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THEMA: Prügelstrafe aus religiösen Gründen?
15 Antwort(en).
BarbaraH
begann die Diskussion am 06.12.04 (14:58) :
Im Radio wurde heute von einer Schule in England berichtet, die sich ihr Recht auf Prügelstrafe gerichtlich erstreiten will.
Begründung: Die Schulleitung sähe in dem seit zehn Jahren geltenden Prügelverbot eine Einschränkung ihres Rechtes auf freie Religionsausübung.
Wer errät, um welche Religion es sich bei dieser Schule handelt?
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mart
antwortete am 06.12.04 (19:10):
Aus den Glaubensgrundsätzen dieser Sekte, die inzwischen weltweit tätig ist und extrem stark missionierend unterwegs ist.
«Wir glauben, dass die Bibel, bestehend aus den 66 Büchern des Alten und des Neuen Testamentes, aus Gottes Inspiration entstand und deshalb das unfehlbare und zuverlässige Wort Gottes ist. Sie ist die einzige vollkommene Richtschnur und letztendliche Autorität für alle Bereiche des menschlichen Lebens und der Gesellschaft.“
Na, ja kommt mir irgendwie bekannt vor– deshalb wundert es mich nicht, daß bei der Schweizer Sektenbeobachtungsstelle inzwischen über diese Kirchengemeinschaft die meisten Anfragen verzeichnet werden.
Zu England:
Dort ist immer noch die Prügelstrafe für Erziehungsberechtigte erlaubt. Nachdem sie an den Schulen vor ein paar Jahren verboten wurde, hat diese besagte Freikirche sofort Rekurs eingelegt und wurde dabei von ca. 40 anderen Privatschulen unterstützt.
Daher meine ich:
Kontrolliert die Privatschulen, gleich welcher Schulerhalter dahintersteht oder dahintersteckt intensiver, und kontrolliert und überwacht diejenigen am besten, die sich auf ein Buch berufen, das die einzige und nicht hinterfragbare Wahrheit enthält.
Muß ich dazusagen, daß die Internationale Homepage Christian Fellowship vor Frieden und Freude geradezu trieft?
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ueberhaupt
antwortete am 06.12.04 (21:43):
Ganz ehrlich: Angesichts der Probleme, die wir im eigenen Lande haben , interessiert mich nicht, welche Religion in England die Prügelstrafe erstreiten will. Soll konstruktiv heißen: Laß uns erstmal die eigenen Problem bewältigen.
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BarbaraH
antwortete am 06.12.04 (21:58):
Ich stelle mir Deine Reaktion vor, wenn es sich um eine muslimische Privatschule gehandelt hätte, mart. Dabei geht es hier nicht um einen Verstoß, den man durch Kontrollen hätte aufdecken können, sondern um die Einklagung des Rechts auf Prügelstrafe durch eine christliche Privatschule.
Sie beruft sich dabei auf die Bibel, in der zu lesen ist: "Bestrafe das Kind mit der Gerte und rette seine Seele vor dem Tod."
Auch im bibeltreuen Amerika wird diese Anweisung heute noch gern befolgt.
Quelle: SPIEGEL ONLINE vom 6.12.04 CHRISTLICHE SCHULE WILL PRÜGELSTRAFE Recht auf den Rohrstock https://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,330794,00.html
Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,330794,00.html
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mart
antwortete am 06.12.04 (22:53):
Ach so, du wolltest von mir eine deutlichere Verurteilung hören?
Pervers, das eine, die Klage, daß irgend ein Religiöses Recht oder religiöser Glaube Vorrang vor dem staatlichen Recht hätte,
und pervers das andere, daß heimlich geprügelt wird, weil es Gott so will.
Und ebenso pervers die Eltern, die ca. 4000 € jährliches Schulgeld zahlen
Beide Prüglercliquen, ob offen oder versteckt, gehören in ihre Schranken verwiesen - Die christl. Sekte hat ja schon etliche Prozesse verloren und wird auch den jetzigen verlieren. Und beide Prüglercliquen gehören in Zukunft entsprechend überwacht. Und nicht nur in Hinsicht auf das Prügeln, sondern auch in Hinsicht auf die Einhaltung der übrigen gesetzlichen Normen.
Oder möchtest du, daß ich mich als Agnostiker und Katholik davon distanziere? Tue ich sehr gerne!
Oder wie hättest du es gerne?
Auf welcher homepage soll ich es veröffentlichen? Oder soll ich mich dafür einsetzen, daß auf Katholikenseiten oder auf evangelischen Seiten eine Distanzierung erscheint? Eine Erklärung, daß auf ihren Privatschulen kein Prügeln stattfindet?-
Ich finde das eine sehr gute Idee.
Damit würde auch die Gefährlichkeit dieser christlichen Sekte, der Christian Fellowship, die in vielen Ländern vorrückt, allgemein bekannt werden.
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mart
antwortete am 06.12.04 (23:47):
Oder wolltest du, daß ich die Grausamkeiten aus den 66 Büchern des Alten und des Neuen Testamentes zitiere, die aus Gottes Inspiration entstanden seien und deshalb das unfehlbare und zuverlässige Wort Gottes betrachtet werden müssen.
Nach Aussagen der Christian Fellowship seien sie ja ist die einzige vollkommene Richtschnur und letztendliche Autorität für alle Bereiche des menschlichen Lebens und der Gesellschaft.
Aber gerne kann ich dir damit dienen:
Moses spricht zu seinem Heer: Nun bringt alle männlichen Kinder um und ebenso alle Frauen, die schon einen Mann erkannt und mit einem Mann geschlafen haben Numeri 31,17-18
Mit scharfem Schwert weihten sie alles, was in der Stadt war dem Untergang, Männer und Frauen, Kinder und Greise, Rinder, Schafe und Esel Josua 6,21
Niemand ließ er entkommen; alles was lebte weihte er dem Untergang; wie es der Herr der Gott Israels, befohlen hatte Josua 10,40
Sie mußten sich nebeneinander auf die Erde legen und ermaß die Reihe mit einer Meßschnur ab; jeweils zwei Schnurlängen wurden getötet, und jeweils eine volle Schnurlänge ließ er am Leben Samuel 8, 1-3
Das sind die Namen der Helden Davids; Jischbaal, der Hachmoniter, das Haupt der Drei; er schwang seine Streitaxt über achthundert Männer und erschlug sie alle auf einmal Samuel 23, 8
Der Menschensohn wird seine Engel aussenden und sie werden aus seinem Reich alle zusammenholen, die andere verführt und Gottes Gesetz übertreten haben, und werden sie in den Ofen werfen, in dem das Feuer brennt Dort werden sie heulen und mit den Zähnen knirschen Mt, 13;24-30
Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen Wenn dich dein rechtes Auge zum Bösen verführt, dann reiß es aus und wirf es weg! Mt, 5;21
Kommt her! Versammelt euch zum großen Mahl Gottes Freßt Fleisch von Königen, von Heerführern und von Helden, Fleisch von Pferden und ihren Reitern, Fleisch von allen, von Freien und Sklaven, von Großen und Kleinen Offenbarung 19;17
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simba
antwortete am 07.12.04 (08:04):
Die Bibel können nur Menschen erfunden haben - es sei denn Gott ist so grausam wie die Menschen....
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Medea.
antwortete am 07.12.04 (09:13):
Ich denke häufig, daß die Menschen genau umgekehrt, ihren Gott nach ihrem Ebenbild formten ....
sonst würde es nicht so viele furchtbare Gottheiten geben, die zum gegenseitigen Töten aufrufen ......
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schorsch
antwortete am 07.12.04 (09:25):
Mal überlegen: Jede Tiermutter leitet ihr Kind 1. mit dem Vormachen - und 2. mit einem sanften Hieb mit der Pranke, Tatze oder gar mit den Zähnen, wenn das Kind nicht den erprobten Riten des Lebens folgen will.
Ich bin nicht für die Prügelstrafe. Aber es gibt Momente, da ist ein kleiner Klaps wirkungsvoller als stundenlanges auf das Kind Einreden. Beispiel: Ein Kind von 3 Jahren spaziert mit der Mutter auf dem Gehsteig. Plötzlich reisst es sich von der Hand der Mutter und läuft über die Strasse. Ein Autofahrer kann gerade noch mit pfeifenden Pneus ein paar Zentimeter vor dem Kind anhalten. Glaubt ihr nun, das Kind habe aus der Situation etwas gelernt? Es wurde ihm ja nichts zugefügt, das dieses Lernen hätte aktivieren können. Wenn ihm aber die Mutter sozusagen als Ersatzschmerz einen Klaps auf den Hintern gibt und energisch mit ihm schimpft, wird dem Kind dies eine Erfahrung fürs Leben bleiben.
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BarbaraH
antwortete am 07.12.04 (12:13):
schorsch,
so sieht Dein liebevoller Klaps in 22 Staaten der USA aus:
>>Auch in amerikanischen Schulen ist das gefürchtete "Paddling" weit verbreitet, vor allem in den religiös geprägten Bundesstaaten des "Bible Belt". Dort ist das gefürchtete Instrument rund eine Meter lang und ähnelt einem Paddel. Mit Wucht auf den Hintern geschlagen, hinterlässt es Striemen oder sogar Blutergüsse. Zur Züchtigung müssen sich Schüler nach vorne beugen - eine ebenso schmerzhafte wie erniedrigende Prozedur.<<
Außerdem geht es in England nicht um die Erlaubnis von Eltern zum Prügeln ihrer Kinder, was dort nach wie vor erlaubt ist, sondern für LehrerInnen.
Quelle: SPIEGEL ONLINE vom 6.12.04 CHRISTLICHE SCHULE WILL PRÜGELSTRAFE Recht auf den Rohrstock https://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,330794,00.html
Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,330794,00.html
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schorsch
antwortete am 07.12.04 (18:58):
Wie ich oben schon sagte, bin ich nicht für die "Prügelstrafe". Prügel werden mit Prügelnd verabreicht. Wer aber seinem Kind einen Klaps mit der eigenen Hand auf den Po gibt, merkt selber an seiner Hand, ob es zu hart war. Hau dir mal mit deiner Hand auf die bejeansten Oberschenkel. Wo tuts mehr weh, auf den Schenkeln oder an der Hand?
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Tessy
antwortete am 07.12.04 (20:03):
Einspruch, Schorsch!
Ich bin dagegen - aus den gleichen Gründen die für mich auch gegen aktive Sterbehilfe oder gegen Folter sprechen. Solche Erlaubnis öffnet dem Mißbrauch Tür und Tor.
Und - Klaps und Schlag verletzen die Seele!! Was aber nicht heißt daß ich gegen Erziehung bin, im Gegenteil. Und das widerum bedeutet: Erklärendes und konsequentes Verhalten der Erzieher. Klapse werden damit überflüssig.
"Klapserziehung" lehrt Kinder zu lügen, und das kann es nicht sein.
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pilli
antwortete am 07.12.04 (21:11):
Sind so kleine Hände, Winzige Finger dran. Darf man nie drauf schlagen, Die zerbrechen dann.
Sind so kleine Füße, Mit so kleinen Zehn. Darf man nie drauf treten, Könn' sie sonst nicht gehn.
Sind so kleine Ohren, Scharf, und ihr erlaubt, Darf man nie zerbrüllen, Werden davon taub.
Sind so schöne Münder, Sprechen alles aus. Darf man nie verbieten, Kommt sonst nichts mehr raus.
Sind so klare Augen, Die noch alles sehn. Darf man nie verbinden, Könn' sie nichts verstehn.
Sind so kleine Seelen, Offen und ganz frei. Darf man niemals quälen, Gehn kaputt dabei.
Ist so'n kleines Rückgrat, Sieht man fast noch nicht. Darf man niemals beugen, Weil es sonst zerbricht.
Grade, klare Menschen Wär'n ein schönes Ziel. Leute ohne Rückgrat Hab'n wir schon zuviel. (Bettina Wegner) ...
nur einmal ein kind geschlagen und es ist geschehen, die seele wird erniedrigt...warum?
wenn es ein leichter und auch liebevoller schlag ist, ändert es doch für mich nichts daran, daß es ein schlag bleibt, also ein domestizierendes mittel eingesetzt wird, willen zu brechen.
nur einmal habe ich den leichten schubs mittels der hand mißbraucht, meine tochter abhalten zu wollen, etwas nicht so gutes zu tun. ruhig hat sie sich umgedreht hat dann meine hand genommen, festgehalten und gesagt:
"tu das bitte nie mehr!"
ich habe mich sehr geschämt, daß sie...seinerzeit gerade mal vier jahre alt...sich und ihre seele wohl schützen wollte und es gab ein versprechen an diesem nachmittag, daß ich eingehalten habe.
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mart
antwortete am 08.12.04 (08:04):
In einem ähnlichen Fall sagte mein etwa gleichaltriger Sohn zum Vater "Kinder schlägt man nicht":-)
Ich habe ein einziges Mal einem meiner Kinder eine Ohrfeige gegeben. Ich fühlte mich dabei vor einem Bekannten von ihm provoziert - es war eindeutig eine Situation, in der ich aus persönlicher Schwäche meine "Macht" mißbraucht habe - und ich bereue es noch heute.
Diese drei Kinder, die also in ihrem Leben nur 2 Ohrfeigen bekommen haben, hatten nur das eine Problem, das sie im kindlichen Streit nicht zuschlugen - was von der Kindergärtnerin eher als Mangel interpretiert wurde.
Daher war meine Reaktion, sie zum Taekwondo zu schicken, wo sie sogar den schwarzen Gürtel erreichten. - Und meine Tochter ging später zur "Verteidigung für Frauen", die von der Polizei angeboten wird. So war ich beruhigt, daß sie sich in einem Notfall richtig verteidigen können.
In diesem von Barbara angesprochenen Fall geht es aber gar nicht darum, ob "corporal punishment" positive oder negative Folgen für die Psyche hat, sondern darum, daß eine Gruppierung sogar vor dem Europäischen Gerichtshof ihr Recht einfordert, Praktiken durchzuführen, die mit jahrtausendealten Bücher begründet werden und die den nationalen Gesetzen widersprechen.
Und hier kann es keinen Kompromiß geben, - aus diesen angeblichen "heiligen" Büchern könnte noch viel mehr an Unmenschlichkeiten abgeleitet und eingefordert werden.
Und das alles unter dem Deckmantel der religiösen Toleranz und Religionsfreiheit!
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drw
antwortete am 08.12.04 (10:05):
Immer wenn Kinder etwas "angestellt" haben, sind das die Momente, wo sie ihre Eltern am meisten brauchen.
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Felix
antwortete am 10.12.04 (16:39):
Selbstverständlich bin ich auch gegen die Prügelstrafe ... aber nicht gegen die körperliche Intervention, wenn die pädagogische Rhetorik am Ende ist!
Diese Intervention braucht kein Schlagen zu sein. Oft genügt ein entschlossenes Zupacken oder Dazwischentreten.
Bei meinen jugendlichen oft wutentbrannten Streithähnen war das Zureden oder gar Anschreien völlig wirkungslos. Da half nur ein körperlicher Einsatz wie ein rasches Dazwischentreten, Umklammern ... Beruhigen ... dann wieder Loslassen. Obwohl die jungen Männer zum Teil stärker waren als ich ... blockierte dies ihre Aggression. Mich zu schlagen getraute sich keiner! Aber auch im Kleinkindalter ist blosses Zureden oft verfehlt. Das Kind verlangt manchmal geradezu nach einer körperlichen Reaktion. Wo die verunsicherte Pädagogik hingeführt hat, brauche ich euch nicht klarzumachen. Schorsch hat übrigens vollkommen recht, wenn er auf die Interventionsformen bei Tiereltern hinweist. Gerade dort beobachtet man wie körperliche Zurechtweisungen ohne aggressives Ausdrucksverhalten aber trotzdem wirkungsvoll angebracht werden. Ein unangenehmer Klemmbiss wirkt ohne verletzend zu sein. Oft musste ich auch feststellen, dass Kinder ihre all zu permissiven Eltern oder Erzieher so lange provozieren, bis diese in der Verzweiflung doch zupacken und weh tun können. Eine Verunsicherung und Neurotisierung kann die unschöne Folge davon sein.
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