmolch
Der Mottenmolch strolcht durch den Tann und molcht sich an die Motten ran. Den Mottenmolch doch zwar gereckt doch unterm Molchmuff gut versteckt lauert er auf das Insekt das lecker wie kein andres schmeckt. Den Muff getränkt in Mottenäther, den Dolch benutzt der Strolch dann später um die Motte zu entbeinen, denn man sollte ja nicht meinen daß der Molch die Motte kaut. Am Stück mit Knochen, Haar und Haut zu trocken, weiß der Molch, zu zäh! Von Motten nimmt man nur Filet. :-)
|
Enigma
antwortete am 14.10.05 (09:18):
Der Fuchs und das Fledermäuschen Fuchs Hab nie mein lebenlang gesehen ein Fledermäuschen, das so wunderschön, als du, mein süßes Püppchen wäre! O komm herab! Ich muss dich näher sehn.
Fledermäuschen Gewiss, Herr Fuchs, Sie tun mir sehr viel Ehre. Ach wenn's nur Ernst, nicht Falschheit wäre!
Fuchs Wie? Falschheit?
Fledermäuschen Ja, die Mutter spricht: Trau, liebes Kind, den Schmeichlern nicht, die lauter glatte Worte sagen; ihr Herz ist falsch und meint es nicht.
Fuchs O sieh mir nur ins Angesicht! Ich bin gewiss kein Bösewicht! Komm, Liebchen, komm!
Fledermäuschen Nun diesmal will ich's wagen, der Mutter wird's ja niemand wieder sagen.
Da kam sie aus der Luft herab zum falschen Fuchs und fand ihr Grab in seinem Magen.
Joachim Heinrich Campe 1746 - 1818
|
kropka
antwortete am 14.10.05 (10:43):
Die polyglotte Katze
Die Katze sitzt vorm Mauseloch, in das die Maus vor kurzem kroch, und denkt: "Da wart nicht lang ich, die Maus, die fang ich!"
Die Maus jedoch spricht in dem Bau: "Ich bin zwar klein, doch bin ich schlau! Ich rühr mich nicht von hinnen, ich bleibe drinnen!"
Da plötzlich hört sie - statt "miau" - ein laut vernehmliches "wau-wau" und lacht: "Die arme Katze, der Hund, der hatse! Jetzt muß sie aber schleunigst flitzen, anstatt vor meinem Loch zu sitzen!"
Doch leider - nun, man ahnt's bereits - war das ein Irrtum ihrerseits, denn als die Maus vors Loch hintritt - es war nur ein ganz kleiner Schritt - wird sie durch Katzenpfotenkraft hinweggerafft! - - -
Danach wäscht sich die Katz die Pfote und spricht mit der ihr eignen Note: "Wie nützlich ist es dann und wann, wenn man 'ne fremde Sprache kann ...!"
Heinz Erhardt
|
Marina
antwortete am 14.10.05 (18:56):
Der tugendhafte Hund
Ein Pudel, der mit gutem Fug Den schönen Namen Brutus trug, War viel berühmt im ganzen Land Ob seiner Tugend und seinem Verstand. Er war ein Muster der Sittlichkeit, Der Langmut und Bescheidenheit. Man hörte ihn loben, man hörte ihn preisen Als einen vierfüßigen Nathan den Weisen. Er war ein wahres Hundejuwel! So ehrlich und treu! eine schöne Seel! Auch schenkte sein Herr in allen Stücken Ihm volles Vertrauen, er konnte ihn schicken Sogar zum Fleischer. Der edle Hund Trug dann einen Hängekorb im Mund, Worin der Metzger das schön gehackte Rindfleisch, Schaffleisch, auch Schweinefleisch packte. – Wie lieblich und lockend das Fett gerochen, Der Brutus berührte keinen Knochen, Und ruhig und sicher, mit stoischer Würde, Trug er nach Hause die kostbare Bürde. Doch unter den Hunden wird gefunden Auch eine Menge von Lumpenhunden – Wie unter uns, – gemeine Köter, Tagdiebe, Neidharde, Schwerenöter, Die ohne Sinn für sittliche Freuden Im Sinnenrausch ihr Leben vergeuden! Verschworen hatten sich solche Racker Gegen den Brutus, der treu und wacker, Mit seinem Korb im Maule, nicht Gewichen von dem Pfad der Pflicht. –
Und eines Tages, als er kam Vom Fleischer und seinen Rückweg nahm Nach Hause, da ward er plötzlich von allen Verschwornen Bestien überfallen; Da ward ihm der Korb mit dem Fleisch entrissen, Da fielen zu Boden die leckersten Bissen, Und fraßbegierig über die Beute Warf sich die ganze hungrige Meute. – Brutus sah anfangs dem Schauspiel zu Mit philosophischer Seelenruh; Doch als er sah, daß solchermaßen Sämtliche Hunde schmausten und fraßen, Da nahm auch er an der Mahlzeit teil Und speiste selbst eine Schöpsenkeul. Moral Auch du, mein Brutus, auch du, du frißt? So ruft wehmütig der Moralist. Ja, böses Beispiel kann verführen; Und, ach! gleich allen Säugetieren, Nicht ganz und gar vollkommen ist Der tugendhafte Hund – er frißt!
Heinrich Heine
|
Enigma
antwortete am 15.10.05 (08:22):
...gefällt mir gut, Marina
Wer Tiere quält
Wer Tiere quält, ist unbeseelt und Gottes guter Geist ihm fehlt. Mag noch so vornehm drein er schaun, man sollte niemals ihm vertrauen.
Johann Wolfgang von Goethe
|
kropka
antwortete am 15.10.05 (09:01):
Ein Naßhorn
Ein Naßhorn und ein Trockenhorn spazierten durch die Wüste, da stolperte das Trockenhorn, unds Naßhorn sagte: "Siehste !"
Heinz Erhardt
|
kropka
antwortete am 15.10.05 (09:04):
DAS LIEBESBRIEF-EI
Ein Huhn verspürte große Lust unter den Federn in der Brust, aus Liebe dem Freund, einem Hahn, zu schreiben, er solle nicht länger in Düsseldorf bleiben. Er solle doch lieber hier - zu ihr eilen und mit ihr die einsame Stange teilen, auf der sie schlief. Das stand in dem Brief.
Wir müssen noch sagen: Es fehlte ihr an gar nichts. Außer an Briefpapier. Da schrieb sie ganz einfach und deutlich mit Blei den Liebesbrief auf ein Hühnerei. Jetzt noch mit einer Marke bekleben und dann auf dem Postamt abgegeben. Da knallte der Postmann den Stempel aufs Ei. Da war sie vorbei. Die Liebelei.
JANOSCH (?!)
|
Enigma
antwortete am 18.10.05 (09:00):
Der wortgewandte Elefant
Als die Elefanten sich einmal verrannten und in Zorn entbrannten gegen ihre Verwandten; als sie Onkel und Tanten vor Wut nicht mehr kannten, sie Verräter nannten und Intriganten; als die Elefanten Kriegserklärungen sandten, Kommandanten ernannten und Adjutanten, die den Angriff planten; als sie ihre Verwandten aus dem Lande verbannten, ihre Fahne verbrannten, ihre Häuser umrannten -
da sagte einer (und zwar ein kleiner mit Namen Heiner): "He, ich find das nicht fein sondern ziemlich gemein und fies obendrein!" Die andern sagten: "Was soll das sein? Du bist viel zu klein um so rumzuschrei'n, lass die Kinderei'n und misch dich nicht ein!" Doch der kleine sprach: "Nein!
Weil ich genauso sterben kann, geht mich der Krieg genauso an. Ich brauch nicht die Häuser von meinen Kusinen ich will viel lieber spielen mit ihnen."
und er redete, bis die Elefanten sich wieder entspannten, ihren Fehler erkannten und ihren Verwandten mit charmanten und galanten Entschuldigungen Geschenke sandten die überreicht wurden von Musikanten und Komödianten; so dass Onkel und Tanten und alle Elefanten- Verwandten sich mit toleranten und kulanten Worten zum Frieden bekannten, ihre Waffen verbrannten und sich ab nun nur mehr amüsanten und eleganten Tätigkeiten zuwandten. Und natürlich kamen alle als Gratulanten zu dem kleinsten der Elefanten, den sie ihren furchtlosen Retter nannten.
Sagt ihr, solche Sachen sind nur zum Lachen, es hört doch eh keiner auf die Schwachen? Vielleicht. Aber einer muss doch den Anfang machen?
Martin Auer :-) Martin Auer, einer, der auch viel kann - She. URL! - Und erlaubt hat er es auch sofort, das "Elefanten-Gedicht hier zu posten.
Internet-Tipp: https://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Auer
|
Enigma
antwortete am 24.10.05 (13:48):
Kurt Tucholsky 1890 - 1935 Ich bin ein Pfau. In meinen weißen Schwingen fängt sich das Schleierlicht der Sonne ein. Und alle Frauen, die vorübergingen, liebkosten mit dem Blick den Silberschein.
Ich weiß, daß ich sehr schön bin. Meine Federn auf meinem Kopf stell ich oft kapriziös ... Ich hab das weißeste von allen Pfauenrädern; ich bin sehr teuer, selten und nervös.
Ich habe leider ziemlich große Krallen, und wenn ich fliege, sieht es kläglich aus. Doch, wer mich liebt, dem werde ich gefallen, und alle Welt steht vor dem Vogelhaus.
Klug bin ich nicht. Klugheit ist nicht bei allen, viel liegt nicht hinter meiner Vogelstirn. Ich will gefallen - immer nur gefallen - Ich bin ein schöner Pfau. Ich brauche kein Gehirn.
Nur singen darf ich nicht. Das ordinäre Gekrächz ist nicht zu sehen - wie mein Bildnis zeigt. Ich bin ein Pfau. Und eine schöne Lehre: Wer dumm und schön ist, setzt sich. Siegt. Und schweigt.
|
Enigma
antwortete am 03.11.05 (07:43):
Adelbert von Chamisso Katzennatur
's war mal 'ne Katzenkönigin, Ja, ja! Die hegte edlen Katzensinn, Ja, ja! Verstand gar wohl zu mausen, Liebt' königlich zu schmausen, Ja, ja! - Katzennatur! Schlafe, mein Mäuschen, schlafe du nur!
Die hatt 'nen schneeweißen Leib, Ja, ja! So schlank, so zart, die Hände so weich. Ja, ja! Die Augen wie Karfunkeln, Sie leuchteten im Dunkeln, Ja, ja! - Katzennatur! Schlafe, mein Mäuschen, schlafe du nur!
Ein Edelmausjüngling lebte zur Zeit, Ja, ja! Der sah die Königin wohl von weit, Ja, ja! 'ne ehrliche Haut von Mäuschen, Der kroch aus seinem Häuschen, Ja, ja! - Mäusenatur! Schlafe, mein Mäuschen, schlafe du nur!
Der sprach: in meinem Leben nicht, Ja, ja! Hab ich gesehen so süßes Gesicht, Ja, ja! Die muß mich Mäuschen meinen, Sie tut so fromm erscheinen, Ja, ja! - Mäusenatur! Schlafe, mein Mäuschen, schlafe du nur!
Der Maus: willst du mein Schätzchen sein? Ja,ja! Die Katz: ich will dich sprechen allein. Ja, ja! Heut will ich bei dir schlafen - Heut sollst du bei mir schlafen - Ja, ja! - Katzennatur! Schlafe, mein Mäuschen, schlafe du nur!
Der Maus, der fehlte nicht die Stund, Ja, ja! Die Katz, die lachte den Bauch sich rund, Ja, ja! Dem Schatz, den ich erkoren, Dem zieh ich's Fell über die Ohren, Ja, ja! - Katzennatur! Schlafe, mein Mäuschen, schlafe du nur!
Adelbert von Chamisso (1781-1838)
|
kropka
antwortete am 03.11.05 (13:04):
.. "Wer kennt noch lustige Tiergedichte, mit Neuschöpfungen...?" ..
Heute bin ich traurig. Entschuldige, Literaturfreund. Es wird schon wieder.
Der Mensch nur eine Milbe
Ich bewundre nichts
Nein, ich bewundre nichts! In unsrer kleinen Welt Ist jedes Kleine groß, das groß ins Auge fällt. In unsrer Welt von Staub ist Alles Gold, was glänzet, Und Lorbeer jedes Kraut, wenn es den Großen kränzet.
In unsrer wüsten Welt ist groß, was selten ist, Ist jedes Neue schön, ist werth, was man vermißt. In unsrer Schattenwelt glänzt das, was nur nicht blendet, Und wenn ein Meteor nur gleißt und nur das Auge schonet, Als Sonne starrt es gleich der laute Pöbel an, Und Kinder beten es als unsern Herrn Gott an.
Freund, ich ging durch die Welt; so weit ich sie erblickte, Sah ich, was mich zerstreut', fand nie, was mich entzückte, Viel, was die Sinnen täuscht, nichts, was die Seele nährt, Viel, was man wünscht, erschwitzt, nicht braucht und dann begehrt. Drum, ich bewundre nichts und seh' von der Weltweisen Höhen, Seh' unsern Sonnenstaub, auf dem wir Milben gehen."
Johann Gottfried von Herder (1744-1803)
|
|