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THEMA:   Datenschutz im Netz, eine zweischneidige Sache

 9 Antwort(en).

Karl begann die Diskussion am 23.08.06 (18:30) mit folgendem Beitrag:

Anonymisierungs- und Verschlüsselungssoftware macht Webmastern das Leben schwer, weil Störer ein leichtes Spiel haben. Das, was in einem Forum oder in einem Chat noch als harmlose Belästigung empfunden werden könnte (außer vom Administrator), nutzen inzwischen Terroristen für ihre Kommunikation. Deshalb verlangt beispielsweise Schleswig-Holsteins Justizminister Uwe Döring (SPD) Einschränkungen bei der Datenverschlüsselung im Internet (s. Linktipp). Das, was auf den ersten Blick nach einer Lösung aussieht, offenbart auf den zweiten Blick aber nur mangelnden Sachverstand. Anonymisierungssoftware und Verschlüssellungssoftware werden von Firmen benötigt und eingesetzt, um Firmenspionage zu betreiben und abzuwehren. Diese Art Software ist nicht mehr rückholbar und ihre Entwicklung wird sogar mit Steuergeldern gefördert.
Im immer engmaschiger werdenden Netz werden sich also auch in Zukunft nur die Dummies verfangen, daran wird die Profilierung der Netznutzer durch immer mehr Staatsschützer und Auswertesoftware nichts ändern. Entsprechend heißt ein diesbezüglicher Spiegelartikel "Dummenfang im Netz" von Holger Dambeck:

Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,433126,00.html


 Maren antwortete am 23.08.06 (19:43):

Hierzu eine Pressemitteilung vom 22.08.2006 des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD):

„Mit großer Verwunderung wurde im Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) die über die Presse lancierte Forderung des Justizministers des Landes Uwe Döring zur Kenntnis genommen, den gemeinsam mit den Universitäten Dresden, Berlin und Regensburg und anderen Stellen betriebenen Internet-Anonymitätsdienst AN.ON vom Netz zu nehmen.
..........ff „

siehe Link

Internet-Tipp: https://www.datenschutzzentrum.de/presse/20060822-anon.htm


 Karl antwortete am 23.08.06 (19:56):

Nun Anonymität per se ist nicht kriminell, aber Kriminelle bedienen sich der Anonymität. Das ist das Problem und insofern ist es schon verwunderlich, dass sich eine Universität wie die TU Dresden dazu hergibt.


 hl antwortete am 23.08.06 (20:19):

Um das Thema einmal von der hohen Warte des Innenministeriums auf unsere kleine Forenwarte hinunter zu holen.

Die Mehrheit in diesem Forum wird wohl kaum einen Anonymisierungsdienst in Anspruch nehmen. Bestenfalls eine anonyme Mailadresse zum Registrieren, was sicher sinnvoll ist, weil es unzählige Spammails erspart.

Wichtiger als Verschlüsselung & co. ist die Achtsamkeit bei den eigenen Beiträgen. Es passiert sehr leicht, dass man im Zuge des Schreibens hier ein Detail des Privatlebens, dort ein Detail des Berufslebens und möglicherweise auch Details der Eigentumsverhältnisse bekannt gibt. Vorangekündigte Urlaubsfahrten sind sehr beliebt bei Dieben. Das gleiche gilt für Teilnehmerlisten an Usertreffen.

Auch die sonst so gern geheimgehaltene Privatadresse kann mit einem kleinen Beitrag sehr schnell öffentlich werden, ohne dass man sie tatsächlich angegeben hat (so kürzlich einer allseits bekannten Schreiberin passiert, die parallel zu diesem Beitrag eine andere Schreiberin ermahnte, vorsichtig mit ihren Privatdaten umzugehen). :-)

Wer z.B. eine eigene Webseite mit einer de-Domain hat, dessen Namen und Adresse ist sehr schnell nachzusehen. Über die Adresse kommt man dann meist auch schnell an die Telefonnummer.

Dies nur als Hinweis für die, die ihre Privatdaten auch privat halten möchten.


 Maren antwortete am 24.08.06 (06:52):

Zurück zum übergeordneten Problem: Freiheit des Bürgers im Staat.

Sollte Orwells Utopie eines totalitären Überwachungsstaates (s. sein Roman **1984**)
nun Wahrheit werden?


***Diese geplanten Vorratsspeicherungen stellen Menschen ohne einen konkreten Anlass unter Generalverdacht. Sie tragen dazu bei, dass die Menschen ihr Vertrauen in den Rechtsstaat und in die Sicherheit elektronischer Kommunikationsdienste verlieren.***


***Die Menschen müssen es sich nicht gefallen lassen, dass ihnen ihr Datenschutz und ihre Kommunikationsfreiheiten genommen werden, dass sie zu Nummern reduziert werden***

zu lesen unter
https://www.datenschutzzentrum.de/material/themen/presse/20051227-2006.htm

--------------------------------------

***Derartige gesetzliche Regelungen würden das Datenschutzrecht der Bürger vollständig aushebeln. Der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellte Grundsatz, dass es keine Vorratsspeicherung zu unbestimmten Zwecken geben darf, würde ignoriert und in sein Gegenteil verkehrt. Damit entstünde ein Überwachungspotenzial, das in dieser Form mit nichts vergleichbar ist, was bisher in demokratischen Regimen existiert.***

zu lesen unter
https://www.datenschutzzentrum.de/rotekarte/info.htm

Internet-Tipp: https://www.datenschutzzentrum.de/rotekarte/info.htm


 hl antwortete am 24.08.06 (17:47):

1984 ist doch schon zu 90% wahr geworden. Wir merken es nur nicht.

"Orwell beschreibt in 1984 eine totale Überwachung, der sich fast niemand entziehen kann. Sie wird hauptsächlich mithilfe von Teleschirmen ausgeübt. Der Teleschirm ist sowohl Sende- als auch Empfangsgerät, das in jedem Haus der inneren und äußeren Partei, an öffentlichen Plätzen und bei der Arbeit die Bürger Ozeaniens überwacht. Niemand weiß, ob man gerade beobachtet wird oder nicht und man kann nur darüber spekulieren, wie oft oder nach welchen System sich die Gedankenpolizei in die Privatsphäre einschaltet. Darum ist es sogar denkbar, dass sie ständig alle beobachtet (vergleiche Seite 9 im Buch). Siehe auch Panoptikum, das Konzept totaler Überwachung.

Ein weiteres Mittel zur Überwachung sind Mikrofone, die überwiegend in ländlichen Gegenden und bei den Proles eingesetzt werden. Diese sind besonders deswegen gefürchtet, weil sie, im Gegensatz zu den Teleschirmen, klein und gut zu verstecken sind.

Eine andere Methode der Überwachung ist die Bespitzelung. Diese tritt in zwei Formen auf: Zum einen die Bespitzelung der Bürger durch Teleschirme oder Mikrofone der Gedankenpolizei. [...]

Quelle:https://de.wikipedia.org/wiki/1984_(Orwell)#Gesellschaft

Internet-Tipp: https://de.wikipedia.org/wiki/1984_(Orwell)#Gesellschaft


 Tessy antwortete am 24.08.06 (20:09):


Das Werk Orwells hatte mich seinerzeit fasziniert, aber mein subjektives Empfinden war damals eine überwachte, sehr steril wirkende Welt.
Und nun? Überwachung ja, steril nicht. Die Überwachung läuft verdeckter ab als ich es mir hätte vorstellen können.


 Giovanni antwortete am 25.08.06 (07:52):

Man sollte Anonymisierung und Verschlüsselung nicht in einen Topf werfen.

Verschlüsselung ist ein wichtiges Mittel, um Daten vor unberechtigtem Zugriff zu schützen. Es ist aber ein Irrglaube, dass durch ein Verschlüsselungsverbot kriminelle Handlungen vermieden bzw. aufgedeckt werden könnten. Wer keine Verschlüsselungs-Software benutzen kann, der wird seine ''Botschaften'' eben manuell verschlüsseln, indem er sich zum Bespiel so ausdrückt, dass es nur von Eingeweihten verstanden werden kann.

Für eine (zusätzliche) Anonymisierung dagegen besteht kein vernünftiger Grund. Die Anonymität im Internet ist meines Erachtens auch ohne zusätzliche Mittel mehr als hinreichend gesichert. Wer seine Identität nicht selber preisgibt, der kann von Niemandem erkannt werden. Lediglich wenn Jemand kriminelle Handlungen ausführt, dann kann (in Deutschland) die Staatsanwaltschaft anhand der IP-Nummer den Provider herausfinden und diesen zur Nennung des Benutzers verpflichten, der sich zur besagten Zeit mit der besagten IP-Nummer im Internet befand.

Meines Erachtens geht die Anonymität auf Grund unserer schlechten Rechtslage (in Deutschland) sogar jetzt schon zu weit. Wird nämlich Jemand zum Beispiel in einem Internet-Forum oder Gästebuch beleidigt, verleumdet oder ähnliches, dann hat eine Anzeige meist keinen Erfolg, weil das Verfahren von der Staatsanwaltschaft ''mangels öffentlichen Interesses'' eingestellt wird. Ja selbst massive Bedrohungen werden nicht verfolgt!

Das soll zwar angeblich mit dem neuen Stalking-Gesetz besser werden, doch bezweifele ich dessen Wirksamkeit mangels technischer Möglichkeiten. Wer zum Beispiel per Umweg über ausländische Server irgendwelcher Bananenrepubliken sein Unwesen treibt, der hat gute Chancen, nicht erkannt zu werden. Kriminellen Machenschaften stehen also weiterhin alle Türen offen.

Daher plädiere ich (im Bewusstsein gegen die Wand zu reden) für eine Identifikationspflicht im Internet. Damit meine ich, dass es Niemandem möglich sein sollte, seine IP-Nummer zu verbergen. Dies könnte zum Beispiel dadurch gelöst werden, dass Internet-Server nur solche Nutzer akzeptieren, die mit IP-Nummern von anerkannt seriösen Providern im Netz sind.


 schorsch antwortete am 25.08.06 (11:21):

Tja und dann wäre ja nur noch das kleine Problem zu lösen: Welcher Provider wird von welcher Instanz als seriös taxiert?


 Giovanni antwortete am 25.08.06 (13:00):

Ganz einfach, Schorsch. Jeder Provider müsste eine Lizenz ''erwerben'', die ihm bei wiederholten Verstößen entzogen würde. Was man jedem Taxifahrer zumutet, kann ja für eine ganze Firma nicht zu viel verlangt sein!?