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THEMA:   "Wie wandelnde Leichen"

 6 Antwort(en).

nasti begann die Diskussion am 14.01.07 (13:12) mit folgendem Beitrag:


Bei Internet-Sucht hilft nur kalter Entzug

Tief liegende Augen, blasse Gesichtsfarbe, zitternde
Hände: "Sie sehen aus wie wandelnde Leichen", sagt Psychologe Andreas Koch von der Berliner Caritas. Er meint so genannte Internet-Junkies, die täglich 10 bis 15 Stunden im Netz hängen - ohne ausreichend zu essen, zu trinken oder sich zu waschen. Viele von ihnen leben von Hartz IV und haben sich aus dem realen Leben weitestgehend verabschiedet - bis die Telefongesellschaft schließlich den Anschluss sperrt.


https://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/9/0,3672,4296649,00.html


 Oldie antwortete am 14.01.07 (17:38):

Diese Aussage ist eine UNVERSCHÄMTHEIT !!!

Würde dieser Herr von der Caritas sich ein bisschen mehr für die Hartz-IV-Empfänger tun, müßten sie nicht zu Junkies werden! Caritas ist doch nicht nur eine soziale, sondern sogar eine kirchliche Einrichtung!

Und selbst wenn es tatsächlich so ist, darf man sich öffentlich nicht so negativ über eine sowieso schon gedemütigte Gruppe äußern.

Wenn Herr Koch telefoniert kann er Peter zahlen lassen oder eine Flatrate nutzen, wenn ein Hartz-IV-Empfänger seine ARGE anrufen will, muss er eine Servicenummer um wählen, die pro Minute 12 Cent kostet. Vielleicht wird auch deswegen ab und an einem Hartz-IV-Empfänger der Anschluß gesperrt.

Herrn Koch empfehle ich den sofortigen Rücktritt!
Und das ZDF sollte sich auch am Riemen reissen, denn auch die meisten Hartz-IV-Empfänger bezahlen Fernsehgebühren!

dr Oldie


 Marina antwortete am 14.01.07 (18:56):

Hier der Link zum Anklicken, damit er auch gelesen und nicht nur darüber geschimpft wird, ohne ihn zu kennen.
Dass Internetsucht gefährlich sein kann, gerade auch bei Arbeitslosen, die keine sinnvolle Beschäftigung haben, ist durchaus nicht so ohne weiteres vom Tisch zu wischen, sondern ein ernstes gesellschaftliches Problem.
Ich verstehe diesen Herrn Koch von der Caritas hier nicht als Ankläger der Junkies, sondern eher als denjenigen, der ihnen helfen will.

Internet-Tipp: https://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/9/0,3672,4296649,00.html


 Oldie antwortete am 14.01.07 (20:19):

... das kann man aber nicht mit derartigen Schlagzeilen! Außerdem ist es nicht nur ein Problem der Arbeitslosen, sondern fängt schon bei Kindern und Jugenlichen an, also ist es ein Problem der Allgemeinheit, welches nun wieder auf dem Rücken der Schwachen zur Show gestellt wird.

Im übrigen habe ich den Artikel natürlich auch gelesen! Ich kann das auch, ohne dass ein Link korrekt genannt ist.

Aber der Ton macht die Musik - oder die Überschrift.

Immer erst mal auf eine Gruppe einprügeln.

Ich finde, wer sich zu so einem heiklen Thema öffentlich äußerst, sollte sich zuerst mal konsequent mit der Sache und den Betroffenen (oder mit denen, die als Betroffene angenommen werden) auseinandersetzen und auf keinen Fall sich auf einige Einzelfälle beziehen.

Als Mann der Kirche und einer sozialen Einrichtung sind solche Töne absolut unangebracht und zeigen m. E. seine Unfähigkeit - oder glaubt jemand, daß sich Hartz-IV-Empfänger zu diesem Menschen hingezogen oder gut betreut fühlen?

dr Oldie


 Marina antwortete am 14.01.07 (22:08):

Deine pauschale Verurteilung von denen, die sich um Hilfe bemühen, ist mir unverständlich.
Zitat.
"Eigentlich wurde die Einrichtung ausschließlich für Glücksspielsüchtige gegründet, doch jetzt hat die Caritas wegen steigender Nachfrage auch eine neue Therapiegruppe speziell für Internet-Junkies ins Leben gerufen. Seit Oktober vergangenen Jahres wird einmal in der Woche eine angeleitete Gesprächsgruppe angeboten; außerdem gibt es die Möglichkeit zur Einzelbehandlung. Die Caritas bezahlt das Angebot aus einem eigenen Topf, weil eine Finanzierung über Krankenkassen oder Rententräger bisher nicht möglich ist. Dazu müsste Internet-Sucht als eigene psychiatrische Diagnose anerkannt sein."

Was ist gegen derlei Hilfeleistungen, die sogar aus eigenem Topf finanziert werden, einzuwenden?
Man kann natürlich alles so oder so interpretieren, je nach Einstellung oder Vorurteil. Ich sehe solche Hilfsangebote, die vom Staat vernachlässigt werden und um die sich andere Träger bemühen, nur positiv und finde es gut, dass es solche Bemühungen gibt. Schade, dass diese wirklich wichtigen Angebote für Menschen, die Hilfe brauchen, wieder so niedergemacht werden, statt sie anzuerkennen.


 Oldie antwortete am 15.01.07 (00:21):

"leben von Hartz IV und haben sich aus dem realen Leben weitestgehend verabschiedet"

Wie gesagt, der Ton macht die Musik!

Und unsere Gesellschaft, sollte nicht helfen und retten, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, sondern derartige Mißstände erst gar nicht auskommen lassen.

Ich bin selbst für eine caritative Einrichtung als Senior-Internet-Helfer tätig und informiere, motiviere, leite ältere Mitbürger, darunter auch einige ältere Langzeitarbeitslose an, die Möglichkeiten des Internets kennen zu lernen und selbst zu nutzen. Auch hinsichtlich der Vereinsamung älterer Menschen. Wie schnell kann ein körperliches Gebrechen einen Ausgang erschweren oder gar verhindern. Wie gut, wenn sich dann die Menschen über das Internet selbst mit Medizin und dem täglichen Bedarf versorgen können, Informationen über ihre Krankheit und Behandlungsmöglichkeiten bekommen und mit Gleichgesinnten oder gleich Betroffenen diskutieren können. So bleiben Sie der Gesellschaft erhalten und finden oft Freund- und Bekanntschaften, die später dazu führen, dass der Bewegliche den Unbeweglichen besucht, mit ihm spazieren geht, oder ihn zu einer Veranstaltung mitnimmt.

In unserem Landkreis, gibt es neben 7% Arbeitlosen auch 26% Menschen, die älter als 65 sind. Das ist jeder Vierte! Tendenz steigend. Aber das ist nicht gleichbedeutend, damit, dass diese Menschen krank, faul, desinteressiert oder dumm sind. Viele werden aber von der Gesellschaft vergessen, vom täglichen Leben und Angeboten ausgeschlossen und für sich allein gelassen. Doch der Mensch stirbt damit (noch) nicht – nur seine Seele!

Deswegen müssen wir uns rechtzeitig und ohne Negativ-Image um solche Menschen kümmern, sie fördern und weiterbilden, sie motivieren und sie an der Gesellschaft teilhaben lassen. Sehr viele Senioren zeigen sich dabei sehr interessiert und lernwillig. Ist ein erster Bann gebrochen, ist auch nichts zu schwer und kein Aufwand zuviel – so zumindest sind meine Erfahrungen.

Und deshalb würde ich es nie wagen, mich über Menschen derart negativ zu äußern, die ihr Leben lang – oft körperlich hart – gearbeitet, Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung bezahlt haben. Nicht nur, dass ich damit meinen Erfolg in der Seniorenarbeit (natürlich ehrenamtlich) gefährden würde, nein ich würde ja auch einen gewissen Respekt verlieren, den diese Menschen durchaus verdient haben!

Leider, leider geht dieser Begriff aber in unserer jüngeren Generation, bzw. der heutigen Gesellschaft immer mehr verloren.

Es wird immer nur über das Übel geschrieben: „"leben von Hartz IV und haben sich aus dem realen Leben weitestgehend verabschiedet"

… und so was als Aufhänger für Hilfe – noch mal - nein danke!


 Marina antwortete am 15.01.07 (10:02):

Danke für deine ausführlichen Erklärungen, Oldie, ich verstehe langsam besser, was du meinst, und deine Arbeit finde ich wirklich wichtig und gut.
Aber aus dem Satz: "Viele von ihnen leben von Hartz IV und haben sich aus dem realen Leben weitestgehend verabschiedet - bis die Telefongesellschaft schließlich den Anschluss sperrt" entnehme ich noch keine Diskriminierung, sondern nur die Feststellung eines (traurigen) Tatbestands, für den Abhilfe geschaffen werden sollte, worum sich dieser von dir geschmähte Herr Koch bemüht.(Übrigens ist dieser Satz nicht von ihm, sondern von einem ZDF-Redakteur geschrieben.) Denn wie du bei deiner Arbeit vielleicht auch manchmal festgestellt haben wirst: Das Internet kann eine Bereicherung sein, es kann aber auch eine Falle sein, die tatsächlich süchtig macht und einen von vielem abhält, was vielleicht manchmal sinnvoller wäre.
Von mir aus können wir diese Diskussion aber jetzt beenden. Ich habe schon verstanden, was du meintest.
Und wir wollen ja nicht diskussionssüchtig werden. :-)