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THEMA:   Morgenwonne

 36 Antwort(en).

marie2 begann die Diskussion am 21.03.05 (11:07) :

Morgenwonne

Ich bin so knallvergnügt erwacht
Ich klatsche meine Hüften.
Das Wasser lockt. Die Seife lacht.
Es dürstet mich nach Lüften

Ein schmuckes Laken macht einen Knicks
Und gratuliert mir zum Baden.
Zwei schwarze Schuhe in blankem Wichs
Betiteln mich "euer Gnaden".

Aus meiner tiefsten Seele zieht
mit Nasenflügelbeben
Ein ungeheurer Appetit
Nach Frühstück und nach Leben.

Joachim Ringelnatz

So ein Wonnemorgen ist heute. Kennt Ihr noch mehr Morgengedichte zum Wachmachen oder Lachenmachen?

Marie


 Enigma antwortete am 21.03.05 (15:05):

Liebe marie,

ja, das könnte auch heute mein Lebensgefühl sein *g*
Wo die Sonne so lacht!
Und das Gedicht gefiel mir immer schon so gut, ein richtiges "Gute-Laune-Gedicht".

Da ist das, was ich jetzt poste, nicht ganz so schön, aber irgendwie gefällt es mir auch.


Franz Hodjak
Morgengedicht

Was machst du
mit einem Schutzengel, der
morgens, während du gemütlich
Kaffee trinkst und
die Welt ordnest, die du

gestern etwas
durcheinander brachtest, aus
dem Himmel stürzt und auf den Balkon
klatscht und tot liegen
bleibt. Zuerst denkst du,

Gottseidank, er hat mich
nicht erschlagen. Und dann?

Internet-Tipp: https://www.lyrikwelt.de/gedichte/hodjakg1.htm


 Enigma antwortete am 21.03.05 (15:36):

Oder so?? (Auch zu singen *g*)

Johann Wolfgang von Goethe
Die Spröde

An dem reinsten Frühlingsmorgen
Ging die Schäferin und sang,
Jung und schön und ohne Sorgen,
Daß es durch die Felder klang,
So la la! le ralla!

Thyrsis bot ihr für ein Mäulchen
Zwei, drei Schäfchen gleich am Ort.
Schalkhaft blickte sie ein Weilchen,
Doch sie sang und lachte fort,
So la la! le ralla!

Und ein andrer bot ihr Bänder,
Und der dritte bot sein Herz;
Doch sie trieb mit Herz und Bändern
So wie mit den Lämmern Scherz,
Nur la la! le ralla!


 Enigma antwortete am 21.03.05 (15:54):

Aller guten Dinge sind drei!

Die Schöne
Serbisches Zigeunerlied

Guten Morgen, du Schöne!
Für einen Blick von dir
sind tausend Dinar wenig.
Für deine Brust
werde ich zehn Jahre zu Fuss gehn.
Für deine Lippen
werde ich die Sprache vergessen.
Für deine Schenkel
gebe ich mich zum Sklaven.
Guten Morgen, du Schöne!
Steig auf den Apfelschimmel und reite Galopp
Ich warte auf dich im Wald.
Mit einem Zelt ungeborener Kinder.
Mit Nachtigallen und einer Hyazinthe.
Mit einem Bett aus meinem Leib.
Mit einem Kissen aus meiner Schulter.
Guten Morgen, du Schöne!
Kommst du nicht, zieh ich das Messer aus dem Brot,
wische die Krumen vom Messer
und treffe dich mitten ins Herz.


 wanda antwortete am 21.03.05 (17:59):

Ah, Enigma, das ist ja wunderbar, das kannte ich nicht - schiete mein Drucker geht nicht.


 Medea. antwortete am 21.03.05 (19:00):

Das ist die Drossel, die da schlägt,
der Frühling, der mein Herz bewegt:
ich fühle, die sich hold bezeigen,
die Geister aus der Erde steigen.
Das Leben fließet wie ein Traum -
mir ist wie Blume, Blatt und Baum.

(Theodor Storm)


 Enigma antwortete am 22.03.05 (07:01):

Friedrich Leopold zu Stolberg
Morgenlied eines Jünglings

Wenn Aurora früh mich grüßt,
Mich mit Rosenlippen küßt,
Scheuchet oft ihr Strahlensaum,
Von des Bettes weichem Pflaum
Einen kleinen süßen Traum,
Find' ich dann mein Bettchen leer.
Ach dann wird mein Herz so schwer,
Und ich gäb Aurorens Gruß,
Gäbe jeglichen Genuß,
Gern für eines Weibchens Kuß.


 marie2 antwortete am 22.03.05 (09:15):

Am Morgen

Aufs offne Mäulchen ein Kuss.
Augenreiben und halber Verdruss.
Aber Erkennen und Lachen
Hilft völlig erwachen.
Dann ein Schlupfunter,
Ein drüber und drunter.
Indessen steht
Schon draußen ein Weilchen
Und äugelt, so gut wie's geht
Vom Balkon durch den Thürritz,
Musjö Fürwitz,
Der Frühaufsteher Tag,
Und sieht sein Teilchen.
Was er wohl denken mag.

Gustav Falke

@ Enigma

Zufällig öffnete ich heute morgen als erste Mai "Guten Morgen, Du Schöne". Das ist doch ein wunderbarer Start.
Ja, was mache ich mich dem abgestürzten Schutzengel? Da grübele ich noch.


 pilli antwortete am 22.03.05 (10:28):

lust mitzusummen? :-)

...

Morning has broken, like the first morning
Blackbird has spoken, like the first bird
Praise for the singing, praise for the morning
Praise for the springing fresh from the world

Sweet the rain's new fall, sunlit from heaven
Like the first dewfall, on the first grass
Praise for the sweetness of the wet garden
Sprung in completeness where his feet pass

Mine is the sunlight, mine is the morning
Born of the one light, eden saw play
Praise with elation, praise every morning
God's recreation of the new day
(Cat Stevens)

Internet-Tipp: https://catstevens.com/discography/songs/00108.html


 tiramisusi antwortete am 22.03.05 (10:41):

Sidonie Grünwald-Zerkowitz:

Guten Morgen! Dein war, Lieb, die Nacht!
Ich hab' im Traum mit Dir sie verbracht.
Noch hab' ich keinen Tag gesehn
Wie diesen Traum, so himmlisch, so schön!
Ach, daß eine Stunde schlagen mir möchte,
Die solche Wonne wirklich mir brächte!

Der Lenz hat über den Thalesgrund
Einen Teppich gebreitet aus Blumen bunt
Und sandte nach uns den Sonnenschein,
Sandt' aus mit Sang die Vögelein,
Das Heer der zirpenden Cicaden
Unsere Liebe zur Flur zu laden.

Wir zogen Hand in Hand hinaus
Ins off`ne große Gotteshaus;
Und als die Vögel ich gewahrt,
In holder Freiheit traut gepaart,
Die Blumen sah den Kelch erschließen
Dem Blütenstaub, sich drein zu gießen:

Da zog es zu Dir mich auf den Grund -
Und nahe rückte Mund an Mund
Und immer näher ... wie war das süß!
Geschah's, weil das Denken mich verließ? ...
Der Gürtel war entzwei mir gerissen
Und mir kam der Mut:
Dich zu küssen ... zu küssen!


 Enigma antwortete am 23.03.05 (09:10):

Guten Morgen,

@marie
Reanimieren, den Schutzengel?? Den brauchen wir doch noch... :-)
@pilli
Ich habe sogar laut mitgesungen, so gerne höre ich Cat Stevens immer noch.
Und als Yusuf Islam hat er jetzt einen neuen Song herausgebracht (Indian Ocean) den man von seiner Homepage herunterladen kann. Der Erlös ist für die Waisenkinder von Aceh bestimmt.
www.yusufislam.org.uk

Christian Morgenstern
Morgenstimmung

Wenn so die Nacht die treugewölbten Hände
von ihrer Erde stillem Antlitz hebt,
und in die kühlen, duftenden Gelände
der erste Hauch des jungen Morgens bebt -

da laß uns Arm in Arm nach Osten gehen
bis vor das Tor der großen, stummen Stadt,
und Schläf`an Schläf`die junge Sonne sehen,
die uns so süßem Sein erschaffen hat.


 marie2 antwortete am 23.03.05 (13:32):

Morgens,
wenn sich die Fenster öffnen,
streckt die Welt ihre Hände
und der Baum seine Zweige aus.
Guten Tag.
Jede Blume
hat ihren Platz unter der Sonne,
jeder Mensch hat einen Traum.
Jeder Mensch hat einen Himmel über seiner Wunde
und einen kleinen gesetzwidrigen
Frühlingszettel in seiner Tasche.

Yannis Ritsos


 marie2 antwortete am 24.03.05 (09:43):


morgenkaffee

zwischen zweimal nippen
keimt lautlos und friedlich
der tag

luftig leicht und schön ist
das dazwischen

gerd berghofer
-Das Literatur-Café-


 Enigma antwortete am 25.03.05 (08:28):

Frank Wedekind
Morgenstimmung

Leise schleich ich wie auf Eiern
mich aus Liebchens Paradies,
wo ich hinter dichten Schleiern
meine besten Kräfte ließ.

Traurig spiegelt sich der bleiche
Mond in meinem alten Frack.
Ach, die Wirkung bleibt die gleiche,
wie das Kind auch heißen mag.

Wilhelmine, Karoline,
`s ist gesprungen wie gehupft.
Nur, daß hier die Unschuldsmiene,
dort dich die Routine rupft.
:-))


 tiramisusi antwortete am 25.03.05 (10:35):

REV. ELI JENKINS´MORNING PRAYER
gesprochen direkt nach dem Aufstehen und noch vor dem Waschen, im Schlafanzug auf den Stufen vor seinem Haus...

Dear Gwalia! I know there are
Towns lovelier than ours,
And fairer hills and loftier far,
And groves more full of flowers,

And boskier woods more blithe with spring
And bright with birds' adorning,
And sweeter bards than I to sing
Their praise this beauteous morning.

By Cader Idris, tempest-torn,
Or Moel y Wyddfa's glory,
Carnedd Llewelyn beauty born,
Plinlimmon old in story,

By mountains where King Arthur dreams,
By Penmaen Mawr defiant,
Llareggub Hill a molehill seems,
A pygmy to a giant.

By Sawdde, Senny, Dovey, Dee,
Edw, Eden, Aled, all,
Taff and Towy broad and free,
Llyfnant with its waterfall,

Claerwen, Cleddau, Dulais, Daw,
Ely, Gwili, Ogwr, Nedd,
Small is our River Dewi, Lord,
A baby on a rushy bed.

By Carreg Cennen, King of time,
Our Heron Head is only
A bit of stone with seaweed spread
Where gulls come to be lonely.

A tiny dingle is Milk Wood
By golden Grove 'neath Grongar,
But let me choose and oh! I should
Love all my life and longer

To stroll among our trees and stray
In Goosegog Lane, on Donkey Down,
And hear the Dewi sing all day,
And never, never leave the town.


(aus: UNDER MILK WOOD von Dylan Thomas)


 Enigma antwortete am 25.03.05 (11:12):

Friedrich Leopold zu Stolberg
Morgenlied

Willkommen, rotes Morgenlicht!
Es grüßet dich mein Geist,
Der durch des Schlafes Hülle bricht,
Und seinen Schöpfer preist.

Willkommen, goldner Morgenstrahl,
Der schon den Berg begrüßt,
Und bald im stillen Quellental
Die kleine Blume küßt.

@tiramisusi
Von Dylan Thomas habe ich aus "Under Milkwood"
z.B. das Gedicht "To begin at the beginning", gesprochen von Richard Burton. Und bei der Stimme von Burton bin ich schon immer "dahingeschmolzen", sogar heute noch.... :-))


 marie2 antwortete am 25.03.05 (11:42):

Morgengebet

O wunderbares, tiefes Schweigen,
Wie einsam ist's noch auf der Welt!
Die Wälder nur sich leise neigen,
Als ging' der Herr durchs stille Feld.

Ich fühl mich recht wie neu geschaffen,
Wo ist die Sorge nun und Not?
Was mich noch gestern wollt erschlaffen,
Ich schäm mich des im Morgenrot.

Die Welt mit ihrem Gram und Glücke
Will ich, ein Pilger, frohbereit
Betreten nur wie eine Brücke
Zu dir, Herr, übern Strom der Zeit.

Und buhlt mein Lied, auf Weltgunst lauernd,
Um schnöden Sold der Eitelkeit:
Zerschlag mein Saitenspiel, und schauernd
Schweig ich vor dir in Ewigkeit.

Joseph von Eichendorff

@tiramisu
Ich sah Dich im Schlafanzug vor den Stufen Deines Hauses das Morgenlob sprechen, erst beim zweiten Lesen entdeckte ich "seinem Haus". Aber vielleicht sollte ich es einmal morgens auf der Terasse versuchen. Kein schlechter Tagesanfang


 tiramisusi antwortete am 25.03.05 (12:48):

@marie2: isch `abbe auch garrrr keinen Schlafanzug ! :-)

@enigma: oja, war er nicht herrlich??? Kein anderer konnte Dylon Thomas so tezitieren wie Richard Burton ...

Nachdem ich den Stoff in der Schule damal als eher langweilig empfand (weil ich eine langweilige Englischlehrerin hatte) sah ich "Under Milk Wood" dann vor ca 20 Jahren zum ersten Mal zufällig in London im TV - eben diese wunderbare Verfilmung mit Richard Burton und Elizabeth Taylor und war begeistert.

Dylon Thomas hat wundervolle Gesichte geschrieben, einiges gib es sogar von ihm selbst vorgetragen auf CD ..

So auch dieses - für mich eines der schönsten in englischer Sprache:

Do not go gentle into that good night


Do not go gentle into that good night,
Old age should burn and rave at close of day;
Rage, rage against the dying of the light.

Though wise men at their end know dark is right,
Because their words had forked no lightning they
Do not go gentle into that good night.

Good men, the last wave by, crying how bright
Their frail deeds might have danced in a green bay,
Rage, rage against the dying of the light.

Wild men who caught and sang the sun in flight,
And learn, too late, they grieved it on its way,
Do not go gentle into that good night.

Grave men, near death, who see with blinding sight
Blind eyes could blaze like meteors and be gay,
Rage, rage against the dying of the light.

And you, my father, there on the sad height,
Curse, bless, me now with your fierce tears, I pray.
Do not go gentle into that good night.
Rage, rage against the dying of the light.


 marie2 antwortete am 25.03.05 (21:16):

@tiramisu
geht auch ohne!

Morgentöne

Guten Morgen! schreit das Menschentier;
Und mancher Schuft trinkt jetzt noch Bier.

Guten Morgen! schreit auch der Tyrann;
Früh fängt Er zu regieren an.

An den Weltrand will ich heute gahn;
Dort will ich einmal Fliegen fahn.

Guten Morgen! schreit der Kriegersmann;
Ach, der ist immerzu im Tran.

Guten Morgen! schreit man dort und hier;
Und meine Uhr schlägt schon halb vier.

Und mancher Schuft trinkt jetzt noch Bier;
Guten Morgen! schreit das Menschentier.


Paul Scheerbart
(1863-1915)


 pilli antwortete am 26.03.05 (01:23):

auf der suche nach dem text des "Frühlingsstimmenwalzer" begegnete mir die seite der "theatercompagnie" und vielleicht freut die an Thomas Dylan interessierten eine kopie, deren textlicher inhalt thematisch auch zu den
"Friedhöfen" passen könnte. :-)

...

"theatercompagnie Tagträumer"
Unter dem Milchwald
nach dem Hörspiel «Under the Milkwood» von Dylan Thomas
Regie Veronika Brendel
mit Rolf Birkholz, Marita Kraus, Gudrun Schnitzer, Christoph Winkelmann


"Under the milkwood" entstand 1945 im Auftrag der BBC und zählt zu den wichtigsten und erfolgreichsten Werken von Dylan Thomas. Mit dem Hörspiel gelang ihm eine poetische Stimmenfuge, die Alltag und Träume der Bewohner einer walisischen Kleinstadt voll Ironie und Anteilnahme zu einem Panorama menschlichen Lebens bündelt:
«Über dem Milchwald ist die Sphärenmusik deutlich vernehmbar. Und zwar der Frühlingsstimmenwalzer. Ein Gesangsverein singt auf dem Friedhof von Bethesda, fröhlich aber gedämpft. Die grünen Gräser feiern Hochzeit über den Tenören. Und Hunde bellen, bis sie blau im Gesicht sind. Mrs. Ogmore-Pritchard rülpst in ein winziges Taschentüchlein und jagt den Sonnenschein mit einer Fliegenpatsche. Doch nicht einmal sie kann den Frühling vertreiben. Aus ihrer Fingerschale wächst eine Primel.»

«"Es ist Frühling", sagt der Sprecher. "Mondlose Nacht in der kleinen Stadt, sternlos und bibelschwarz, die Kopfpflasterstraßen still, und der geduckte Liebespärchen- und Kaninchenwald humpelt unsichtbar hinab zur schlehenschwarzen, zähen, schwarzen, krähenschwarzen, fischerbootschaukelnden See".

So beginnt "Unter dem Milchwald", Dylan Thomas' Hörstück, gespielt von vier Schauspielern der "theatercompagnie Tagträumer". Jeder von ihnen spricht mehrere Personen, variiert dazu Stimme, Haltung und Mimik.

Einen Tag und eine Nacht umspannt das Stück, das in einem kleinen walisischen Fischerort spielt. Der Alltag der Einwohner wird in Sprechszenen aneinander gereiht, eine stringente Handlung gibt es dabei nicht. Sprecher Christoph Winkelmanns Textpassagen geben dem Stück einen Rahmen und stellen Bezüge zwischen den Akteuren her.

Internet-Tipp: https://www.theatercompagnie.de/repertoire/milchwald.html


 pilli antwortete am 26.03.05 (01:23):

Die ersten Szenen des Stücks handeln von den verworrenen Träumen der Einwohner des fiktiven Ortes Llareggub. Der blinde Kapitän Cat fantasiert von Ertrunkenen; Mog Edwards, Tuchhändler und liebestoll, träumt von Myfanwy Price, Damenschneiderin und Inhaberin eines Schokoladenladens. Polly Garter träumt von Babies, Boyo Nichtsnutz von gar nichts, Lord Kristallglas von Uhren und Mary Ann Seefahrer fantasiert keusch-lüstern von der Flucht in einen Garten Eden.

Nach dem Erwachen beginnt ein geschäftiger Morgen. Polly Garter gibt im Garten ihrem Baby die Brust. "Nichts wächst in unserem Garten, bloß Wäsche. Und Babies. Und wo ihre Väter leben, meine Lieben? Über die Berge und Fluren weit." Dann sind "Nasen geputzt, Nissen gesucht, Haare gekämmt, Pfoten geschrubbt, Ohren gefeigt und Kinder weggekreischt in die Schule". Es wird Mittag und schließlich dämmert es und die Luft füllt sich mit Liedern und Liebe. "Sphärenmusik, und zwar der Frühlingsstimmenwalzer. (...) Die grünen Gräser feiern Hochzeit über den Tenören. Und Hunde bellen, bis sie blau im Gesicht sind." Die Bewohner nehmen ihre Schrullen, schwülen Sehnsüchte und Obsessionen mit in den Abend.

"Mit einem Mal ist Nacht. Die finstere Stadt ist ein Hügel von Lichtern, und von den windgeschlagenen Wellen herauf rufen die Lichter der Lampen in den Fenstern den Tag zurück und die Toten, die hinausgefahren sind auf die See." Und der Milchwald, in dem geliebt, gesündigt und musizert wird, ist für die einen "ein von Gott erbauter Garten", für die anderen das "wollüstige unbedachte Bethaus voller Brautbetten" und für den Pfarrer Eli Jenkins eine "grünbelaubte Predigt von der Unschuld des Menschengeschlechts". Die Liebe, der Tod und das Meer, das sind die Elemente, um die sich alles dreht. "Und die dünne Nacht wird dunkler. Eine Brise vom gekräuselten Wasser her seufzt durch die Gassen dicht unter dem milchwachen Wald. Dem Wald, in dem jede Baumwurzel ein gespaltener Huf ist im schwarzen lauernden Auge der Jäger der Liebenden."»

...


 tiramisusi antwortete am 26.03.05 (01:52):

...Llareggub hört sich ja nun auch wirklich schöpm echt Wallisisch an :-) Dylan Thomas (nach dem sich übrigens Bob Bylan benannte) hat uns da eine kleine Wortverdreher geliefert - denn rückwärts gelesen heisst es "Bugger all" und das steht für... "Nichts" ... ;-)

Im Sinne von: "I asked for a penny and they gave me bugger all!"

Es KANN aber auch "alles A****löcher" oder "f*ck you all" heissen :-)


 Enigma antwortete am 26.03.05 (08:26):

Schöne Sachen zu Dylan Thomas.

Aber nun ganz anders:

Wilhelm Hauff
Morgenrot

Morgenrot,
leuchtest mir zum frühen Tod?
Bald wird die Trompete blasen.
Dann muß ich mein Leben lassen,
ich und mancher Kamerad!

Kaum gedacht,
war der Lust ein End`gemacht.
Gestern noch auf stolzen Rossen,
heute durch die Brust geschossen.
Morgen in das kühle Grab!

:-((


 Enigma antwortete am 26.03.05 (09:16):

Das war jetzt aber zu traurig, entspricht ja gar nicht der "Morgenwonne".
Also, auf ein Neues:

Hermann Claudius

1. Jeden Morgen geht die Sonne auf
In der Wälder wundsamer Runde.
Und die hohe, heilge Schöpferstunde,
Jeden Morgen nimmt sie ihren Lauf.

2. Jeden Morgen aus dem Wiesengrund
Heben weiße Schleier sich ins Licht,
Uns der Sonne Morgengang zu künden,
Ehe sie das Wolkentor durchbricht.

3. Jeden Morgen durch des Waldes Hall'n
Hebt der Hirsch sein mächtiges Geweih.
Der Pirol und dann die Vöglein alle
Stimmen an die große Melodei.

Und das kann man ja immerhin auch singen....:-)


 pilli antwortete am 26.03.05 (10:10):

lachend ob des "durch die brust geschossenen" (ich hatte keine ahnung, datt datt von Hauff ist...)und bissel müde noch, habe ich mitgekrächzt, damit sich meine schleier heben...:-)

"Morgenwonne"...lebenslust naschen für den tag!


 marie2 antwortete am 28.03.05 (12:10):

Lebensgenuß

»Wie man nur so leben mag?
Du machst dir gar keinen guten Tag!«
Ein guter Abend kommt heran,
Wenn ich den ganzen Tag getan.

Wenn man mich da- und dorthin zerrt
Und wo ich nichts vermag,
Bin von mir selbst nur abgesperrt,
Da hab ich keinen Tag.

Tut sich nun auf, was man bedarf
Und was ich wohl vermag,
Da greif ich ein, es geht so scharf,
Da hab ich meinen Tag.

Ich scheine mir an keinem Ort,
Auch Zeit ist keine Zeit,
Ein geistreich-aufgeschloßnes Wort
Wirkt auf die Ewigkeit.

Goethe


 Enigma antwortete am 28.03.05 (13:58):

Kurt Tucholsky 1890 - 1935

Morgens, vom letzten Schlaf ein Stück,
nimm mich ein bißchen mit -
auf deinem Traumboot zu gleiten ist Glück -
Die Zeituhr geht ihren harten Schritt ...
pick-pack ...

"Sie schläft mit ihm" ist ein gutes Wort.
Im Schlaf fließt das Dunkle zusammen.
Zwei sind keins. Es knistern die kleinen Flammen,
aber dein Atem fächelt sie fort.
Ich bin aus der Welt. Ich will nie wieder in sie zurück -
jetzt, wo du nicht bist, bist du ganz mein.
Morgens, im letzten Schlummer ein Stück,
kann ich dein Gefährte sein.


 marie2 antwortete am 29.03.05 (22:04):

Morgenrot

ich bau dir ein bett aus rosen
die wände aus glanzpapier
das zimmer hat einen goldenen boden
und der regenbogen endet genau hier

alle fenster gehen nach süden
mit blick auf´s glitzernde meer
ich glätte täglich die wogen
tauche versunkenen träumen hinterher

tausche sehnsucht gegen perlmutt
werde lachen und weinen um dich
hab immer ´n trumpf im ärmel, der sticht

ich werde dir die liebe versprechen
wenn dir das wasser bis zum halse steht
werde in zerrütteten zeiten
dir ein netz ausbreiten
stell mich mit in den sturm, bis der wind dreht


ich lüge dir das blaue vom himmel
rede dir jede tragik schön
verjag den kummer ein für alle mal
trauer kommt vor´s tribunal
paß auf, daß die zeiten für dich gut steh´n

alle wünsche gehen direkt in erfüllung
auch schon früher, wenn du willst
stehe tag und nacht zur verfügung
bin verschwiegen und halte still

das alltagsgrau kipp ich in den ausguß
zweifel ersticke ich im keim
für dich soll es sterntaler regnen
und du kannst eitler als der sonnenschein sein
laß die luft knistern für dich
bau dir traumschlösser ins morgenrot
böse geister werden aufgemischt

ich werde dir die liebe versprechen
wenn dir das wasser bis zum halse steht
werde in zerrütteten zeiten
dir ein netz ausbreiten
stell mich mit in den sturm, bis der wind dreht
die zulassung kriegen die guten launen
die schlechten werden sofort entehrt
herzschmerz verfüttert an die friedenstauben
probleme unter den fliegenden teppich gekehrt


ich werde dir die liebe versprechen
wenn dir das wasser bis zum halse steht
werde in zerrütteten zeiten
dir ein netz ausbreiten
stell mich mit in den sturm, bis der wind dreht


ich lüge dir das blaue vom himmel
rede dir jede tragik schön
verjag den kummer ein für alle mal
trauer kommt vor´s tribunal
paß auf, daß die zeichen gut für dich steh´n


werde in zerrütteten zeiten
dir ein netz ausbreiten
stell mich mit in den sturm, bis der wind dreht

Herbert Grönemeyer


 schorsch antwortete am 30.03.05 (09:12):

Auch ich möcht Morgenwonne;
ich warte auf die Sonne;
doch statt der Seligkeit
gibts Frühjahrsmüdigkeit!
Geh einen Kaffee kochen;
ist gut für müde Knochen!


 Enigma antwortete am 30.03.05 (10:07):

Morgengruß
Wilhelm Müller (Melodie Schubert)

Guten Morgen, schöne Müllerin!
Wo steckst du gleich das Köpfchen hin,
Als wär dir was geschehen?
Verdrießt dich denn mein Gruß so schwer?
Verstört dich denn mein Blick so sehr?
So muß ich wieder gehen.

O laß mich nur von ferne stehn,
Nach deinem lieben Fenster sehn,
Von ferne, ganz von ferne!
Du blondes Köpfchen, komm hervor!
Hervor aus eurem runden Tor,
Ihr blauen Morgensterne!

Ihr schlummertrunknen Äugelein,
Ihr taubetrübten Blümelein,
Was scheuet ihr die Sonne?
Hat es die Nacht so gut gemeint,
Daß ihr euch schließt und bückt und weint
Nach ihrer stillen Wonne?

Nun schüttelt ab der Träume Flor
Und hebt euch frisch und frei empor
In Gottes hellen Morgen!
Die Lerche wirbelt in der Luft,
Und aus dem tiefen Herzen ruft
Die Liebe Leid und Sorgen.


 tiramisusi antwortete am 30.03.05 (10:24):

Boris Perić
aus der kroatischen Antologie
"Das Schlangenhemd des Windes"

Lied an die Sonne
Es kommt die Sonne, eisige Seele, und vertreibt die Gespenster des Frostes;
es kommt ein blutjunger Gott und schenkt dir das Feuer seines Blutes;
warm ist sein Blut und seine Worte sind wie die Worte der Liebenden;
er ist der Gott der Leidenschaft und seine Leidenschaft ist rein;
lebhaft ist seine Leidenschaft, wie das Reh und mild wie die Brise;
sein Flüstern ist leise wie der Duft und der Duft ist sein Wort.

Unschön ist deine Melancholie, wie Glockengeläute;
trübsinnig deine Akkorde, wie das Spiel der Orgel;
traurig bist du, trist, wie die Karwoche;
keine Leidenschaft steckt in deinem Schmerz und dein Leiden ist Teil vom Nirwana.

Was schrakst du auf, wehmütige Seele - vergänglich sind die Gespenster des Frostes:
sie sind wie Rauch und Alkohol;
betrunken bist du, eisige Seele, und unschön riecht dein Atem;
er ist wie der Atem der Schenken und die abendliche Litanei;
er ist müde wie die Glocke und der Gedanke des Betrunkenen;
gelb wie die Blätter, tragisch wie der Herbst;
tot wie dein Blut, wie der winterliche Himmel:
du bist so eisig, wehmütig, o meine trübsinnige Seele.

Sieh, es kommt ein blutjunger Gott;
in seinen Strahlen bringt er Blut und sein Atem ist wie die biblische Geschichte;
lieblich sind seine Schritte, wie Knospen an einem Frühlingsmorgen:
warm ist seine Empfindung, wie ein Mittag an sommerlichen Meeresufern;
gut ist der blutjunge Gott, wie eine Mutter;
seine Lippen sind Küsse und Feuer sein Auge;
weich sind seine Hände wie die Hände der Kinder, seine Liebkosungen wie die Tränen des Mitleids;
leicht ist sein Flüstern, wie deine Hoffnung.

Es kommt ein blutjunger Gott und groß wird sein Triumph;
jubeln wirst du, betrübte Seele, und dein Jubel erklingt wie die erste Liebe;
riesig wird deine Hoffnung, wie der Samen der Menschheit:


 marie2 antwortete am 31.03.05 (11:50):

Erwachen
Eine schöne Amsel öffnet mir morgens
die Augen. Sie singt im Zypressengrün
das Lied der Liebe von einst
Eine schöne Amsel löscht mir am Morgen
die Träume. Ich sitze mitten
im Licht ich bin wirklich da.

Ulla Hahn


 schorsch antwortete am 01.04.05 (09:00):

Na dann halt wieder mal eins von mir:

(Schliesslich gibts ja auch noch die Abendsonne mit der Abendwonne!)

Abendrot

********

Oh Alpenfirn, der rötend
sich am Abend zeiget;
oh Morgenrot,
das folget auf die Nacht;
was nützt es euch,
wenn man vor Ehrfurcht schweiget
und still ergötzet
sich an eurer Pracht?
Ihr wart schon ewig
und auch ewig kommt ihr wieder,
wenn längst kein Mensch
mehr ist auf diesem Stern.
Dann singt noch
euer Licht die alten Lieder,
die nie verklungen sind
vor eurem Herrn.



August 1995 Schorsch alias Georg von Signau


 Enigma antwortete am 02.04.05 (08:04):

Friedrich Schiller
Morgenphantasie

Frisch atmet des Morgens lebendiger Hauch,
Purpurisch zuckt durch düstre Tannenritzen
Das junge Licht und äugelt aus dem Strauch,
In goldnen Flammen blitzen
Der Berge Wolkenspitzen,
Mit freudig melodisch gewirbeltem Lied
Begrüßen erwachende Lerchen die Sonne,
Die schon in lachender Wonne
Jugendlich schön in Auroras Umarmungen glüht.

Sei, Licht, mir gesegnet!
Dein Strahlenguß regnet
Erwärmend hernieder auf Anger und Au.
Wie silberfarb flittern
Die Wiesen, wie zittern
Tausend Sonnen im perlenden Tau!

In säuselnder Kühle
Beginnen die Spiele
Der jungen Natur,
Die Zephire kosen
Und schmeicheln um Rosen,
Und Düfte beströmen die lachende Flur.

Wie hoch aus den Städten die Rauchwolken dampfen,
Laut wiehern und schnauben und knirschen und strampfen
Die Rosse, die Farren,
Die Wagen erknarren
Ins ächzende Tal.
Die Waldungen leben
Und Adler und Falken und Habichte schweben,
Und wiegen die Flügel im blendenden Strahl.

Den Frieden zu finden,
Wohin soll ich wenden
Am elenden Stab?
Die lachende Erde
Mit Jünglingsgebärde
Für mich nur ein Grab!

Steig empor, o Morgenrot, und röte
Mit purpurnem Kusse Hain und Feld.
Säusle nieder, Abendrot, und flöte
Sanft in Schlummer die erstorbne Welt.
Morgen - ach! du rötest
Eine Totenflur,
Ach! und du, o Abendrot, umflötest
Meinen langen Schlummer nur.


 Marina antwortete am 05.04.05 (12:36):

Aurora

Aurora, Morgenröte,
du lebst, oh Götting, noch!
Der Schall der Weidenflöte
tönt aus dem Haldenloch.

Wenn sich das Herz entzündet,
belebt sich Klang und Schein,
Ruhr oder Wupper mündet
in die Ägäis ein.

Uns braust ins Ohr die Welle
vom ewgen Mittelmeer.
Wir selber sind die Stelle
von aller Wiederkehr.

In Kürbis und in Rüben
wächst Rom und Attika.
Gruß dir, du Gruß von drüben,
wo einst die Welt geschah.

Günter Eich


 schorsch antwortete am 05.04.05 (15:39):

Es gibt noch viele Morgenwonnen;
konnt` einst noch mich in ihnen sonnen;
nun hab die Einsicht ich gewonnen:
es lebt sich auch als Mönch und Nonnen....


 Enigma antwortete am 11.04.05 (12:45):

Morgengruß an den vergeblich kommenden Gerichtsvollzieher

Johannes Trojan

Ich weiß, Du kommst, um mich zu pfänden,
eiserner Scherge des Gerichts.
Ich kenn die Männer, die Dich senden,
doch diese Männer kriegen nichts.

Zwar Dein Bestreben scheint mir löblich:
Pflichteifer treibt so früh Dich her,
doch glaub mir, Freund, Du kommst vergeblich,
denn hier ist alles öd und leer.

Sieh hier ehmal'gen Reichtums Reste:
ein Portemonnaie mit nichts darin.
Dort an der Tür hängt eine Weste,
wenn sie Dir steht, dann nimm sie hin.

Sonst bieten nichts Dir diese Räume,
die suchend jetzt Dein Blick durchirrt,
denn Stiefelknecht und Gummibäume
gehören meinem Zimmerwirt.

Du siehst, hier ist nichts fortzuschleppen,
mich dauert, daß Du Dich bemüht.
Es sind so unbequeme Treppen,
geh hin, wo Pracht und Luxus blüht.

Noch ist es früh, genieß den Morgen,
was nutzt es, daß Du länger weilst.
Doch kannst Du, Freund, mir etwas borgen,
so tu's, eh Du von dannen eilst.

Aus: Liederzyklus "Rinnsteinlieder" von und mit Holger Münzer