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THEMA:   Man muss es mit allem genau nehmen!

 5 Antwort(en).

emilwachkopp begann die Diskussion am 27.12.06 (03:04) :

”Iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiihhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhh”, kreischte es aus dem Halse der Frau. ”Ach so, denn ist das hier wull gar nicht die Herrentoilette”, erklang es aus meiner Kehle. „Denn ist das hier auch keine ungewöhnliche Urinrinne sondern ein gewöhnliches Waschbecken.“

Na, der Fall ist heute abgehakt. Ich war damals blutjung, hatte noch nie eine Damentoilette von innen gesehen, war fast immer besoffen und büschen ackerdemisch exzentrisch angehaucht. Auch hatte ich einen leichten (aber nur ganz leichten) Hang zur Sittenlosigkeit. Mit so einem persönlichkeitsstrukturellen Mischmasch eckt man leicht mal an. Da braucht man sich gar nicht groß über wundern. Aber trotzdem: Seither bin ich immer etwas genauer damit, wo ich Wasser ablasse. Man kann nümlich einen Gehörsturz kriegen, wenn eine Frau einem so in die Ohren kreischt.

Ich war Lebensberater im Rundfunk. Aber das war gleich nach dem zweiten Weltkrieg, so dass nur die Eltern der Teilnehmer dieses Forums sich meiner noch erinnern können.
Ein Lebensberater ist einer, der gar kein Problem richtig erkennen und sich auch gar kein Problem richtig vorstellen kann. Darum hat er schwuppdiwupp für alles eine lockere Lösung. Wir Laien fühlen uns natürlich doof und ihm gegenüber abgrundtief unterlegen. In Wahrheit aber sehen wir nur Dinge, die er aus mangelnder Fantasie oder angeborener Gleichgültigkeit gar nicht wahrnehmen kann.
Ich war neu im Lebensberatungsbereich und gab von Anfang an Vollgas, da ich jedem Hörer des Nordwestdeutschen Rundfunks zeigen wollte, wie tüchtig ich bin. An ein Gespräch erinnere ich mir noch haargenau, sonst könnte ich es ja hier auch gar nicht so genau wiedergeben. Eine Frau rief mir an: „Guten Tag Herr Doktor Holunder.“ (Das war mein Rundfunkname.) „Ich rufe Sie… äh…“ „…wegen Ihres Mannes an.“ „Ja genau. Und das ist weil ….“ „ … er sie in den Wahnsinn treibt.“ „Ja, das stimmt. Er lässt mir nämlich nie …“ „…ausreden.“ Dann kriegte die Anruferin einen garstigen Tobsuchtsanfall und brachte mir dadurch zu die Einsicht, dass man sich im Lebensberatungsbereich so klotzig nicht gebärden darf. Zuhören soll man, nicht rekonstruieren. Heute bin ich schon viel genauer damit. Heute kenne ich aber auch den Unterschied.


 emilwachkopp antwortete am 27.12.06 (03:08):

Auch mit die Kleidung soll man es immer genau nehmen. Ich war damals Mappenmann. Eine meiner Kundinnen – eine Frau im lebensgefährlichen Alter – war aber (gab sie jedenfalls vor) Analphabetin, so dass ich ihr die Illustrierten immer vorlesen musste. Sie bestand darauf, dass dies im Bett zu geschehen hatte, weil dort die Akustik am besten war. Dort waren wir auch auf gleicher Höhe und ich konnte geradewegs in ihr Hörrohr hineinreden ohne mir den Hals zu verrenken oder das Rückgrad zu verbiegen. Ich hab das ja immer gesagt: Wer sich sein Lebtag bloß immer diesen Grölpop anhört, der ist mit 38 taub. Ich aber war erst 22 und hätte mir den Grölkram theoretisch noch 16 Jahre lang anhören können, ehe auch ich taub zu Bette liegen würde.
Da flog die Tür auf und ihr Mann, ein Schlachter der gröbsten Sorte, fauchte in den Raum: „Dat heff ik mi doch dacht.“ Was er sich gedacht hatte, war mir damals noch ein Rätsel. Heute kann ich mir das schon ehrer vorstellen. Dann stürzte er sich auf mir, der ungehobelte Flotz. Dabei war noch gar nichts vorgefallen. Ich war ja noch nicht mal bei die Schlüssellochschludereien angelangt sondern verlas gerade den Wetterbericht. Der war zwar schon zwei Wochen alt, aber die Schwerhörige drängte stets darauf, die ganzen Illustrierten vom ersten bis zum letzten Buchstaben vorgelesen zu bekommen. Sie bezahlte schließlich die ganzen Illustrierten und pochte daher auch auf das ganze Vergnügen.
Der Rest der Geschichte ist schnell erzählt. Der grobe Geselle packte mir, als wäre ich bloß ein schwereloses Bündel, und schmiss mir durchs geschlossene Fenster. Ganz im Sinne der Naturgesetze nahm ich den erstbesten Weg in Richtung Erde. Weil aber meine Mappenkarre zwischen dieser und mir stand, zermuste ich sie durch die Wucht meines Falles und alle Mappen formierten sich zu einem unübersichtigen Haufen. Ohne Karre ist aber nicht gut Mappenaustragen. Also wetzte ich eiligen Schrittes zur Firma und holte mir eine heile Karre. Als ich wieder am Ort des Geschehens anlangt war, waren alle Mappen weg. Also durchkämmte ich systematisch die nächste Umgebung des Tatortes, um den Dieb dingfest zu machen. Ich fand aber keinen Dieb, ja nicht einmal einen eindeutig Verdächtigen, einen der vielleicht noch Reste von Druckerschwärze unter den Fingernägeln hatte. Wieder am Tatort angelangt, konstatierte ich müde – doch gleichsam sachlich – dass die neue Karre ebenfalls weg war. Stattdessen stand dort ein Polizeiauto, dem zwei Uniformierte entstiegen, um mich – den einzigen Unschuldigen in dieser Intrige des Schicksals – festzunehmen. Seither nehme ich es mit meiner Bekleidung schon viel genauer. Ich lernte nämlich aus dem Wirrwarr der Ereignisse, dass man Mappen nicht in Unterhose austragen darf. Ich schreibe dies, falls jemand in dies Forum das noch nicht wusste.


 hugo1 antwortete am 27.12.06 (09:22):

danke, emil, eigentlich hab ich mir die Mappenschau (heute heißt das auf neudeutsch Muppet Show)etwas anders vorgestellt, aber wenn du selber dabeigewesen bist, wird es wohl stimmen. *gg*


 Olive antwortete am 27.12.06 (12:22):

Hi Emil

schade, dass du nicht mehr Mappenmann bist-
ich bin nämlich auch Analphabetin...


 eleisa antwortete am 27.12.06 (15:50):

...herrlich Emil...
dann hast du also als junger „ Spund“ schon das öffentliche Ärgernis erregt? ;-)))


 hugo1 antwortete am 27.12.06 (18:39):

eleisa, Lebensberater im Rundfunk SIND das Ärgernis, SIND das Problem *gg*