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Sachweh hält fest, dass im ,,gesichtsschonenden" Fall das Personal die Bewohner respektvoll und

höflich behandelt, sie siezt und mit Nachnamen anspricht. Die Höflichkeit macht sich z.B. darin

bemerkbar, dass manche Aufforderungen nicht imperativisch, sondern mit Hilfe von Infinitiv-

Modalverbkonstruktionen und Ellipsen formuliert werden (z.B. ,,schön stehen bleiben bitte!").

Das verständnissichernde Gesprächsverhalten drückt sich u.a. darin aus, dass den

BewohnerInnen das Gefühl vermittelt wird, sich am Gespräch beteiligen zu können mit Hilfe

von Nachfragen wie ,,ne", ,,gell" oder Wiederholungen des von den BewohnerInnen Gesagten.

Auch die namentliche Anrede wird immer wieder eingesetzt und signalisiert Respekt.

Unter ,,gesichtsbedrohendem Gesprächsverhalten" versteht Sachweh eine Pflegekommunikation,

mit der den alten Leuten ein Kinderstatus zugeschrieben wird, der meist negative Auswirkungen

hat. Sie verdeutlicht ihre Sicht darüber mit einem Beispielsatz, den sie ihrem Aufsatz voranstellt:

,,So Frau Adams, guck mal ein feines bac-spraygut" 65. Durch die Vermischung der höflichen

Anrede mit dem Du wird laut Sachweh eine Asymmetrie zwischen den Beteiligten hergestellt.

Auch das Sprechen in Gegenwart der Bewohner über sie selbst oder das Imitieren, Ignorieren

oder Abtun ihrer sprachlichen Äußerungen gehören zum gesichtsbedrohenden

Gesprächsverhalten.


Erstaunlich ist, was Sachweh hinsichtlich der Reaktion auf Babysprache feststellt: Sie und andere

Untersuchende waren zu Beginn ihrer Erhebungen eher geneigt, den Gebrauch von Babysprache

kritisch bis negativ undrespektlos den alten Leuten gegenüber zu bewerten. Sie stellten zu ihrer

Verwunderung fest, dass die meisten alten Leute nicht diese Bewertung teilten. Es gab zwar auch

Ablehnungen, z. B. die Äußerung einer Bewohnerin: ,,ich sagte ich ertrag all des was sie sagen,

als wenn ich nit richtig bin
" 66, andere aber reagierten überwiegend positiv, und die Autorin

erklärt es so, dass die ,,damit signalisierte Zuneigung und Fürsorglichkeit in der Realität weitaus

schwerer [wiegt] als die mit ihr einhergehende Zuschreibung eines Kinderstatus" 67. Sie weist

darauf hin, dass die Perspektive Außenstehender nicht relevant sein und nicht übereinstimmen

muss mit der der RezipientInnen.


Aus ihren Untersuchungenzieht sie das Fazit, dass ein Kommunikationstraining auf der Basis

dieser Ergebnisse hilfreich sein könnte, um ,,ein Bewusstsein dafür [zu] schaffen, dass z. B.

Baby-talk sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben kann, und es könnte dazu

beitragen, dass zukünftige PflegerInnen lernen, nicht mit den Alten, sondern mit individuellen

alten Menschen zu kommunizieren" 68.