Zur Seniorentreff Homepage
Google
Web  ST 

Neues ChatPartnersuche (Parship)FreundeLesenReisen LebensbereicheHilfe



Archivübersicht | Impressum

THEMA:   Ich war Kammerjungfrau

 12 Antwort(en).

emilwachkopp begann die Diskussion am 04.07.06 (02:58) :

Eigentlich hieß sie Else. Aber auf die Dörfer in Schleswig Holstein und Niedersachsen war sie als „die fesche Lola” bekannt. Tänzerin war sie. Von der Art wie man sie – wie soll ich sagen? – vielleicht nich graad auf Kindergottesdiensten vorführen sollte. Aber sonst durchaus noch im Rahmen.
Ich war zwei Jahre lang der Roadmanager und die Kammerjungfrau von die Else, bis ich denn unter den Lasten meiner Verpflichtungen zusammengebrochen bin.
Manche finden das vielleicht büschen eigentümlich, dass sich eine Tänzerin eine männliche Kammerjungfrau aussucht. Aber ich verstand ein büschen von Choreographie, weil ich doch als kleiner Junge in einem aristokratischen Hampelverein Ballett getanzt hatte. Außerdem haben wir das scheinbar Unmögliche so gelöst, dass ich ihr immer mit verbundenen Augen beim Umkleiden, Zureichen und Abnehmen behilflich war. „Dat is doch bloß, weil ik dir nich zu wat verlocken will, Emil.“ „Is ja jut, Else. Hier sind deine Schuhe. Aber wo sind jetzt deine Füße?“
Eine zeitlang hatte sie die etwas makabre Idee, mir zu ihren Partner zu machen. Paartanz und ein Drittel der Gage. Aber ich habe sie das ausgeredet, weil doch meine gesellschaftliche Stellung gar nich zuließ, dass ich vor wildfremden Menschen in Unterhose rumhampele. Meine Mutter hätte mir sofort enterbt und aus dem Stammbaum gestrichen, wenn sie davon erfahren hätte. „Emil, man muss der Kunst Opfer bringen. So is dat nu mal.“ „Ja, aber denk doch mal an. Tanzen kann ich nur solange ich noch knusprig bin. Wenn die ersten Falten und Krampfadern kommen, denn hab ich ausgedient. Deshalb will ich den Hof als Sicherheit behalten. Hühner füttern kann ich auch noch, wenn die Zähne wackelig werden.“ „Dat is ook irgendwie richtig.“
Heute, ins Alter von 96, tanzt Else, wenn überhaupt noch, höchstens einsam vor dem Spiegel in einem Gefühl von Nostalgie und Wehmut. Der Applaus kommt von einem Tonbandgerät und sie verbeugt sich immer noch so graziös wie eh und je. Nur etwas schwerfälliger und vor sich selbst. Sie weiß natürlich nicht, dass ich ihr beim Tanzen zuschaue, d.h. zum ersten Mal im Leben zuschaue. Aber wenn sie solche nostalgischen Anwandlungen bekommt, ruft sie mir vorher an, denn eine Tänzerin braucht eine Kammerjungfrau. Und immer noch bediene ich sie mit verbundenen Augen. „Emil, dat is doch bloß, weil ik dir nich zu wat verlocken will.“ „Is ja jut, Else. Hier sind die Schuhe, aber wo sind jetzt deine Füße?“ Wenn Else einmal ausgetanzt hat, wird sie sich vor ihrem Spiegelbild verbeugen, um Abschied von ihrem einzigen Lebensgefährten zu nehmen.


 elvi antwortete am 04.07.06 (10:27):

Kluge Else .... !!

... immer ´nen lieben Emil an der Seite und doch frei, unabhängig und selbstbestimmt : "Weil sie dir nich zu wat verlocken wollte ... "

SO kann Frau guut 96 Jahre alt werden ....

;-)))

Moin, moin - elvi.


 Arno_Gebauer antwortete am 04.07.06 (11:00):

Hallo, emilwachkopp,

Du erzählst uns eine fürchterliche Geschichte.
Wenn zwei gesunde Menschen so eng zusammenarbeiten,
entwickeln sich immer Gefühle, die gelebt werden sollten!
Ob die Ursache für dieses sehr seltsame zwischenmenschliche
Verhalten in Dummheit, Verklemmtheit oder psychischen
Störungen zu suchen ist, geht aus Deiner Geschichte nicht
hervor.

Viele Grüße
Arno Gebauer


 Gudrun_D antwortete am 04.07.06 (12:28):

Moin,moin,Emil Wachkopp

Du einstiger aristokratischer Hampelvereinballetteleve........

watt haste Dir denn vor de Augen gebunden?
Ne Mul(de)-Binde vielleicht?;-))


 elvi antwortete am 04.07.06 (12:30):

Gefühle dürfen ja entstehen, Arno - aber eben keine 'Verlockungen' ..... wenn´s für immer sein soll ---

hihi -

;-)))

Moin, moin - elvi.


 Gudrun_D antwortete am 04.07.06 (12:31):

Arno Gebauer
watt machste Dir denn so Gedanken über
zwischenmenschlichdummverklemmteunausgelebtepsychische
Störungen-?
Muss man sich ja richtig um Dich sorgen;-))


 Lothri antwortete am 04.07.06 (13:34):

Hallo Gudrun_D,warum muss sowas als zwischenmenschlich dumm verklemmt unausgelebte Störung gelten.

Meine Uroma war nur einmal und nur kurz verheiratet. Hatte danach nix mehr von Männern wissen wollen und wir haben ihren 100sten Geburtstag mit ihr feiern können. Sie wurde offensichtlich so alt, weil sie sich so manches zwischenmenschlich dumme ersparte.

Meinste etwa, das was wir in unserer Gesellschaft als normal empfinden hätte nichts mit dumm, verklemmt, und zwischenmenschlichen Störungen zu tun?


 Gudrun_D antwortete am 04.07.06 (15:21):

Lothri

...lesen sollte man können und Sinn für Humor haben!

Ich selber habe nie nix verklemmt -oder so- empfunden!

Es tut mir aber sehr leid,dass die Geschichte von der Kammerjungfrau offensichtlich hier nicht verstanden wurde!

Schade,da wurden Perlen vor ....bin ja schon still;-)


 Felix antwortete am 04.07.06 (15:40):

Ich bin ja auch nicht mehr der Jüngste ... aber aus welchem dunkeln Jahrhundert stammt ihr eigentlich?


 navallo antwortete am 04.07.06 (15:43):

Emil, wo nimmste das nur her?
Wieviel is' biografisch verpoetet, was reine Erfindung?
So spannend und kurz (!) kann man es nur aus wirklich stattgehabten Erfahrungen schildern - denk ich. Klasse :-))
Meine Fantasie wäre jedenfalls nicht ohne einen gewissen Hintergrund zu solchen literarischen Kurzwerken fähig.


 elvi antwortete am 04.07.06 (16:08):

Ich fürchte, Gudrun, DU verstehst hier bissel oberflächlich und einseitig .... (?)

Aus Postings wie denen von emilwachkopp kann der/die geneigte Leser/in soo viele verschiedene SCHWERpunkte herauslesen, wie die Phantasie der Leserschaft hergibt --
hier ist sie, die Phantasie, leider oft recht beschränkt -
was Emil aber hoffentlich nicht daran hindert, bald mal
wieder einen Schwank aus seinem Leben zu erzählen !

:-)

Moin, moin - elvi.


 nasti antwortete am 04.07.06 (17:10):

Die Geschichte über Else gefiel mir ausgesprochen gut, beflügelt meine Fantasien, befriedigt mein Verlangen nach etwas Ungewöhnliches.
Die Absurdität und Vielfalt der menschlichen Beziehungen erinnert mich an Dostojewskij, obwohl bei Ihm eher war die Krankheit und Abgrund der menschlichen Seele die Hauptthema, wo der kranke zeigt sich am ende in einem hellen licht, also seine kranke Seele leuchtete wie eine Perle.
Möchte ich gerne wissen, ob das nur ein empfundenes Thema ist, oder hat das emilwachkopp wirklich erlebt.
Das pragmatische und alltäglich gewöhnliche denken kann am ende wirklich zum Verblödung führen.


 Lene antwortete am 04.07.06 (21:33):

Also emilwachkopp, deine Geschichte, ob nun selbst erlebt oder selbst erfunden, ist prima! Und ich erbitte mir deine Erlaubnis, sie auszudrucken und meiner Freundin zu schicken. Dann hat diese auch was zu lachen.
Erzähle mehr!
Gruß Lene