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THEMA:   Von der Waffen SS zum Nobelpreis...

 156 Antwort(en).

Sokrates begann die Diskussion am 11.08.06 (19:43) :

Günter Grass gesteht nach über 60 Jahren, dass er bei der Waffen SS war.

Dieses Geständnis hätte er spätestens vor der Nobelpreis-Verleihung machen müssen.

Was für eine Moral!!!


 carla antwortete am 11.08.06 (21:04):

Wo kann ich das nachlesen, Sokrates?

Grass ist im Oktober 1927 geboren, war also bei Kriegsbeginn 12 Jahre alt. Er wurde 1944 als Luftwaffenhelfer eingezogen; da war er also 17, bei Kriegsende knapp 18. -
Wenn er tatsächlich bei der Waffen-SS war, dann in so einem jugendlichen Alter, daß er meiner Ansicht nach durch sein späteres politisches Engagement diesen Fehler längst wettgemacht hat.
Aber mich würde tatsächlich interessieren, wo er sich "geoutet" hat.


 Marina antwortete am 11.08.06 (21:27):

Er war 17, richtig, und er war 15, als er sich dafür beworben hat. Wie viele von den Oldies hier waren wohl damals überzeugte Nazis, ich möchte es gar nicht wissen. Diejenigen, die meinen, ihm das jetzt vorwerfen zu müssen, sollen erst mal das leisten, was Grass, sowohl künstlerisch als auch moralisch geleistet hat. Grass war danach ein großer Moralist und hat immer wieder den Finger auf die Wunden gelegt. Im übrigen ist er für sein literarisches Werk mit dem Nobelpreis geehrt worden, nicht für seine Gesinnung mit 17. Diesen Preis hat er mit Fug und Recht bekommen, vielleicht sollte man ihn zur Abwechslung mal lesen, statt sich als Moralpostel über ihn aufzuschwingen.

Internet-Tipp: /seniorentreff/de/FlRzVBAii


 kropka antwortete am 11.08.06 (21:29):

https://www.diepresse.com/Artikel.aspx?channel=k&ressort=k&id=578019

https://www.handelsblatt.com/news/Default.aspx?_p=204491&_t=ft&_b=1120436

Internet-Tipp: https://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/28/0,3672,3966652,00.html


 Karl antwortete am 11.08.06 (23:27):

Wer von denen, die jetzt die Steine werfen, war bereits mit 17 selbstbestimmt? Wer hatte mit 17 bereits den Überblick über politische Zusammenhänge?


 radefeld antwortete am 12.08.06 (06:39):

Ein Arbeitskollege von mir berichtete oft, dass die "Werbung" unter den gerade mal 18-Jährigen Luftwaffenhelfern für die Waffen-SS in den letzten Kriegsmonaten wenig mit Freiwilligkeit zu tun hatte.
Der Unteroffizier forderte auf:"Wer NICHT zur Waffen-SS will, vortreten!"
Dazu hatte damals keiner den Mut.
Unter diesem Gesichtspunkt sollte man so eine Anschuldigung auch sehen, vor allem, wenn sie von Leuten vorgebracht wird, die vielleicht noch niemals in ihrem Leben in solcher Zwangssituation steckten.


 Ursula_J antwortete am 12.08.06 (07:00):

"Wer von denen, die jetzt die Steine werfen, war bereits mit 17 selbstbestimmt? Wer hatte mit 17 bereits den Überblick über politische Zusammenhänge?"

z.B. Sophie Scholl


 Sokrates antwortete am 12.08.06 (07:17):

Ich weiss wirklich nicht, wie ich die Reaktionen bewerten soll?

Schon stehen die Altvorderen auf der Matte und rechtfertigen.
Vor lauter Eifer (warum eigentlich?) überlesen sie, was ich anprangere.

Ich moralisiere nicht, dass Grass bei der Waffen SS war.
Ich moralisiere, dass er 60 Jahre lange eine gefälschte Biographie den Menschen präsentiert hat!

Ich schrieb, dass das gestrige Geständnis, vor der Vergabe des Nobelpreises hätte geschehen müssen!

Der Nobelpreis in Literatur! ist doch kein Maskottchen, da hängen doch noch ein paar andere Werte dran.

Ich bedauere, dass wieder ein Vorbild den Bach runtergeht, weil Herr Grass feige war.

Herr Grass bezeichnet sein Versäumnis selbst als Schande!


 kropka antwortete am 12.08.06 (08:32):


Lieber Sokrates,........ Was für großen Worte!:
"Von der Waffen SS zu Nobelpreis", "gefälschte Biographie", "was für eine Moral!"...
Du moralisierst nicht, du provozierst öffentlich.
Nein, er geht auch als Vorbild, und das hoffe doch sehr, nicht runter.
Und magst du Ihm Deine "Bedenken" direkt sagen, hier wäre eine Möglichkeit:

"
Günter Grass erzählt von sich selbst. Vom Ende seiner Kindheit beim Ausbruch des Zweiten Weltkriegs.
Vom Knaben in Uniform, der so gern zur U-Boot-Flotte möchte und sich hungernd in einem Kriegsgefangenenlager wiederfindet.. u.v.m. am 4. September 2006, 20.00 Uhr

Berliner Ensemble
Theater am Schiffbauerdamm
Bertolt-Brecht-Platz 1
10117 Berlin
Telefon 030 / 284 08-155
Eintritt: 15,- Euro, ermäßigt 7,-

www.berliner-ensemble.de
"

Internet-Tipp: https://www.berliner-ensemble.de/index_spielplan2.htm


 wanda antwortete am 12.08.06 (08:42):

Im November 1932 bin ich geboren und es war mein sehnlichster Wunsch, noch zur BDM zu kommen. Die hatten so schicke Strickjacken und Krawatten mit Lederknoten und da wurde was unternommen usw., und ausserdem imponierten die mir schon deshalb, weil sie älter waren.
Bevor ich 10 wurde, waren wir total ausgebombt. Dann zogen wir um, wurden Flüchtlinge. Also wegen all dieser Umstände kam es dazu, dass ich nie ein BDM-Mädel wurde, obwohl ich es mir so sehr gewünscht hatte.


 Sokrates antwortete am 12.08.06 (08:53):

Kropka,

richtig, ich moralisiere nicht, sondern provoziere!
Was ist daran verkehrt???
Lat. Provocare = heraus-, hervorrufen zu:vocare= rufen!

Auch Grass war Provocateur, als er noch in seinen Glanzzeiten die SPD öffentlich unterstützte in einer Zeit, als die BRD-Regierungen noch tiefschwarz waren!

Obwohl ich in Berlin lebe und Deine Empfehlung folgen könnte,ist es unnötig, denn er bekennt doch selbst, dass er Scheisse gebaut hat!

Warum bekennt er sich jetzt? Was die Menschen über 60 J. nicht gewusst haben, brauchten sie jetzt auch nicht zu wissen.

Nein, da er seine eigene Scham bekennt über sein Verhalten, will er wohl mit "reiner Weste" in die Urne steigen bzw. religiöse ausgedrückt, sauber vor Gott stehen.

Und, ich betone noch einmal, charakterstark wäre von Grass gewesen, wenn er das Bekenntnis vor dem Empfang des Nobelpreises gemacht hätte.

Warscheinlich würden die Abwiegler heute, äusserst empört gewesen und es wäre fraglich gewesen, ob er den Nobelpreis bekommen hätte. Nicht wegen seiner SS-Vergangenheit, sondern wegen seiner Feigheit!


 kropka antwortete am 12.08.06 (09:25):

Warum "unnötig" Sokrates? Etwas "haraus-rufen" ist das einfachste. Einen anderen Menschen versuchen zu verstehen ist aber sehr sehr schwierig... Stimmt´s?
Wie ich dich beneide!... ich meine jetzt dein Wohnort Berlin. Ich kann leider nicht alle zwei Wochen dorthin :-((

Gruß kropka


 hugo1 antwortete am 12.08.06 (09:29):

Karl fragt: Wer war mit 17 schon,,,,
Das kann man wohl so einfach mit ja oder nein nicht abtun. Dazwischen gibts noch viel mehr. Erziehung durch Elternhaus, Schule, Umfeld,,,spielen eine große Rolle.
Als ich 17 war arbeitete ich in der Landwirtschaft, war im Vorstand einer LPG, mitverantwortlich für die Baumaßnahmen in Millionenhöhe. Ich unterschrieb einen Hausbauvertrag, nahm einen Riesenkredit dazu auf und baute zusammen mit einem Bekannten ein Doppelhaus.
Dieser Mensch ( Halbjude, wie er sich selber nannte) meldete sich als 15 Jähriger zu den Flackhelfern und später, kurz vor Kriegsende wurde er an der Panzerfaust ausgebildet, mußte Schützenlöcher ausheben mit der Vorgabe, sich von den Panzern überrollen zu lassen und dann von hinten auf diese Panzer zu feuern.
Während dieser Zeit mußte er mitansehen wie seine Kameraden (da die Amis pfiffig genug waren und diese Taktik erkannten) einzeln von den Panzern angerollt und -da sich diese dann über dem Schützenloch auf der Stelle drehten- zerquetscht wurden.(Fritzens oder Krauts versenken nannten sie dieses Kreiselspielen wohl) Als diese "Kindetruppe" noch tätowiert werden sollte zum Zeichen der unbeugsamen Führertreue hatte er Glück, die Front überrollte das Geschehen. Nach der Gefangenschaft erfuhr er erst das seine Eltern im KZ ums Leben kamen.
Dieser Mensch war dermaßen überzeugend in seiner Argumentation, seiner Ausstrahlungskraft, seiner Vorbildwirkung, (er war , wie man so sagt auch ein Energiebündel und Arbeitstier, der nie vor Mitternacht Feierabend machte) der hätte damals -so denke ich mal- jeden Jugendlichen für irgendeine, auch noch so unwahrscheinliche politische Richtung überzeugen können.
Und da zu Adolfs Zeiten die auf Linie getrimmten Kinder und Jugendlichen sowieso nicht nach links oder rechts Blicken und ausscheren konnten, dürfte es für die damaligen "Bauernfänger" ein Leichtes gewesen sein diese zu Verführen, auch ohne große Androhungen.
Er hatte keine schöne Jugendzeit, aber Menschen wie er, sorgten mit dafür, das wir eine solche haben konnten.
Übrigens fällt mir auf, das heuzutage die Jugend in gewisser Hinsicht relativ aufgeklärt und selbständig ist (Umgang mit Technik ,,)in anderen praktischen Dingen (Behördenumgang, Finanzgeschäfte, politische Orientierung,,,) oft, doch noch etwas weltfremd und hilfebedürftig erscheint.


 Sokrates antwortete am 12.08.06 (10:15):

Kropka,

Du willst mich offenbar nicht verstehen.
Schaut mal in der Frankfurter Allgemeine.
Der Biograph von Grass findet ebenfalls das verspätete Bekenntniss nicht in Ordnung, so auch ein Schriftsteller-Kollege.
Allerdings kostet der ganze Beitrag €1,50.

In einem anderen Forum hat man mir geantwortet:
Grass bekannte, weil er Anderen zuvor kommen wollte, die diesen Teil seines Lebens herausgefunden haben. Und postelieren sogar die Rückgabe des Nobelpreises!

Es ist egal wie nun. Die Tatsache zählt, dass er einen Teil seiner Biographie verschleiert bzw. falsch wiedergeben hat.

Ich möchte nicht Grass sein, wenn er sein neues Buch, in dem dieses Bekenntnis steht, vor dem Publikum vorstellt.
Das wird ein Gang nach Kanossa!


 Sokrates antwortete am 12.08.06 (10:18):

Hugo1,

vom wem redest Du eigentlich. Halbjude, Flackhelfer???
Von Grass?
Wenn ja, er war eben nicht Flackhelfer!


 Marina antwortete am 12.08.06 (10:51):

Sokrates, du bist ein Pharisäer. Grass hat sich für mich mehr als rehabilitiert durch sein Leben danach. Und noch einmal: Der Nobelpreis hat nichts mit Gesinnung zu tun, erst recht nicht mit einer Gesinnung, die jemand mal von 17-18 hatte und längst abgelegt hat. Der Literatur-Nobelpreis ist eine Ehrung ganz allein für ein literarisches Werk.
Dass Grass es bisher verschwiegen hat, erweist sich als richtig, wenn ich jetzt Reaktionen wie deine sehe. Besser wäre gewesen, er hätte es weiter verschwiegen und sich nicht geoutet. Jetzt werfen alle die mit Steinen auf ihn, die (wetten dass?) noch nie eins seiner Bücher oder seiner großen Reden gelesen haben und ihn gerade mal vom Namen her kennen. Und es ist ein gefundenes Fressen für die Rechten, die ihn immer schon gehasst haben wegen seiner moralischen Einlassungen. Jetzt bricht das große Triumphgeheul bei ihnen los.

Internet-Tipp: https://www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/KULTUR/636557.html


 mart antwortete am 12.08.06 (11:07):

Auf jeden Fall ist es verkaufsfördernd.

Nicht jeder 17 jährige war begeisterter Braunhemdträger, nicht jede........ Manche/r schaffte es, nicht dabei zu sein.... So wie halt in jeder Diktatur auch junge Menschen das verordnete, gemeinsame Jubeln ablehnen und sich fern halten können.

Schön für Grass, wenn er sich jetzt outet - ich finde ebenfalls, daß man die Tatsache an und für sich ihm nicht ankreiden kann. Der werfe den ersten Stein, der von sich selbst sagen kann, er hätte sicher an seiner Stelle anders gehandelt.

Allerdings möchte ich aber ebenso viel Toleranz, wie sie hier für Grass gezeigt wird, auch für andere Menschen einfordern, die auf diese Weise einer Hetzkampagne zum Opfer gefallen sind. Auch wenn sie nicht die Qualitäten eines Grass haben.


 Ursula antwortete am 12.08.06 (11:09):

Ich will nicht die Irrungen eines damals 17-Jährigen bewerten, aber ich finde es geradezu erbärmlich, dass Grass sich erst jetzt zu diesem dunklen Kapitel seines Lebens bekennt!
Spätestens als er für den Nobelpreis nominiert wurde, hätte dies nach meiner Ansicht geschehen m ü s s e n!

Heute in der F.A.Z. (Internet-Tipp) ein Kommentar von Frank Schirrmacher
"Grass' spätes Eingeständnis: Eine zeitgeschichtliche Pointe "

Internet-Tipp: /seniorentreff/de/7AAw6E5xJ


 Sokrates antwortete am 12.08.06 (11:12):

Ursula...

... und genau so sehe ich es auch!


 kropka antwortete am 12.08.06 (11:27):

Oh, Du mutiger, unbeirrbarer Sokrates! :-)
Ist "verschleiern" gleich mit "falsch wiedergeben" und/oder "schweigen" gleich mit "lügen"?!..
Ich lese jetzt Marina und sehe, Sie hat es viel besser als ich "in meinem Deutsch" erklärt..
Sollte er doch lieber schweigen?.. "Besser wäre gewesen, er hätte es weiter verschwiegen und sich nicht geoutet.".. so dachte ich kurz auch.
Oh, Du mutiger, unbeirrbarer Günter Grass! Kein Friede für Dich auch nicht mit 79 Jahren!.. Du wirst geliebt Du wirst gehasst.. Es erinnert an B. Brecht.. irgendwie.


 Ursula antwortete am 12.08.06 (11:35):

"Auf jeden Fall ist es verkaufsfördernd" (mart)

Das mit Sicherheit! Im September erscheint Günter Grass' Autobiografie "Beim Häuten der Zwiebel"!

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt ...


 Tobias antwortete am 12.08.06 (12:00):

Also General war er mit 17 auf keinen Fall Sokrates.
Du übertreibst wenn du bei Grass von einer SS Vergangenheit schreibst wenn er doch erst wenige Tage vor Kriegsende zu dieser Truppe kam. Sicher sind damals viele von der Hitlerjugend zur SS, das war bei Grass wohl auch so. Er hatte, wie so viele andere, nichts anderes gehört,als unser Vaterland bis zum letzen Blutstropfen zu verteidigen. Da hätte Papa Heuss auch nicht Bundespräsident werden dürfen denn er hat damals den Ermächtigungsgesetzen zugestimmt und das war viel schlimmer.

Richtig ist Ursula, dass Sophie Scholl mit 17 Jahren etwas vollbracht hat. Sie lässt Männer wie Stauffenberg sehr ärmlich aus der Wäsche schaun, aber dies war auch eine Sache ihre elterlichen Erziehung. Nur das ZUHAUSE konnte Kinder damals ( wie auch Heute ) eine solche Richtung vorleben, wie es bei den Scholls war.

Im Okt. 1932 geboren war ich beim Jungvolk und kannte damals nichts anderes, als eines Tages zur Elite, das war nun mal die SS, zu gehören. Meine Eltern hatte damals nichts dagegen, dass ich in einem Internat, das politisch geprägt war, schon als 11 jähriger besuchte. Im Gegenteil sie waren damals stolz das ich dort eintreten durfte. Leute die diese Zeit nicht erlebt haben können sich diese nicht vorstellen, auch wenn sie noch soviel darüber gelesen haben.


 dutchweepee antwortete am 12.08.06 (13:31):

ich empfinde dieses "outing" auch nicht weltbewegend. grass sagt selbst: "Es ist sicher so, dass ich glaubte, mit dem, was ich schreibend tat, genug getan zu haben. Ich habe ja meinen Lernprozess durchgemacht und daraus meine Konsequenzen gezogen..."

ausserdem hat er ja im kriegsgefangenenlager Bad Aibling mit dem jetzigen papst gewürfelt. das sollte absolution genug sein. *lache*

.

Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/kultur/literatur/0,1518,431333,00.html


 mart antwortete am 12.08.06 (14:12):

Dann hat aber der Grass recht gut gelernt, wie man promotet - na ja, was dem einen seine Affairen sind, ist dem anderen seine öffentliche Erinnerung.

Aber da ja bereits von höchster Stelle absolutiert, zumindest ist das eine gute Nummer, das mit dem Josef - dann wird er (und werden andere) schon wissen, warum er was tut. Ist ja in letzter Zeit ziemlich ruhig geworden rund um den Grass.


 schorsch antwortete am 12.08.06 (15:00):

Ich habe heute in der Zeitung gelesen, dass Grass damals in die U-Boot-Armada wollte. Das wurde ihm versagt und er in die Waffen SS eingeteilt.
Es ist schon merkwürdig, wie Leute heute auf einem Umstand herum reiten können, der damals, als diese Sache hängig war, ganz normal war; dass ein Deutscher in die Waffen SS eingeteilt wurde, ob er dies nun wollte oder nicht. Hat vielleicht Sokrates - oder sonst wer hier - jemals gehört, Grass habe sich an Kriegsverbrechen beteiligt oder sich irgend etwas anderes Unrühmliches zuschulden lassen?


 Felix antwortete am 12.08.06 (15:12):

positiv:
- Er hat sich nun dazu bekannt.
negativ:
- Etwas spät finde ich.
Frage:
- Wieviele haben ihre Verfehlung bis heute n i e zugeben können?

Bemerkung:
Unter <Verfehlung> verstehe ich allerdings nicht nur die von Grass! Da gibt es Schlimmeres!


 Elisabeth antwortete am 12.08.06 (17:04):

Dieses öffentliche Bekenntnis wird die Auflage seiner "Erinnerungen" steigern- den Gewinn maximieren.
Wem nützt das? Elisabeth


 hugo1 antwortete am 12.08.06 (17:16):

schon 1949 standen Zehntausende Nazischergen und SS-Schwerverbrecher auf amerikanischen Gehaltslisten der CIA und der Wirtschaft. Ohne diese "Experten" sahen sich die Amis ziemlich unerfahren Ihren neuen Gegnern (Sowjetunion) im Kalten Krieg gegenüber, also wurden deutsche ehemalige "Erfahrungsträger im Kampf gegen den Bolschwismus" noch und nöcher eingekauft. Da ist es schon ein großes "Verdienst" aus heutiger Sich -zumindest für mich- wenn der Herr Grass sich da rausgehalten und einen demokratischen, friedlichen Weg bevorzugt hat.
Hätte er sich damals bei den richtigen Partnern geoutet, hätte er vielleicht sogar ein tolle -politische oder sonnstige-Karriere machen können. ( diese "Ehemaligen" hatten noch Jahrzehntelang sich gegenseitig Posten und Chanzen mittels ihrer Beziehungen zugeschoben)


 elvi antwortete am 12.08.06 (17:48):

Meine Meinung:

G. Grass hat sich literarisch verdient gemacht -

Als öffentliche Person hätte er sich viel früher zu seiner Vergangenheit bekennen sollen -

Das Bekenntnis/Bedauern JETZT halte ich für PR um sich und sein Buch wieder ins Geschäft zu bringen -

Mein Fazit:

Keine Überraschung - kein Übelnehmen - kein Verdammen -
weil: SO sind Menschen! - Helden sind Fabelwesen - Vorbilder in Gänze gibt es für mich nicht, immer nur Bruchteile eines Menschen können für mich vorbildlich sein -

Meine Erinnerung:

Mit 17 J. (1957) hatte ich mein Überleben in einem aufzubauenden Deutschland im Kopf und von Politik kaum Ahnung/Verstehen -

;-)

elvi.


 dutchweepee antwortete am 12.08.06 (18:28):

ich würde es ihm nur übel nehmen, wenn er ein "mitgliedsbuch" der ODESSA hätte.

.


 Claude antwortete am 12.08.06 (18:31):

dutchweepee schrieb,
ich würde es ihm nur übel nehmen, wenn er ein "mitgliedsbuch" der ODESSA hätte.


Eine aparte Idee mit einem gewissen Unterhaltungswert. Lache
Claude


 Felix antwortete am 12.08.06 (19:00):

Ob jeder weiss , dass OdeSSA für "Organisation der ehemaligen SS-Angehörigen" steht?

Ich jedenfalls musste nachgucken!

Noch zur Frage, ob man mit 16/17 Jahren schon eine eigene Position gegenüber Ideologien haben kann, möchte ich immerhin darauf hinweisen, dass ich mich genau in diesem Alter geweigert hatte konfirmiert zu werden.
Ich liess mich also auch von einer viel harmloseren eigentlich sogar menschenfreundlicheren Ideologie nicht einfach indoktrinieren.

Wir haben doch im Forum Teilnehmer/innen, die in diesem Alter mit der braunen Ideologie konftrontiert wurden.
Wie haben sie diese Zeit erlebt? Hat keine/keiner sich dagegen aufgelehnt und nicht einfach mitgemacht?


 elvi antwortete am 12.08.06 (19:18):

Uups, Felix --- da hab` ich mich ja mal kleiner gemacht als ich mit 17 war .... das muß ich gleich berichtigen, wenns um Ideologien geht ... :

Ich hatte zwar noch keine eigene Meinung/Verständnis von Politik, aber mich bereits drei Jahre zuvor von ´ner Sekte gelöst und per Konfirmation für die Ev.Kirche entschieden, aus der ich dann ca. 20 Jahre später wieder austrat - - aber richtig beseelt war ich damals schon von dem Kampf für die Rechte der Frauen und um meine persönliche Freiheit !

Global gesehen, Felix, sind natürlich unser ganzes Handeln und unsere Entscheidungen Politik - aber ich fürchte, so waren die Fragen oben nicht gemeint !?

;-))

Moin, moin - elvi.


 dmz antwortete am 12.08.06 (22:22):

Heute in den TV-Tageskommentaren -
Ein Professor W....(?) meinte sinngemaesz:
"Grass spricht von der SS-Elite und
seiner damaligen Sympathie fuer Eliten.
Er halte das fuer moralisch unverantwortlich !
Jeder wisse, das die SS keine Elite
sondern eine kriminelle Vereinigung war.
Deshalb verurteile er Grass."
:::
Ralf Giordano sprach von der dtschen 2. Schuld
in der Nachkriegszeit und verurteilte damit
das Verhalten der dem 3.Reich nahegestandenen Dtschen,
ihre Verhaltensweisen und Engagements vor 1945 mehrheitlich vertuscht zu haben.
Damit fiele auch Grass unter diese Kritik,
naemlich viel zu spaet zu diesem seinen Thema
Stellung bezogen zu haben.
Er haette im eigenen Interesse besser dazu geschwiegen.
MfG/dmz.
:::
PS: geschaeftl Gruende wg Buch-Verkauf ...?


 Sokrates antwortete am 13.08.06 (08:27):

Als Verfasser dieses Beitrages möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass es mir nicht darum ging, Herrn Grass wegen seiner SS-Zeit zu schelten (gerade, die Älteren von uns, müssen doch noch wissen, aus welcher Vergangenheit Herr H. an die Macht kam, wie der Informationsfluss war und somit die Propaganda).

Nein, mir geht es um einen Menschen, der Weltlitaratur schrieb, dafür den Nobelpreis bekam und somit in der ganzen Welt bekannt ist.

Mir geht es darum, dass dieser Mensch Moral postelierte, sie aber selbst nicht aufbrachte, in dem er seine Biographie verfälschte.

Die er spätestens vor der Erhebung in dem Literatur-Olymp - Nobelpreis - korrigiert haben müsste. Immerhin, war er zu der Zeit 72 Jahre alt und hatte auch nicht mehr viel zu verlieren.

Ausser, den Nobelpreis!

Ich glaube nicht, dass Grass sich jetzt offenbarte, um sein Buch gewinnbringender zu verkaufen.

Ich glaube, es war wirklich sein Gewissen.

Was mich sehr verwundert, dass manche ihre Vergangenheit mit der von Grass vergleichen.

Aus dem Alter sollte man doch raus sein, reflexartig sich verteildigen zu wollen, wenn es gar nichts zum verteildigen gibt!


 hugo1 antwortete am 13.08.06 (09:15):

als ich die gestrigen und heutigen Beiträge in Foren, Kommentare und Berichte in den Zeitschriften sowie TV-Nachrichten so langsam bei mir sacken ließ, kam mir die verschrobene Idee, was wäre wenn ?
Wenn Herr Grass sich diese Story nur ausgedacht und jetzt unter die Leute gebracht hätte. Schneller und exakter als mit diesem Interwiew, konnte er niemels Freund und Feind, Verehrer und Verklärer, Sympathisanten und Neider, echte Interessenten an Seiner Vergangenheit und böswillige Fledderer seiner Popularität aus der Reserve locken. So gesehen ist dies ein riesiger total gelungener Coup, auch wenns nicht warhaftig wäre, es müßte erfunden werden. Abgesehen davon, das die Journaille noch etwas müde ums Sommerloch gruppiert war und auf solch fetten Bissen an der Angel lauerte, der Moment war doppelt günstig, zumal gerade mal wieder ein neues Buch im Anmarsch ist, die Berliner Vertriebenenausstellung im Kreuzfeuer steht, der internationale Frieden gefährdet ist und die allgemeine Kritikbegeisterung gegen Alles und Jedermann hohes Niveau erreicht hat., Wie gesagt,,,nur so eine Idee von mir *g*


 schorsch antwortete am 13.08.06 (09:18):

Ich denke, Grass hat es heute nicht mehr nötig, seine Auflagenzahlen mittels Outcoming zu steigern.

Weiter nehme ich an, dass noch im heutigen Deutschland ein paar hunterttausend Mitbürger leben, die mehr Dreck am Stecken haben, von denen aber kein Mensch erwartet, dass sie ihre Vergangenheit offen legen.

elvi, ist jene Sekte, die du erwähnst, vielleicht jene, die ich in meinem Buch "Der Armeleutebub" "Geschwister der gekreuzigten Sonne" nenne? Ich nenne sie so, weil auf ihrem Emblem ein riesiges Kreuz steht, hinter dem die Sonne aufgehen soll, was aber so aussieht, als ob sie soeben gekreuzigt worden wäre....


 radefeld antwortete am 13.08.06 (09:42):

@hugo1:
Obwohl wir eher selten einer Meinung sind, diesmal habe ich auch schon solche Gedanken gehabt, zumal die Verleihung des Nobelpreises nun auch schon 7 Jahre zurück liegt. Wer wärmte das jetzt und aus welchem Grunde wieder auf?
Sommerloch und Selbstvermarktung werden da wohl im Spiele sein.


 kropka antwortete am 13.08.06 (10:18):

...und ich sehe den Grass so, ich sehe es genauso:
(auch wenn das nicht mein Leserbrief ist)
"
Ich sehe den Grass wachsen
...............
Die Deutschen haben mehr als viele andere Völker Vergangenheitsaufarbeitung betrieben und können vor allem darauf stolz sein. Nun stellt sich raus, dass Grass es Jahre lang nicht fertig brachte, über seine Mitgliedschaft bei der Waffen SS zu sprechen. Trotz meiner ambivalenten Haltung zu diesem Schriftsteller kann ich sein Schweigen doch nachvollziehen: Er war jung damals, sehr jung! Schuldgefühle wuchsen in ihm vielleicht zu gleicher Zeit wie seine Haltung gegenüber Rassismus, Krieg und Verfolgung. Das brauchte gerade für einen Angehörigen seiner Generation viel Zeit - und das ist verständlich, denn aus meiner Sicht war er damals zu jung, um das alles wirklich einschätzen oder gar verhindern zu können. Aber er war alt genug, um nach 1945 sehr bald zu sehen, was passiert war. Ein Dilemma, mit dem sicherlich nicht nur er nicht zurecht kam. Entscheidend bleibt für mich seine Haltung als Demokrat und... das er JETZT spricht über das, was ihn all die Jahre bedrückt hat. Das musste wachsen. Wie bei vielen anderen Deutschen auch. Ich sehe den Grass wachsen, ich sehe, dass er ganz und gar typisch deutsch ist in dieser Rolle. Und ich sehe, dass es menschlich ist und damit nun wirklich nicht zu verurteilen, sondern mit Respekt zur Kenntnis zu nehmen!
Cornelia Edel am 12.08.2006 12:21
"

Alles, auch den Anfang nachzulesen, wer mag, in Financial Times Deutschland:
Günter Grass war Mitglied der Waffen-SS /Kommentare.

https://www.ftd.de/karriere_management/koepfe/104067.html


 Marina antwortete am 13.08.06 (12:25):

"Mir geht es darum, dass dieser Mensch Moral postelierte, sie aber selbst nicht aufbrachte, in dem er seine Biographie verfälschte.
Die er spätestens vor der Erhebung in dem Literatur-Olymp - Nobelpreis - korrigiert haben müsste. Immerhin, war er zu der Zeit 72 Jahre alt und hatte auch nicht mehr viel zu verlieren."

"Moral postulierte" meinst du wohl, Sokrates, nicht "postelierte", das Wort habe ich noch nie gehört. :-)
So, so, und du meinst, einem der angesehensten Schriftsteller der heutigen Zeit, angesehen sowohl wegen seiner Kunst als auch wegen seiner moralischen Forderungen, vorschreiben zu müssen, wann er sich zu outen hat? Und wer hat dich dazu bestimmt, den Richter zu spielen?
Hast du wie Grass, gegen Wiederaufrüstung,gegen Abschiebeknäste und gegen Menschenrechtsverbrechen im allgemeinen protestiert?
Schwingst dich aber als Richter auf über einen Menschen, der dies tut, weil er drei Monate (mehr waren es nicht) seiner Jugendzeit verschwiegen hat. Und das bezeichnest du als "Verfälschung einer Biographie". Und legst dir einen Nick zu, der Weisheit vortäuschen soll, von der du meilenweit entfermt bist. Was für eine aufgeblasene, überhebliche Selbsttäuschung!

Internet-Tipp: https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%BCnter_Grass


 mart antwortete am 13.08.06 (12:37):

Eines muß man "wikipedia" zugestehen - aktuell ist es wirklich!


 Sokrates antwortete am 13.08.06 (12:41):

Marina,

über Deinen Beitrag habe ich herzlich gelacht.

Du bemerkst nicht, dass Du das gleiche mit mir machst, dessen Du mich bezichtest!

Marina, ich nehme mir schlicht und einfach heraus eine Meinung zu einem Vorkommnis zu haben.

Meine Beweggründe und Gesinnung habe ich wohl klar und deutlich ausgeführt.

Hier herrscht eine eigenartige Doppelmoral.

Eko wird (auch von mir) in Grund und Boden gestampft, weil sie lieber weg schaut, wenn es Probleme gibt.

Kaum handelt es sich um einen Prominenten wird man hier geteert und gefedert, nur weil man eine eigene Meinung hat.

Seltsam, seltsam.....


 Marina antwortete am 13.08.06 (12:54):

"dessen Du mich bezichtest"

"bezichtigst", Sokrates, nicht "bezichtest". Vielleicht erst einmal richtig Deutsch lernen? :-))

Es geht nicht darum, dass es ein Prominenter ist. Aber ich habe keine Lust, weitere Erklärungen abzugeben, weil du sie sowieso offensichtlich nicht verstehst. Vergebliche Energieverschwendung.


 Sokrates antwortete am 13.08.06 (13:51):

Marina,

Deine Gesinnung kann ich erkennen, dass Du mehr auf die Rechtschreibung achtest, als auf den Inhalt meiner Worte.

Dieses Verhalten kenne ich aus uralten Zeiten, soll heissen, aus den Kindertagen!

Ich gebe Dir aber uneingeschränkt Recht, dass unsere Kommunikation pure Energieverschwendung ist.


 Pensionist antwortete am 13.08.06 (14:47):

Marina, SEHR GUT!


 dutchweepee antwortete am 13.08.06 (16:34):

@"sokrates"

es geht bei günther grass nicht um einen "prominenten", sondern um eine ikone des gesunden menschenverstands und des widerstands gegen bürgerliche doppelmoral und revanchismus.

ein solches leben wegen ein paar wochen zu kriegsende verunglimpfen zu wollen ist billig.

sooo viele NS-kriegsverbrecher sind davon gekommen, obwohl sie schlimmste perversionen begangen haben. was zur hölle willst du dem grass denn vorwerfen? das er nicht überall seine schwarze uniform vorgezeigt hat, sondern sich abgründig (für ein paar wochen seines lebenslaufs) geschämt hat, nachdem das volle ausmaß der verbrechen offenbar wurde?

alle meine onkels waren in der waffen-ss und haben als panzermänner und artilleristen tapfer gekämpft. sie haben sich aber nach dem krieg nach canada und USA "verpisst". sie werden schon gewusst haben warum.

günther grass hat aber aktiv und mit viel energie an dem neuen deutschen staat gebaut, daß er befreit wird von revanchismus, rassismus und elitedünkel. das ist nicht das lebenswerk eines ss-manns, sondern eines humanisten.

ich bin der meinung, daß sich vor allem DIE leute gerade aufplustern, die selbst das gefühl haben zu wenig, oder garnichts zur beseitigung des alten nationalistischen denkens beigetragen zu haben. nach dem prinzip:

schaut doch DEN GRASS an! ...der ist auch nicht besser als ich!

.


 Marina antwortete am 13.08.06 (16:59):

dutchweepee, das war das Beste, was ich von dir seit langem gelesen habe. :-) Es wäre schön, wenn du öfter mal weniger Slogans, sondern mehr Inhalte bringen würdest wie diesmal. :-)
Übrigens glaube ich, dass viele Leute, darunter Sokrates, gar nicht wissen, dass Grass "aktiv und mit viel energie an dem neuen deutschen staat gebaut hat, daß er befreit wird von revanchismus, rassismus und elitedünkel."

Und das ist es, was mich ärgert: Sie haben gerade mal den Namen gehört, wissen nichts, weder von seiner Kunst noch von seinen großen politischen Reden, die durch und durch von Humanität geprägt waren, und erlauben sich ein kleingeistiges Urteil zu einem so großen Menschen, dem sie nicht das Wasser reichen können.

Da kann ich es mir dann eben nicht verkneifen, auch mal die Deutschfehler ins Spiel zu bringen, die ich sonst meistens versuche zu übersehen. :-)


 seewolf antwortete am 13.08.06 (17:09):

Vergebliche Verschwendung - Marina - wäre fast ein Pleonasmus...

:-)


 Marina antwortete am 13.08.06 (17:18):

Stimmt, Seewolf, gut beobachtet. :-)

Ich empfehle hier mal Auszüge aus Grass' Friedenspreislaudatio auf den kurdischen Schriftsteller Yasa Kemal, für die er danach bespuckt und beschimpft wurde von der gesamten CDU.

Hier ein Auszug, Rest s. Link-Tipp:

Günter Grass
"Ich schäme mich meines zum bloßen Wirtschaftsstandort verkommenen Landes"
Auszüge aus der Laudatio von Günter Grass anläßlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an den türkischen Autor Yasar Kemal in der Frankfurter Paulskirche

"In einem vor wenigen Jahren im Spiegel veröffentlichten Artikel hat (Kemal) die Verfolgung der Kurden in seinem Land beklagt und zugleich die westlichen Demokratien an ihre Mitverantwortung erinnert. (...)
Dieser Appell, meine Damen und Herren, ist auch und aus besonderem Grund an die deutsche Adresse gerichtet. Wer immer hier, versammelt in der Paulskirche, die Interessen der Regierung Kohl/Kinkel vertritt, weiß, daß die Bundesrepublik Deutschland seit Jahren Waffenlieferungen an die gegen ihr eigenes Volk einen Vernichtungskrieg führende Türkische Republik duldet.
Nach 1990, als uns die Gunst der Stunde die Möglichkeiten einer deutschen Einigung eröffnete, sind sogar Panzer und gepanzerte Fahrzeuge aus den Beständen der ehemaligen Volksarmee der DDR in dieses kriegführende Land geliefert worden. Wir wurden und sind Mittäter. Wir duldeten ein so schnelles wie schmutziges Geschäft. Ich schäme mich meines zum bloßen Wirtschaftsstandort verkommenen Landes, dessen Regierung todbringenden Handel zuläßt und zudem den verfolgten Kurden das Recht auf Asyl verweigert.

Internet-Tipp: https://www.glasnost.de/db/DokZeit/9710grass.html


 Gevatter antwortete am 13.08.06 (17:54):

@ SOKRATES:
Mal ne Frage: Wenn Du heute ein Buch von Grass zur Hand nehmen würdest, würdest Du ihn mit anderen Augen lesen, als noch vor wenigen Tagen? Ich bin mir da bei mir selbst nämlich nicht so ganz sicher, denn irgendwie geistert diese "Jugendsünde" dann doch von nun an im Hinterkopf rum. Wohlgemerkt, es ändert nichts an meiner Meinung über diesen mutigen Menschen, sondern sagt eher etwas darüber aus, wie gerade Heranwachsende sehr leicht zu verführen sind. Dennoch sehe ich den Mensch Grass nun irgendwie anders.

P.S. Lass dich von den Kettenhunden und Wadenbeißern nicht irritieren. Wer es nötig hat, genüsslich in krümelkackriger Weise auf ortografische Flüchtigkeitsfehler hinzuweisen,hat es eben nötig. Da hilft auch kein Beteuern, dass man dies eigentlich nicht nötig hat.

Gevatter


 kreuzkampus antwortete am 13.08.06 (19:24):

Mir ist es egal, ob er in der Waffen-SS war und das er das erst jetzt bekennt; aber mir ist nicht egal, dass er jahrzehntelang mit einem riesengrossen Zeigefinger auf Menschen gezeigt hat, die im Dritten Reich irgendwelche Postionenen innehatten; egal unter welchen Vorzeichen. DAS halte ich für charakterlos.


 dutchweepee antwortete am 13.08.06 (22:33):

ach so?


 Literaturfreund antwortete am 14.08.06 (08:18):

Ist doch erstaunlich, das Niveau derer, bei denen man erkennen kann, dass sie Grass zur Kenntnis nehmen, auch wenn sie ihn natürlich nie in der Schule oder im Studium gelesen haben.
Die ihm "Schande" nachrufen, nachdem er selber in seiner Entwicklung so weit war, eine Biografie auch mit ihren Schatten zu schreiben, zeigen, dass sie selber so etwas nie schaffen: kritisch und moralisch verbindlich sich zu äußern - und Weltliteratur zu schreien. (Das hat hier von den STlern noch keiner für sich und uns geleistet.)
"Kreuzkampus" ist da die dümmste Variante der Schreier: Grass hat Romane, Gedichte, Theater geschrieben und historische Analyse, aber keine Denunziationen. - Warum sich der Kreuzmensch getroffen fühlt, muss an seiner historischen Verbohrtheit liegen; er würde wohl noch mal immer wieder Dummheit und Krieg und Verfolgung als „Ehre“ riskieren, wenn Politiker und Militärs ihn ausstatteten, Sold zahlten und losschickten.

Von den großen schändlichen Lügnern der Bundesrepublik (die immer erst von außen, von Quellen oder Zeugen entlarvt wurden): Filbinger, Strauß, Flick, Kohl, Möllemann, Reich-Ranicki (der letztere wg. seiner Rolle als Spion für die polnischen Kommunisten) – sie haben nie von sich aus von ihrer Scham gesprochen, sondern doll und "herr"-lich von ihrer Ehre, ihren Werten, ihren Aufgaben. Und sie waren Erwachsene, berufsmäßig verpflichtete "Ehrenmänner", als sie logen und betrogen und ihre Tricks Lügen geheim halten wollten - und immer nur das zugeben, was öffentlich belegt war (M-mann entzog sich durch Selbstmord der Einsicht und der Gerechtigkeit.)
Grass war ein Junge, vaterlos, verführt und verhetzt durch ein gottloses "Vaterland", das Mord und Tod - allen (Männern, Frauen, Kindern!)gebot.
Das hat G.G. wohl schon kapiert, als er Steinmetz in den ersten Jahren nach 45 wurde; dann schrieb er groteske Dramen (Weltuntergangsstimmung...), dann Gedichte, z.B.:

Im Ei

Wir leben im Ei.
Die Innenseite der Schale
haben wir mit unanständigen Zeichnungen
und den Vornamen unserer Feinde bekritzelt.
Wir werden bebrütet.

Wer uns auch brütet,
unseren Bleistift brütet er mit.

Ausgeschlüpft eines Tages,
werden wir uns sofort
ein Bildnis des Brütenden machen.
[Längst zeichnet und schreibt G.G: mit diesem „Bleistift“ sich selber und seine Entwicklung.]
*
Erst später wurde G.G. politisch, als Satiriker (mit der "Blechtrommel"), dann als politischer Redner, usw.; dann hatte er Erfolg, bei anderen zeitgeschichtlich Interessierten, die ihm gerne für seine Bücher und Stücke und Auftritte zahlten.
Seine „rechten“ Kritiker hätten ihn verhungern lassen.
Persönlich lebt er bescheiden; finanziert viele Projekte, für junge, förderungswürdige Dichter, Ausländer, „Zigeuner“. (Was hier alles missgünstig palavert wird – es ist dreistes, seniles Gerede.)
Der so moralisch getigerte, selbsternannte "Sokrates" findet es komisch, dass sich hier Diskutanten auch mit ihrer eigenen Moral beschäftigen, wenn sie sich über andere ausdrücken. - Komisch!
*
Ein Satiriker: Zippert zappt: Verkaufstechnische Maßnahmen.
Walser kann gegen Grass nicht anstinken

Von Hans Zippert

Lange hat Günter Grass überlegt, wie er möglichst viele Menschen dazu bringen könnte, seine demnächst erscheinenden Lebenserinnerungen zu kaufen. Da fiel ihm glücklicherweise ein, dass er mal Mitglied der Waffen-SS war, aber das bisher noch nicht hinausposaunt hatte. Ein echter Hammer! Vor allem junge Autoren sind über die Enthüllung des Literatur-Nobelpreisträgers bestürzt, denn sie können den Absatz ihrer Bücher nicht mit so prächtigen Erinnerungen fördern. Die Waffen-SS ist nämlich seit über 61 Jahren verboten.
(…)
Weiterlesen, s. URL.:

Internet-Tipp: https://www.welt.de/data/2006/08/14/996780.html


 Sokrates antwortete am 14.08.06 (08:33):

Gevatter und Kreuzkampus,

ich habe hier zweimal festgestellt, wie ich Grass Verhalten empfinde.

Mir geht es ebenso wie Euch.

Ich sehe Grass als Person jetzt auch anders, dass schmälert jedoch nicht seine literatischen Fähigkeiten.

Und, dass ist doch der Punkt, so wie uns, wird es vielen gehen.

Schon macht es die Runde, dass Preise wieder zurückgeben werden sollen.

Was mich befremdet hier, ist die Diskussionsunfähigkeit, die sich in billigen, persönlichen Angriffe zeigt.
Irgendwie hatte ich in einem Seniorenforum etwas mehr Abgeklärtheit erwartet.
Dumm von mir und sehr lehrreich für mich.


 Ursula antwortete am 14.08.06 (09:49):

So ist es, Sokrates und kreuzkampus! ... so geht es mir, und so geht es sehr vielen anderen auch: Grass hat bei mir als Persönlichkeit erheblich an Ansehen verloren!
Gerade weil er in der Öffentlichkeit den Ruf einer intellektuellen und moralischen Instanz genoss, wäre er zu einem viel früheren zu einem Bekenntnis verpflichtet gewesen; Gelegenheiten dazu hat es reichlich gegeben. Schon das Erscheinen der "Blechtrommel" (1959) wäre z.B. eine geeignete Gelegenheit gewesen.

Und was die persönlichen Angriffe hier betrifft, Sokrates: Lass sie souverän an Dir abprallen! Ein solches Verhalten ist in meinen Augen Ausdruck eines primitiven Geltungsdranges: Einige hier wollen einfach mehr scheinen als sie sind und versuchen dieses Ziel u.a. dadurch zu erreichen, indem sie andere demontieren ...


 Tobias antwortete am 14.08.06 (10:21):

Ich möchte nur wissen wer von den Grass – Kritikern diese Diktatur noch miterlebt hat. Hier spielen sich Mitschreiber/Innen als Richter über Grass auf die keine Ahnung von der damaligen Zeit haben.

Wanda sei vorsichtig mit deinen Äußerungen sonst gerätst auch du noch in die Fänge dieser Schreiberjustiz. Wie es aussieht, hätten sie Grass gerne auf der Anklagebank in Nürnberg gesehen und du hättest vielleicht daneben gesessen. g


 wanda antwortete am 14.08.06 (10:22):

Meiner Meinung nach ist der St ein Forum, in dem jeder seine Meinung äussern kann. Wenn jemand ganz anderer Meinung ist als ich, dann müsste das toleriert werden.
So kann z.B. niemand hier behaupten, dass einige Grass nie gelesen haben - das ist in meinen Augen eine Unterstellung.
Und persönliche Angriffe mit Nick-Nennung zeugen von wenig Toleranz.


 schorsch antwortete am 14.08.06 (12:01):

Komisch ist doch, dass Grass Jahrzehnte lang eine Vorbildfunktion inne hatte; seine Texte wurden mit Bestnoten ausgezeichnet. Und nun plötzlich, nachdem er selber eine Jugendsünde beichtete, fällt man/frau wir Hyänen über ihn her.....


 Tobias antwortete am 14.08.06 (12:32):

Jens: Grass' Werk nicht beschädigt

Der Schriftsteller Walter Jens nahm Grass ebenfalls in Schutz. "Es ist doch eine sehr eindrucksvolle und bewegende Tat, dass ein alter Mann reinen Tisch machen möchte", sagte Jens der "Rheinischen Post". Jens glaubt nicht, dass mit dem späten Bekenntnis Grass und sein Werk beschädigt würden. Der Schriftsteller Martin Walser sagte der "Stuttgarter Zeitung": "Der Mündigste aller Zeitgenossen kann sechzig Jahre lang nicht mitteilen, dass er ohne eigenes Zutun in die Waffen-SS geraten ist. Das wirft ein vernichtendes Licht auf unser Bewältigungsklima mit seinem normierten Denk- und Sprachgebrauch." Grass habe "durch die souveräne Platzierung seiner Mitteilung diesem aufpasserischen Moral-Klima eine Lektion erteilt".


 Marina antwortete am 14.08.06 (12:41):

"aufpasserischen Moral-Klima" Wunderbar! :-)

Das ist es. Die Moralkeule schwingen sie, weil es so gut tut, einem solchen Menschen, der ihnen womöglich mit seinen kritischen Einlassungen öfter mal auf den Schlips getreten hat, etwas anzuhängen.
Die CDU und die Springer-Presse jauchzen jetzt, weil gerade sie immer von Grass attackiert wurden. Es sei ihnen gegönnt für eine Weile. In ein paar Wochen spricht sowieso keiner mehr drüber. :-)


 Claude antwortete am 14.08.06 (15:11):

Marina schrieb,
In ein paar Wochen spricht sowieso keiner mehr drüber. :-)

Vermutlich und zu Recht!
Claude


 hugo1 antwortete am 14.08.06 (17:39):

ich frag mich, was wäre passiert, wie hätten die Massen reagiert, wenn Grass eröffnet hätte, er wäre IM bei der Stasi gewesen ?
Erstens wenn das 1990 ans Tageslicht und in die Medien gekommen wäre
Zweitens, wenn es erst jetzt die Öffentlichkeit erreicht hätte
Drittens, wenn nicht er selbst sondern ein Journalist das herausgefunden hätte.
Mal sehen wie sich die Bundestagsabgeordneten fühlen und äußern, die "noch" in Sicherheit der Rosenholzdateien unter dem Schutz der Birthlerbehörde ihr Schläfchen halten.
Ich denke, jeder Fall liegt anders, Pauschalverurteilung oder Pauschalamnestie bringt wieder neue Ungerechtigkeiten mit sich.
Einen Schriftsteller kann man im Nachhinein unmöglich machen, seine Werke zerstören oder zumindest besudeln,,
Ein Arzt/Chirurg der dutzende Menschenleben gerettet hat, an dessen Leistung ist nie mehr zu rütteln, mann kann ihm nur noch nachträglich an die Ehre,,,,


 Claude antwortete am 14.08.06 (18:46):

Hugo schrieb,
ich frag mich, was wäre passiert, wie hätten die Massen reagiert, wenn Grass eröffnet hätte, er wäre IM bei der Stasi gewesen ?

Wenn er mit 17 Jahren und das nur für ein paar Monate Mitglied gewesen wäre vermutlich gar nichts. Warum auch?
In der Tat liegt jeder Fall anders und ist deshalb auch anders zu beurteilen.
Claude


 Gevatter antwortete am 14.08.06 (22:51):

Hier noch ein hübscher Beitrag von Herrn Broder zum Thema:

"Es ist, als würde eine Familie kurz vor Weihnachten erfahren, dass Oma als junge Frau auf den Strich gegangen ist, ausgerechnet Oma, die sich immer als besonders sittenstreng gebärdet und ihren Enkeltöchtern das Tragen von Miniröcken verboten hat. Und nun fragen sich alle: Wohin mit Oma? Man mag sie nicht aus dem Hause jagen, aber weiter am selben Tisch mit ihr sitzen, das möchte man auch nicht. Man kann einem/einer 80-Jährigen nicht zum Vorwurf machen, was er/sie mit 17 gemacht hat. Man kann auch nicht verlangen, dass ein Mensch alle Jugendsünden beichtet, sobald er/sie zu einer Person der Zeitgeschichte avanciert ist. In der Empörung über Grass artikuliert sich vor allem die Wut seiner Verehrer über ihr eigenes Verhalten: Auf so einen haben wir gehört? Von so einem haben wir uns Moral predigen lassen?

Der senkrechte Fall des Bürgers Grass veranschaulicht, wie stark auch in einer liberalen und permissiven Gesellschaft das Verlangen nach Autoritäten und Wegweisern ist, die einem sagen, wo es lang geht. Umso heftiger fällt dann die Enttäuschung aus, wenn einem plötzlich bewusst wird, dass man dem Falschen hinterher gelaufen ist.
Aber dafür kann Grass nichts, im Gegenteil. Der Politiker Grass hat immer wieder Beweise seiner anmaßenden Inkompetenz geliefert, die von seinen Anhängern beharrlich als die weisen Worte des großen Vorbeters missverstanden wurden. Grass nannte die DDR eine "kommode Diktatur" und sah in der deutschen Teilung eine "Strafe für Auschwitz"; es verstand sich von selbst, dass er zu den Unschuldigen im Westen gehörte, die das Verbüßen der Strafe den Verurteilten in der DDR überließen."

Der vollständige Artikel ist im u.a. link nachzulesen

Nun gut, Anmaßung und Hochmut kann Herr Broder auch gleich selbst für sich als Eigenheit reklamieren, angesichts der geschärften Worte (in denen der Geruch des Nachtretens mitschwingt), die er für Grass fand. Wobei - das Beispiel mit der Omma war doch irgendwie treffend, oder? Und nachvollziehbar sind die harschen Reaktionen derjenigen, denen Grassens moralinsaures gutmenschelndes Belehren schon immer stank, allemal.

Gevatter

Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/kultur/gesell...,431695,00.html


 Gevatter antwortete am 14.08.06 (22:54):

hier nochmal der link...



https://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,431695,00.html

Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,431695,00.html


 Claude antwortete am 14.08.06 (23:46):

Gevatter,
Grass ist wie er ist, ein bißchen Putz ist abgefallen, na und. Er beschönigt doch nichts hier sagt man
"er ist bei de Leut"
Schlimmer sind doch die Menschen die schlimme Sachen schön reden, weil sie von einer Diktatur ihre Jugend geklaut bekamen und dadurch ihr Selbstwertgefühl gelitten hat oder weiß der Deubel aus welchen Gründen.

Claude


 pilli antwortete am 14.08.06 (23:54):

tja...

den Broder zu zitieren...das ist schon bezeichnend genug Gevatter! dass der sich nun auskotzt, wen wundert das und vor allem, wen kümmert dessen breitgetretener quark noch?

...

meinem empfinden nach:

einerseits bissel zu spät, hat Grass den zeitpunkt gewählt, sich für eine wohl nicht zu verhindernde, jugendliche entscheidung kasteien zu wollen und andererseits zu früh, denn mir wäre es sehr viel glaubhafter erschienen, von den kämpfen des gewissens zu lesen, ohne dass die neuerscheinung eines buches damit verbunden ist.


 kropka antwortete am 15.08.06 (00:35):

Ach ja..

Wir kennen jetzt vieles, haben brav alles über und von GG gelesen,
er ist uns jetzt besser als der eigene Vater bekannt :-)
Erzähl uns doch bitte zur GUTEN NACHT lieber lieber Gevatter etwas
"eigenes" von damals.. Ich höre gerne zu.
Und von mir, Ihr lieben, unermüdlichen "Dissku-tanten und -Onkels"
ein Gute Nacht Gedicht von Mechthild von Magdeburg (1207/10-1282/83):

Meine Pein ist tiefer

Meine Pein ist tiefer
als der Abgrund,
mein Herzeleid ist weiter
als die Welt,
meine Furcht ist größer
als die Berge,
meine Sehnsucht reicht höher
als die Sterne.
In diesen Dingen kann ich
dich nirgends finden.

© 2006 Deutschlandradio

Internet-Tipp: https://www.dradio.de/dlf/sendungen/lyrikkalender/


 doris16 antwortete am 15.08.06 (01:06):

an Wanda gerichtet: mir ging es ganz genau so, d.h. ich konnte es kaum abwarten, alt genug (10) zu werden, und damit in die Jungmaedel (BDM) eintreten zu koennen. Nun will ich mich ja nicht mit Guenther Grass messen, aber ich war auch gerade so 6 Monate vor Ende des Krieges Mitglied im BDM geworden . . .m.E. absolut kein Grund, mich zu entschuldigen.
Aufgrund dieser Mitgliedschaft/Gruppenfuehrerin, die uebrigens nicht wahlfrei war (!), wurde meine Schwester nach dem Krieg nicht zum Studium an der TH Hannover zugelassen. Sie bewarb sich dann in Stuttgart, verschwieg ihre "Vergangenheit" und wurde Architektin.


 seewolf antwortete am 15.08.06 (01:08):

DA würde ich mir eher Gedanken machen über die vielen vielen Lokführer der Reichsbahn, die bis Rampe Auschwitz fahren mußten und wußten, daß sie keine Zuckerrüben beförderten sowie über deren Gesprächspartner in Familie und Gesangsverein - auch in den Nachkriegsjahren...

Herr Grass - ich finde es in Ordnung, daß Sie diese Einzelheit Ihres Lebens kundtun.


 klaus antwortete am 15.08.06 (08:52):

Mag man zu Grass stehen, wie man will. Seine Bücher sind viel gelesen worden und sie lesen sich auch.
ABER - als Moralapostel, der sich furchtbar aufregte über den Besuch des Soldatenfriedhofs in Bitburg durch Bundeskanzler Helmut Kohl, zeigt sich die zwiespältige Figur Günter Grass.
Man stelle sich vor - auf diesem Friedhof hätte auch das Mitglied der Waffen SS Günter Grass liegen können. Günter Grass wusste genau, wie man in den letzten Kriegsjahren zur Waffen SS kommen konnte. Hier war die Moral des Günter Grass doch "etwas" verlogen.


 schorsch antwortete am 15.08.06 (09:27):

Klaus, hast du Beweise für deine Behauptungen, z.B. "...Günter Grass wusste genau, wie man in den letzten Kriegsjahren zur Waffen SS kommen konnte....."?


 hugo1 antwortete am 15.08.06 (10:07):

ab wann hat der Mensch die sittliche Reife, ab wann ist man moralisch integer genug um Entscheidungen gegen die Hauptrichtung, die Hauptströmung der Menschen um sich herum zu treffen ?
Wer kann schon von sich behaupten -nachdem er eine entsprechende Erziehung "genossen" hat, er wüßte trotz alltäglicher Indoktrination, trotz Eintrichterung durch die "geachteten" Erzieher, Eltern, die "hochverehrten" Lehrer, daß die Wahrheit ganz anders ist, das sämtliche erzieherischen Einflüsse auf einer Lebenslüge und überhaupt auf Lügen und Schändlichkeiten aufgebaut sind ?
Nein, niemals könnte ich einen junen Menschen dafür verdammen. Um so mehr kann ich jene Menschen achten und verehren, die -ohne durch eigene Bedrohung durch das Naziregime- zu der Erkenntnis gelangt sind und sich zu dazu auch entsprechend geäußert haben, daß dieses Regime ein menschenfeindliches war.
Dazu kommt natürlich, das ein Großteil derjenigen die tatsächlich erkannt hatten was Sache ist, nur unter Lebensgefahr darüber berichten konnten aber dazu waren natürlich nur die Wenigsten und Verwegensten und wohl einige Leichtgläubige in der Lage.
Was mich derzeit in der Sache mit dem Grass noch bewegt, ist die Frage, hat er oder hat er nicht, dieses ominöse Interwiew mit entsprechendem Inhalt dazu genutzt (wenn auch nur im Hinterkopf) das demnächst erscheinende Buch (mit ebendiesem Inhalt) publizistisch an die große Glocke zu hängen und Medienwirbel zu entfachen. Wen das so gewollt war, dann ist ihm ein großer Coup gelungen, aber menschlich gesehen hat er dabei und dadurch (falls es so sein sollte) wohl an Ansehen verloren.


 Claude antwortete am 15.08.06 (10:29):

Hugo schrieb,
hat er oder hat er nicht, dieses ominöse Interwiew mit entsprechendem Inhalt dazu genutzt (wenn auch nur im Hinterkopf) das demnächst erscheinende Buch (mit ebendiesem Inhalt) publizistisch an die große Glocke zu hängen und Medienwirbel zu entfachen.

Das habe ich mich auch schon gefragt Hugo, aber hätte er das überhaupt nötig gehabt? Vielleicht war es auch so eine Art Eitelkeit, ich weiß es einfach nicht.
Claude


 klaus antwortete am 15.08.06 (13:46):

@schorsch,
ich glaube, man konnte in den letzten Kriegsmonaten zur Waffen SS eingezogen werden. Spielt aber eigentlich keine Rolle, da man einem 17-jährigen die Zugehörigkeit( ob freiwillig oder eingezogen ) nicht zum Vorwurf machen kann. Nur darum geht es in meiner Einlassung überhaupt nicht.


 evita antwortete am 15.08.06 (18:00):

1) Herr Grass und alle diese jungen Männer damals wurden einfach missbraucht

2) Waffen-SS und SS waren 2 paar Schuhe

3) ich bin genau so alt wie Herr Grass und meine Familie
wurde vergast.


 schorsch antwortete am 15.08.06 (21:22):

Könnte es nicht sein, dass Grass das Ende seines irdischen Daseins kommen sieht und etwas, das ihn Jahrzehnte lang plagte, endlich offen legen wollte?


 Burebueble antwortete am 15.08.06 (22:09):

Oder wollte er einer Enthüllung zuvorkommen?


 dingo antwortete am 16.08.06 (05:00):

Aus der Berliner Zeitung
16.08.06


Paulus Ponizak
1946 gibt Grass als Kriegsgefangener der USA an, in der Waffen-SS gedient zu haben. Ein bislang unbekanntes Dokument
Günter Grass - Dokumente über seine Mitgliedschaft in der Waffen-SS sind in der Wehrmachtsauskunftsstelle Berlin-Wittenau seit Jahrzehnten öffentlich einsehbar / Ein Blick in seine Biografie offenbart: Es zeigt sich kein Kern, es bleiben H&
Christian Esch

Am Sonnabend hat Günter Grass im Gespräch mit der FAZ kundgetan, dass er Angehöriger der Waffen-SS war. Seine Auskunft hat die Öffentlichkeit überrascht - und liegt doch schon seit Jahrzehnten vor. Es hat sie bisher nur niemand beachtet. In Berlin-Wittenau, im Archiv der sogenannten Wehrmachtsauskunftsstelle, liegt allen zugänglich ein Dokument der US-Armee über den Kriegsgefangenen Grass.

Die "Vorläufige Erklärung des Kriegsgefangenen" enthält die Auskunft, dass Grass am 8. Mai 1945 bei Marienbad gefangen genommen wurde, dass er im Zivilberuf "Schüler" war, zuletzt aber Lade-Schütze bei der "SS-Panzer-Division Frundsberg, Panzerabteilung". Gezeichnet: Günter Grass, Kriegsgefangener mit der Nummer 31 G-6078785. Das Dokument wurde offenkundig nach seiner Überstellung in ein neues Kriegsgefangenenlager am 3. Januar 1946 ausgefüllt, sein Alter ist mit 18 Jahren angegeben.


 wanda antwortete am 16.08.06 (08:35):

"Günter Grass - Dokumente über seine Mitgliedschaft in der Waffen-SS sind in der Wehrmachtsauskunftsstelle Berlin-Wittenau seit Jahrzehnten öffentlich einsehbar"

wenn das so stimmt, dann finde ich nicht, dass man Günter Grass einen Vorwurf machen kann.
Für diejenigen, die das Kriegsende oder die letzten drei Wochen davor nicht miterlebt haben, möchte ich meine Eindrücke von damals wiedergeben. Es herrschte überall ein Inferno, Dresden brannte, Hildesheim wurde sogut wie ausgelöscht, Berlin und Magdeburg wurden nach wie vor bombardiert. Überall gab es Menschen, die auf der Flucht waren und dann noch von Tieffliegern überrascht wurden. In den Straßengräben lagen Verletzte, die nicht weiter konnten.
Elend, Armut und Hungersnot plagte die Menschen, jeder versuchte zu überleben. Wir flohen noch einmal von Großröhrsdorf bei Dresden nach Bad Schandau, weil man der Meinung war, der Russe würde nicht über die Elbe kommen.
Ich war damals 12 und meine Schuhe passten nicht mehr, barfuß ging ich die ganze Strecke, nicht nur hin, sondern nach Kriegsende (Pfingsten) auch wieder zurück.
In Bad Schandau hatten wir Löcher, bezw. Gruben gegraben, um uns vor den Tieffliegern zu schützen. Mein Vetter 15 1/2 wurde zur Verteidigung von Berlin gebracht und ward nie wieder gesehen.
Ein Chaos im ganzen Lande, da spielt es weiß Gott keine Rolle, ob ein 17jähriger Grass nun zur SS oder sonst wohin eingeteilt wurde. Wie gesagt, man hatte nur eines im Sinn, diese furchtbare Zeit zu überleben.
Wie hier bereits schon von anderen erwähnt, können sich die "Spätgeborenen" das nicht vorstellen.

@dorisl6 es ist doch ganz klar, dass wir etwas erleben wollten, es gab ja nichts zu kaufen, nichts zu spielen und bei der BDM da passierte was. Und wenn man 8 oder 9 ist, dann imponieren einem einfach die 10- oder 11jährigen.....


 Claude antwortete am 16.08.06 (08:38):

Ich glaube das was du schreibst, demnach ist ja alles in Ordnung, nur muß dann die Frage erlaubt sein warum Herr Grass sich immer als Flackhelfer bezeichnete??
Im Grunde genommen ja auch wurscht,der ganzen Geschichte wird viel zu viel Bedeutung beigemessen! Ein großer Mann ist ein wenig auf die Schnauze gefallen und jetzt ein bißchen weniger groß, wem juckts!!??
Claude


 klaus antwortete am 16.08.06 (08:55):

@Burebueble,@schorsch,
beides möglich. Vielleicht verrät er es ja bald.
Bei einem Interview, das gestern gesendet wurde, war er nicht bereit, auf diese Frage zu antworten.
Ist eigentlich fast egal - der Lack ist ohnehin ab.


 kropka antwortete am 16.08.06 (09:09):

danke wanda


 rolf antwortete am 16.08.06 (09:52):

Dann dürfte die Neiddiskussion ja wahl bald beendet sein.
Es kann nun mal nicht jeder so bekannt werden.


 Literaturfreund antwortete am 16.08.06 (10:55):

URL.: Cartoon von H. Sakurai:
(in der WAZ 15.08.56)

„Die schon immer darauf warteten:“

Internet-Tipp: /seniorentreff/de/7pWfeQ9WB


 schorsch antwortete am 16.08.06 (11:38):

Im Vergleich zu Grass bin ich ein kleiner Schreiberling. Aber ich gönne ihm seinen Erfolg neidlos. Ihr solltet es mir gleich tun.....


 hugo1 antwortete am 16.08.06 (17:13):

es wird schon so stimmen, mit dem Flackhelfer, die gabs ja mehrfach und deutet weder auf den Dienstgrad noch auf die Waffengattung hin. (Heer, Marine, SS, Waffen SS usw.)
Vermutlich hatte er dabei den niedrigsten von 20 möglichen Dienstgraden Schütze oder Oberschütze als Dienstgrad.
Also war er vermutlich das allerkleinste Licht bei dieser Truppe. Anders würde man es sehen müssen, wenn er Karriere gemacht hätte, auf Grund von Leistungen und diese Leistungen würden ja bedeuten er hat erfolgreich Gegener niedergekämpf und umgebracht. Leider waren damals auch nichtwillige und nichtdeutsche Zivilisten, Gegner und Feinde. Spätestens bei der ersten Aktion gegen Zivilisten hätte er stutzig werden müssen. Aber dazu ist er wohl glücklicherweise nicht gekommen, ansonnsten wär dies wohl ein Thema für einen Roman gewesen.


 schorsch antwortete am 16.08.06 (17:20):

Hätte er sich damals geweigert, gäbe es wohl heute diese Diskussion nicht - weil ihn auch nicht ....


 Marina antwortete am 16.08.06 (18:41):

Gastbeitrag von Hans Mommsen
Grass' Spießrutenlauf
Die Empörung ist so typisch wie verlogen

Das Eingeständnis, das Günter Grass in seinem vor der Veröffentlichung stehenden autobiographischen Werk Beim Häuten der Zwiebel gemacht hat, mit 17 in die SS-Panzerdivision "Frundsberg" eingezogen worden zu sein, hat eine breite öffentliche Diskussion ausgelöst. Neu daran ist nicht, dass er als Jugendlicher unter dem Einfluss der NS-Propaganda an den "Endsieg" geglaubt hat. Er hat daraus keinen Hehl gemacht. Die aufbrandende Polemik richtet sich allein dagegen, dass Grass dieses Detail seiner Biographie bislang für sich behielt.

Denn der Einberufungsbefehl zur Waffen-SS im Spätsommer 1944, der den noch nicht ganz 17-Jährigen im Arbeitsdienstlager erreichte, war in dieser Phase des Krieges nichts Ungewöhnliches. Das von der Waffen-SS bis 1942 aufrechterhaltene Prinzip der Freiwilligkeit der Zugehörigkeit war zunehmend durchlöchert worden und wurde 1943 schließlich formell aufgehoben. Ein beträchtlicher Anteil der Wehrpflichtigen des Jahrgangs 1928 wurde ohne jede Formalität zur Waffen-SS einberufen. Bei dieser Entwicklung gingen das zunehmende Ausbleiben von Freiwilligenmeldungen und das Bestreben Himmlers, das Heer mit der Waffen-SS zu verschmelzen, Hand in Hand. Somit ist die öffentliche Erregung über die Mitgliedschaft von Günter Grass in der bereits in Auflösung befindlichen Elitetruppe des NS-Regimes unangebracht. Ebenso wenig kann man dem jugendlichen Heißsporn Grass - dessen Bewerbung als 15-Jähriger zur U-Boot-Waffe abgelehnt worden war - abfordern, sich noch 1944 über den kriminellen Charakter der SS und des NS-Regimes hinreichend klar geworden zu sein. In den wenigen Wochen seines militärischen Einsatzes, die mit seiner Verwundung endeten, kam er mit den Verbrechen nicht in Berührung, die von Einheiten der Waffen-SS gegen die zivile Bevölkerung, gegen Kriegsgefangene und ausländische Zwangsarbeiter begangen wurden.

Rest s. Link-Tipp

Internet-Tipp: /seniorentreff/de/xYTpCnW8p


 hugo1 antwortete am 16.08.06 (18:58):

Für Ihn wars wohl schade daß er nicht Richter oder Anwalt bei den Nazis war und das er nur soo einen kleinen, niedrigen, mickrigen Dienstgrad hatte, was für eine Karriere wär ihm dann möglich gewesen nach 1945.
Aber für uns ists eine echte Bereicherung das Leute wie er Schriftsteller/Kardinal usw. wurden. Wir hätten ansonnsten einen deutschen Nobelpreisträger und einen Papst weniger.*g*
Aus seiner Biographie: "1941 wird Ratzinger im Rahmen der Jugenddienstpflicht in die Hitlerjugend (HJ) zwangsverpflichtet. Mit 16 Jahren wird er Flakhelfer in München und ein Jahr darauf zum Reichsarbeitsdienst eingezogen. In den letzten Kriegstagen gerät Ratzinger in amerikanische Gefangenschaft" klingt doch irgendwie ähnlich -so wie vermutlich bei hunderttausenden anderen Menschen damals auch, oder ?


 kreuzkampus antwortete am 16.08.06 (19:26):

@Hugo: Du kannst doch wohl nicht ernsthaft einen Schriftsteller, der in der SS war und in der Neuzeit auf allen Prominenten rumgekloppt hat, die irgendwas mit dem Dritten Reich zu tun hatten, mit einem Papst auf eine Stufe stellen, der zur HJ , wie Du schreibst, "zwangsverpflichtet" wurde.


 ratte antwortete am 16.08.06 (20:39):

alle jene, die günther grass verurteilen, sollen sich einmal ganz ehrlich fragen, ob sie ganz ganz sicher sein können, in einer zeit, die wir uns gar nicht vorstelen können, anders gehandelt zu haben.
daß er sein "outing " jetzt betreibt? na und, er hätte überhaupt nichts sagen müssen, es ist sein leben und geht niemand etwas an.


 hugo1 antwortete am 16.08.06 (20:49):

kreuzkampus, da seh ich keine großen Unterschiede. So wie ich es mitbekommen habe, würde ich diesen Beiden auch einen Tausch zugestehen. Ich nehme an der Ratzinger wäre genausogut einer SS-Verpflichtung gefolgt, wie der Grass zum RAD als Panzerabwehrer gegangen wäre.
Stimmt es eigentlich (was bisher noch nicht wußte und jetzt erst irgendwo las) das zu Adolfs Zeiten diejenigen vom Schulgeld befreit wurden, die in einer Jugendorganisation Mitglied waren ? Wenn das so stimmt, wär mir einiges Klarer weshalb vor allem Arbeiterkinder rege an dieser "Sonderbehandlung" integriert waren.


 Ursula antwortete am 16.08.06 (21:02):

@Hugo1,

wenn Du Ratzingers Autobiografie - "Aus meinem Leben - Erinnerungen" - auch nur ein einziges Mal in der Hand gehabt hättest, könntest Du nicht einen solchen Unsinn schreiben ... !


 dutchweepee antwortete am 16.08.06 (21:13):

@URSULA ...allerdings habe ich auch schon in autobiografien ne menge unsinn gelesen.


 Ursula antwortete am 16.08.06 (21:23):

@dutchweepee, ich habe von und über Ratzinger ein Menge gelesen - auch seine Autobiografie!

Dieser Mann ist wirklich über jeden Zweifel erhaben!


 Gevatter antwortete am 16.08.06 (22:43):

RATTE schrieb:
"alle jene, die günther grass verurteilen, sollen sich einmal ganz ehrlich fragen, ob sie ganz ganz sicher sein können, in einer zeit, die wir uns gar nicht vorstelen können, anders gehandelt zu haben.
daß er sein "outing " jetzt betreibt? na und, er hätte überhaupt nichts sagen müssen, es ist sein leben und geht niemand etwas an."

Wenn ich die Grass-Kritiker richtig verstanden habe, stören sie sich nun vor allem daran, dass er zeitlebens diejenigen verbal in den Boden stampfte, die letztlich auch nur das "getan" hatten, was er selbst "getan" oder im jugendlichen Übeschwang verzapft hatte. Der Moralzerfledderer Grass - auch nur einer von ihnen, wenn auch moralisch meilenweit über ihnen schwebend.

Gevatter


 hugo1 antwortete am 16.08.06 (23:10):

Ursula, Deine superpositiven -über jeglichen Verdacht eines nur ansatzweise nazifreundlich gesinnten Ratzinger erhabene- Biographiekenntnisse sind nicht die einzigen die es im weltweiten Literaturkreisen zu finden gibt.
Ich habe in verschiedenen Foren nachgelesen und es gibt nicht wenige Zweifler an der verdächtigen Unverdächtigkeit die Ihm wohlweislich von bestimmten Historikern nachgesagt wird.
Schon die Erziehung durch einen autoritären Gendarmariemeister und einer Mutter die wohl wenig zu sagen hatte bis hin zum Wechsel vom erzbischöflichen Traunsteininternat um Dienst in der HJ zu beginnen. Es waren wohl auch nicht die Inaktivsten welche zur Luftwaffe und zum Schutz der BMW Werke abgeordnet wurden. Sein Endsiegglaube soll damals wohl auch wenig gelitten haben, die Amis waren sogar der Meinung dass er unbedingt eine Entnazifizierung erhalten sollte. Er war wohl eher der nicht unwillige Mitmacher und Vollstrecker als der Widerständler, dazu passt seine Aussage: "Wiederstand wäre zwecklos gewesen" Da kann man sich schon so seine Gedanken machen. oder *g*


 Sokrates antwortete am 17.08.06 (09:38):

Richtig, Gevatter, nur darum geht es!!!!

Über die Doppelmoral eines Nobelpreisträgers!

Doch, dass scheint den Meisten hier nicht zu interessieren, statt dessen verteildigen sie ihre eigene Vergangenheit und/oder der ihrer Eltern. In einer Anmassung der eigenen "kleinen" Biographie mit der von Grass zu vergleichen.

Tja, was soll man da auf die jungen Menschen schimpfen, wenn noch nicht einmal die Alten etwas zugelernt haben!


 Tobias antwortete am 17.08.06 (09:57):

Sokrates, was wäre richtig gewesen, dass aber weiß man immer erst nach dem Gewesenen.

Dieser junge Grass war ein Verführter wie Millionen andere auch. Er hat es nach dem Krieg erkannt und ist ein guter Demokrat geworden. Im Gegensatz zu vielen hier, die nach wie vor der alten DDR - Diktatur nachweinen.


 hugo1 antwortete am 17.08.06 (11:02):

hallo Tobias altes Haus, ´tut mir aber leid, wenn du schon wiedermal auf der feuchten Schleimspur der tränenreichen Altvorderen ausgerutscht bist und dich nun zum 2500ten Male darüber beschweren mußt. Bist eben ein echter guter vorbildlicher Demokrat, da haben die Ollen aus der ehemaligen demokratischen,,,,ein starkes Vorbild, leider wollen diese Verführten nicht so recht Zutrauen fassen und scheuen noch etwas, vor dem mit tollen Verlockungen überfülltem Trog. Kannste mir noch einigemale verzeihen ? *g*
übrigens hab ich keineswegs das Gefühl beim Lesen seiner Vorträge und Reden, daß er hundertprozentig Eins ist mit seinem ach soo demokratischem Umfeld. Soviel Kritik auf einen Haufen z.B. gegen die demokratische USA-Regierung hab ich selten anderswo gelesen (nicht mal im ND der siebziger Jahre konnte man dergleichen finden) z.B. der Satz: "Die "Verbrechen der USA" sind "systematisch, konstant, infam und unbarmherzig" zur Eröffnung des 72. Internationalen P.E.N.-Kongresses in Berlin.
Da spricht er mir aus der -ach soo dunklen- Ossiseele. *g*


 Tobias antwortete am 17.08.06 (11:44):

Hugo bist ein wirklich lieber Kerl, aber auch nach 16 Jahren verwechstelst du immer noch Diktatur ( DDR ) mit Demokratie. Das solltest du nun langsam lernen, bist doch sonst ein cleveres Bürschchen. *g* Der Grass hat schneller gelernt.

Du kennst doch hoffentlich noch deinen alten SONG : Die Partei die Partei hat immer recht...... *g*


 schorsch antwortete am 17.08.06 (11:50):

@ kreuzkampus: "....Du kannst doch wohl nicht ernsthaft einen Schriftsteller, der in der SS war und in der Neuzeit auf allen Prominenten rumgekloppt hat, die irgendwas mit dem Dritten Reich zu tun hatten, mit einem Papst auf eine Stufe stellen, der zur HJ , wie Du schreibst, "zwangsverpflichtet" wurde...."
Und warum nicht, bitteschön? Vielleicht weil der eine ein Roter war und der andere ein Schwarzer?

Und nun sollten sich eigentlich nur noch jene Mitschreiber zu Worte melden und richten, die zu jener Zeit selber alt genug waren, in die gleiche Situation kamen - und sich geweigert haben. Ich nehme aber stark an, dass die, die sich damals geweigert haben, hier gar nicht mehr schreiben können - weil sie aus dem Verkehr Gezogen = hingerichtet wurden....


 mart antwortete am 17.08.06 (12:20):

Nun, ich habe jetzt einige Ostdeutsche kennengelernt, hier lebende und arbeitende bzw. Urlauber - und da rückt sich der Eindruck, den die hier schreibenden ehemaligen ostdeutschen Volkgenossenschaften bei mir hinterlassen, doch zurecht.

Es gibt offensichtlich doch auch etliche bis sehr viele, die sich einen differenzierteren Blick auf die Vergangenheit erlauben und nicht der Amnesie verfallen sind.
Ihr Tenor: Es war unerträglich und sie glaubten zu ersticken und nun weiden sich viele in Selbstmitleid.

Aber ist nicht gerade Günther Grass ein Paradebeispiel für meine mir sich so oft bestätigtende These, daß gerade das heftigst bekämpft wird, wo man selbst Mängel und ein schlechtes Gewissen hat.
Hat nicht übrigens Grass festgestellt, daß er Rassismus zum ersten Mal in Gefangenschaft bei den Amerikanern in Hinblick auf die Schwarzen erlebt hat?


 kropka antwortete am 17.08.06 (13:30):

Heute Abend "Wickerts Bücher" 22:45; ARD
Gast: Günter Grass


 Claude antwortete am 17.08.06 (14:04):

So isses Mart, du hast die große Mehrheit kennen gelernt.
Könnte sein das hier die Ehemaligen schreiben!!!:-))
Claude


 wanda antwortete am 17.08.06 (16:08):

@sokrates - Du hast mich sicher falsch verstanden - ich wollte gar nichts verteidigen, nur denen, die jünger sind versuchen zu schildern, wie es damals war. Jede Biographie war damals anders und jeder hatte sein eigenes Schicksal.
Dass was schorsch sagt ist richtig, wer sich in irgendeiner Form widersetzte hatte ganz ganz schlechte Karten, d.h. er wurde abgeführt.


 hugo1 antwortete am 17.08.06 (17:13):

wieso fällt mir gerade jetzt der "kurzgefasste Lebenslauf"
ein, von Erich Kästner?
Auszug: "Die Schule, wo ich viel vergessen habe,
bestritt seitdem den größten Teil der Zeit.
Ich war ein patentierter Musterknabe.
Wie kam das bloß? Es tut mir jetzt noch leid.

Dann gab es Weltkrieg, statt der großen Ferien.
Ich trieb es mit der Fußartillerie.
Dem Globus lief das Blut aus den Arterien.
Ich lebte weiter. Fragen Sie nicht, wie."

Dazu passt auch eine Meldung daß in Deutschland (gemeint ist natürlich die Bundesrepublick) generell ca ein Drittel aller Lebensläufe gefälscht sind (beinahe hätte ich "getürkt" geschrieben).Vermutlich war der Fälschungstrend nach 1945 weitaus höher und viele Karrieren begannen mit einer Lebenslüge. (falls damals überhaupt jemand nach einer Vergangenheit fragte -wie es in der Ostzone üblich war, Da war schon ein kleiner Briefträger als "Postbeamter mit Naziparteibuch" für die allermeisten einträglichen Tätigkeiten gesperrt, falls er nicht noch Schlimmeres erfahren mußte.
In der anderen deutschen Nachkriegsgeschichte war es ja wohl fast obligatorisch das MIT ehemaligem Parteibuch besondere Türen offenstanden.
Aber solcher Art Protektion hatte Grass wohl nie benötigt und angenommen oder?


 schorsch antwortete am 17.08.06 (17:26):

Es scheint mir, langsam beginne die Vernunft zu funktionieren....


 kreuzkampus antwortete am 17.08.06 (20:07):

Wie und was soll man hier noch weiterdiskutieren, wenn Du, Hugo, auf jeden Beitrag mit Deiner absoluten Wahrheit antwortest?


 kropka antwortete am 17.08.06 (21:46):

ZDF, Dienstag, 22 August, 20:15:
Eine aktualisierte Dokumentation über die Waffen-SS.
Die Autoren beleuchten unter anderem, in was für eine
Truppe der 17-jährige Günter Grass damals eintrat.


 hugo1 antwortete am 17.08.06 (21:49):

na, kreuzkampus,,endlich mal ein bewegender Beitrag zum Thema. *g*
Bisher haste ihn als charakterlos oder so ähnlich eingestuft und der Papst ist untadelig, also unangreifbar,,so, oder fast so hab ich Deine Meinung verstanden und das hat mir -für mich gesehen-
Erstens nicht gereicht und
Zweitens stimmt es mit meiner Meinung nicht überein. Sollte es das ? Sollte ich deshalb die Klappe halten oder wie, oder was ??
Ich schätze ihn eben als Mann MIT Charakter ein.
Er tritt aus der Kirche weil ihm deren Umgang mit dem § 218 nicht passt, er verläßt die Berliner Akademie der Künste, als die dem durch das Todesurteil einer Fatwa bedrohten Kollegen Salman Rushdie kein Obdach gewähren wollte, . Aus Protest gegen die Haltung der SPD in der Asylpolitik verlässt Grass 1992 die Partei,
Andererseits bricht er auch nicht zusammen wenn er mal angefeindet wird. Als „Pinscher“ wurde Grass im Deutschen Bundestag 1965 von Ludwig Erhard beschimpft, Franz Josef Strauß zählte ihn gar zu den „Ratten und Schmeißfliegen"
Ich denke er (und besonders sein Werk) werden auch diese gegenwärtige Hetzjagd mehr oder weniger unbeschadet überstehen.
siehe auch FAZ "Kleines Grass-Glossar" vom 16. Oktober 2002


 Maren antwortete am 18.08.06 (00:16):

quote
Ich denke er (und besonders sein Werk) werden auch diese gegenwärtige Hetzjagd mehr oder weniger unbeschadet überstehen.
/quote


Dem schließe ich mich an.

Internet-Tipp: /seniorentreff/de/Mo9YjM9UK


 Maren antwortete am 18.08.06 (00:19):

Korrektur des Link

Internet-Tipp: /seniorentreff/de/DsneNAgYM


 schorsch antwortete am 18.08.06 (08:45):

Sage mir, wer deine Feinde sind.....

....und ich will dir sagen, ob ich dich zu meinem Freund haben möchte.


 Literaturfreund antwortete am 18.08.06 (09:15):

Ein Gedicht, auch für Grass:

Rolf Haufs: Drei Strophen

Mein Leben ist in Stücke ich will
auch keine Ruh
ihr könnt zu Ende stechen
ich werde mich nicht rächen
was immer ich jetzt tu

Die Taten sind begangen ich will
auch keinen Trost
schreibt sie an alle Wände
und richtet eure Hände
auf mich den traf das Los

Die Fäden sind gerissen ich will
daß immerhin
noch einmal jemand käme
und mich verändert nähme
daß du es wärst gäb Sinn
*
(R.H.: Juniabschied. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 1984)

dradio.de - s. URL:

Im LYRIK-KALENDER des dradio.de vom 18.08.2006 wird dieses Gedicht - als eine sinnvolle Möglichkeit – privat verstanden, als Liebesbegehren.

Ich glaube, dass auch einem Dichter wie Grass (neben Heinrich Böll der einzige Nobelpreisträger seiner Generation und unserer Nation) dieser Trost zukommt; er, der nicht mit einer individuellen Schuld, sondern mit einer kollektiven Verurteilung belastet wird, die das ganze 3 Reich (und die Adenauerzeit gleich mit als wirtschaftliche Kaschierung dessen, was die Nazis angerichtet hatten), als Ganzes betreffen müsste.
Statt dessen steckt in zwei online-Nachrichten aus der Nacht der maulig üble Grundton der „Empörten“, die Grass nur vorwerfen können, dass er allzeit so vehement die „Moralkeule“ geschwungen habe, von der er mit Schmackes jetzt selber getroffen werden soll.
Was nur haben diese schamlosen Beißer 40 Jahre an Grass alles missverstanden? Seine Sprache? Seine Kritikfähigkeit? Seine sensible Intelligenz? Seine psychologisch fundierte Prophetie? Und dass er Recht behalten hat, in seiner Aufarbeitung und Analyse – ob über Hitler-Deutschland, Adenauer-Vertuschen oder den entsetzlichen Ausverkauf von Ost-Deutschland?

Internet-Tipp: https://www.dradio.de/dlf/sendungen/lyrikkalender/531776


 Ursula antwortete am 18.08.06 (09:30):

@Hugo1,

zu Deiner Antwort an mich (16.08.06 - 23:10 Uhr)

- ".... Ich habe in verschiedenen Foren nachgelesen und es gibt nicht wenige Zweifler an der verdächtigen Unverdächtigkeit die Ihm wohlweislich von bestimmten Historikern nachgesagt wird...."

Von welchen "Historikern" sprichst Du? Nenne doch bitte zuverlässige Quellen, die Deine Spekulationen über Ratzingers (angebliche) Nazi-Vergangenheit belegen!

Erst vor gut drei Wochen hat die "Sueddeutsche Zeitung" detailliert über Ratzingers Zwangsverpflichtung zur HJ berichtet:

https://www.sueddeutsche.de/,tt2m3/panorama/artikel/324/81243/

(unten auch zum Anklicken)

Internet-Tipp: /seniorentreff/de/9bONVswWd


 Marina antwortete am 18.08.06 (10:17):

Literaturfreund, danke für deinen sensiblen und klugen Beitrag. Ich finde diese Stammtisch-Hetzjagd nur noch widerlich.


 hugo1 antwortete am 18.08.06 (12:05):

ursula, Deine Absicht, Deine Hoffnung, Deine Vermutung das der Papst eine blütenreine Weste haben möge, in allen Ehren. Wer gönnt sie ihm nicht ? Etwas Heiligenschein um so ein kirchliches Oberhaupt ist ja auch nicht zu verachten.
Schade für Ihn aber logisch, das es gerade Engländer und Amerikaner sind welche da etwas vorsichtiger und schwergläubiger reagieren und anderer Meinung sind.
Bisher war es zumeist so, das prominente Leute es oft geschafft haben, in Sachen eigener Biographie recht naziunfreundlich aus der Wäsche zu gucken.
Aber wenns um Zwangszugehörigkeit in hitlerschen Organisationen für Jugendliche geht, dann wird plötzlich mal gleichgemacht und/oder je nachdem wie es gerade passt mit verschiedener Elle gemessen.
So war Grass, der Schuft, bei der Waffen SS
Böll Heinrich war "Nur" bei der Wehrmacht und der
Papst -oh welch Wunder- war nur in der HJ und das auch noch hineingeschuppst,,, Nachtigall ick hör Dir,,,
ob er die von ihm verlegten Panzerminen mit Weihwasser gefüllt hatte ?
Über Ratzinger wird auch verlautbart, das er mehrere Gesichter hat. So liess er in selbst verfassten Büchern und Texten bestimmte Sätze in späteren Auflagen streichen, ja in Polen wurden Ratzingers Werke komplett verboten.
Ich bin der Meinung das dieses gegenwärtige Gezerre um Prominente und Ihre Nazivergangenheit eher überbewertend ist, aber eine detaillierte Differenzierung der damals jugendlichen Menschen in zustimmende, weniger zustimmende, weniger ablehnende, ablehnende, sehr ablehnende Haltung zum Naziregime, usw. find ich doch sehr weit hergeholt und je nachdem welche "Berühmtheit" man gerade erlangt hat und welche Biographen man sich leisten kann.
immerhin soll er zum Kriegsende dessertiert sein, wodurch ich Ihn als weniger kriegsbegeisterten, kriegsmüden oder weitsichtigen Kämpfer einschätzen würde.
Nicht mehr aber auch nicht weniger.
übrigens, Ursula, nach Eingabe bei Google von: Ratzinger Lebenslauf fand ich ca eine viertelmillionen Nachrichten und dabei jede Menge pro und contra, Neutrales und Subjektives, skurriles und logisches, also für Dich und mich jede Menge Pulver dabei..
Aber viele Veröffentlichungen sind dabei, welche seine Jugendzeit in Sachen Nazikontakte eher harmlos und unverdächtig darstellen und die wirste bestimmt selber finden.Ich empfehle den ersten Absatz der nachfolgenden Produktbeschreibung aufmerksam zu lesen. *g*

Internet-Tipp: https://www.amazon.de/gp/product/3491724570/303-1868129-5528218?v=glance&n=299956


 elvi antwortete am 18.08.06 (12:24):

Mutige 'Produktbeschreibungen' wie du sie hier im Moment vorlegst, hugo, sind mir lieb und wert !

(Ich habe auch schon stureres, eingefahreneres Argumentieren von dir erlebt ...)

;-)

freut sich - elvi.


 Ursula antwortete am 18.08.06 (12:33):

Gib Dir keine Mühe, Hugo ;-): ... auch die Ratzinger-Biografie von John L. Allen habe ich gelesen; solltest Du vielleicht auch mal tun, anstatt Dir die ergoogelten zweifelhaften Meinungen Anderer zu eigen zu machen - und zu verbreiten (so entsteht übrigens Rufmord)!


 dutchweepee antwortete am 18.08.06 (13:20):

auch wenn für DICH der ratzinger eine ikone ist, so dürfen doch zumindest WIR den mann mit zwiespältigen gefühlen betrachten, ohne ihn durch unser rufen gleich zu ermorden.

ratzinger hat sich bislang durch keinerlei positiven aktionen hervor getan und nur show (köln) und bla bla von sich gegeben.

er hat weder die stellung der frau in der katholischen kirche verbessert, noch eine vernünfige haltung zu familienplanung und AIDS-verhütung erkennen lassen. ganz zu schweigen, daß der sogenannte kirchen- und glaubenshistoriker keine entschuldigung zur haltung der katholischen kirche während der nazi-zeit abgegeben hat.

dieser mann ist erzkonservativ und wird die katholiken nicht einen schritt weiter bringen.

.


 kreuzkampus antwortete am 18.08.06 (13:42):

@hugo: hugo1 antwortete am 17.08.06 (21:49):
na, kreuzkampus,,endlich mal ein bewegender Beitrag zum Thema. *g*
Bisher haste ihn als charakterlos oder so ähnlich eingestuft und der Papst ist untadelig, also unangreifbar,,so, oder fast so hab ich Deine Meinung verstanden und das hat mir -für mich gesehen-
+++ Was Du da schreibst, stimmt hinten und vorne nicht. Wenn Du nicht richtig liest, was geschrieben wird dann so antwortest (selbst, wenn Du es mit dem Satz, dass Du es so verstanden hast, relativieren willst), sehe ich es schon richtig, dass Du Dich im Besitz der absoluten Wahrheit fühlst. So werden Themen unnötig kamputtgemacht. Schade drum. Das war's dann aber auch für mich.


 Marina antwortete am 18.08.06 (13:46):

Merkwürdig ist auf alle Fälle das Mit-zweierlei-Maß-Messen.
Wenn Ratzinger in der HJ und Flakhelfer war, ist es nicht so schlimm. Grass will man für Ähnliches fast lynchen.

Merke: Päpste und Schriftsteller sind gleichermaßen Menschen und landen beide mal in der Kiste. Dann fragt keiner mehr nach dem Unterschied, sie zerfallen zu Staub. :-) Im Tod sind alle gleich.

Internet-Tipp: https://de.wikipedia.org/wiki/Benedikt_XVI._(Papst)


 Ursula antwortete am 18.08.06 (13:48):

dutchweepee, Du irrst:
Ratzinger ist für mich keineswegs eine "Ikone", und ich verurteile, genauso wie Du, die konservative Haltung der katholischen Kirche, der ich übrigens auch nicht angehöre ... ;-)!

Es kann nur nicht angehen, dass man einem Menschen (gleichgültig wie er heißt) - entgegen aller Fakten - einfach eine Nazi-Vergangenheit andichtet, nur weil es einem gerade so in den Kram passt!


 Gevatter antwortete am 18.08.06 (15:02):

DURCHWEEPEE schrieb:
"dieser mann ist erzkonservativ und wird die katholiken nicht einen schritt weiter bringen."

Es liegt nunmal in der Natur von Konservativen (und von ERZ-Konservativen erst recht), dass sie am "Guten Alten" festhalten. Schritte nach vorn sind bei denen sowas von igittt...
Aus diesem Blickwinkel ist der Papst für mich absolut authentisch.

MARINA schrieb:
"Merkwürdig ist auf alle Fälle das Mit-zweierlei-Maß-Messen."

Merkwürdig ist das nicht, liebe MARINA, sondern konsequent, da die beiden "Fälle" tatsächlich mit zweierlei Maß gemessen werden müssen. Am deutlichsten kann man diese Differenz festmachen an: Wie ist das Verhältnis beider zu ihrem Vaterland, speziell auch zur faschistischen Vergangenheit Deutschlands. Ausgesprochen divergent, wie wir wissen. Der Papst hat vermutlich keinerlei Schwierigkeiten damit, die hündische Bereitschaft der kath. Kirche, während der Nazizeit den Vasallen zu spielen, als normale Verhaltensweise zu akzeptieren. Meines Wissens nach hat er auch noch nie den päpstlichen Zeigefinger deswegen erhoben. Beim geschätzten Grass hingegen kollidiert die Wirklichkeit mit dem Anspruch, wie schon mehrfach beschrieben. Von der links-intellektuellen Tradition, auf Distanz zum eigenen Vaterland zu gehen, mal ganz zu schweigen. Das würde dem Papst vermutlich nie einfallen.

Gevatter

P.S. Dass außnahmslos alle dereinst zu Staub zerfallen, ist ein Umstand, für den wir dem Schöpfer äußerst dankbar sein sollten... :-)


 Tobias antwortete am 18.08.06 (15:19):

Staub zu Staub und Asche zu Asche meist die letzten Worte vor dem offen Grab.

Trifft für Alle zu, mit dem Unterschied, beide, Günter Grass und Papst Benedikt XVI werden in die Geschichte eingehn. Die allermeisten die hier schreiben, werden soetwas nicht erreichen und somit sind wir nicht mal da alle gleich.*g*


 klaus antwortete am 18.08.06 (16:09):

@marina,
du schreibst:"Wenn Ratzinger in der HJ und Flakhelfer war, ist es nicht so schlimm. Grass will man für Ähnliches fast lynchen."
Ich denke mal, die Diskussion hat ihren Höhepunkt erreicht.
Waffen SS ist so was " Ähnliches", wie HJ oder Flakhelfer.
Glückwunsch für diese Erkenntnis.
Weitere Bemerkungen bleiben einem im Halse stecken.


 Tobias antwortete am 18.08.06 (16:38):

Klaus, wenn du es nicht miterlebt hast, bist du in dieser Sache überfordert. War gerade eine SS Truppe in der Gegend, kamen alle ab 15/16 zu dieser Truppe. Wenn bei der Flak jemand gefehlt hat kam sie dorthin. Dieses damalige Durcheinander kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen.

Ich glaube kaum, dass Grass die typische Tätowierung ( Blutgruppe ) der SS unter dem Arm überhaupt noch eingebrannt wurde.


 hugo1 antwortete am 18.08.06 (17:14):

und noch so ein elementarer Beitrag von Dir, Kreuzkampus
Nicht ein Wort zum Thema, kein Hinweis auf eigene Ansicht, auch wenn Niemand hier -und ich insbesondere- von irgendjemanden die "absolute Wahrheit" erwartet.
Ursula, genau das ists, was mir hier so gut gefällt, wir haben alle die Möglichkeit uns gegenseitig UND anderswo zu informieren. Du hast eben -vermutlich gezielt nach Pluspunkten und Unbedenklichkeit gesucht- und ich, das geb ich zu, hab diese pro-Meinungen zwar auch gelesen, aber für mich nicht als Primär angesehen und weitergeblättert. Also sind wir beide fündig geworden und jeweils in unserer Meinung bestätigt worden. In einer Biographie muß ich niemals "alle Fakten" finden und für mich zu 100% übernehmen, ein gewisses eigenes Denken darf und sollte sich wohl jeder leisten, besonders wenn diese -ausgesuchten positiven- Fakten personengebunden zugeordnet werden und jegliche Kritik dahinter übertüncht werden soll.
Ich kann beim Besten Willen keine eigenbestimmte hervorragende widerstandsandeutende Tätigkeiten dieser genannten Personen während ihrer aktiven jugendlichen Laufbahn im Dritten Reich erkennen.(erwartete ich auch nicht)
Für die Zeit danach hab ich das Gefühl das der Herr Grass sehr schnell erkannt hat was Sache war und sich sehr schnell und klar und vehement entsprechend positioniert hat. Alle seine Weke sprechen eine eindeutige Sprache.
Tobias muß ich recht geben, für Jugendliche die nicht zufällig Kinder von Juden, Kommunisten oder sonnstigen Nazigegnern waren, gab es so gut wie keine Chancen, die damaligen Machenschaften, Gepflogenheiten und Abgründe zu durchschauen und zu überblicken. und wenn, dann waren dies absolute Ausnahmen, vielleicht einer von hundert. Also steht es mir nicht Sie wegen der damaliger Situation in welche sie geraten waren-noch nachträglich- weder mit Schimpf und Schande noch mit besonderer Ehrerbietung zu bedenken. Wichtiger ist, was sie danach leisteten.


 klaus antwortete am 18.08.06 (17:19):

@Tobias,
ich war noch zu jung, um es mitzuerleben und habe mich in diesem und dem Parellelforum mehrfach zum Problem geäußert.
Mir ist aus meiner Verwandtschaft bekannt, wie man in den letzten Kriegmonaten zur Waffen SS kommen konnte.
Trotzdem halte ich es für nicht geeignet, in einem solchen-öffentlichen- Forum die Waffen SS und die Hitlerjugend oder Flakhelfer quasi in einen Topf zu werfen.Auch - wenn es vielleicht nicht so gemeint war, aber es steht nun mal so da.
Es geht bei G. Grass auch nicht darum, dass er bei der Waffen SS war, sondern darum, dass er es in der Öffentlichkeit verschwiegen hat und auf andere Leute , die vielleicht ähnliche Biographien hatten, in eben dieser Öffentlichkeit eingeschlagen hat und nun auch noch beleidigt ist, dass diese Leute nun schadenfroh polemisieren.
G. Grass ist eben auch nur ein Mensch und kein über allen Dingen schwebender Engel mit höchsten Auszeichnungen. Dazu haben ihn nicht zuletzt die Medien gemacht und er selbst hat dazu auch ein nicht geringes Schärflein beigetragen.
(Übrigens ist Grass tatsächlich nicht meht tätowiert worden.)


 schorsch antwortete am 18.08.06 (19:06):

....und Herr Grass lacht sich ins Fäustchen ob all der Gratiswerbung, die wir für sein neues Buch machen....


 hugo1 antwortete am 18.08.06 (19:43):

klaus: "Trotzdem halte ich es für nicht geeignet, in einem solchen-öffentlichen- Forum die Waffen SS und die Hitlerjugend oder Flakhelfer quasi in einen Topf zu werfen,,,
Die Waffen SS-Leute schworen sich allein auf den Führer ein, auch wenn Himmler deren schwarzer Verführer war.
Egal welche Motivation diese hatten, mit welchem Elan sie bis zum Tode Verbrechen für ihren Oberverbrecher begingen,, ich bin nicht gewillt, wie es heutzutage z.B. oft als Entschuldigung und Verharmlosung des deutschen Heeres zu lesen ist, einen deutlichen Schnitt zwischen den verschiedenen (aber allesamt dem gleichem Ziel und Führer dienenden) Gattungen, Organisationen und Gruppierungen zu machen. Nur die Perfektion, die Dichte, die besondere Intensität der Verbrechen war in Nuancen verschieden.
Es gab keine GUTEN Verbrecher unter den Verbrechern, es gab nur minder erfolgreiche, erfolgreichere und sehr erfolgreiche ( und besonders grausame) die es bis zu hohen und höheren Auszeichnungen und Dienstgraden schafften. Es gab -in fast allen Bereichen- wohl auch mehr oder weniger interessierte Mitläufer aber vermutlich umso mehr aktive Mitmacher dabei, je ideologisch näher die sich an der Führung wähnten.


 dutchweepee antwortete am 18.08.06 (23:11):

ich möchte vorausschicken, daß ich strikter antifa bin und es fällt mir auch schwer zu formulieren, was ich wirklich meine.

ich wohne seit 6 jahren in holland und hab hier über den britischen discovery-channel beinahe täglich unmengen von dokumentationen über den 2ten WK und auch über die waffen-ss gesehn.

dort wird meisst die waffen-ss als eine hochspezialisierte, disziplinierte elite-truppe dargestellt, deren einfachste soldaten besser ausgebildet waren, als manch britischer offizier.

zur waffen-ss gehörten auch sogenannte sonderkommandos, die die vernichtungslager bewachten, terrormaßnahmen und sogenannte vergeltungsmaßnahmen ausführten.

ich war nicht selbst dabei, bin aber der meinung, daß der übergrosse teil der waffen-ss einfach ein teil der wehrmacht war, der besonders hohe verluste, auf grund fanatischem elite-dünkels hatte.

die meisten angehörigen der waffen-ss waren verblendete, oder auf grund ihres gardemaßes eingezogene, motivierte jungens, die einer blut-und-ehre gehirnwäsche unterzogen wurden und letztendlich für ein falsches ziel verheizt wurden.

ich verurteile keinen nur weil er bei der waffen-ss war (mit oder ohne tatoo *lach*) - jeder angehörige ist nach seinen taten zu verurteilen.

...und einem ladeschützen in einem panzer (günther grass) traue ich ganz einfach keine kriegsverbrechen zu. das ist so ziemlich der unwesentlichste entscheidungsträger in einem krieg ...auch bei der waffen-ss.

.


 wanda antwortete am 19.08.06 (08:28):

@dutchweepee - du hast es wunderbar formuliert - jedenfalls weiss ich, was Du meinst und denke genauso.


 Claude antwortete am 19.08.06 (09:38):

Herrn Grass wurde doch auch nicht vorgeworfen das er in der Waffen-SS war gepresst oder freiwillig, sondern das er so lange damit hinter dem Berg hielt. Er der die Moral mit Löffeln gefressen hatte. Es ist amüsant zusehen wie sich die „wichtigen“ alten Männer der Republik (1968er, ehemalige Nutznießer aus der der DDR, auch eine Art ehemalige Republik, und eben auch Leute wie Grass)
an ihren Lebenslügen abarbeiten, eitel und selbstgefällig und unwichtig :-))

Ich zitiere wörtlich aus dem Leitartikel einer südwestdeutschen Tageszeitung:

Sogar im Privathaus Joschka Fischers
soll Ehefrau Minu, auch Anfang 30 gefragt haben:
" Was regt ihr euch so auf über den Grass?"
eine deutsche Familie eben.
Opa soll jetzt mal still sein.
Das Schätzchen hat Recht, lache.

Oder es war ein begnadeter Werbefeldzug? Nicht möglich??
Alles ist möglich!
Claude


 hugo1 antwortete am 19.08.06 (10:58):

Es ist amüsant zu sehen wie sich die „wichtigen“ alten Männer, ehemalige Nutznießer aus der der DDR,
an ihren Lebenslügen abarbeiten, eitel und selbstgefällig und unwichtig :-))
Claude, vielleicht solltest Du mal die eigene Philisophie, den eigenen Kenntnis-, und Erkenntnisstand auf neueren Stand bringen. Du wirfts hier mit Anschuldigungen und Behauptungen um Dich, welche Dich keinesfalls als Mann mit Ahnung und Wissen zum Thema auszeichnen.
Wer oder was ist nach Deiner Meinung ein ehemaliger Nutznießer aus der DDR ?
Übrigens ist es heute ein Leichtes, ehemalige SS-Größen und ihre erfolgreiche Nachkriegslaufbahn ausfindig zu machen.
Durch sein Schweigen hat Herr Grass sich vermutlich solch eine Karriere versaut.
Nur, für SS-Täter, Mitläufer und Untäter interessiert sich in der BRD vermutlich kein Schwein, es sei denn das zufällig mal durch ein anderes Thema darauf hingewiesen wird.
Die Grass Biographie dürfte nur eine von sehr vielen sein, die in irgendeiner Weise mit dem Naziregime in Verbindung zu bringen ist. Das kann wohl zu über 90% vermutet werden bei Männdern ab Jahrgang 1928 und früher.


 Carlos1 antwortete am 19.08.06 (10:58):

An dieser langsam in Voyeurismus abgleitenden öffentlichen Diskussion wird deutlich, welches Klima in unserer Medienkultur und ihrer Bewältigungslandschaft herrscht. Einer der poltisch mündigsten Bürger dieses Landes, der in selbstquälerischem Zweifel seine eigene Entwicklung in der Jugendzeit beleuchtet und bereut, zu verstehen versucht, was mit ihm damals am Ende des tausendjährigen Reiches geschah, als er den Nazis auf den Leim kroch. Dem verdienten Nobelpreisträger wird vorgeworfen, er habe zu spät sich geäußert. Hinter dieser Forderung verbirgt sich der normierte Denk- und Sprachgebrauch der Medienlandschaft. Eine in die Öffentlichkeit wirkende Person wie der Dichter und Schriftsteller Grass, muss – so die Alltagserfahrung und das Alltagsklischee - sich erinnern, welcher Organisation er wann , wo und unter welchen Umständen und zu welchem Zweck er angehört hat. Der Öffentlichkeit hat er das zu präsentieren. Der Umgang mit traumatischen Erinnerungen verläuft aber anders, und wieder ganz anders spielt sich die Erinnerungsarbeit eines Künstlers ab. Grass selbst kommt in seinem Interview, das er Wickert vor zwei Tagen gab, darauf zu sprechen. Ein Nichterwähnen von persönlichen Daten sei das beklagenswerte Ergebnis. Entscheidender ist das, was dem „Schweigen“ vorausgeht: das „Nicht-darüber-sprechen-können“, oder anders gesagt, das Ringen um Worte. Unsere Bilder im Kopf, die Erinnerung an Vergangenes kann nur mit dem Instrument der Sprache gefasst werden. Nur mit ihr können wir die „Dinge“ zur Sprache bringen. Für Grass ist es die Literatur.

Nun hat Grass wichtige Daten seiner Biografie Grass mit Bedacht platziert, als Baustein zu seiner Biografie. Das verärgert. Mich persönlich erfreut es. So wie es Grass gefiel und nicht den Medien und den Hütern der politischen Sauberkeit, die mit einem Bekenntnis zur Mitgliedschaft zu einer Organistation sofort auch die Frage nach Schuld und Unschuld beantworten können. Sprechen die Werke des Schriftstellers Grass nicht für sich? Bedarf es zusätzlich noch weiterer Unbedenklichkeitserklärungen? Wie erhält man diese, wenn man in einem politischen System wie dem Dritten Reich leben muste und aufwuchs, das genau das Gegenteil von menschlichem Anstand und Gerechtigkeit, an Werten durchsetzen wollte? Nun rast de See und will sein Opfer haben. Mein Vater wurde denunziert, weil er einmal einem Polen die Hand reichte, man denke nur, einem Untermenschen. Das machte ihn verdächtig. Grass stellte nicht die Frage nach seinem erschossenen polnischen Onkel, das verursachte ihm Gewissensbisse, später. Heute fragt er auch, was mit dem Soldaten passierte, der Zeuge Jehovas war, der den Wehrdienst verweigert und verschwand. Das ehrt ihn, weil er zugibt, kein Held gewesen zu sein, in der Zeit der Übermenschen. Er blieb Mensch.

Grass ist ein aufrechter Demokrat, der Typus eines engagierten Intellektuellen, wie es in Deutschland nicht selbstverständlich war. Er tritt ein für Frieden, Demokratie, Gerechtigkeit, Verständigung mit den polnischen Nachbarn und für menschlichen Anstand. Ob er immer richtig lag mit seinen Äußerungen und seiner Kritik, ist eine andere Frage.

1945 war ich zwölf Jahre alt. Die Nazis liebte ich nicht, was an der Familie lag. Wir wurden denunziert. Ich wurde mit Polizei zum Jungvolk gebracht und gemaßregelt. Ich füge das hinzu, weil in diesem Forum friedensbewegte Gemüter hinter jedem älteren Menschen einen Ewiggestrigen vermuten. Wie bedrückend die Atmosphäre in jener Zeit war, wurde ich erst später gewahr. Meine Eltern hatten Angst, dass ich sie verraten könnte. Als ich einmal mit dem Radio spielte, ertönte eine Stimme in fremder Sprache. Meine Mutte stürzte herbei, schaltete den Empfänger ab und warnte mich eindringlich, dass ich so was nie wieder tun dürfte. In einem Geschäft wurde ich hinausgeworfen, weil ich nicht mit dem Hitlergruß grüßte.


 Marina antwortete am 19.08.06 (11:30):

Danke, Carlos, für dein mich wirkich sehr beeindruckendes Statement. Endlich wieder eine Stimme der Vernunft und vor allem auch der Kenntnisse, nicht nur des blinden Geschwafels. :-)


 schorsch antwortete am 19.08.06 (14:05):

Situation A: Stellt euch mal vor, ihr wärt ein Handwerker, der mal in früheren Zeiten in einem Puff Reparaturen vornehmen musste. Würdet ihr nun in eurer Biografie schreiben: "Ich arbeitete mal in einem Puff"?

Oder Situation B: Ihr hättet mal anno 1944 bei der Waffen SS in einem Kompaniebüro Schreibarbeiten erledigt. Würdet ihr nun in eurer Biografie schreiben: "Ich war 1944 bei der Waffen SS"?

Würdet ihr einen langjährigen guten Kollegen meiden, wenn ihr vernehmen würdet, dass für ihn Situation A oder B zutreffen würde?


 hugo1 antwortete am 19.08.06 (15:59):

interessante Fragestellung, schorsch, ich bin mir aber nicht sicher ob sie unserer Problematik hier, gerecht werden kann.
Nur so viel. Immer wenn ich heutzutage (und das 16 Jahre nach der Wende) aus den verschiedensten Anlässen mit Leuten zsammentreffe, von denen (über die) ich nach 1990 erfahren habe, das sie in meinem Betrieb sog. IM,s waren, kommt so eine innere Unuhe in mir auf, beschleicht mich eine innerer Unsicherheit mit der Fragestellung: wie behandele ich sie, wie benehme ich mich in deren Gegenwart? (manchmal frag ich mich auch: hatt gerade Dieser für die Komplettierung meiner Akte gesorgt?) Bei einigen fällt mir der Konakt weniger schwer, das hängt wohl davon ab, inwieweit das vorherige Verhältnis erhalten blieb und zwar nicht wegen, sondern trotz.(manche tun mir fast nur noch leid) Seltsamerweise hab ich weniger Probleme mit Leuten die damals hauptamtlich bei "Horch und Guck" oder VEB Blütenweiß" beschäftigt waren und dass sogar auch, wenn man denen mal dienstlich in die Mangel geraten war. Vielleicht kommt das davon dass man von denen keine "Überraschung" in der Wendezeit erfuhr wie bei den IM,s. Die machten eben "Ihre Arbeit", auch wenn die weniger beliebt war oder auch mal etwas Neid verursachte vonwegen der Sonderbehandlung welche diesem Personenkreis zuteil wurde.
(Sie standen u.a. -im Gegensatz zum Normalbürger- relativ weit außerhalb jeglicher brauchbaren Kritikmöglichkeit)
carlos, das würd ich unterschreiben "Grass aufrechter Demokrat" auch wenn einige Ihm diesen Status gerne absprechen würden.


 Tobias antwortete am 19.08.06 (16:34):

Nur mal ne Frage an Hugo, du hattest eine Betrieb in der DDR ?
Also ein Ausbeuter, nach den Worten anderer Mitschreiber aus der Ehemaligen.*g*


 hugo1 antwortete am 19.08.06 (17:30):

ja Tobias, so gesehen hatte ich fast alles was um mich vorhanden war.
Es war -im Gegensatz zu hier und heute, wo alles getrennt, privatisiert, Mein-Dein Denken verfallen ist- tatsächlich so und ich hoffe das Andere es Dir bestätigen können.
Man sagte: Meine Schule, mein Klassenlehrer, mein Sportverein, mein Betrieb, mein Dorf, meine Heimatstadt, ja sogar mein Land, meine Heimat wurden so erwähnt, genannt, bedichtet und besungen.. Die Steigerungsform und die war auch allgemein üblich hieß UNSER UNSERE, aber das dürfte für heutige BRD Bürger ein Fremdwort sein, wo alles materielle in MEIN und/ oder DEIN unterteilt wird und nur das Ideelle als UNSER verstanden werden darf.
Da gabs ein Lied das ging ungefähr so:
"Unsre Heimat, das sind nicht nur die Städte und Dörfer
unsre Heimat sind auch all die Bäume im Wald
Unsre Heimat ist das Gras auf der Wiese, das Korn auf dem Feld
und die Vögel in der Luft und die Tiere der Erde
und die Fische im Fluß sind die Heimat
Und wir lieben die Heimat, die schöne,,,,usw.


 Tobias antwortete am 19.08.06 (17:37):

Hugo, kurz es war nicht deine Firma sondern du hast dort gearbeitet. Alles andere was du schreibst ist ein alter durchgekauter Strumpf an dem du immer noch lutscht.


 hugo1 antwortete am 19.08.06 (17:57):

tut mir ja so leid tobias, das ich Dich schon wieder mal enttäuschen muss.
Da haste wohl erhofft und erwartet hier im Forum Leute zu entdecken die in der DDR mal Generaldirektor, Verteidigungsminister, Stasichef, Todesschützen,,,,waren, mit denen Du mal so richtig Tacheles reden kannst.
Und nun stellt sich heraus das da auch ganz kleine Lichter mitreden, die sich ihrer Vergangenheit nicht schämen, diese als Nichtverbrecherisch einschätzen, sich nicht als Heckenschützen, Mörder und Stasischergen diskriminieren lassen und sogar - entsetzlich sowas lesen zu müssen- ein klein wenig Kritisches am heutigem und ein klein wenig Brauchbares am verflossenem System ins Forum schreiben.
Vor lauter Enttäuschung greift man eben zu Beleidigungen, Unterstellungen, Verdrehungen,,,weil nicht sein kann, was nicht sein darf


 Tobias antwortete am 19.08.06 (18:00):

Hugo, du hast die wunderbare Gabe aus einer ganz einfachen Frage ein Erdbeben zu machen. Mach weiter so dir ist nicht zu helfen.


 dutchweepee antwortete am 19.08.06 (19:06):

@tobias ...ich finde deine stänkerei auch sinnlos. was willst du eigentlich ausser beleidigen? der hugo hat dir deine frage beantwortet und du findest nur strümpfe.

.


 Tobias antwortete am 19.08.06 (19:51):

Wenn Hugo schreibt " MEINE FIRMA " dann ist dies im deutschen Sprachgebrauch sein Eigentum. Wenn du Dutch genau si verdreht denkst dann liegt es an den unterschiedlichen Schulen die wir besucht haben.


 pilli antwortete am 19.08.06 (20:01):

"Wenn Hugo schreibt " MEINE FIRMA " dann ist dies im deutschen Sprachgebrauch sein Eigentum."

ach ja Tobias?

wenn du x-mal in beiträgen "meine frau" geschrieben hast, wolltest du den leutz damit mitteilen, sie sei dein

"eigentum" ??? :-(

oder wie darf ich das...im sinne "deines" deutschen sprachgebrauches...interpretieren?

soll ich dir die stellen zitieren oder findest du datt selber?

:-)


 Tobias antwortete am 19.08.06 (20:29):

Auf deine Spasseinlage kann ich sehr gut verzichten Pilli.
Unter deine gewichtigen Räder zu kommen ist sehr gefährlich ! !!


 pilli antwortete am 19.08.06 (20:36):

dann achte doch einfach Tobias

zukünftig bissel mehr darauf, watt datt "dein" und "mein" betrifft wennz die allerliebste betrifft oder wieviele ochsen hast du gezahlt für dein "eigentum"?

meine frage gedachte ich nicht als spassfrage zu stellen!

:-)


 elvi antwortete am 19.08.06 (21:31):

Versuch einer Verständigung ...

In meiner 45jährigen Berufstätigkeit als kaufm. Angestellte war ich in insgesamt fünf verschiedenen Betrieben tätig - Industrie und Groß-/Einzelhandel.
In MEINER letzten Firma gehörte ich zum Schluß, nach 33 Betriebsjahren, schon fast zum Inventar !
(das war in Niedersachsen/West-Deutschland)

;-)

Ich erinnere mich, Tobias, dass ich viele Jahre von MEINER Firma gesprochen habe - - erst in den letzten Jahren konnte ich mich nicht mehr mit dem Firmenkonzept identifizieren und wartete sehnlichst auf meinen Rentenbeginn - in dieser Zeit nannte ich den Firmennamen, wenn ich über meine Tätigkeit sprach...

Ich finde hugo´s 'Bericht' von 15.59 Uhr sehr beeindruckend !!
Es ist darin soviel Enttäuschendes zu entdecken, was Mensch dem Menschen antun kann ...

Gruß - elvi.


 Tobias antwortete am 19.08.06 (23:15):

Also ich gibs auf. Bin seit 47 Jahren selbständig gehörte die Firma mir oder meinen ehemaligen Mitarbeitern ?

Es waren in der Hochzeit meiner Tätigkeit etwas über 40 Mitarbeiter, meist Männer, die Ihre Hand zuerst jede Woche und später jeden Monat aufgehalten haben um den Verdienst zu erhalten. War es vielleicht doch anders rum ? War diese Firma deshalb ihnen, weil sie ihren Lohn von mir erhalten haben ???

Wir, die Frau von Tobias, und ich haben uns über die Einlassung von Pilli unterhalten. Die Frau von Tobias meinte, sie hätte schon viel dummes Zeug gehört und redete mich ohne mit der Wimper zu zucken als IHREN Mann an.

Sie die Frau von Tobias war übrigens auch mal bei mir angestellt. Nach 44 Ehejahren haben wir die Ochsen die ich für sie bezahlen musste schon mehrmals verdient. Das war mein bestes Geschäft das ich je abgeschlossen hab.

Meine Frau, meine Kinder, meine Enkelkinder wir gehören zusammen, brauchen uns nicht mit fremden Federn zu schmücken. Wir sind eine Einheit und ich möchte diese nicht missen solange ich noch lebe.


 webmaster antwortete am 20.08.06 (10:06):

Abschweifende gegenseitige Beleidigungen der Diskutanten gelöscht. Das möchte ich mit einem Ordnungsruf an alle(!) Beteiligten verbinden. Stellt euch doch nicht immer selbst ein schlechtes Diskussionszeugnis aus. Diskutiert über die Sache und lasst die persönlichen Beleidigungen bleiben.


 klaus antwortete am 20.08.06 (10:17):

@webmaster,
hast du richtig gemacht, gehörte ohnehin nicht zum Thema !!
Auch wenn mein Sch... bestimmt nicht so gemeint war, wie du dachtest.Könnte ja Schund, Schmand, Schmutz, ... heißen !!!
Tut mir Leid - die Urlaubsstörung !


 elvi antwortete am 20.08.06 (11:46):

Zitat: tobias

**Also ich gibs auf. Bin seit 47 Jahren selbständig gehörte die Firma mir oder meinen ehemaligen Mitarbeitern ? **

*seufz* Tobias -

Es gibt immer mindestens zwei Sichtweisen:

1. die Firma gehörte DIR und damit auch alle Mitarbeiter(?), denn ohne sie (die Mitarbeiter) würde es die Firma, so wie sie ist/war ja nicht geben !

2. die Mitarbeiter 'fühlen' sich zur Firma 'dazugehörig', sie können sich mit ihr identifizieren - - weil ihnen ein Teil dieser Firma, nämlich der 'kleine Anteil Betrieb', der ihnen monatlich für ihre Leistung, ohne die es die Firma ja nicht geben könnte, 'in die offene Hand' ausgezahlt wird !

;-)

Ich weiß, ich weiß - es gibt noch andere Möglichkeiten des Zusammenarbeitens ...

Vor drei Jahren (schon als Rentnerin) eröffnete ich aus gegebenem Anlaß 'einen Betrieb', um eine Hausgehilfin für meine pflegebedürftige Mutter versicherungspflichtig einstellen zu können.
ICH (Arbeitgeber) 'bewarb' mich bei dieser Frau zum Dienst in UNSERER Firma und erklärte ihr ihre Rechte und Pflichten als Angestellte ...
Ich war sehr froh und zufrieden, wenn sie später von MEINEM oder UNSEREM Betrieb sprach ....... denn ihre Leistungen waren so bemerkenswert, dass es allen Betroffenen (dem ganzen Betrieb!), besonders meiner Mutter, zu Gute kam !!!

;-)

Moin, moin - elvi.


 Tobias antwortete am 20.08.06 (12:28):

Du hast ja nicht Unrecht mir deiner Feststellung Elvi, meine sehr einfache Frage, vielleicht auch etwas provokant an Hugo :
War es deine Firma und dann kam von ihm der Erdrutsch. Es gab ja in der DDR auch Firmenbesitzer bei halbstaatlichen Unternehmen und das wollte ich nur wissen.

Und jetzt hör ich damit auf.