Zur Seniorentreff Homepage
 Bücher suchen:





Neues ChatPartnersuche (Parship)FreundeLesenReisen LebensbereicheHilfe



Archivübersicht | Impressum

THEMA:   Höherer Plötsinn... Ulrich Roski & Co.

 18 Antwort(en).

tiramisusi begann die Diskussion am 24.04.05 (12:51) :

Weil ich an anderer Stelle grad´einen wunderbaen Text vom leoder viel zu jung gestorbenen Ulrich Roski, den Germanisten am Klavier, gepostet habe - hier gleich noch´n Gedicht von ihm:
Ulrich Roski -
Des Schleusenwärters blindes Töchterlein

Im alten Spandau an der schönen Havel
steht eine Schleuse und die riecht nach Fisch.
Jedoch am Schleusentor winkt eine Tafel
da steht geschrieben "Wasser täglich frisch".

Der alte Schleusenwärter klinkt die Spundten
und wenn es achtern aus den Rahen drulpt,
pinnt er die Klieken über Luv nach unten
dann wird die Kellin in den Wind gehulpt.

Am Schleusenrand im Abendscheine
steht eine liebliche Gestalt.
Sie hält den Schleusenkater an der Leine,
sie faßt ihn sicher und sie gibt ihm Halt.

Das ist des Schleusenwärters blindes Töchterlein
das winkt die Schiffe ein mit sanftem Schwung.
Und mancher Havelschiffer hält mit Schiff hinein
und grinst sie an, sie ist ja noch so jung.

Mit weißer Mütze stand auf der Barkasse
ein wohlgestalt'er junger Maat
und dem gefiel des Wärters Sohn der Lasse,
die Tochter aber fand er fad.

Er ging in's Schleusenhaus mit jenem Knaben
wo er mit ihm ein Rendezvous besprach
doch auch die Tochter rief "Den will ich haben"
und schlich ihm heimlich in die Koje nach.

Der Maat legt Hand an ihre Hüfte
und zwickt sie auch, da sprach sie "Au".
Doch als er sie dann näher prüfte
rief er "Verflucht das ist ja eine Frau".

Jaja des Schleusenwärters blindes Töchterlein
kam statt des Bruders in der Dämmerung.
Jedoch der junge Maat hat es zu spät geahnt,
ja wie gesagt sie war ja noch so jung.

Und als der Schnösel sie nicht haben wollte
lief sie zum Vater der die Wanten spliss.
Ob dieser Schmach war er erbost und grollte,
bis er vor wut in einen Tampen biß.

Er schlenzte ihn und er kalpaukte,
maschkeute ihn und holt ihn kiel.
Und als der Maat dann schließlich nichts mehr taugte,
warf er ihn in den feuchten Pril.

Das sah der Lasse an, der schlanke Bruder,
der schalt den Vater einen krummen Hund.
"Er war mein Freund" rief er und griff ein Ruder
und stieß den Wärter in den kühlen Grund.

Na und des Schleusenwärters blindes Töchterlein
das sah ihm traurig nach wie er ertrunk,
warf eine handvoll Sand ins Wasser rein
und sang "Fahrt wohl ihr wart ja noch so jung".

Die Schleusenwärterin saß auf dem Poller,
die Hand am Kinn und dachte "Bäin se bäin".
Sie sah den Mord, da rief sie "Ach mein Oller
jetzt biste hin das muß gerochen sein".

Zum Sohn sprach sie "Du mußt jetzt scheiden"
und schnitt ihm rasch die Kehle ab.
Die Blinde aber mocht's nicht leiden
und stieß die Mutter in das feuchte Grab.

Und aus der Schleusenkammer kam die Oma,
die einen Jüngling unter'm Herzen trug.
Sie hat ein köstliches Aroma,
weil sie grad' Butterkuchen buk.

Die nahm des Schleusenwärters blindes Töchterlein
und warf es auch hinein zur letzten Ruh.
Doch ach der Schleusenkater stellt auch ihr ein Bein,
da fiel die Schleusenoma noch dazu.

Die alte Schleuse oben an der Havel,
die ist voll Blut und stinket fürchterlich.
Jedoch das macht ja nichts, verheist die Tafel
das Wasser ist ja morgen wieder frisch.


 tiramisusi antwortete am 24.04.05 (12:53):

Des Pudels Kern:
Ich geh' im Walde bisweilen so für mich hin;
Nach schmackhaften Pilzen steht mir der Sinn.
Schon ihre seltsamen Namen faszinieren mich,
So wie "Schlonz" oder "mulmiger Knöterich".

Dabei genieße ich auch noch die Waldesruh';
Bei alledem lief mir jüngst ein Zwergpudel zu.
Ich muß gesteh'n, obwohl das eher gegen mich spricht,
Kinder und Kleintiere liegen mir nicht.

Und dieser Pudel war wirklich lächerlich klein.
"Hau ab!" rief ich, doch er wich mir nicht vom Bein;
Und weil ich doch irgendwie witzig fand,
Hab' ich ihn feierlich "Tarzan" genannt

Ich dacht' mir "heute abends gibt's Pilz-Ragout.
Vielleicht reißt mir der Pudel einen Hirsch dazu"
Schon vernahm ich ein gewisses Rascheln im Gras,
Mutmaßte ein Wildbret und rief: "Tarzan! Faß!"

Es war kein Hirsch, es war ein Jäger, im grünen Gewand,
An dem sich allerlei Blattwerk befand.
Sein Hut war merkwürdigerweise aus Stahl;
Bald kamen auch seine Kollegen, in stattlicher Zahl.

Immer mehr grüne Jungs krochen aus dem Geäst;
Sie sahen alle gleich aus, ich dachte "hier ist wohl 'n Nest!"
Sie waren schwer bewaffnet, und ich hab' mich gefragt,
Seit wann man Hasen mit Maschinenpistolen jagt?

Dann kroch einer aus dem Dickicht heraus,
Der sah wie der Oberjäger aus.
Voller Würde, wie's einem Anführer frommt;
Ich rief: "Tarzan, Ast weg! - Der Förster kommt!"

Ich begrüßte ihn zünftig mit "Waidmanns Lust!"
Doch er schrie: "Tun Se nich so, als ham Se nich gewußt,
Daß hier'n Manöver ist, also nennen Sie A einen Grund
Für Ihr da sein und B: begründen Sie den Hund...!"

"Herr Förster, ich versteh' Sie,
Sie tun ja auch nur Ihre Pflicht.
Also A: ich suche Pilze,
Und B: ich kenne den Pudel nicht."

"Aha, kenn'n Se nich! Ham Se wohl vorher nie geseh'n?
Die Masche kenn'n wa! - Alle Mann ins Glied! wir geh'n!"
"Welches Glied?", frage ich, doch er donnert nur barsch:
"Ich stell' hier die Fragen, also vorwärts, Marsch!"

Die Grünen stell'n sich wirklich auf in Reih' und Glied;
Ich frag' einen von ihnen, als uns der Förster nicht sieht,
Was denn das Laub an ihren Klamotten soll,
Darauf antwortet er mir geheimnisvoll:

Wenn wir so, mit den Blättern, im Unterholz steh'n,
Kann der Feind uns im Wald überhaupt nicht seh'n.
Und weil er uns alle für Büsche hält,
Tappt er in die Falle und schon ist er umstellt!"

Ich lache herzlich, dann seh' ich am Wegesrand
Ein paar Pilze, und hab sie schon fast in der Hand,
Als mich eine Stimme laut "Vorsicht!" warnt,
"Das sind welche von uns! - als Morcheln getarnt!"

Wir marschieren weiter, und kommen sehr schnell
Zu einem schmucken Gebäude, wie's scheint, ein Hotel.
Denn die Angestellten in diesem Haus
Seh'n wie frisch gebadete Liftboys aus.

>>>>


 tiramisusi antwortete am 24.04.05 (12:54):

Teil 2 und Ende:

Wir komm'n zu einem Herrn in schmucker Livrée;
ich such' nach Trinkgeld, weil ich denk', das ist der Portier.
Der Förster zischt: "Sie spinnen wohl, das ist der Major!"
Und stellt uns dem geschniegelten Herren vor:

"Streunender Pudel und verdächtige Person"
Der Major sagt scheißfreundlich: "Nimm Platz, mein Sohn"
Ich nehm' an, er glaubt, daß ich ihn jetzt "Papi" nenn',
Sag' aber: "Hoppla, Kumpel! Seit wann duzen wir uns denn?!?"

Da raunzt er: "Auch noch frech werden, wie?!?
Also raus mit der Sprache, was ist mit dem Vieh?!?
Ihr schnüffelt hier rum, das ist doch was faul"
Der Pudel knurrt, und ich sag ':"Tarzan, halt's Maul!"

"Tarzan!" - das klingt wie ein Codewort;
Der Major hört so was gern...
Er triumphiert: "Ein feindlicher Agent, jawohl!
Das ist des Pudels Kern!"

Er ruft sein Ministerium an, weil er denkt
Er habe den Spionagering "Tarzan" gesprengt.
Und während der Major noch telefoniert
Wird der Pudel gefesselt und abgeführt

Dann redet er wieder auf mich ein,
Wer meine Hintermänner und Drahtzieher sein.
"Nennen Sie ein paar Namen, das ist doch nicht schwer!"
Ich denk': "Nöh." und sag' ein paar Pilznamen her:

Den "ruppigen Stiesel", den "scheuen Kalmück",
Den "Nonnenschwengel", den "sämigen Lück",
Den "schleimigen Widerling" und zum Schluß
Die Stinkmorchel - "Phallus Impudicus""

Der Major notiert sich die Namen und flucht,
Weil er die Burschen vergeblich im Fahndungsbuch sucht.
Um Zeit zu gewinnen, nimmt er auch mich in Arrest;
Der Raum ist schön dunkel, und bald schlafe ich fest...

Mir träumt von einem Scharmützel im Wald,
Von einer Schlacht gegen Pilze, es donnert und knallt;
Ich selbst bin der Feldherr, und rufe im Traum:
"Seid nicht feige Leute! - laßt mich hinter'm Baum!"

Dann werd' ich geweckt, und zum Major geführt,
Der hat unterdessen meinen Pudel dressiert
Er macht Männchen, holt das Stöckchen und kuscht;
Kurzum: sein Charakter ist völlig verpfuscht

"Ihr Hund", meint der Major," macht sich ganz gut!"
"Ja", denk' ich, "hat schon Manier'n wie ein Rekrut!"
Er fährt fort: "Der Verdacht hat sich übrigens zerstreut.
Sie können geh'n, junger Mann, hat mich sehr gefreut."

"Mich nicht!", sag' ich herzlich und ruf': "Tarzan! - wir geh'n!"
Doch ich seh' nur einen begossenen Pudel da steh'n,
Der nicht mit mir kommen will; mir liegt auch nichts dran,
Weil ich Hunde eigentlich sowieso nicht leiden kann.

Seit damals läßt der Wald mich kalt
Ich geh' lieber in die Diskothek
Ich esse Pilze aus der Dose
Und geh' Zwergpudeln aus dem Weg.


 tiramisusi antwortete am 24.04.05 (12:56):

Thereses Recken Thereses Recken

Es war einmal `ne Prinzessin, die war furchtbar scharf auf Ritter,
als jüngst ihr Gatte Bodo starb, war das bereits ihr Dritter.
Die Ritter in dem Land warn alle vorsichtig inzwischen;
Man wußte, die Therese will bestimmt noch mal ´nen Frischen.
Dazu kam, daß im ganzen Land schon lang nicht mehr geheim war,
daß Frau Therese da und dort schon ziemlich aus dem Leim war.
Sie sah wie eine Bettwurst aus mit aufgenähten Kissen,
kein Wunder, daß die Ritter sich nicht grade um sie rissen.
Der König schickte Büttel aus, die Ritter flohn mit Schrecken,
doch letzten Endes fand man noch drei kümmerliche Recken.
Die schleppte man aufs Schloß und wie gewohnt in solchen Fällen
begannen sie sich tölpelhaft dem König vorzustellen.
Zunächst Baron von Püperitz, ein Ritter ohnegleichen,
der hatte stets viel Wind gemacht und ließ gleich einen streichen.
„Oho“, rief die Prinzessin da, „das Ding hat sich gewaschen,
habt Ihr davon noch mehr zu Haus, so zieht sie Euch auf Flaschen !“
Als nächstes kam Graf Eierwatz, um höflichst vorzusprechen,
als diesen die Prinzessin sah, wollt sie sich gleich erbrechen.
„Mein Gott,“ rief sie, „der sieht ja aus wie Glöckner Quasimodo,
da hol` ich mir vom Leichenhaus doch lieber meinen Bodo.“
Nun trat der Dritte vor und sprach: „Paul Schippe ist mein Name ,
ich komm` aus Gelsenkirchen - Buer und grüß` Euch, edle Dame !“
Da rief der König laut heraus: „Gott schütze meine Sippe
vor Hungersnot und Pest und einem hergelaufnen Schippe !“
„Nun,“ meinte die Prinzessin mild, „das wird sich alles klären,
denn wer um meine Hand buhlt, muß sich erst einmal bewähren.
Du, Herr Baron von Püperitz, mit Deiner Bordkanone,
Du hol mir aus dem Silberwald die silberne Zitrone !“
„Oha,“ rief der Baron, „da gehts wie stets um Tod und Leben,
freiwillig wird der Förster mir die Südfrucht niemals geben.“
„Und Du, Graf Eierwatz, Du bleibst in Deinem Elemente,
Du hole mir das goldne Ei der siebenköpfgen Ente !“
„Au Backe,“ sprach Graf Eierwatz, „das ist ein harter Brocken,
zieht mich das Untier in den Teich, dann bleibt kein Auge trocken !“
„Und nun zu Dir, Paul Schippe,“ sprach die liebliche Therese,
„Du hol mir eine Currywurst, Pommes Frites und Mayonaise !“


Paul Schippe dachte : Wär ich bloß zu Haus bei meiner Trude,
wie sieht denn sowas aus, ein Ritter an `ner Schaschlikbude !“
Der König meinte, „Dein Problem, mir reichts, ich geh jetzt essen,
und wer von Euch versagt, der kriegt zur Strafe die Prinzessin !“
Von Püperitz zog in den Wald und brüllte dort entsetzlich :
„Förster, rück die Zitrone raus und zwar ein bißchen plötzlich !“
„Wer mir an die Zitrone will,“ tönt es zurück, „den töt`ich !“
>>>>


 tiramisusi antwortete am 24.04.05 (12:56):

<<<Teil 2:

Der Ritter meinte: „Försterchen, das ist doch gar nicht nötig;
Gib her das Ding, Du kriegst auch zehn Zigarren zur Belohnung !“
„Na gut,“ meint da der Förster und zog rauchend durch die Schonung .
Graf Eierwatz rief in den Teich: „Komm raus, du lahme Ente !“
Das Ungeheuer aber lag im hohen Schilf und pennte .
„Was ist denn los ?“ sprach Eierwatz, „ich glaube schier zu träumen,
wenn früher jemand rief, begann der Teich vor Wut zu schäumen .“
Die siebenköpfge Ente sprach mit einem ihrer Schnäbel :
„Bei mir schäumt es schon lang nicht mehr, bedeck nur deinen Säbel !“
Der Ritter bat : „Gib mir das Ei, dann kriegst du alter Schäumer
Von mir `ne Tube Badedas, die hilft auch gegen Rheuma .“
Der Eierwatz und der Baron, die lenkten ihre Rosse
zurück ins Reich und gingen zur Prinzessin auf dem Schlosse .
Der eine reichte ihr das Ei, der andre die Zitrone,
da warn sie aus dem Schneider, nur Paul Schippe kam ganz ohne.
Er druckste rum, dann rief er, denn es war nichts mehr zu retten :
„Es tut mir furchtbar leid, Madam, es gab nur noch Buletten !“
Der König sprach : „Jetzt bist Du dran, das kann ich Dir verraten !“
Er hob ihn in den Adelsstand, jetzt heißt er Paul von Spaten .
Er kriegt ein rotes Samtjackett, dazu ein goldnes Käppi,
die Hochzeitsglocken läuteten und alle waren happy.
Das Brautpaar drehte in der Nacht im Rausche der Gefühle
die Knöpfe von den Kissen ab und spielte damit Mühle.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann lassen sie schön grüßen,
Moral : Wer Pech im Leben hat, der soll auch dafür büßen !


 tiramisusi antwortete am 24.04.05 (12:58):

und noch ein Roski:

Ich suchte sonntags in der Stadt nach einem schönen Glas Wein
Denn das Fernsehen lädt mich nie zum Frühschoppen ein
Da stand ein winzig kleiner Mann am Straßenrand
Nicht größer als ein Daumen, und winkte mit der Hand.
Ich hab ihn sofort als Anhalter eingeschätzt
Und ihn behutsam in mein linkes Ohr gesetzt
Die nächste Ampel war rot, doch mein Passagier rief:
"Ich hab ´s eilig, du Spießer, lauf los!", und ich lief.
Ein Polizist sah das und meinte: "Hey, wie kommen Sie mir vor
Hier bei Rot zu gehen - Sie ham wohl ´n kleinen Mann im Ohr!"
Ich denk´: "Der ist pfiffig, das muss ich gestehen
Also Detlef, komm raus, er hat dich gesehen!"
Der Wachtmeister fragt und sein Gesicht wird aschfahl:
"Mit wem reden Sie denn da, mir scheint Sie sind nicht normal"
"Ne", sag ich lachend und er wird wieder rot
"Sie ham vollkommen recht - ich bin ein Idiot."
Er ruft erleichtert: "Ach, Sie sind ein Idiot!" und das hört
Ein Passant, der sich entrüstet: "Na, das ist ja unerhört!
Ein Beamter beschimpft öffentlich einen unbescholtenen Mann
Den zeigen wir wegen fahrlässigen Rufmordes an!"
Er stoppt eine Funkstreife, erklärt alles und doch
Gehen die Bullen auf mich los! Ich reiß gleich die Hände hoch
Damit man mich nicht - wie man ´s häufig so liest
In so genannter putativer Notwehr erschießt.

Es ist schwer zu versteh´n, doch es trifft immer den
Der am wenigsten Schuld hat am ganzen Gescheh´n.
Jeder hält sich aus den Dingen raus so gut wie er kann,
Denn der Dumme ist am Ende stets der kleine Mann.

"Was liegt nu´ an?" fragt die Streife, denn sie will schnell wieder fort
Da meldet sich ein korpulenter Herr zu Wort
Der die ganze Zeit mit seinem Schirm auf mich zielt
Und dessen Gesicht sehr stark ins Gesäßhafte spielt:
"Ich hab alles geseh´n, und jetzt reißt mir die Geduld
Dieser Kerl", er weist auf mich, "ist an dem Menschenauflauf schuld!"
Eine Hausfrau, die gern kocht, geht vorüber und sinniert
Ob man Menschenauflauf wohl mit Speckstreifen garniert.
Der Protokollführer bittet verzweifelt um Gehör
Fragt, was er denn nun schreiben soll, er verstehe gar nichts mehr!
Der Mann in meinem Ohr meint: "Eh´ du dich noch lang besinnst
Schreib dich selbst gleich zuerst auf, wegen Dummheit im Dienst"
Während ich noch mit erhobenen Armen da steh
Erscheint jetzt ein Bläserchor der Heilsarmee.
Die spiel’n für mich "Jesus, meine Zuversicht"
Doch mit sehr viel Optimismus erfüllt mich das nicht.
Eine Anwohnerin aus der Umgegend schreit
Ihrer Nachbarin zu: "Ist denn schon Faschingszeit?"
Und die Nachbarin schreit zurück: "Nein, nein
Wird wohl bloß wieder so’n Studentenumzug sein!"
Eine Gruppe Jugendlicher, ’ne Art Rocker-Verschnitt
Brüllt: "Da drüben is’ ’ne Demo, ey da mischen wir mit!"
Und sie fordern sogleich die Heilsarmee auf:
"Jungs, habt ihr nicht die Internationale drauf"
>>>


 tiramisusi antwortete am 24.04.05 (12:58):

<<<
Es ist schwer zu versteh´n, doch es trifft immer den
Der am wenigsten Schuld hat am ganzen Gescheh´n.
Jeder hält sich aus den Dingen raus so gut wie er kann,
Denn der Dumme ist am Ende stets der kleine Mann.

Die gaffende Menge hat inzwischen vielleicht
Die Einwohnerzahl von Castrop-Rauxel erreicht.
Der Dicke mit dem Schirm hat das natürlich kommen sehen
Er zetert "Aufruhr!" und nun bleiben noch mehr Leute stehen.
Er wittert "Zersetzung!" und "Hochverrat!"
Als jetzt noch ein Rentner mit Flugblättern naht
Worauf der arme Alte fast vor Aufregung stirbt
Weil er auf seinen Zetteln nur für Eierzöpfli wirbt.
Darüber gerät der Dicke außer sich vor Zorn
Und als Detlef auch noch schreit: "Hau endlich ab du Arsch mit Ohr’n!",
Tröst’ ich ihn damit, dass es bisweilen gelingt
Aus einem Hintern ein Gesicht zu machen, wenn man ihn gut schminkt.
Er heult: "Nehmen Sie das bitte zurück, Sie Schwein!"
Und schlägt hemmungslos mit seinem Schirm auf mich ein.
Dabei verlier’ ich leider meinen kleinen Mann,
den ich auch in der Aufregung nicht wieder finden kann.
Endlich greift die Polizei ein, damit sie Ordnung schafft
Nimmt Sie die Rocker und die Heilsarmee in Vorbeugehaft.
Diese Maßnahme erweist sich als äußerst gescheit
Die Zusammenrottung hat sich jetzt im Nu zerstreut.
Auch der Dicke macht sich geflissentlich dünn
Nur für Detlef hat Abhauen nicht mehr viel Sinn.
Seine letzten Worte sind: "Mensch, ich bin platt!"
Er meint das wörtlich, weil die Menge ihn zertreten hat.

Es ist schwer zu verstehen, doch es trifft immer den
Der am wenigsten Schuld hat am ganzen Geschehen.
Den kleinen Mann, der sich nie in die Dinge mischt
Den hat ´s natürlich wieder mal am schlimmsten erwischt.

Autsch!


 Medea. antwortete am 24.04.05 (14:19):

Schön, dieser höhere Blödsinn ....... :-),

Da krieg ich doch schon fast wieder Lust, ähnlichen zu verzapfen, wenn ich von diesem erschröcklichen Geschehen lese -
aber keine Bange, für heute geht der Kelch am ST vorüber. ;-)


 Marina antwortete am 24.04.05 (16:23):

Aber erst mal nur für heute, nicht wahr, Medea? Wartet nur,wir kommen wieder. :-)


 Enigma antwortete am 24.04.05 (19:02):

...jaaaa, den Ulrich Roski habe ich auch so gerne gehört.
Und ausgerechnet der ist so früh gestorben, und so fies. Zum Schluss hat ihm der Zungenkrebs kaum noch eine Chance gelassen aufzutreten, obwohl er es immer wieder probierte:

Und trotzdem hat er seinen Humor, besser gesagt seinen Galgenhumor in diesem, seinem eigenen Fall, nicht verloren, wie der nachfolgende Text zeigt:


Ich lerne sprechen


von Ulrich Roski


An sich bin ich ja Sänger, vor etwa einem Jahr habe ich dann aber das Singen aufgegeben, beziehungsweise das Singen hat mich aufgegeben, wie man’s nimmt, beides mehr oder weniger aus gesundheitlichen Gründen.
Es begann alles im letzten Sommer, die Urlaubsreise stand vor der Tür, aber ich hatte so ein komisches Gefühl im Hals. Meine Frau riet mir, praktisch, wie sie nun mal veranlagt ist: »Dann geh doch besser vorher noch mal zum Arzt, vielleicht sind es die Mandeln.«

»Ich habe seit meinem zehnten Lebensjahr keine Mandeln mehr«, wandte ich ein.

»Was kann ich denn dafür?« maulte sie. Sie will einfach immer an allem schuld sein.

Der Hausarzt winkte mich gleich angeekelt durch und verwies mich an die Charité zu einem Spezialisten für Hals-, Nasen- und Ohren-Gedöns. Der guckte in meinen Hals und verwies mich an die Charité zu einem Spezialisten fr Hals-, Nasen- und Ohrengedöns.
Der guckte in meinen Hals und wiegte bedenklich das Haupt.

......Weiterlesen könnt Ihr den Text in einer ganz ordentlichen Druckversion - she. URL! -
Ich finde, es lohnt sich. :-)

Internet-Tipp: https://www.goxpower.de/'Roski/Sprechen.txt


 tiramisusi antwortete am 24.04.05 (19:15):

danke für den Link, enigma. ohmann da hab ich gleich noch einen schönen text von ihm gefunden :-)

Es konn der Frömmste nicht in Frieden leben ...
Die Bibel ist ja heut' noch ein gern gelesenes Buch, steht ja sicher auch
viel Schönes drin, aber
manches halte ich doch für ausgemachten Unfug. Zum Beispiel die Sache mit
dem Nächsten.
Liebe deinen Nächsten! Wer soll das denn sein? Mein Nachbar etwa? Na,
schönen Dank!
Oder auch - Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus? Will ich doch gar
nicht haben,
die Bruchbude. Der räumt ja auch nie auf.
Ich finde ja sowieso: Nachbarn sind ungesund. Entweder sie machen einen
Heidenlärm oder
sie beschweren sich, daß man selbst welchen macht. Jedenfalls haben sie
immer was zu
meckern.
Ich halte überhaupt nichts von Nachbarn. Ich will ja wirklich mit jedermann
gut auskommen,
aber von Nachbarn halte ich überhaupt nichts. Sie sind neugierig,
aufdringlich, wissen alles
besser und fahren ein größeres Auto.
Also, ich sag das jetzt mal völlig ohne Vorurteil: Nachbarn sind einfach
ekelhaft!
Streit und Ärger wird es immer geben
in dieser schönen, friedlichen Welt.
Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben,
wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.
Dabei bin ich gar nicht fromm. Also, alles kann man mir nachsagen, aber das
nun wirklich
nicht.
Aber jetzt mal ein Beispiel:
Neulich abend komme ich nach Hause, und was sehe ich? Kein Bier im
Eisschrank! Na ja,
denk' ich, klingelst du mal beim Nachbarn und fragst, ob der dir ein paar
Flaschen borgt.
Wär' ja das einfachste. Aber der kann mich sicher nicht leiden. Neulich hat
er mich nicht mal
gegrüßt. Das heißt: Er hat schon gegrüßt, aber ich nicht! Ich kenn'den ja
kaum. Kann ja nicht
jeden kennen.
Vielleicht war er's auch gar nicht. Ich weiß eigentlich gar nicht richtig,
wie der aussieht.
Wahrscheinlich unheimlich gemein.
Vielleicht ist er sogar ein Ausländer. Nee, also der borgt mir bestimmt
kein Bier.
Widerlicher Kerl!
Vielleicht schläft er auch schon, und wenn ich ihn dann wecke, zeigt er
mich an. Wegen
Ruhestörung oder so. Man kennt ja solche Leute. Oder er hat gerade seine
Freundin da und
wird furchtbar wütend, daß ich ihn störe.
Oder er ist sowieso schon wütend, weil ihn sein Chef heute
zusammengestaucht hat. Und ich
soll das dann ausbaden. Der ist imstande und wird tätlich. Der greift mich
an, der schlägt
mich, dieser Lumpl.
Streit und Ärger wird es immer geben
in dieser schönen, friedlichen Weh.
Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben,
wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.
Aber das kann er mit mir nicht machen, mit mir nicht!
Ich ging rüber zu ihm und klingelte Sturm. Er machte auch gleich auf. Er
war kein Ausländer.
Seine Freundin war auch nicht da. Typisch!
.Guten Abend, Herr Nachbar, was verschafft mir die Ehre, fragte er voller
Haß.
.Wissen Sie', keuchte ich, wohin Sie sich Ihr dämliches Bier gießen können?«
.Welches Bier?' fragte er gespreizt.
.Na das Bier, das ich mir von Ihnen borgen wollte!» rief ich.
.Aber davon weiß ich ja gar nichts!» log er.
,Ach, davon wissen Sie nichts! Davon wissen Sie gar nichts! Na, das wird ja
immer schöner
Er geiferte: Jch trinke nämlich überhaupt kein Bier. Ich bin Abstinenzler!'
.Aha!' entlarvte ich ihn. Abstinenzler! Das heißt, Sie trinken nur harte
Sachen, was? Das
hätten Sie ja auch wirklich gleich sagen können!«
Aber das ist wieder mal typisch Nachbar: Anstatt mit der Wahrheit
herauszurücken, bricht er
lieber einen Streit vom Zaun. Aber das habe ich ja von vornherein gewußt.
Streit und Ärger wird es immer geben
in dieser schönen, friedlichen Weh.
Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben,
wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.


 Medea. antwortete am 24.04.05 (19:45):

Bingo Marina - ;-) -

...... und dreut der Nachbar noch so sehr,
und rümpft die Nachbarin die Nase,
der Kopf - Erbarmen - gibt's nicht her.....,
Ihr Name war auch Hase. :-)


 Marina antwortete am 24.04.05 (20:50):

Leute, ich kann mir nicht helfen, aber die Geschichte mit dem Nachbarn kommt mir geklaut vor. Von Watzlawik die Geschichte mit dem Hammer aus "Anleitung zum Unglücklichsein". :-(


 tiramisusi antwortete am 24.04.05 (21:35):

.....die erschien aber erst 1988 und Roskis Lied ist aus den 70ern :-) Aber die Situation Thematik wird doch gerne pesiphliert und hernagezogen... es gab auch schon vor Watzlawik idiotische Situationen ;-)

Internet-Tipp: https://beat.doebe.li/bibliothek/p00016.html


 tiramisusi antwortete am 24.04.05 (21:36):

...ich reiche mal ein "r" für persiphliert nach ...


 hansmann antwortete am 25.04.05 (05:01):

;;;
... und ich reiche ein f
für "persifliert" nach -
so wie i c h es schreibe :-)


Aber das kann natürlich
"höherer Plötsinn" sein :-)


 tiramisusi antwortete am 25.04.05 (09:25):

wenn du noch mehr Fehler findest, därfste se behalten :-)


 tiramisusi antwortete am 25.04.05 (09:30):

noch´n Gedicht... gar nicht so plötsinnig..
Fast jeder weiß, was in Hameln geschah,
vor tausend und einem Jahr.
Wie dort die Ratten hausten, die alles fraßen,
was nicht aus Eisen war.
Zu dieser Zeit kam ich nach langer Fahrt
als Spielmann in diese Stadt,

Und ich hörte als erstes den Herold schrein,
als ich den Markt betrat.
Wer mit Gottes Hilfe oder allein
die Stadt von den Ratten befreit,
für den lägen ab nun beim Magistrat
hundert Taler in Gold bereit.

Ich packte mein Bündel, die Flöte und Leier
und klopfte ans Rathaustor.
Kaum sah man mich, schlug man die Tür wieder zu,
und legte den Riegel vor.
Und ich hörte, wie man den Herren sagte,
es stünde ein Mann vor dem Tor,
zerrissen und stinkend, in bunten Lumpen
mit einem Ring im Ohr.
Dieser Mann ließe nun den Herren sagen,
er käm' von weit, weit her,
und er böte der Stadt seine Hilfe, weil
er ein Rattenfänger wär.

Ich wartete lange, dann rief eine Stimme
durch die geschlossene Tür:
Vernichte die Ratten, und Du bekommst
die versprochenen Taler dafür.
Und ich ging und blies in der Nacht die Flöte,
immer nur einen einzigen Ton,
der so hoch war, daß nur die Ratten ihn hörten,
und keine kam davon.
Bis hinein in die Weser folgte mir bald die ganze quiekende Brut,
und am Morgen trieben an hunderttausend
Kadaver in der Flut.

Als die Hamelner Bürger hörten, was alles
geschehen war in der Nacht,
tanzten sie auf den Straßen, nur
an mich hatte keiner gedacht.
Und als ich dann wieder vorm Rathaus stand
und forderte meinen Lohn,
schlug man auch diesmal die Tür vor mir zu
und erklärte mir voller Hohn,
nur der Teufel könne bei meiner Arbeit
im Spiel gewesen sein,
deshalb sei es gerecht, ich triebe bei ihm
meine hundert Taler ein.

Doch ich blieb und wartete Stunde um Stunde
bis zum Abend vor jenem Haus,
aber die Ratsherren, die drinnen saßen,
trauten sich nicht heraus.
Als es Nacht war, kamen bewaffnete Kerle,
ein Dutzend oder mehr,
die schlugen mir ihre Spieße ins Kreuz
und stießen mich vor sich her.
Vor der Stadt hetzten sie ihre Hunde auf mich,
und die Bestien schonten mich nicht.
Sie rissen mich um und pißten mir noch
ins blutende Gesicht.
>>>>


 tiramisusi antwortete am 25.04.05 (09:30):

<<<<
Als der Mond schien, flickte ich meine Lumpen,
wusch meine Wunden im Fluß
und weinte dabei vor Schwäche und Wut,
bis der Schlaf mir die Augen schloß.
Doch noch einmal ging ich zurück in die Stadt.

Ich hatte vorher mein zerfleischtes Gesicht
mit bunter Farbe bedeckt
und mein Wams, damit man die Löcher nicht sah,
mit Hahnenfedern besteckt.
Und ich spielte und sang, bald kamen die Kinder
zu mir von überall her,
hörten, was ich sang mit Empörung
und vergaßen es nie mehr.
Und die Kinder beschlossen, mir zu helfen
und nicht mehr zuzusehn,
wo Unrecht geschieht, sondern immer gemeinsam
dagegen anzugehn.

Und die Hamelner Kinder hielten ihr Wort
und bildeten ein Gericht,
zerrten die Bosheit und die Lügen
ihrer Väter ans Licht.
Und sie weckten damit in ihren Eltern
Betroffenheit und Scham,
und weil er sich schämte, schlug manch ein Vater
sein Kind fast krumm und lahm.
Doch mit jeder Mißhandlung wuchs der Mut
der Kinder dieser Stadt,
und die hilflosen Bürger brachten die Sache
vor den hohen Rat.

Es geschah, was heute immer noch geschieht,
wo Ruhe mehr gilt als Recht,
denn wo die Herrschenden Ruhe woll'n,
geht's den Beherrschten schlecht.
So beschloß man die Vertreibung
einer ganzen Generation.
In der Nacht desselben Tages begann
die schmutzige Aktion.
Gefesselt und geknebelt,
von den eigenen Vätern bewacht,
hat man die Kinder von Hameln ganz heimlich
aus der Stadt gebracht.

Nun war wieder Ruhe in der Stadt Hameln,
fast wie in einem Grab.
Doch die Niedertracht blühte, die Ratsherren faßten
eilig ein Schreiben ab.
Das wurde der Stadtchronik beigefügt
mit dem Stempel des Landesherrn
und besagt, daß die Kinder vom Rattenfänger
ermordet worden wär'n.
Doch die Hamelner Kinder sind nicht tot,
zerstreut in alle Welt,
haben auch sie wieder Kinde gezeugt,
ihnen diese Geschichte erzählt.

Denn auch heute setzen sich Menschen
für die Rechte Schwächerer ein,
diese Menschen könnten wohl die Erben
der Hamelner Kinder sein.
Doch immer noch herrscht die Lüge
über die Wahrheit in der Welt,
und solange die Gewalt und die Angst
die Macht in Händen hält,
solange kann ich nicht sterben,
nicht ausruhn und nicht fliehn,
sondern muß als Spielmann und Rattenfänger immer weiterziehn.
Denn noch nehmen Menschen Unrecht
als Naturgewalt in Kauf,
und ich hetze noch heute die Kinder dagegen
immer wieder auf.