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THEMA:   Etwas von der neuen Kultur in der Ukraine

 17 Antwort(en).

iustitia begann die Diskussion am 29.11.04 (21:49) :

Aus der Ukraine:

"Es gibt keinen Weg mehr zurück"

Für die ukrainische Schriftstellerin Oksana Sabuschko sind die Verhältnisse klar: Ein Haufen Verbrecher hat einen als Präsidentschaftswahl getarnten Staatsstreich veranstaltet. In Kiew berät unterdessen das Oberste Gericht über eine Annulierung der Wahl.
Interview: Julia Encke

Die Proteste in Kiew dauern an. Für Oksana Sabuschko, Dichterin und Vizepräsidentin des ukrainischen Pen-Clubs, hängt jetzt alles vom scheidenden Präsidenten Leonid Kutschma ab: Entweder wählt er den Weg von Schewardnadses "samtener Revolution" oder den von Ceausescu und Milosevic.

SZ: Frau Sabuschko, wird es beim friedlichen Protest der Opposition bleiben, oder sind am Ende doch noch Ausschreitungen zu befürchten?

Oksana Sabuschko: Die Sache ist die, dass man von einem Protest der Opposition längst nicht mehr sprechen kann. Es ist vielmehr so: Auf der einen Seite steht die Nation und auf der anderen ein Haufen Verbrecher, die Sonntag vor acht Tagen einen als Präsidentschaftswahl getarnten Staatsstreich veranstalten wollten.

Die Verbrecher scheinen allerdings immer weniger Unterstützung zu finden. Auf dem Unabhängigkeitsplatz erklärten selbst ranghohe Vertreter der Polizei und des Militärs der protestierenden Bevölkerung ihre Loyalität. Tausende Uniformierte haben sich den Protesten angeschlossen. "Die Polizei ist mit dem Volk!" und "Brüder, legt die Schutzschilder nieder!", skandieren die Leute. Mädchen schmücken die Schilder der Sicherheitskräfte mit Nelken und tanzen mit den Soldaten auf Lastwagen. (...)
Fortsetzung:
https://www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/815/43772/
*
Nicht nur die Opposition, die ganze Nation kämpft gegen den "Haufen Verbrecher".Dazu die Bildadresse:

Internet-Tipp: https://www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/815/43772/image_fmabspic_0_0.jpg


 iustitia antwortete am 02.12.04 (08:48):

Aus der Hauptstadt der Ukraine:

K i e w
- Kommentar -
von Gerhard Gnauck

Auf den Euro-Münzen und -Scheinen wurde die Ukraine zwar arg an den Rand gerückt, doch dafür hat der Name Majdan alle Chancen, in den paneuropäischen Wortschatz einzugehen. Auf dem "Majdan Nesaleschnosti", dem Platz der Unabhängigkeit in Kiew, froren auch gestern wieder Zehntausende Menschen, um ihrer Hoffnung auf Reformen, Demokratie und Selbstbestimmung Ausdruck zu verleihen. "Wir sind eine Nation geworden" - kein Satz ist im Gespräch in Kiew heute häufiger zu hören als dieser. "Europa ist mit uns" - ob dieser von den ukrainischen Reformern gern in die Menge geworfene Satz der Wirklichkeit entspricht, wird sich noch zeigen müssen. Doch immerhin sind etliche europäische Politiker auf dem Majdan gewesen. Nach Briten und Polen, Slowaken und Russen waren - spät, doch nicht zu spät - mit Claudia Nolte (CDU), Gert Weisskirchen (SPD) und Kathrin Göring-Eckart (Bündnis 90/Die Grünen) auch Deutsche auf dem Platz. Claudia Nolte fühlte sich an die Wende 1989 in ihrer Heimatstadt Ilmenau erinnert, und Weisskirchen hat sogar geredet: "Hier auf dem Platz der Unabhängigkeit erobert die Ukraine die Herzen Europas", sagte der Abgeordnete unter dem Jubel der Menge. "Ihr stoßt die Tür auf von Osten nach Westen in das Herz Europas." Die Ukraine habe die Lüge abgewählt und für Frieden, Freiheit und Demokratie gestimmt.

Auf diesem Weg ist die demokratische Opposition gestern - durch ein erfolgreiches Mißtrauensvotum gegen die Regierung - einen wichtigen Schritt weitergekommen. Doch der Weg ist noch weit. Erich Loest sprach von den Mühen der Ebene. Doch da ist die Ukraine noch nicht: Noch ist die große Lösung nicht in Sicht, und noch sind die Menschen - frierend und immer ungeduldiger - auf der Straße. Das Land hängt immer noch knapp unterhalb des Gipfels fest, und ganz Europa kann nur hoffen, daß dem Höhenflug eine sanfte Landung folgt.
*
WELT-Artikel erschienen am Do, 2. Dezember 2004
(Wer in der WELT-Reaktion arbeitet, kann nicht wissen, dass der Ausdruck „Mühen der Ebene“ von Brecht stammt; dem nicht mehr zitierbaren "Marxisten“.)


 iustitia antwortete am 03.12.04 (08:18):

Ukraine - Fataler Kompromiss
KOMMENTAR VON HEIKE HOLDINGHAUSEN

Einer der schönen Schlachtrufe der Demonstranten in Kiew lautet: "Wir sind viele, man kann uns nicht besiegen." Hoffentlich behalten sie damit Recht. Denn mit dem Kompromiss, auf den sich Regierung und Opposition am Mittwoch geeinigt haben, hat Präsident Leonid Kutschma seine Position weiter verbessert.

Die Opposition gibt die Blockade der Regierungsarbeit auf und setzt auf Verhandlungen. Damit gibt sie ein wichtiges Druckmittel aus der Hand. Gleichzeitig stimmt sie zu, nicht nur das Wahlgesetz zu überarbeiten, sondern auch die Machtverteilung zwischen Präsident und Parlament neu auszutarieren. Das bedeutet nichts anderes, als dass Kutschma den Wahlsieg Wiktor Juschtschenkos zwar akzeptiert - aber nur, wenn dieser nicht so mächtig wird wie er selbst.

Ein solcher Kompromiss wäre fatal für die Ukraine. Im schlimmsten Fall würden sich in Regierung und Parlament die Truppen Juschtschenkos und Kutschmas ein ständiges Gefecht um Macht und Einfluss liefern - ohne eine nachhaltige Änderung der Strukturen. Solange die Oligarchen und alten Sowjetkader um Kutschma an der Macht beteiligt bleiben, haben Rechtsstaat und Demokratie keine Chance.

Dass das Kompromisspapier im Übrigen die weiteren Verhandlungen von der Entscheidung des Verfassungsgerichts abhängig macht, bedeutet nicht die Verrechtlichung der Regierungskrise. Denn ausgerechnet diese Entscheidung verweist auf die Gesetzlosigkeit, die in der Ukraine herrscht. Zwar schien das Oberste Gericht vergangene Woche eine gewisse Eigenständigkeit zu beweisen, als es sich gegen Wiktor Janukowitsch stellte. Doch eine Haltung gegen den Ministerpräsidenten zu beziehen bedeutet nicht, gegen den Präsidenten zu opponieren. Die entscheidende Figur ist Kutschma, nicht der unselige Janukowitsch, der nur noch auf seine sanfte Entsorgung wartet.

Außerdem ist die Entscheidung der Robenträger nicht bindend und nur deshalb wichtig, weil sich die maßgeblichen politischen Akteure - Präsident und Opposition - darauf geeinigt haben, sie wichtig zu finden. Wenn sie von dieser Übereinkunft ablassen, können die Richter auf den Dnjepr Schlittschuh laufen gehen und dort die gleiche Wirkung entfalten wie in ihren Amtssesseln. Die Betonung des Gerichtsurteils und die Verlagerung der Krise an den Verhandlungstisch vermitteln eine Legalität und Ordnung, die das Tauziehen um die Macht in der Ukraine nicht hat.
(taz Nr. 7530 vom 3.12.2004)


 iustitia antwortete am 05.12.04 (22:36):

Kommentar für morgen, den 6.12.:

Die Tricks der alten Eliten

Das Oberste Gericht der Ukraine hat seinen ersten Reifetest in Sachen Rechtsstaatlichkeit und Demokratie bestanden: Die Stichwahl wurde annulliert und neu angesetzt. Ist das nun ein Sieg für das ukrainische Volk, wie US-Außenminister Colin Powell meint? Noch lange nicht. Das, was hunderttausende in den vergangenen Wochen auf den Straßen erstritten haben, droht durch ein zynisches Machtpoker der politischen Elite wieder zunichte gemacht zu werden.
KOMMENTAR VON BARBARA OERTEL

Wie anders soll man den Streit im Parlament bezeichnen, das sich am Wochenende nicht auf eine Änderung des Wahlgesetzes einigen konnte. Diese Reform wäre aber die Voraussetzung dafür, dass internationale Wahlbeobachter nicht die gleichen Fälschungen miterleben wie am 21. November, als manche Wähler ihre Stimme bis zu vierzigmal abgeben konnten.

Dass das Regierungslager just in diesem Moment auch noch eine Änderung der Verfassung durchsetzen will, hat mit den Wahlen unmittelbar nichts zu tun. Die Verfassungsreform soll einzig und allein dem Machterhalt der alten Eliten dienen. Die Regierung will das Amt des Präsidenten künftig auf weitgehend formale Kompetenzen zurückstutzen. Ein Präsident Wiktor Juschtschenko könnte bis zu den nächsten Parlamentswahlen 2006 wenig ausrichten gegen ein Parlament, in dem die Oligarchen über ihre Phantomparteien den Ton angeben und Abstimmungen in ihrem Sinne steuern.

Doch das Taktieren Kutschmas und seiner Verbündeten, die in der Vergangenheit bei Gesetzesbrüchen wenig zimperlich waren, ist noch in anderer Hinsicht aufschlussreich. Wieder einmal wird deutlich, dass selbst eine Verfassung nur ein wertloses Stück Papier sein kann. Sie wird umgeschrieben, wenn die politischen Notwendigkeiten es erfordern.

Geradezu grotesk und für die Lernfähigkeit ukrainischer Politiker bezeichnend ist es jedoch, dass sich jetzt auch Teile der Opposition an diesem unsäglichen Spiel beteiligen - allen voran Olexander Moroz. Mit seinem Beharren auf einer Verfassungsänderung zeigt der Sozialistenchef erneut, dass für ihn Recht und Gesetz allenfalls zweitrangig sind, wenn es um seine politischen Interessen geht.
Angesichts dieser Arroganz der Mächtigen kann es für die Menschen auf der Straße nur um eins gehen: weitermachen und keinen Millimeter zurückweichen. Der Machtkampf in der Ukraine ist noch längst nicht entschieden.
taz Nr. 7532 vom 6.12.2004


 iustitia antwortete am 08.12.04 (08:45):

Wer weiß, wie ungerne kathol. Würdenträger sich in die "fiese Politik" (solange sie den eigenen Interessen entsprechend läuft) einmischen, wundert sich, dass in der Ukraine doch Christen schon von Anfang an der "Erhebung in Orange" sich aufgeschlossen gezeigt haben.
Aus Rom, von der ZENIT-Agentur, diese Meldung:

Ukrainischer Bischof: Demokratische Wende ist nicht zu stoppen

Königstein, 7. Dezember 2004 (ZENIT.org).- "Jetzt sind die Menschen aufgewacht und geben sich mit einer Verlängerung des alten Stands der Dinge nicht mehr zufrieden", sagt Mons. Stanislaw Szyrokoradiuk, Weihbischof von Kyiv-Zhytomyr (Ukraine). Er hat am 6. Dezember den Hauptsitz der internationalen Hilfsorganisation Kirche in Not in Deutschland besucht.

"Was 1991 geschah, war eine 'Revolution von oben und ein Farbwechsel für die Fahne', aber die soziale und politische Ordnung in der Ukraine blieb unangetastet bestehen – mit 'alten Clans', die eine vollständige Herrschaftsgewalt ausübten, und mit zügelloser Korruption. Jetzt, nach der Revolution des Fußvolks, verlangt das Volk, dass die Wahlen am kommenden 26. Dezember fair und frei abgehalten werden und den Weg für eine neue bürgerliche Gesellschaft bahnen, die sich auf authentische demokratische Werte stützt."

Der für rund 250 000 römisch-katholische Seelen verantwortliche Weihbischof gibt zu, dass die Beziehung zwischen Kirche und Staat besser sei als zur Zeit des Kommunismus, gibt aber auch zu bedenken, dass es trotz Versprechungen seitens der Regierung in den vergangenen zehn Jahren keine Restitution kirchliche Besitztümer gegeben hat. "Die Chancen einer Lösung dieses Problems können unter einer neuen, demokratischen Regierung nur besser sein", ist Mons. Szyrokoradiuk überzeugt.

In der Diözese Kyiv-Zhytomyr werden 250 000 Katholiken in 128 Pfarren von 108 Priestern betreut. 36 Seminaristen bereiten sich auf den Empfang der Priesterweihe vor.
(ZENIT-ZG04120704 vom 7.12.2004)


 iustitia antwortete am 08.12.04 (11:12):

Ein Einblick - in die Kiewer Verhältnisse:
die offizielle Seite des ukrainischen Präsidenten:

https://www.president.gov.ua/eng/

Internet-Tipp: https://www.president.gov.ua/eng/


 iustitia antwortete am 12.12.04 (23:24):

Report mit Andrej Kurkow:
"Geburt der Zivilgesellschaft in der Ukraine"
Wenn der Sturm es will - in der Ukraine! Bravo!
*
Der Schriftsteller Andrej Kurkow (mein Nachfolger von Gogol)über die Macht der Wenn der Opposition und den zivilen Ungehorsam in Kiew - Interview mit BARBARA OERTEL -

taz: Herr Kurkow, was geschieht zurzeit in der Ukraine, haben Sie einen Begriff dafür?

Andrej Kurkow: Das ist eine Diskothekenrevolution (lacht). Eine große, fröhliche Party. Überall, außer in den östlichen Regionen, sind alle in Partystimmung. Die jungen Leute sagen: Los, lasst uns auf diese Party gehen. Da treten ständig Musiker auf, man kann sagen, dass eine neue Rockkultur entstanden ist. Alle Slogans der Revolution werden quasi über Nacht zu Liedtexten verarbeitet.

Haben Sie eine solche Entwicklung erwartet?

Im Leben nicht. Aber zu Sowjetzeiten hätte ich den Zusammenbruch des Sowjetsystems auch nicht erwartet. Das ukrainische Volk galt immer als sehr passiv und unendlich geduldig.

Das war wohl eine falsche Einschätzung?

Dass jetzt alles so gekommen ist, hat vor allem mit der Berichterstattung der beiden oppositionellen Medien, von Radio Era und dem Fünften Fernsehkanal, zu tun. Die haben vor und während der Wahlen die ganze Zeit über die Fälschungen und Machenschaften der Staatsmacht berichtet. Die Menschen glauben hauptsächlich dem Fernsehen. Das stammt noch aus Sowjetzeiten.

Die Aktionen der Opposition haben dann den Menschen den letzten Impuls gegeben. Sie spürten, dass sie etwas verändern können. In der Ukraine ist vor einer Woche die Zivilgesellschaft geboren.

Demonstrieren Sie auch mit?

Im Zelt schlafe ich nicht, aber ich bin dauernd auf Sendung - im Radio, im Fernsehen. Andere Schriftsteller und ich machen jetzt viele Aktionen, im Zentrum von Kiew, in Buchgeschäften. Das Wichtigste für uns ist dabei, dass alle tolerant und mit Respekt füreinander umgehen.
(...)
Weiter mit der URL:
https://www.taz.de/pt/2004/12/02/a0162.nf/textdruck

Internet-Tipp: https://www.taz.de/pt/2004/12/02/a0162.nf/textdruck 47


 iustitia antwortete am 13.12.04 (07:03):

In der FAZ:
Revolution. Die Freiheit in diesem Augenblick
Von Volker Weidermann

11. Dezember 2004 Vielleicht ist es der größte Satz, den man einem Schriftsteller sagen kann. Der Satz, den der ukrainische Essayist und Schriftsteller Juri Andruchowitsch dem ungarischen Schriftsteller Peter Zilahy geschrieben hat, im Angesicht der revolutionären Ereignisse in der Ukraine: "They are living your book now", hat er ihm geschrieben: "Sie leben gerade dein Buch." Sie leben dein Buch.

*
Weiter mit der URL:

Internet-Tipp: Manuell gekürzter Link zur FAZ


 webmaster antwortete am 13.12.04 (08:02):

@ iustitia,


bitte verwende bei so langen URLs wie von der FAZ die Funktion zum Kürzen. Unterhalb des Eingabefeldes findest Du den Text:

"Falls Sie eine kurze Internetadresse empfehlen möchten
(lange URLs werden nicht umgebrochen, bitte hier kürzen). "
Du musst nur auf das "hier" klicken, deine lange URL einkleben und du wirst mit der kurzen URL belohnt. Horizontales Scrollen wie im Moment ist dann unnötig. Ich repariere das jetzt manuell.


 iustitia antwortete am 13.12.04 (13:45):

Dank und Gruß an Karl! (Mal sehen, wie ich's kapier...)
*
Klitschko bleibt Weltmeister
Uhrwerk Orange

Von Hartmut Scherzer, Las Vegas
12. Dezember 2004 Der Sieg wurde in Orange gefeiert. Konfetti in der ukrainischen Revolutionsfarbe rieselte auf den Ring herab. Witali Klitschko, ein orangefarbenes Seidentuch an der schwarzen Hose geheftet, warf Kußhände auf die Ränge des Mandalay Bay Event Centers. Seine Fans schwenkten blau-gelbe Nationalfahnen und Schals in der Farbe des Oppositionsführers Wiktor Juschtschenko.
Der alte und neue Boxweltmeister im Schwergewicht, flankiert von Bruder Wladimir und Trainer Fritz Sdunek mit orangen Baseballkappen, richtete seine ersten Worte nach dem K.o.-Sieg in der achten Runde über Danny Williams an sein Heimatland. "Ich bin sehr stolz und möchte all meinen Landsleuten danken, die für die Demokratie und die Zukunft unserer Kinder kämpfen. Mein Sieg soll ihnen ein Siegesgefühl geben. Er ist auch ein Sieg für die Demokratie in der Ukraine." Die Boxarena in Las Vegas wurde in diesen Minuten zum Unabhängigkeitsplatz in Kiew.

„Er hat Herz und Verstand”
(...)
*
[img]https://www.faz.net/imagecache/{A490407B-0C8A-42AF-B431-249FB5ED7015}picture.jpeg[/img]


 iustitia antwortete am 13.12.04 (13:49):

So - jetzt ist's wohl besser:

Klischko - kämpft für "ORANGE"

Internet-Tipp: https://kuerzer.de/PqULkwCfe


 iustitia antwortete am 14.12.04 (20:53):

FOCUS <ONLINE> berichtet heute:
14.12.04 |

Janukowitsch wollte blutige Lösung

Während der Proteste der Opposition in der Ukraine soll der moskautreue Regierungschef Präsident Leonid Kutschma bekniet haben, massive Gewalt einzusetzen.

Er habe den Einsatz von Soldaten verlangt, berichtete die britische „Financial Times“ am Dienstag unter Berufung auf Regierungsvertreter in Kiew.

Neben Janukowitsch habe auch der Chef der Präsidialverwaltung, Viktor Medwedschuk, dafür plädiert, mit Gewalt gegen die Anhänger von Oppositionsführer Viktor Juschtschenko vorzugehen. Der scheidende Staatschef habe sich dem Druck jedoch nicht gebeugt, da er um seinen Ruf besorgt gewesen sei. Kutschma habe seine Amtszeit nicht mit Blut an den Händen beenden wollen, berichtete die „FT“.

Janukowitsch macht auf unschuldig

Janukowitsch wies den Bericht als „falsch“ zurück. Er sei an solchen Diskussionen nicht beteiligt gewesen, sagte der Ministerpräsident in Kiew. „Wir haben nicht über einen Gewalteinsatz gesprochen, sondern lediglich über die Wiederherstellung der Ordnung", sagte Janukowitsch.

Die Opposition hatte mit ihren Protesten eine Wiederholung der von Betrugsvorwürfen überschatteten Stichwahl um die Präsidentschaft am 26. Dezember erzwungen. Nach dem umstrittenen Wahlgang vom 21. November war Janukowitsch zunächst zum Sieger über seinen Rivalen Juschtschenko erklärt worden. Internationale Beobachter monierten jedoch massiven Wahlbetrug.
*
URL: ein altes Bild vom Attentatsopfer

Internet-Tipp: https://www.kas.de/db_files/dokumente/laenderberichte//7_dokument_bild_1611.jpg


 iustitia antwortete am 21.12.04 (13:46):

Das Thema gehört zwar auch in die Politik, aber ich setze es hier fort:

dw-Berichte (mit weiteren Links" über die TV- und die Real-Konfrontation zwischen "orange" und "russisch" in der Ukraine.

Internet-Tipp: https://www.dw-world.de/dw/article/0,,1434235,00.html?maca=de-netzzeitung_politik-130-rdf


 iustitia antwortete am 21.12.04 (21:25):

Ukraine (Forts.)
Jewtuschenko zu Janukowitsch: „Sie sollten nicht stehlen”

20. Dezember 2004 Sechs Tage vor der Wiederholung der Präsidentenwahl in der Ukraine haben sich die beiden Kontrahenten Viktor Juschtschenko und Viktor Janukowitsch am Montag in einem Fernsehduell einen heftigen Schlagabtausch geliefert. Sie warfen sich gegenseitig vor, die Wahl manipuliert zu haben. Im Gegensatz zu ihrem ersten Fernsehduell, bei dem beide nur Stellungnahmen zu vorher ausgehändigten Fragen abgegeben hatten, war diesmal ein Streitgespräch zugelassen.
Ministerpräsident Janukowitsch sagte, die Massenproteste der Juschtschenko-Anhänger seien nichts anderes als ein Putsch gewesen, um ihn um seinen fair errungenen Wahlsieg zu bringen. Zugleich warnte er den Oppositionsführer, daß dieser niemals Präsident der ganzen Ukraine werden würde. „Glauben sie, Viktor Andrejewitsch (Juschtschenko), daß sie gewinnen und Präsident der Ukraine werden?” fragte er. „Sie machen einen Riesenfehler. Sie werden Präsident eines Teils der Ukraine sein", sagte Janukowitsch, der russisch sprach.
„Sie sind doch ein religiöser Mensch, nicht wahr?”
Der Regierungschef hat seine Anhänger vor allem russisch-sprachigen im Osten des Landes und stammt auch von dort. Auf dem Höhepunkt der Krise nach der gefälschten Stichwahl vom 21. November hatten seine Anhänger mit einer Abspaltung der stark industriell geprägten Gebiete an der Grenze zu Rußland gedroht. Juschtschenko strebt dagegen eine stärkere Bindung des Landes an Europa an. Dafür wird er vor allem im ukrainischsprachigen Westen des Landes unterstützt.
Juschtschenko sprach ukrainisch und warf seinem Gegner vor, die Stichwahl manipuliert zu haben. „Sie sind doch ein religiöser Mensch, nicht wahr?", sagte er und zeigte auf Janukowitsch, „Sie sollten nicht stehlen. Und dann haben sie drei Millionen Stimmen gestohlen.” Die Ukraine habe aber für ihre Freiheit als unabhängiger und ganzer Staat gekämpft. Nach Massendemonstrationen der Opposition hatte das Oberste Gericht die Stichwahl wegen Wahlfälschung annulliert und eine Wiederholung angeordnet. Sie findet am 26. Dezember statt.
In den vergangenen Tagen hatten beide Kandidaten versucht, in den jeweiligen Hochburgen ihres Rivalen Wähler von sich zu überzeugen. Juschtschenko, der eine westliche Demokratie mit liberaler Wirtschaftsordnung anstrebt, besuchte den Osten der früheren Sowjetrepublik. Dort versprach er Unterstützung für die marode Schwerindustrie und Zugeständnisse an die Bevölkerung. Janukowitsch versuchte dagegen, sich als unabhängiger Kandidat und als Kritiker des scheidenden Präsidenten Leonid Kutschma darzustellen. Kutschma hatte den Regierungschef bei der ersten Wahl massiv unterstützt.
Text: Reuters
URL: https://www.faz.net/s/Rub28FC768942F34C5B8297CC6E16FFC8B4/Doc~E63E1D92DA3974290ABEAF832C9027D68~ATpl~Ecommon~Scontent.html


 iustitia antwortete am 24.12.04 (17:55):

Ukraine
Kommentar von Johan Michael Möller

Es wird wie ein Wintermärchen klingen. Wenn bei uns noch tiefster Weihnachtsfrieden herrscht, wählen die Ukrainer zum dritten Mal ihren neuen Präsidenten. Der wird dann wohl Viktor Juschtschenko heißen, und eine friedliche Revolution auf der Straße hat gesiegt. Eines ist sicher: das Selbstbewußtsein der ukrainischen Gesellschaft hat sich in den langen Demonstrationswochen von Grund auf verändert. Das Land wird wohl nie mehr in die dumpfe Apathie postkommunistischer Verhältnisse zurückfallen. Die Menschen haben Demokratie geschmeckt und der politischen Herrschaft unüberhörbar die Legitimationsfrage gestellt. Aber da endet auch schon das ukrainische Wintermärchen. Zu verzückt haben wir ihm gelauscht; zu sehr haben wir im Westen durch die Brille der Leipziger Montagsdemonstrationen geblickt.

Die demokratischen Bewährungsproben stehen dem Land noch bevor. Zu viele Ungereimtheiten gibt es um den angeblichen Giftanschlag auf Juschtschenko. Zu viele Unklarheiten bestehen, welche Macht er überhaupt hat, in welchen Abhängigkeiten er selber steht. An der Ukraine zerren viel zu viele Interessen kultureller, machtpolitischer und wirtschaftlicher Art. Die Rolle der Oligarchen ist ungebrochen, das Problem der Korruption ungelöst. Rußland wird seine Herzlande nie ganz aus seinen Fängen entlassen, und auch der Westen fingert aus eigenem Kalkül mit hinein.

Was die Ukraine jetzt braucht, ist Zeit für das eigene Nation Building, für den Aufbau einer eigenständigen demokratischen Gesellschaft, einer wirklichen Rechtsordnung und einer freiheitlichen Ökonomie. Dieser Ukraine fehlen noch der zivile Kern und die unbestrittene politische Klammer, die ein Land zusammenhält, das immer die Interessenssphäre von anderen war. Juschtschenko wird am 26. Dezember wohl siegen. Aber was ist damit wirklich gewonnen?

WELT-Artikel erschienen am Fr, 24. Dezember 2004
*
Zu Nicolai Gogol, dem Wahrheits-Not-Helfer:
Ich habe nicht sein Denkmal auf dem Gogol-Platz in Kiew gefunden, nur eins aus Petersberg. Er wusste, wie man "toten Seelen" reklamiert.

Internet-Tipp: https://www.petersburg-info.de/assets/images/nikolaj_gogol_li.jpg


 iustitia antwortete am 25.12.04 (10:28):

Ukrainische OPPOSITION
Julia Timoschenko rutscht von Interpol-Fahndungsliste

Die bisher von Interpol gesuchte ukrainische Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko steht nicht mehr auf der Fahndungsliste der internationalen Polizeiorganisation. Interpol erwartet nun eine Erklärung Russlands zu dem Fall.

Lyon/Kiew - Interpol hatte die 44-Jährige wegen eines Betrugsvorwurfs international zur Fahndung ausgeschrieben. Die russische Justiz habe den Haftbefehl ausgestellt, teilte Interpol bis zum Dienstagabend auf ihrer Website mit. Danach tauchte ihr Name auf der Fahndungsliste nicht mehr auf. Gegenüber SPIEGEL ONLINE wollte die im französischen Lyon ansässige Organisation am Abend zunächst keine Auskunft geben. Am späten Abend teilte Interpol dann mit, die Fahndung werde überprüft, weil man zunächst nähere Erklärungen von den russischen Behörden zu diesem Fall abwarten wolle.

Timoschenko ist neben Oppositionsführer Wiktor Juschtschenko die führende Treibkraft der "Revolution in Orange". Sollte Juschtschenko die zu wiederholende Stichwahl am 26. Dezember gewinnen, gilt sie als aussichtsreiche Anwärterin auf das Amt des Ministerpräsidenten.

Timoschenko betrieb in den 1990er Jahren gemeinsam mit ihrem Ehemann Alexander ein florierendes Energieimportunternehmen mit engen Beziehungen zu Russland. Der Name Alexander Timoschenko blieb auch am Dienstagabend weiter auf der Fahndungsliste.

Die Justiz in Moskau legt Julia Timoschenko zur Last, ranghohe russische Militärs bestochen zu haben. Der Haftbefehl erging, nachdem die ukrainische Politikerin im Herbst eine Vorladung der russischen Behörden nicht befolgt hatte.
Seit Jahren ermittelt die ukrainische Justiz gegen Timoschenko, die im Jahr 2001 für sechs Wochen in Untersuchungshaft gesessen hatte. Die frühere Vizeregierungschefin vermutet die alte Staatsmacht um den scheidenden Präsidenten Leonid Kutschma hinter dem Vorgehen der Behörden.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,331501,00.html
*
URL: Viktor Juschenko und Julia Timoschenko:

Internet-Tipp: https://www.zdf.de/ZDFde/img/1/0,1886,2422433,00.jpg


 iustitia antwortete am 25.12.04 (10:29):

https://www.n-tv.de/images/200411/5456291_0,1587,1408430_10,00.jpg
*
[Ein älterer Bericht zu Julia Timoschenko, als noch kaum einer sie im Westen kannte.)
Sonntag, 13. Oktober 2002
Interview
„Wir müssen Kutschma dazu zwingen, von selber zu gehen“

Interview mit der ukrainischen Oppositionsführerin Julia Timoschenko ("Block Julia Timoschenko") am Rande der Protestveranstaltung "Volkstribunal gegen Präsident Leonid Kutschma" am 12. Oktober 2002 in Kiew

n-tv.de: Frau Timoschenko, sind sie zufrieden mit der heutigen Demonstration?

Julia Timoschenko: Zufrieden ist vielleicht der falsche Ausdruck, denn so lange es so viel Leiden in diesem Land gibt, kann man nicht zufrieden sein. Deswegen gehen wir ja alle auf die Strasse. Denn Präsident Kutschma trägt dafür die Verantwortung, aber es gibt keine Möglichkeit, ihn auf regulärem, parlamentarischem Weg loszuwerden. Diese Wege hat er alle abgeschnitten. So können wir nur durch unsere Proteste einen psychologischen Effekt erzeugen, der ihn dazu bringt, von selbst zu gehen.

n-tv.de: Ihr ehemaliger Mitstreiter Viktor Juschtschenko demonstriert nicht mit Ihnen. Bedeutet das eine Schwächung der Opposition?

Julia Timoschenko: Wir bedauern sehr, dass der ehemalige Premierminister nicht mehr dabei ist. Aber es sind viele seiner Anhänger gekommen, die unsere Sache unterstützen.

n-tv.de: Kann die Opposition überhaupt ohne Juschtschenko als Vertreter der stärksten Partei weitermachen?

Julia Timoschenko: Wir werden sogar besser ohne ihn auskommen. Er ist für mich kein Oppositionspolitiker mehr, seit er mit Kutschma über eine mögliche Koalition verhandeln will.

n-tv.de: Welche weiteren Protestaktionen planen Sie?

Julia Timoschenko: Als nächstes werden wir die Vorwürfe gegen Kutschma, die wir auf diesem Tribunal formuliert haben - Verfassungsbruch und schwere Gesetzesverstösse - der Generalstaatsanwaltschaft übergeben. Wir möchten, dass ein ordentliches Strafverfahren gegen Kutschma durchgeführt wird.
Das Interview führte n.tv Korrespondentin Donata Dröge
Adresse: https://www.n-tv.de/3072260.html

Internet-Tipp: https://www.n-tv.de/images/200411/5456291_xcxc.jpg


 iustitia antwortete am 25.12.04 (10:53):

Die morgige Wahl in der Ukraine könnte „verfassungwidrig“ sein -

FAZ-net 10.45 h: Ukraine - Geändertes Wahlgesetz zum Teil verfassungswidrig

25. Dezember 2004 Einen Tag vor der Wiederholung der Stichwahl um das Präsidentenamt in der Ukraine hat das Verfassungsgericht des Landes Änderungen des Wahlgesetzes für verfassungswidrig erklärt. Die Regelung, wonach die Stimmabgabe zu Hause nur für Schwerbehinderte zulässig ist, sei verfassungswidrig, sagte der Vorsitzende Richter Mikola Selivon, am Samstag bei der Urteilsverkündung in Kiew. Das Urteil könne nicht angefochten werden.

Wähler, die aus gesundheitlichen Gründen zu Hause wählen wollen, müssen bis spätestens Samstagabend um 20.00 Uhr (Ortszeit; 19.00 Uhr MEZ) eine Genehmigung der Wahlkommission erhalten. Das Parlament hatte die Gesetzesänderung Anfang Dezember verabschiedet, um das Risiko von Wahlfälschungen zu reduzieren.
(...)
*
https://www.faz.net/s/Rub28FC768942F34C5B8297CC6E16FFC8B4/Doc~EDC51189D0EC444DEBDAB07BC9A2DC922~ATpl~Ecommon~Scontent.html