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THEMA:   Was verstehen Sie unter Kultur?

 57 Antwort(en).

frieder begann die Diskussion am 21.01.05 (10:56) :

Was verstehen Sie unter Kultur?

Ein Begriff der im Alltag so oft zu hören ist, aber auch so verschieden artig gebraucht wird, angefangen von den Orangenkulturen bis zu Bildungskultur.
Gibt es auch eine ST- Umgangskultur?
Was aber ist bestimmt keine Kultur?
Wo bildet sich Kultur? Bei dem einzelnen Menschen oder in den Gemeinschaften.
Kann Kultur untergehen und sich wieder aufbauen?
Ich bin auf Ihre die Antworten gespannt.
Gruß Frieder





 Miriam antwortete am 21.01.05 (13:58):

Hallo Frieder,

ein wirklich spannendes Thema, welches du uns hier vorschlägst.
Zwar schreibe ich zur Zeit nicht im ST, aber da auch diese freiwillige Abstinenz etwas mit Kultur zu tun hat, melde ich mich hier doch zu Worte.

In erster Linie denke ich, macht unsere Kultur aus, eben der Umgang den wir miteinander pflegen. Dazu gehört für mich der Umgangston, aber auch das Zuhören, das richtig Hinhören und die Toleranz, die wir für den anderen und andersdenkenden haben.
Ich räume ein, bei Niedermacher und Niederschreier, stösst man bei mir auf eine Toleranzgrenze.
Und warum? Weil sich dies schon ausserhalb jedes Verständnisses von Kultur befindet.

Aber du fragtest ja, was man unter Kultur versteht - und ich habe darauf erstmals, wenn du so wills, mit dem Bereich geantwortet, in dem sich für mich Kultur sichtlich niederschlägt: die Sprachkultur, die Kommunikationskultur.

Wenn ich weiter über den Begriff Kultur nachdenke, würde ich sagen: alles was uns positiv geprägt hat für ein soziales Verhalten, für ein integratives Miteinander, gehört zur Kultur.

Vorausgesetzt, dass wir gewillt waren durch gewisse Einflüsse unsere Denk- und Verhaltensweise zu überdenken und auch zu ändern, möchte ich nun konkret einiges aufzählen:

die Bücher die wir gelesen haben - und jeder von uns hat da seine Vorlieben -

die Musik die uns viel mehr in der Denkweise beeinflusst, als früher gedacht - denn sie hat konkrete neurologische Auswirkungen -

die Welt der Bilder - die auch einem tiefen Bedürfnis entspricht, für mich persönlich, wie eine Art Wieserspiegelung, dessen was sehr verborgen, eher unseren Emotionen entspricht.

etc...

Und um die konkreten, oft schon fassbaren Prägungen etwas näher zu betrachten: die Wohnkultur, die Esskultur...aber selbstverständlich hier nochmals erwähnt: auch die Sprachkultur.


 schorsch antwortete am 21.01.05 (17:15):

Der eine oder andere ist schon zufrieden und meint, er habe Kult-ur, wenn er eine 20`000-€-Kult-Uhr am Kandgelenk trägt!


 Tobias antwortete am 21.01.05 (19:17):

Miriam,
Kultur ist nicht nur in den oberen Stockwerken, oder im schön und feingeistigen Denken angesiedelt. Kultur war ein ewiges Schaffen einer breiten Masse Menschen die dazu beigetragen hat. Die meisten davon haben keine Bücher geschrieben, keine Musik komponiert, aber sie haben die Kultur mitgeprägt. Dazu gehören die Lehrer, die Bauern, die Handwerker die Gesellen und die Arbeiter. Hauptsächlich aber die Mütter, aller Bevölkerungsschichten, haben Kultur am meisten beeinflusst.

Kultur, ein Weitergeben, ein immerwährendes Weitergeben von
Wissen, Können und Verhalten.


 chatti antwortete am 21.01.05 (20:54):

Unter „Kultur“ ist sehr viel zu verstehen. Ganz lapidar zusammengefasst könnte man fast alles, was man nicht zum Überleben braucht und trotzdem macht, als Kultur bezeichnen.
Kultur wandelt sich im Laufe der Zeit und ist verschieden unter den Völkern. So hatten schon die Urvölker „ihre“ Kultur. Ich denke da z.B. an die Felsenzeichnungen, die gefunden wurden. Nicht zu vergessen die Streitkultur und die Freizeitkultur, die es wohl auch schon in den Anfängen der Menschheit gab.
Die sehr verschiedenen Kulturen der einzelnen Völker u.s.w.

Ein Beispiel was Kultur ist und was nicht;
Stellt ein bekannter Künstler seinen alten Drahtesel auf ein Podest von ausgedienten Autoreifen in einer Stadt aus, dekoriert alles mit seinem Namen, ist es „Kultur :-)
Macht das Gleiche ein „Niemand“ ist es Umweltverschandelung.



 Medea. antwortete am 22.01.05 (08:26):

Marion Gräfin Dönhoff, auf den Flucht vor dem Einmarsch der Roten Armee, kehrt für einen kurzen Moment bei einer befreundeten Familie ein, um sich zu verabschieden. Die alte, dort lebende Dame zelebriert ein letztes Mal in aller Form ein Dinner, bei dem sie sich auch vor der drohenden Gefahr nicht stören läßt in der für sie gewohnten Weise.
Das, was danach kommen muß, scheint ihr nicht mehr wert, drüber nachzudenken - sie geht gewissermaßen mit der ihr ein Leben lang vertrauten 'Kultur' unter.

Diese kleine Szene am Rande fand ich schon sehr beeindruckend.


 wanda antwortete am 22.01.05 (09:04):

@Medea, das ist sicher eine schöne Szene, die sehr an Preußen erinnert - festhalten an den Gewohnheiten und Disziplin.

Kultur ist aber mehr, ich möchte Tobias zitieren:

Kultur, ein Weitergeben, ein immerwährendes Weitergeben von
Wissen, Können und Verhalten.

Ganz persönlich möchte ich auf Verhalten beharren, damit niemand meint, Kultur gäbe es nur da, wo es auch Bildung gibt.

Ein neues thema wäre - was gehört überhaupt zur Bildung ?


 Medea. antwortete am 22.01.05 (10:56):

Ja, Wanda, ich gehe mit Dir einig, die kleine von mir geschilderte Szene mag einer inzwischen vergangenen Epoche angehören, sie ist mir ganz einfach im Gedächtnis geblieben....

Bildung in ihrer sehr weit gefaßten Form ist ein gutes Stichwort - für mich beginnt sie nach wie vor mit dem, was allgemeinhin unter "Herzensbildung" verstanden wird -
eindrucksvoll nachzulesen in den "Foren des ST" über die letzten Jahre. :-( - ;-)


 Tobias antwortete am 22.01.05 (13:32):

Werte Medea, also mit dem Wort " Herzensbildung " kann ich überhaupt nichts anfagen.

Mir kommen da Leute in den Sinn denen man, deinem Schreiben nach, auf jeden Fall Herzensbildung unterstellen kann. Diese sogenannten herzgebildeten Menschen hatten bei Kriegsanfang
1939 möglicherweise kein Herz mehr.

Medea, mein Bildungsdenken ist Menschlichkeit und dies läuft im Kopf ab.


 Rosmarie antwortete am 22.01.05 (13:49):

Hallo, eure Antworten sagen mir sehr zu!

Ich dachte bei der Frage zuerst nur an Kunst. Aber natürlich fiel mir sofort der Begriff "Kunst und Kultur" ein. "Kultur" wird also zusätzlich und gesondert aufgeführt, da dies Wort weit umfassender ist.

Zur Kultur gehört für mich auch wesentlich die Art, wie wir miteinander umgehen, aber auch wie wir mit uns selbst umgehen. Sie beinhaltet die Techniken, wie wir mit dem Leben fertig werden, also wie wir unsere Unzufriedenheit, unsere Trauer, Begeisterung, Aggression ausleben und abbauen. Hierzu passt meiner Meinung nach Medeas Geschichte gut. (Huhu Medea und Miriam, bin ich froh, dass ihr noch da seid!!!!)
Natürlich könnte man bei größeren Kulturleistungen ansetzen. Aber ich finde Tobias Hinweis wichtig. Für mich steht und fällt alle Kultur mit der Fähigkeit, im zwischenmenschlichen Bereich Frieden halten zu können.
Denn höhere Kulturleistungen (z.B. Demokratie, Kunst) sind in meinen Augen nur möglich, wenn die "niedrigeren" (dies ist nicht wertmäßig gemeint!) wie Rücksichtnahme und Achtung-Praktizieren allgemein verbreitet sind.


 Rosmarie antwortete am 22.01.05 (14:01):

Tobias: " Medea, mein Bildungsdenken ist Menschlichkeit und dies läuft im Kopf ab..."

Ich verstehe Medeas "Herzensbildung" nicht als Gegensatz zu dem von dir, Tobias, oben geschriebenen Satz, sondern nur als eine andere Ausdrucksweise für dieselbe Sache.

Dass bei dir die Menschlichkeit im Kopf abläuft, brachte mich zum Schmunzeln. Denn viel Männer lassen halt sogar die Dinge, die manche Frauen einfach vom Gefühl aus regeln, über ihren Verstand laufen. Egal - Hauptsache, wir kommen nachher zu ähnlichen, d.h. mitmenschlichen Verhaltensweisen!


 chris antwortete am 22.01.05 (14:21):

Ich möchte dem Beitrag von Rosemarie von 13.49 h zustimmen.

Kunst und Kultur ist aber nicht nur die Vergangenheit der
großen Künstler, die unsere Kunst und Kultur beeinflusst haben,
die durch viele Erfindungen unser Leben verändert haben.
Zu Kunst und Kultur gehört für mich auch der Mensch und sein
Brauchtum, vieles wurde uns von unseren Vorfahren gelehrt und wir haben vieles übernommen und schätzen gelernt.

Doch auch die moderne Zeit heute setzt ihre Zeichen und
ich denke wir sollten aus dem was Vergangenheit war und ist
auch lernen können für unsere Zunkunft oder das was
Morgen sein wird.

Der Umgang der Menschen miteinander, ist wie Rosmarie
schreibt eine Verhaltensweise und ich denke es ist
keine Schande mitfühlende und mitdenkende Verhaltensweisen
zu zeigen!

Chris


 Rosmarie antwortete am 22.01.05 (16:03):

Chris: "Zu Kunst und Kultur gehört für mich auch der Mensch und sein
Brauchtum..."

Ja! Mir z.B. wird das Bewusstsein für Traditionen und die Beschäftigung mit Brauchtum immer wichtiger. Denn erst jetzt, wo ich älter werde, wird mir bewusst, wieviel uns _unbewusst_ über diese Schiene rübergekommen ist. Auch fällt mir oft auf, wie z.B. stehende Redensarten oder gebräuchliche bildhafte Ausdrücke ganze Weltbilder transportieren und wie wir diese mit aufgenommen haben, als wir als Kinder die Begriffe lernten. Wir denken und fühlen zum entscheidenden Teil so, wie unsere Sprache es uns gelehrt hat. Manchmal kommen in solchen Ausdrücken geradezu archaische Denk- und Fühlarten zu Tage (leider fällt mir kein Beispiel ein - aber feste bildhafte Begriffe benutzen wir dauernd, ohne über die ursprüngliche Bedeutung nachzudenken).

Das ist für mich deshalb so interessant, weil ich eigentlich der Meinung war, dass wir vorwiegend von wissenschaftlichen Erkenntnissen und der modernen Welt, also diesem Teil unserer modernen Kultur, geprägt sind. Offenbar weit gefehlt.


 Rosmarie antwortete am 22.01.05 (16:34):

Gerade, wie ich so über eure Beiträge nachdenke, fällt mir auf, dass ich "Kultur" eigentlich immer als positiv werte.
Oder gibt es auch schlechte Kultur? Wenn es in einer Gesellschaft z.B. üblich würde, Alte und Behinderte oder ethnisch andere Gruppen als negativ hinzustellen und sie zu benachteiligen - oder Schlimmeres, alles ja schon dagewesen - was ist das dann? Dies wäre ja eine Negativ-Kultur. Gibt es das? Oder ist der Begriff für euch immer positiv? Aber was ist dann das Andere?

Und wenn es negative Anteile von Kultur gibt, welche sind das für euch heutzutage?

Die Cool-Sprache Jugendlicher finde ich zwar übertrieben und oft blöd, aber sie ist für mich Jugendkultur, also allein nicht negativ.

Dass - innerhalb der heute üblichen Agrarkultur - die Böden durch vierfache Ernten (Folien, Dünger, Pestizide) geschunden werden, empfinde ich schon eher als einen Auswuchs von Kultur.

Empfindet ihr auch Kultur teilweise als negativ?


 Marieke antwortete am 22.01.05 (17:42):

Zitat:"-zu Kunst und Kultur gehört auch das Brauchtum-", ihr Lieben, der Artikel von Rosmarie hat mich richtig berührt-ja das muss stimmen! Ich dachte zurück, zuerst fiel mir etwas aus dem Neuen Testament ein, das hörte ich als kleines Kind von meinem Vater.:"S.conditio Jacobeam(kann selbst kein Latein)-"So Gott will und wir leben-"...
Dann zitierte Papa auch(und das gibt keinen Sinn <mehr>-):"--du nicht also, Sulamith-"! Woher könnte das stammen, fragt
Marieke


 chris antwortete am 22.01.05 (17:44):

@ Rosmarie,
du schreibst:

Das ist für mich deshalb so interessant, weil ich eigentlich der Meinung war, dass wir vorwiegend von wissenschaftlichen Erkenntnissen und der modernen Welt, also diesem Teil unserer modernen Kultur, geprägt sind. Offenbar weit gefehlt.

------------------------------------------------------------

Die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse der modernen Welt,
helfen uns sicher Seuchen zu bekämpfen und auch prägen sie
neue Kulturen.

Doch sollten uns die alten bestehenden Werte der Musik,
der Literatur und der Kunst als solches doch ein enormes
Kapital sein, das es gilt zu bewahren und auch zu erhalten.

Wenn wir es verstehen, sowohl das Alte und Brauchtum,
als auch Neues und Erfindungen, zu verbinden und zu
erhalten, so wird es um die Kultur nicht
schlecht bestellt sein.


 schorsch antwortete am 22.01.05 (18:03):

Kultur ist das, was uns vom Tier unterscheidet - oder unterscheiden sollte!


 Rosmarie antwortete am 22.01.05 (18:13):

Liebe Chris, so sehe ich das auch! Ich glaube sogar an eine Art Automatismus, also daran, dass sich ein solcher positiver Prozess von allein entfalten wird.

Liebe Marieke, leider kann ich auch kein Latein. Vermutlich wird dein Vater diese Zitate in einem bestimmten Zusammenhang, vielleicht in Situationen der Enge, als Trost zitiert haben? Vielleicht empfindest du ja heute noch diesen Trost, wenn du an die Worte deines Vaters damals denkst?

So etwas könnte man doch Familienkultur nennen? Bei uns in der Familie gab es auch stehende Redewendungen. Z.B. "Ochottochottochott" (O Gott, o Gott!), was von meiner kleinen Schwester stammte und später von uns allen in unangenehmen Situationen benutzt wurde. Durch die ehemalige kindliche Verunglimpfung wurde damit auch ein bisschen der reale Schrecken reduziert.

Mag noch jemand von solchen speziellen Familienausdrücken erzählen?
Aber vielleicht weiß ja auch jemand etwas zu Mariekes gesuchtem Ausdruck?


 Rosmarie antwortete am 22.01.05 (18:16):

Hallo Schorsch,

auch Tiere entwickeln kulturhaftes Verhalten. Wenn z.B. eine bestimmte Population Affen ihre Früchte vor dem Fressen im Wasser abwäscht, während alle anderen Gruppen das nicht tun, so ist das Kultur.

Seitdem wir genauere Methoden haben, Tiere zu beobachten, entdecken wir immer mehr Verhaltensweisen bei Tieren, die nicht angeboren sind, sondern durch Vormachen weitergegeben werden.

Sogar Wildgänse ziehen nicht nur nach dem Instinkt (wie z.B. Schwalben), sondern erlernen ihre Flugroute. Auch das ist Kultur.


 frieder antwortete am 22.01.05 (20:19):

Kultur ist - für mich - einfach alles was Fortschritt ist. Was aber ist Fortschritt?
Es ist wie Miriam oben sagt: „...eben der Umgang den wir miteinander pflegen° Oder wie Chatti bemerkt; °..alles was man zum Überleben braucht und macht°
Zusammengefaßt: Es ist geistiges und materielles Weiterkommen des Einzelnen wie auch der Gesellschaft - dann kommt mehr Kultur in unseren Alltag.

Darüber nachdenken halte ich für so wichtig. Denn erst wenn ich weiß, was wichtig und erstrangig ist, habe ich einen Art °Knigge° und kann leichter entscheiden, wählen, aussortieren.
Das ist viel Theorie.
Ein praktisches Beispiel wäre, daß ich beim Kauf von Obst, Eiern, Orangen nicht nur auf den Preis, sondern auch auf deren reelle Herkunft achte, dies spüren die Erzeuger an ihren Absatzmengen.

Da tue ich mir und auch anderen Leuten etwas Gutes. Und dies ist das Wesen der Kultur.
Albert Schweizer hat geschrieben: ° Wo das Bewußtsein schwindet, daß jeder Mensch uns als Mensch etwas angeht, kommt Kultur ins Wanken“
Gruß Frieder




 wanda antwortete am 23.01.05 (06:58):

das Wort Kultur ist bei mir auch positiv besetzt - aber entschuldige Frieder - bei mir deckt sich nicht alles was Fortschritt ist, mit Kultur.

Familienspezifische Redensarten kenne ich zur genüge. Ich würde sie aber nicht unbedingt zur Kultur zählen, mehr zu Überlieferungen. Mein Schwiegervater pflegte sich oft sehr kompliziert auszudrücken, anstatt sich die Mühe zu geben, ihn zu verstehen, sagten die Söhne "Wie in Braunschweig!" und grinsten einander an - das würde ich nicht unbedingt kulturell einordnen wollen.

Als wir Indien bereisten, lernten wir die Beerdigungsrituale der Parsen kennen, obwohl es mir sehr unwohl dabei war, ist das aber doch Kultur.

Wie sagte Fontane: Das ist ein weites Feld :-))))


 frieder antwortete am 23.01.05 (09:30):

An Wanda
Ich sehe es so:Der Begriff Fortschritt deute auf Bewegung hin. Nun hat Fortschritt für den Menschen eine zweifache Wirkung.

Einmal, daß es ihm im Alltag besser, leichter, angenehmer geht oder umgekehrt, dass er den Tag schwerer zu überstehen hat. Die Dinge die gut auf uns wirken, nenne ich Kultur, das andere Unkultur, besser wäre das Wort Rückschritt.

Die Bräuche, die du in Indien beobachte hast, sind langsam gewachsenes Übungen. Wenn sie den Menschen helfen sich wohler, gesünder zu fühlen, indem sie Ängste also Unzufriedenheit abbauen, dann sind sie fortschrittlich. Andernfalls - was es bei auch Religionen gibt - sind sie Unkultur.




.


 schorsch antwortete am 23.01.05 (10:01):

Kulturen gabs schon vor Tausenden von Jahren; die Europäer haben so manche ausgerottet......

Mancher Fortschritt ist zugleich ein Rückschritt. Wenn ich z.B. an die heutigen Waffen denke; jede neue Technik ist der nächste Schritt zu unserem Untergang; also ein Schritt in Richtung Anfang aller Dinge.....


 trux antwortete am 23.01.05 (10:31):

Irgendwann habe ich einmal gelernt, daß die Begriffe Kultur und Zivilisation voneinander zu trennen sind. Zum Begriff Zivilisation gehörte danach die Gesamtheit der technischen Einrichtungen, also auch Waffen. Das mag heute nicht mehr stimmen. Es gibt ja in vielen Bereichen neue Definitionen.


 frieder antwortete am 23.01.05 (12:36):

An Schorsch
Du meinst, daß Kriegs-waffen unbedingt ein °Schritt zum Untergang sind.Das muß nicht sein. Denke einmal an den °kalten Krieg°. Hätte es auf einer Seite keinen Fortschritt in der Waffentechnik gegeben, was wäre dann passiert!
An trux
Nach meinem Wissen spricht der Franzose mehr von Zivilisation, der Deutsche lieber von Kultur. Aber das müsseten die Sprach-Beobachter und Historiker beurteilen.


 Tobias antwortete am 23.01.05 (13:10):

Frieder für mich war das ein Unkultur weil sich die Regierungen gegenseitig die Luft nicht gegönnt haben und die Waffenlobbyisten das Rad immer schneller drehten.


 Felix antwortete am 23.01.05 (16:10):


Unter dem Stichwort <Kultur> und seinen ethymologisch verwandten Formen: <Kultus>, <Kult>,<kulturell>, <kultivieren> kommen mir sehr unterschiedliche Bedeutungen in den Sinn.
Alle diese Wörter lassen sich vom lat. <colere=bebauen, bewohnen, pflegen, ehren> resp. dem Substantiv <colonus=Bebauer, Bauer, Ansiedler, Niederlassung, Kolonie> ableiten. Ebenso spielt das von <colere> abgeleitete Substantiv <cultus = Pflege, Lehre, Bildung, Erziehung, Verehrung oder Huldigung> eine sinnverwandte Rolle.
Wir können also unterscheiden Bodenkultur, Geisteskultur, Verhaltenskultur.
Mir kommen unter <Bodenkultur> folgende Stichwörter in den Sinn:
Obstkulturen, Bakterienkulturen, Kulturpflanzen, Gemüsekulturen, Kultivieren des Bodens aber auch die Pilzkulturen der Blattschneiderameisen.
Bei <Geisteskultur> eher Kunst, Gestaltung, Inovation, Religion, Sprache, Wissenschaft, Fantasie etc.
Und bei <Verhaltenskultur> Umgangsformen, Benimmregeln, Brauchtum, Traditionen, Esskultur, Mode, Lebensstil etc.


Definitionsversuch für Geistes- und Verhaltenskultur:

- Kultur ist die Gesamtheit der Fähigkeiten und Gewohnheiten in einer bestimmten Population oder sozialen Gruppe.
Diese erlernten und durch Tradierung weitergegebenen Verhaltensmuster weisen oft eine gewisse Standartisierung auf.
Die Ausbreitung und Weitergabe einer bestimmten Kultur ist meist schicht-, alters-, geschlechts-, bildungs- oder berufsspezifisch und ist mit der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie, Nationalität, Glaubens- oder Sprachgemeinshaft verknüpft.

Wir haben es also mit einem äusserst komplexen Sachverhalt zu tun, der auch nicht scharf abgrenzbar ist.
Anfänge einer Art von Kultur finden wir auch bei gewissen Affenpopulationen. Ich denke da z.B. an Schimpansen, die eine durch Nachahmung weitergegebene Technik um Nüsse zu knacken oder Termiten zu fangen kennen.
Im Gegensatz dazu ist das Anlegen von Pilzkulturen bei den Blattschneiderameisen genetisch vererbt.


 Felix antwortete am 23.01.05 (16:18):

Meiner Meinung nach ist <Zivilisation> ein Teilaspekt des umfassenderen Kulturbegriffes. (Siehe Definition oben)

Eine Wertung in gut - schlecht oder böse ist eine Frage des Standpunktes.

Die Kultivierung der Fang- und Waffentechnik hat Aspekte, die gegensätzlich gewertet werden können.


 wanda antwortete am 24.01.05 (08:04):

@frieder - die Bräuche der Parsen sind in Deinem Sinne fortschrittlich, weil sie die Beseitigung der Leichname auf einfache und schnelle und auch preiswerte Weise erlauben.


 schorsch antwortete am 24.01.05 (09:34):

@ frieder: "...Hätte es auf einer Seite keinen Fortschritt in der Waffentechnik gegeben, was wäre dann passiert!..."

Bei deiner Frage fehlt nur ein einziger Buchstabe: der k. Dafür ist er in einem anderen Wort überflüssig! Ich setze ihn dir bei dem einen Wort ein und nehme ihn beim anderen Wort weg: Hätte es auf KEINER Seite EINEN Fortschritt in der Waffentechnik gegeben, was wäre DANN passiert?

Ich beantworte die Frage selber: Dann wäre das Waffen-Geld wahrscheinlich dorthin geflossen, wo es dem Frieden besser gedient hätte: in die Nahrung der Notleidenden!


 Felix antwortete am 24.01.05 (15:57):

Ich möchte noch weitere Begriffe in die Diskussion einbringen.

<Kulturtechniken>
wie Laut- und Schriftsprache, Zahl- und Zählsysteme, Masse, Rechenverfahren oder allgemeiner gesagt: Algorithmen (Lösungsverfahren), Kommunikationssysteme und -techniken, die verschiedenen Medien, Zeichensprachen, Landkarten, Wegweiser und andere Orientierungs- und Navigationssysteme, aber auch Ordnungssysteme wie Karteien, Bibliotheken, Suchmaschinen gehören dazu.
Es sind auch diese Techniken, die in unseren Bildungsstätten zum Stoffplan gehören sollten. Ohne diese funktioniert unsere Kultur und Zivilisation nicht.

Ein ganz anderer Kulturbereich wird etwas abschätzig als <Subkultur> bezeichnet.
Darunter versteht man Kulturformen, die sich vorallem in unterprivilegierten Schichten ausgeformt haben.
Dazu gehört der Slang, bestimmte Begrüssungsformen, Musikformen, die dann, wie etwa der Jazz, zur etablierten Kunstform hochstilisiert werden können, Bekleidungsformen, Lebensstile und Gesellschaftsformen, Familienstrukturen etc.

Oft assoziiert man mit <Kultur> einseitig E-Musik, Dichtung, Kunst und Geisteswissenschaften etc.
Zur Kultur gehört eben auch die Art wie mit Körperausscheidungen umgegangen wird oder ob man Gabeln oder Stäbchen zum Essen verwendet.

Ein unerschöpfliches Thema!


 trux antwortete am 24.01.05 (16:54):

Ich melde mal leichte Zweifel darüber an, dass die Begriffe Zivilisation und Kultur im deutschsprachigen Raum weitgehend übereinstimmen sollen. Im romanischen Sprachraum mag es ja anders sein. Ähnlich der Diskussion über die Begriffe virtuell und real wäre es doch nützlich zu wissen, wie man die Begriffe in der täglichen Umgangssprache oder in Schriftsätzen einigermaßen richtig einsetzt, ohne anzuecken.


 frieder antwortete am 24.01.05 (17:20):

An trux
Dein Zweifel ist berechtigt. Ich habe einen Lehrer gefragt,der sagte, dass er die Begriffe Kultur und Zivilisation gleichartig verwendet.
Gruß Frieder


 hugo1 antwortete am 24.01.05 (17:31):

Kultur ? bei Google taucht dieses Wort auf Anhieb über 45 millionen mal auf. Es ist also für mich ein schikanierter Sammelbegriff für fast Alles und/oder für nix.
Die meisten -meist hilflosen- Erklärungsversuche, vom hochwissenschaftlichen Experten über den berühmten Künstler der Vergangenheit die Allerwelts-Lexika bis hinauf zum schlichten, einfachen Seniorentreffler, geben jeweils nur einen Bruchteil der variantenreichen Möglichkeiten wieder.
Ich glaube, das Kultur sehr stark an Besitztum, Vermögen, Reichtum und Macht gebunden und davon beeinflusst ist und bei Bedarf zum Beeinflussen mißbraucht wird.
Auch ein früherer Kaiser, der Brot und Spiele für die Massen organisieren liess missbrauchte die K.
Eine Gruppe Sklaven, die bei ihrem gebücktem vorwärtsschleppen auf den Baumwollplantagen ein Lied singen durfte oder musste hätte wohl lieber auf jeglichen Anflug von kultureller Betätigung verzichten wollen,,
In der Antike, dem Mittelalter und bis in die Gegenwart finden sich die Beispiele en Masse, wo die graue Masse von kulturellen Höhepunkten ausgeschlossen war, oder diese "Höhepunkte" z.B. als Gladiator, als Kampfopfer in der Arena oder sonnstige Statistenrolle umrahmte.
,,zumindest der durchschnittliche Mitteleuropäer ( und noch ne ganze Menge Menschen weltweit) hat in der gegenwärtigen Zeit im Verhältnis zu den Menschen die früher lebten (einige Ausnahmen gabs schon immer) die Chance auf eine gewisse Kontaktierung und Vereinnahmung kultureller bzw. sich kulturell nennender Ereignisse und gestalterischer Lebensweisen.
,zumindest träumen und virtuell teilhaben an kulturellen Events kann heutzutage der Kleinste willige Mitbürger, auch wenn ihm das nötige Kleingeld für: na z.B. einen Logenplatz bei den Bayreuther Festspielen fehlt.
Ein Prommitreff bei dem ich den zweiten Akt von Parsival sehen durfte, meine Frau den ersten und der Sohn den dritten, wo mir unklar war ob ich klatschen durfte sollte oder nicht ( ich durfte nicht)
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 schorsch antwortete am 24.01.05 (18:01):

Nicht jeder zivilisierte Mensch hat zwangsläufig auch Kultur!


 Karl antwortete am 24.01.05 (18:16):

bei so einem Thema "Was ist Kultur?" ist es wunderbar möglich aneinander vorbei zu reden, weil jeder eine andere Definition des Begriffs im Kopf hat - und alle haben Recht.

Die Bedeutung des Wortes Kultur hängt vom Zusammenhang ab, in dem ich es verwende. In der Biologie (Felix hat es erwähnt) ist Kultur all das, was durch Traditionsbildung (im Gegensatz zur genetischen Vererbung) von Generation zu Generation weiter gegeben wird. Dieser Kulturbegriff ist umfassend und schließt auch die "Unkultur" ein, die wir sehen, wenn wir Kultur auf das einschränken, was uns gesittet erscheint.

Der Kulturbegriff kann hier als Beispiel für ein allgemeingültigeres Prinzip gelten, dass Worte erst im Zusammenhang Bedeutung erlangen. Vielfach werden deshalb auch Definitionen wie aus Wikipedia der Wirklichkeit, der lebendigen Sprache nicht gerecht. Definitionen sind immer etwas Künstliches.


 Felix antwortete am 24.01.05 (18:21):

Lieber Schorsch,

das tönt zwar sehr gut ... Da die Begriffe <Kultur> und <Zivilisation> bei genauerem Hinsehen ... wenigstens im deutschsprachigen Raum ... gleichbedeutend verwendet werden ... verliert diese Aussage ihren Sinn!

Oder belehre mich über den Unterschied ... aber nicht nur über den, den du persönlich in deinem individuellen Sprachgebrauch zu machen pflegst.


 trux antwortete am 24.01.05 (21:34):

Auch nach diesen Beiträgen werde ich Kultur weiterhin mit Schöngeistigem verbinden, ich habe da so meine persönlichen Erfahrungen. Als Kriegsgefangener im Osten lebte ich bald ohne Schöngeistereien, war ausschließlich auf Erhalt des Körpers bedacht. Gepeinigt von Erniedrigungen und Hunger igelte ich mich psychisch ein. Um mich herum Soldaten, Gewehre, Bajonette, Gewalt. In Freiheit begann ich in extremer Weise, die schönen Dinge des Lebens zu suchen, die Literatur, die Musik... Mit Zivilisation verbinde ich das nicht. Natürlich nutzte ich Verkehrsmittel, Maschinen, Arbeitsmittel. Aber es wäre auch ohne sie gegangen. Also: Schöngeistiges ist für mich nicht zwingend Zivilisation, eindeutig aber Kultur.


 Felix antwortete am 25.01.05 (00:25):

@Trux

Aus deiner ganz persönlichen subjektiven Erfahrung kann ich durchaus verstehen, dass für dich <Kultur> einen bestimmten Stellenwert hat.
Ich habe mich bemüht, den Begriff <Kultur> wertfrei und möglichst allgemeingültig zu umschreiben.
Wir werden allso Mühe haben, einen Konsens zu finden!


 schorsch antwortete am 25.01.05 (09:17):

Vor noch nicht so langer Zeit gab es Menschenfresser. Feinde zu erlegen und sie dann genüsslich zu braten und zu verzehren, gehörte zur Kultur dieser Kanibalen, in Jahrtausenden gewachsen.

Dann kam der "zivilisierte" Mensch und benannte diese Menschenfresserei als Unkultur.

Wer weiss; vielleicht - eines nicht mehr so fernen Tages, wenn der zivilisierte Mensch die Vegetion ausgerottet hat, bleibt ihm nur noch, seine Mitmenschen aufzufressen?!


 hugo1 antwortete am 25.01.05 (10:37):

schorsch seine Mitmenschen genüßlich....aber kulturvoll mit Messer und Gabel. Nee was hast Du Dir da droben auf den Bergen bloß für ne Phantasie zugelegt ?
das hat wohl mit Hochkultur zu tun ?
aber wenn man sich dadurch gut unterhält und belustigt, scheints eine art massen-, bzw. populärkultur (unterhaltungskunst) zu sein. Da sperre ich mich trotz solcher kultureller Höhepunkte gegen einen solchen Kulturaustausch.
Da bleib ich lieber Kulturbanause, ehe ich mir einen Kulturschock einhandele. Da such ich mir eine andere Kultur -vielleicht als Kulturfolger wie der Sperling und die Kakerlake- und beantrage beim Kultusministerium einen Kulturaustausch nach den Bedingungen des österreichischen Kulturgütertransfergesetzes. Dann kann ich mich in Ruhe
den Anforderungen der Unternehmenskultur und der Streitkultur widmen, solange dabei das Thema nicht auf die von Dir anfangs zitierte Esskultur ohne Berücksichtigung frühzeitlicher Tischsitten umschwenkt.
ps. übrigens Sitten und Gebräuche, da wärn wir wieder bei einem, de Gemüter in Wallung bringendem Kulturthema.


 Felix antwortete am 25.01.05 (16:19):

Kanibalismus war in den meisten Fällen keine Frage der Ernährung sondern eine religiöse kultische Handlung.

- Menschenopfer mit anschliessendem Verzehr der Geopferten fand nur periodisch als Höhepunkt ritueller Handlungen statt.
- Oft wurden als Opfer nicht Menschen aus der eigenen Population ausgesucht, sondern Fremde, die gar nicht als Menschen bezeichnet wurden.
- Die heilige Handlung hatte oft etwas mit dem Glauben zu tun, dass man mit der Einnahme des Körpers, des Blutes oder bestimmter Organe des Geopferten neue Lebensenergie aufnehmen könne.
- In vielen Völkern begnügte man sich auch mit Opfertieren.
- Oft wurde die kanibalistische Handlung durch reine Symbolik ersetzt.
Ein christliches Beispiel ist das heilige Abendmahl. Bei gläubigen Katholiken wird die Hostie und der Wein sogar vor der Einnahme in Fleisch und Blut des Herrn verwandelt. Bei gemässigteren Christen bleibt es Brot und Wein und wird nur symbolisch zum Leib und Blut des Herrn, das der Erneuerung des Bundes dienen soll.

Also eindeutig ein Teil "unserer" christlichen Kultur.
Vermutlich wird dies einigen von uns nicht in den Kram passen. Wir ... die wir uns hochnäsig über die "primitiven Wilden" so erhaben fühlen und durch Missionstätigkeit versuchten, ihnen diesen "Aberglauben" wenn nötig auch mit Gewalt auszutreiben.


 iustitia antwortete am 26.01.05 (14:15):

Felix -
eine schöne Ergänzung zum Kultur-Begriff:
Kannibalistische Stämme habe es in der Menschheitsgeschichte nicht mehr bis in unsere Zeit geschafft.
Auch die Neandertaler sind nicht wg. Menschenfresserei ausgestorben. (Was man den Knochenfunden und Grablegungen ablesen kann.)
Die rituellen Menschenopfer sind im Mittelmeerraum mit den Figuren Iphigenie (als Opferung durch Vater Agamemnon) und Isaacs (durch seinen Vater Abraham) zu Ende gegangen und zu Tabus geworden, um das zu festigen, was wir heute Familie nennen.
Christen haben noch Jahrtausende (trotz Bergpredigt und Nächstenliebe) Ketzer und Heiden in tollen Spektakeln geopfert, dass sie im Jenseits, im ewigen Höllenfeuer, weiterbrennen sollten.
Die Abflämmung des Altars (den Altar-Brand) bei Kircheneinweihungen hat es im Katholizismus um 1950 noch gegeben, in der Antonius-Kirche in Münster z. B. Aber da war auch schon der ursprüngliche Sinn dieses Opferfeuers schon fast unbekannt, sogar befremdlich.

In welchen Gottes- oder Religionshäusern es noch den Altar als Opfertisch gibt, ist ja auch interessant.
Im Jüdischen gibt es nur noch die Erinnerungen an den Opferdienst, an die Opfervorschriften (in der Awoda).
Das Gebet ist dort die zentrale Form der Gottesverehrung.
*
URL - "Altar" eines virtuell Kommunizierenden...

Internet-Tipp: https://drwho.virtadpt.net/pictures/altar/altar-2.jpg


 trux antwortete am 26.01.05 (19:03):

@ Felix
Zu Deiner Formulierung "persönliche subjektive Erfahrung" noch ein Wort:
Persönliche Erfahrungen = subjektiv! Einverstanden; doch man denkt und kommuniziert nicht nur während der Phase physischer oder seelischer Beeinträchtigungen in der Subjektivität.


 mart antwortete am 27.01.05 (08:28):

Es gibt durchaus Zweifel, ob es echte Kannibalen gegeben hat - also Kulturen, die andere Menschen regelmäßig auf ihrem Speiseplan gehabt haben.

"Es gibt in keiner einzigen historischen Quelle Augenzeugenberichte über die kannibalistische Handlung selbst. Es handelt sich immer nur um Berichte aus zweiter oder dritter Hand", sagt Röcher vom Institut für Prähistorische Archäologie in Berlin.

.....abgesehen von extremen Notzeiten, wie sie unter Stalin auf dem absichtlich ausgehungerten Land oder beim Westtrack in den USA vorkamen und wo dann tatsächlich neugeborene Kinder und der Schwächste der Truppe verzehrt worden sind und abgesehen von Begräbnisrítualen.

Internet-Tipp: https://science.orf.at/science/news/5765


 schorsch antwortete am 27.01.05 (09:05):

Berühmte Foscher der Zeit vor etwa 100 bis 200 Jahren waren Zeugen jener Riten. Das ignorieren des Kanibalismus kann einem zwar das Schaudern ersparen, ändert aber nichts an den Tatsachen.


 trux antwortete am 27.01.05 (10:01):

Vergessen wir nicht, daß unsere abendländische Kultur auf drei Säulen steht: Hochkulturen des vorderen Orients, Germanentum und Christentum.


 mart antwortete am 27.01.05 (11:45):

Na, ja - fehlt da nicht auch das hellenistisch - römische Fundament?

Und was verstehst du unter "Germanentum"?


 DorisW antwortete am 27.01.05 (12:11):

Ganz zu schweigen von den ollen Griechen *g*


 trux antwortete am 27.01.05 (15:15):

Habe das mit den 3 Säulen einmal so gelernt, auch einige Jährchen her. Es sind eigenständige, also voneinander unabhängige Säulen.
Germanentum? Na, da googelt man schön. Ihr werdet finden: Germanische Kultur, Germanische Religion (Naturreligion), Germanisches Weltbild auch etwas über die Germanische Schöpfungsmythologie. Danach wurde das erste Menschenpaar aus Baumstämmen erschaffen: "Ask" und "Embla". Der Natur entsprechend, und wie die Namen Esche und Ulme zeigen, sind Frau und Mann somit nicht aus dem selben Holz geschnitzt, auch *g*


 mart antwortete am 28.01.05 (01:37):

Na ja, entweder ist dein Gedächtnis etwas getrübt oder dein Lehrer war vom Germanen-mythos überwältigt. Ich nehme an, es war eher das zweitere.

Dazu folgender interessanter Link:

Internet-Tipp: https://www.sehepunkte.historicum.net/2003/09/1996.html


 wanda antwortete am 28.01.05 (08:06):

ich kenne nur die fünf Säulen vom Kneipp :-))))


 trux antwortete am 28.01.05 (14:49):

Den Begriff abendländische Kultur nannte ich wertneutral, vor allem politisch wertneutral. Sollen andere sie beschreiben oder umschreiben wenn sie es können, ich kann es nicht. Allenfalls spüre ich Abgrenzungen z.B. zur chinesischen oder afrikanischen Kultur, wobei bei genauerem Hinschauen wohl die Kulturgeschichte zu bemühen wäre. Ich denke, dass man die abendländische Kultur bei einer Kulturdiskussion erwähnen sollte, schaue aber dabei durch keine politische Brille, um das klar zu sagen.




 schorsch antwortete am 28.01.05 (17:31):

Meistens wenn eine Kultur am höchsten steht, wird sie von Barbaren vernichtet.....


 Felix antwortete am 29.01.05 (17:49):

Wie weit Kulturen auseinander liegen können, sehen wir zur Zeit am Beispiel der Fasnachts- resp. Karnevalsbräuche in einem geographisch beschränkten Raum in Mitteleuropa.
Die gemeinsamen Wurzeln dieser Narrenzeit und Maskentreiben sind zwar vorhanden. Die weiteren Einflüsse, die zur Ausformung dieser Bräuche geführt haben, mögen dann wieder regional verschiedem sein.
Welten liegen zwischen den rheinischen Karnevalssitzungen, einem Narrensprung in Rottweil, dem Schramberger Bach-na-ab Fahren, der Luzerner Strassenfasnacht oder dem Basler Morgenstreich, um nur einige wenige zu nennen.
Da meine erste Frau als Volkskundlerin verschiedentlich über Volksbräuche publiziert hat, sah ich mit eigenen Augen unzählige Masken- und andere Bräuche vorallem im schwäbisch-alemannischen Raum. Aktiv nahm ich viele Jahre an der Basler Fasnacht teil. Dies war zeitlich möglich, weil praktisch alle andern Fasnachten mit dem Aschermittwoch beendet sind. Der Morgenstreich als Auftakt unserer Fasnacht ist eben am Montag nach Aschermittwoch, also dieses Jahr am 14. Febr.


 Miriam antwortete am 01.02.05 (09:50):

Zu den drei Säulen unserer Kultur, äusserte sich auch der Kabarettist Matthias Beltz:

"Hochzeit, Mahlzeit, Freizeit"

Matthias Beltz wäre am 31.1 sechzig Jahre alt geworden.

Er gehörte tatsächlich zur Kultur dieses Landes.


 trux antwortete am 01.02.05 (20:10):

Da wollte ich mit den drei Säulen mal Bedeutsames sagen und nun das.... Aber ich freue mich über Eure Bemerkungen. Übrigens: Drei Beine sind stabiler als vier; denkt mal ans Zurechtsägen von Stuhlbeinen.
Trux sagt Kölle Alaaf zusammen.


 BarbaraH antwortete am 02.02.05 (10:57):

Lesenswert zum Begriff "Kultur" ist ein Artikel in der heutigen taz:

Oh Kultur, oh Schutz vor ihr
VON ROBERT MISIK
https://www.taz.de/pt/2005/02/02/a0197.nf/text

Dort heißt es u.a.:

>>Während der zeitgenössische Kapitalismus nun tatsächlich dafür sorgt, dass, 150 Jahre nach Karl Marx hellsichtiger Prophezeiung, "alles Ständische und Stehende verdampft", so erscheint heute ausgerechnet die "Kultur", diese eigentlich doch eher immaterielle, flüssige Sache, als unveränderbar, starr, anpassungsunfähig.

Längst fügt sich das in eine ebenfalls schon wieder ein paar Jahre alte Tradition des Neorassismus, der in kultursoziologischen Kreisen auch unter dem Label "Kulturalismus" bekannt ist: Denn der klassische, biologistische Rassismus ist weitgehend verschwunden. Der moderne Rassist ist in der Regel nicht der Meinung, der Andere sei genetisch minderwertig oder in irgendeiner naturwissenschaftlichen Hinsicht rassisch schädlich - er erlaubt sich nur den Hinweis, die Anderen haben eine andere Kultur. Die müsse nicht schlechter oder besser als die unsere sein, es reicht, dass sie eine fundamental andere ist, um den Schluss zu provozieren: Wir und die Anderen sollten uns besser nicht ins Gehege kommen. Was dann konkret meist heißt: Sie sollten bleiben, wo der Pfeffer wächst.

Alle Diskurse, zuvorderst der über Menschenrechte, sind eingefärbt von Kulturalismus - was insofern erstaunlich ist, gilt doch seit frühen Zeiten als Voraussetzung für die universelle Geltung des Rechts, dass dessen Autorität "ohne Ansehen der Person" wirke (daher die verbundenen Augen der Justitia).

Es lässt sich nicht mehr übersehen: Kultur ist nicht das, was wir in den Kassettenrekorder schieben, Kultur ist das, was wir in den Knochen haben. Kultur ist das, wofür man tötet - von Bosnien bis Beslan, von Solingen bis Amsterdam.<<

Internet-Tipp: https://www.taz.de/pt/2005/02/02/a0197.nf/text